Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 17.10.2006
Aktenzeichen: 1 B 05.1429
Rechtsgebiete: BayBO


Vorschriften:

BayBO Art. 82 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

1 B 05.1429

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Anfechtung einer Beseitigungsanordnung für einen Anbau (Fl.Nr. ****/14 Gemarkung G*****);

hier: Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 10. März 2005,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 1. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof König, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Müller, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Langer

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 26. September 2006

am 17. Oktober 2006

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 10. März 2005 wird geändert. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Berufungsverfahren.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn der jeweilige Vollstreckungsgläubiger nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen eine Beseitigungsanordnung für einen Wohnhausanbau.

Mit Bescheid vom 18. Februar 1998 erteilte das Landratsamt S***** der früheren Eigentümerin des Grundstücks Fl.Nr. ****/14 Gemarkung G***** (*** ******* GmbH) die Baugenehmigung für die Errichtung eines Einfamilienhauses im rückwärtigen (nördlichen) Teil des Grundstücks (S*****str. ** *), zusätzlich zu dem im straßenseitigen (südlichen) Teil bereits vorhandenen Einfamilienhaus (S*****str. **). Das Grundstück wurde anschließend an die Klägerin (Kaufvertrag vom 19.2.1998) und die Beigeladenen (Kaufvertrag vom 26.5.1998) zu Miteigentum veräußert und in der Folge gemäß § 3 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) so aufgeteilt, dass die Klägerin das Sondereigentum an einer Teilfläche mit dem vorhandenen Einfamilienhaus und die Beigeladenen das Sondereigentum an der für das neu zu errichtende Einfamilienhaus vorgesehenen Teilfläche erhielten. Der Baubeginn für den Neubau wurde für den 3. März 1999 angezeigt.

In den Jahren 1998/99 errichtete die Klägerin in mehreren Arbeitsschritten an der nordwestlichen, dem Neubau der Beigeladenen teilweise gegenüberliegenden Seite ihres Hauses einen zu Wohnzwecken genutzten Anbau (Grundfläche ca. 6,20 m x 3,00 m).

Mit Bescheid vom 4. Dezember 2003 ordnete das Landratsamt S***** gegenüber der Klägerin an, den ohne die erforderliche Genehmigung errichteten Anbau bis zwei Monate nach Bestandskraft des Bescheids so weit zu beseitigen, dass die gemäß Art. 6 BayBO erforderlichen Abstandsflächen zwischen den Gebäuden S*****str. ** und 12 a eingehalten werden; das Ausmaß des zu beseitigenden Bauteils (mit einer Grundfläche von ca. 2,70 m x 2,50 m) wurde in einer beigefügten Planskizze näher bezeichnet. Weiter wurde der Klägerin aufgegeben, im Fall des teilweisen Rückbaus frühzeitig vor Durchführung der Maßnahme einen Abstandsflächennachweis zur Prüfung vorzulegen und für den verbleibenden Restbestand innerhalb von vier Wochen nach Durchführung der Maßnahme einen ordnungsgemäßen Bauantrag einzureichen. Für den Fall der Nichtbefolgung der Beseitigungsanordnung wurde ein Zwangsgeld angedroht. Die Beigeladenen wurden zur Duldung der Maßnahmen verpflichtet. Zur Begründung führte das Landratsamt aus, dass zwischen den Gebäuden S*****str. ** und ** * Abstandsflächen mit einer Tiefe von insgesamt 7,50 m erforderlich seien, der Gebäudeabstand in dem betroffenen Teilbereich jedoch lediglich 4,50 m betrage. Hierdurch seien schutzwürdige nachbarliche Belange sowie öffentliche Belange des Brandschutzes berührt. Bei der Anordnung der teilweisen Beseitigung sei berücksichtigt, dass der Rückbau bautechnisch zu bewältigen und der dann verbleibende Bestand genehmigungsfähig sei. Eine Abweichung von den Anforderungen des Abstandsflächenrechts könne nicht zugelassen werden, weil die betroffenen nachbarlichen Interessen und die Belange des Brandschutzes aufgrund ihres besonderen Gewichts und Stellenwerts bei der Abwägung Vorrang gegenüber dem Interesse am Verbleib des Anbaus hätten.

Den hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Regierung *** ********** mit Widerspruchsbescheid vom 17. März 2004 zurück.

Die Anfechtungsklage der Klägerin hatte Erfolg. Das Verwaltungsgericht München hob mit Urteil vom 10. März 2005 die Beseitigungsanordnung auf, weil diese wegen einer einseitigen Überbewertung der nachbarlichen Interessen zulasten der Klägerin ermessensfehlerhaft sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung mit Beschluss vom 13. April 2006 wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zugelassen.

Der Beklagte verteidigt mit der Berufung die Erwägungen, die der Beseitigungsanordnung des Landratsamts zugrunde liegen, und verweist im Übrigen auf die Gründe des Zulassungsbeschlusses.

Der Beklagte und die Beigeladenen beantragen,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 10. März 2005 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin trägt vor, dass der Anbau im Zeitpunkt seiner Errichtung materiellrechtlich genehmigungsfähig gewesen und die Anordnung der Beseitigung schon aus diesem Grund rechtswidrig sei. Die Klägerin habe aufgrund der gesamten Umstände und des Verhaltens des Landratsamts davon ausgehen dürfen, dass der Anbau auch ohne Genehmigung zumindest dauerhaft geduldet würde. Die Probleme mit der Einhaltung von Abstandsflächen zum Wohnhaus der Beigeladenen seien für sie in keiner Weise ersichtlich gewesen; Belange des Brandschutzes seien allenfalls sehr geringfügig berührt. Jedenfalls sei die Beseitigungsanordnung ermessensfehlerhaft und unverhältnismäßig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet.

Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid des Landratsamts S***** vom 4. Dezember 2003 und den Widerspruchsbescheid der Regierung *** ********** vom 17. März 2004 zu Unrecht aufgehoben. Die Beseitigungsanordnung (Art. 82 Satz 1 BayBO) ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Der von der Klägerin errichtete Anbau steht im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften (dazu 1.). Rechtmäßige Zustände können nicht auf andere Weise als durch die verfügte teilweise Beseitigung hergestellt werden (dazu 2.). Die Beseitigungsanordnung ist auch weder unverhältnismäßig (dazu 3.) noch ist sie ermessensfehlerhaft ergangen (dazu 4.).

1. Der Anbau an der nordwestlichen Seite des Hauses der Klägerin ist formell und materiell rechtswidrig.

a) Der zu Wohnzwecken genutzte Anbau war und ist als Errichtung einer baulichen Anlage genehmigungspflichtig (Art. 62 Satz 1 BayBO); die Voraussetzungen eines Ausnahmetatbestands (Art. 63 Abs. 1 bis 5 BayBO) lagen und liegen nicht vor. Die Klägerin hat den Anbau ohne die danach erforderliche Baugenehmigung errichtet; sie hat eine Genehmigung auch zu keinem Zeitpunkt beantragt.

b) Der Anbau ist auch materiell illegal.

aa) Die Vereinbarkeit der Anlage mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften beurteilt sich grundsätzlich nach der Rechtslage, die im Zeitpunkt der Entscheidung der Bauaufsichtsbehörde über die Beseitigungsanordnung gilt (vgl. Decker in Simon/Busse, BayBO, Art. 82 RdNr. 132). Zu diesem Zeitpunkt stand der von der Klägerin errichtete Anbau im Widerspruch zu den bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften, weil sich die von ihm einzuhaltenden Abstandsflächen entgegen Art. 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 BayBO auf einer Fläche von ca. 2,70 m x 2,40 m mit den Abstandsflächen des genehmigten Wohnhauses der Beigeladenen überdecken. Wegen der Einzelheiten der im Bereich zwischen dem Wohnhaus (mit Anbau) der Klägerin und dem Wohnhaus der Beigeladenen einzuhaltenden Abstandsflächen wird auf die zutreffende Darstellung in dem Bescheid des Landratsamts vom 4. Dezember 2003 mit den als Anlage beigefügten vier Planskizzen (zur Überdeckung der Abstandsflächen siehe Anlage 3) verwiesen (§ 117 Abs. 5 VwGO).

bb) Ob hinsichtlich der Vereinbarkeit des Anbaus mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften auch auf einen früheren Zeitpunkt abzustellen ist, erscheint fraglich; die Frage muss aber nicht entschieden werden, weil auch in diesem Fall ein Widerspruch zu den für das Vorhaben maßgebenden materiellrechtlichen Vorschriften vorliegt. Insbesondere genießt der Anbau nicht deshalb Bestandsschutz, weil mit seiner Ausführung wohl schon im Januar 1998 begonnen wurde, während die Baugenehmigung für das Wohnhaus der Beigeladenen erst mit Bescheid vom 18. Februar 1998 erteilt worden ist.

Einer nach wie vor verbreiteten Auffassung zufolge ist bei der Prüfung, ob eine Anlage im Sinn von Art. 82 Satz 1 BayBO materiellenrechtlichen Vorschriften des öffentlichen Rechts widerspricht, nicht nur auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung abzustellen, sondern im Hinblick auf die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG) auch zu prüfen, ob die Anlage Bestandsschutz genießt, weil sie während eines "namhaften" früheren Zeitraums ihres Bestehens früher geltendem materiellen Recht entsprochen hat (vgl. in diesem Sinne BVerwG vom 22.1.1971 NJW 1971, 1624 = BayVBl. 1971, 425; vom 26.5.1978 Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 64; vom 13.6.1980 NJW 1981, 473). Ob an dieser Auffassung unter Berücksichtigung der neueren Eigentumsdogmatik, der sich auch das Bundesverwaltungsgericht unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung angeschlossen hat (vgl. BVerwG vom 12.3.1998 BVerwGE 106, 228 = NVwZ 1998, 842), festzuhalten ist, erscheint fraglich. Denn nach dieser Eigentumsdogmatik werden Inhalt und Schranken des Grundeigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) auch durch gesetzlich geregelte Genehmigungspflichten bestimmt, so dass nur eine genehmigte Anlage und eine genehmigte Nutzung gegenüber einer Änderung der Rechtslage in ihrem Bestand geschützt sein können (vgl. dazu näher und wie hier Decker in Simon/ Busse, BayBO, Art. 82 RdNr. 119 ff.; Mampel, BauR 2000, 996/1002 ff.). Danach käme ein der Beseitigungsanordnung entgegenstehender Bestandsschutz hier bereits deshalb nicht in Betracht, weil der Anbau zu keinem Zeitpunkt genehmigt war.

Die Klägerin könnte sich aber auch dann nicht mit Erfolg auf Bestandsschutz für den Anbau berufen, wenn man annimmt, dass die Beseitigung einer genehmigungspflichtigen, aber nicht genehmigten Anlage, die früher materiell rechtmäßig war, infolge einer Änderung der Sach- oder Rechtslage aber gegenwärtig materiell rechtswidrig ist, nicht angeordnet werden darf (vgl. BVerwG vom 22.1.1971 a.a.O). Eine solche Änderung ist hier nämlich nicht eingetreten.

Maßgebend ist insoweit einerseits der Zeitpunkt der Fertigstellung des Anbaus; denn ein Bestandsschutz im Sinn der zitierten Rechtsprechung kann erst ab Fertigstellung der Anlage entstehen. Andererseits kommt es auf den Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung für das Wohnhaus der Beigeladenen an, weil sich bereits hiermit und nicht erst mit der Fertigstellung des Wohnhauses die für die abstandsflächenrechtliche Zulässigkeit des Anbaus erhebliche Änderung der Sachlage ergeben hatte. Da nämlich beim Vollzug von Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayBO nicht nur ausgeführte, sondern auch (bestandskräftig) genehmigte Vorhaben zu berücksichtigen sind, hätte der Anbau an das Wohnhaus der Klägerin im Hinblick auf das Überdeckungsverbot bereits nach der Erteilung der Baugenehmigung für das Wohnhaus der Beigeladenen nicht mehr genehmigt werden dürfen.

Nach diesem Maßstab genießt der Anbau keinen Bestandsschutz. Da er erst nach Erteilung der Baugenehmigung fertig gestellt wurde, kann er nicht während eines "namhaften" Zeitraumes (vgl. Decker in Simon/Busse, BayBO, Art. 82 RdNr. 119) dem materiellen Recht entsprochen haben. Die Arbeiten an dem Anbau wurden zwar wohl im Januar 1998 aufgenommen; sie waren aber keinesfalls bei Erteilung der Baugenehmigung vom 18. Februar 1998 abgeschlossen; vielmehr war der Anbau frühestens im Laufe des Jahres 1999 in einem für Wohnzwecke nutzbaren Zustand fertig gestellt. Nach den Angaben des Sohns der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ist der Estrich mit Fußbodenheizung erst nämlich im Sommer 1998 ausgeführt worden; außerdem zeigen Fotographien vom Januar 1999 den Anbau noch im Rohbauzustand.

2. Die Anordnung der (teilweisen) Beseitigung des Anbaus ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Insbesondere ist es nicht zu beanstanden, dass das Landratsamt die Zulassung einer Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften gemäß Art. 70 Abs. 1 BayBO abgelehnt hat. Die Zulassung einer Abweichung stellt kein beliebig heranzuziehendes Reparaturmittel für Gesetzesverstöße dar. Sie setzt eine atypische, von der gesetzlichen Regel nicht zureichend erfasste oder bedachte Fallgestaltung voraus, die den Einsatz dieses Instruments rechtfertigt und zugleich begrenzt. Für das Vorliegen eines solchen Sonderfalls gibt es vorliegend keine Anhaltspunkte. Die in der Baugenehmigung vom 18. Februar 1998 vorgenommene versetzte Situierung der beiden Wohnhäuser zielt vielmehr gerade auf eine bauliche Nutzung des Grundstücks Fl.Nr. ****/14, die dem gesetzlichen Regelfall und Leitbild überdeckungsfreier Abstandsflächen (Art. 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 BayBO) sowie den Anforderungen des Brandschutzes (Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayBO) entspricht. Aus denselben Gründen war das Landratsamt auch nicht gehalten, gemäß Art. 7 Abs. 3 BayBO eine verminderte Tiefe der Abstandsflächen zu gestatten.

3. Die Beseitigungsanordnung verstößt ferner nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Insbesondere hat das Landratsamt die Beseitigungsanordnung auf dasjenige Maß beschränkt, das für die Einhaltung der gesetzlichen Abstandsflächenvorschriften erforderlich ist (Nr. 1 des Bescheids vom 4.12.2003). Zutreffend hat das Landratsamt es auch der Klägerin überlassen, unter Beachtung dieser Vorgabe den konkreten Umfang des Rückbaus selbst zu bestimmen, und lediglich verlangt, dass im Falle eines teilweisen Rückbaus ein Abstandsflächennachweis zur Prüfung vorzulegen und ein Bauantrag für den verbleibenden Bestand (Art. 82 Satz 3 BayBO) zu stellen sei (Nrn. 1.1 und 1.2 des Bescheids vom 4.12.2003).

4. Das Landratsamt hat schließlich auch das ihm durch Art. 82 Satz 1 BayBO eingeräumte Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise fehlerfrei ausgeübt (Art. 40 BayVwVfG, § 114 Satz 1 VwGO). Dabei bedarf die Tatsache, dass die Bauaufsichtsbehörde überhaupt einschreitet, um rechtmäßige Zustände herzustellen, keiner besonderen Rechtfertigung.

Auch der längere Zeitraum, der zwischen der Errichtung des Anbaus in den Jahren 1998/99 und der Einleitung des Beseitigungsverfahrens Anfang 2003 besteht, macht die Beseitigungsanordnung ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht ermessensfehlerhaft. Solche Umstände liegen hier nicht vor. Die Klägerin war von Beginn an aufgrund des notariellen Kaufvertrags vom 19. Februar 1998 und des dort beigefügten Lageplans über die Aufteilung des Grundstücks, über den vorhandenen baulichen Bestand, zu dem der Anbau nicht gehört, und über die Baugenehmigung für die Errichtung eines Wohnhaus im rückwärtigen Grundstücksteil informiert. Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass nach dem Kaufvertrag "sämtliche erforderlichen Genehmigungen vorlägen und über die vorliegenden Genehmigungen hinaus keine weitere Genehmigungspflichtigkeit vorhanden sei", bezieht sich diese Passage, im übrigen auch für einen juristischen Laien erkennbar, nur auf das Grundstückserwerbsgeschäft und nicht auf eventuelle Bauvorhaben des Erwerbers. Soweit der Anbau in den bei den Akten befindlichen Unterlagen und Plänen verzeichnet ist, ist er dort stets ausdrücklich als nicht genehmigt gekennzeichnet (siehe zum Beispiel den Bearbeitungsbogen mit Plan zum Antrag auf Abgeschlossenheitsbescheinigung vom 1.4.1998, Bauakte Bl. 38/39; den dem Teilungsvertrag vom 24.7.1998 beigefügten Plan, VGH-Akt Bl. 98; die Mitteilung des Landratsamts an die Beigeladenen vom 14.11.2000, Bauakte Bl. 74; sowie durchgängig die Schreiben des Landratsamts im Verwaltungsverfahren über die Beseitigungsanordnung). Den Akten lässt sich andererseits nichts dafür entnehmen, dass das Landratsamt den Anbau zu irgendeinem Zeitpunkt für genehmigungsfähig gehalten, sich zur Duldung des Anbaus entschlossen oder sonst gegenüber der Klägerin einen positiven Vertrauenstatbestand gesetzt hätte. Die bloße Annahme der Klägerin, das Landratsamt werde aus den getroffenen Feststellungen in alle Zukunft keine Konsequenzen ziehen, genießt keinen rechtlichen Vertrauensschutz, der das Ermessen der Bauaufsichtsbehörde einschränken könnte.

5. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen, weil sie unterlegen ist (§ 154 Abs. 1 VwGO). Die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Berufungsverfahren entspricht der Billigkeit, weil die Beigeladenen einen Antrag gestellt und damit ein Kostenrisiko eingegangen sind (§ 162 Abs. 3, § 154 Abs. 3 VwGO).

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt (§ 72 Nr. 1 Halbsatz 2, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG).

Ende der Entscheidung

Zurück