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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 04.08.2008
Aktenzeichen: 1 CS 07.2770
Rechtsgebiete: VwGO, BauGB, BauNVO, BImSchG, TA Lärm


Vorschriften:

VwGO § 80 Abs. 5
VwGO § 80 a Abs. 3
VwGO § 146 Abs. 4
BauGB § 34 Abs. 1
BauGB § 34 Abs. 2
BauNVO § 5 Abs. 1
BauNVO § 6 Abs. 1
BauNVO § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2
BImSchG § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
BImSchG § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
TA Lärm Nr. 3.2.1
TA Lärm Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. c
TA Lärm Nr. 6.1 Satz 2
TA Lärm Nr. 6.7
TA Lärm Nr. A.1.3
Zu den Voraussetzungen, unter denen ein an einen Gewerbebetrieb heranrückendes Wohnbauvorhaben das Gebot der Rücksichtnahme verletzten kann, obwohl der Betrieb infolge einer zu hohen Belastung bestehender Wohnbebauung mit Einschränkungen rechnen muss.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

1 CS 07.2770

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Anfechtung einer Baugenehmigung für ein Zweifamilienwohnhaus und zwei Carports (Fl.Nr. 41 Gemarkung *******); Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs;

hier: Beschwerde der Beigeladenen zu 1 und 2 gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 19. September 2007,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 1. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof König, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Müller, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Priegl

ohne mündliche Verhandlung am 4. August 2008

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Beigeladenen zu 1 und 2 tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 3.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen eine den Beigeladenen zu 1 und 2 erteilte Baugenehmigung für den Neubau eines Zweifamilienhauses und zweier Carports.

1. Die Beigeladenen zu 1 und 2 sind Eigentümer des mit einem Zweifamilienwohnhaus bebauten Grundstücks Fl.Nr. 41 Gemarkung *******. Im Norden, Westen und Süden grenzen die Grundstücke Fl.Nrn. 37, 40 und 42 der Antragstellerin an, auf denen diese eine Möbelschreinerei und ein Sägewerk betreibt. Auf dem Grundstück Fl.Nr. 37 und dem nördlichen Teil des Grundstücks Fl.Nr. 42 stehen die mit Bescheid des Landratsamts Wolfratshausen vom 5. Mai 1959 genehmigten und aufgrund Bescheids vom 23. April 1982 erweiterten Betriebsgebäude (Schreinerwerkstatt und Sägehalle). Im südlichen Teil des Grundstücks Fl.Nr. 42 befinden sich ein Rundholzlagerplatz, auf dem auch Sägearbeiten im Freien durchgeführt werden. Der Rundholzlagerplatz wird mit Langholzfahrzeugen ausschließlich von Norden von der Hauptstraße über das Grundstück Fl.Nr. 37 angefahren. Das südlich an den Lagerplatz anschließende Grundstück Fl.Nr. 40 dient als Abfahrt von dem Betriebsgelände. Westlich des Grundstücks Fl.Nr. 42 grenzt das mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück Fl.Nr. 49 an. Sämtliche Grundstücke liegen innerhalb eines im Zusammenhang bebauten, nicht durch Bebauungsplan überplanten Ortsteils südlich der Hauptstraße im Hauptort der Beigeladenen zu 3.

Mit Bescheid vom 8. Januar 2007 erteilte das Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen unter Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens der Beigeladenen zu 3 den Beigeladenen zu 1 und 2 im vereinfachten Genehmigungsverfahren die Baugenehmigung für den Neubau eines weiteren Zweifamilienhauses und zweier Carports sowie eines Gartengerätehäuschens auf dem Grundstück Fl.Nr. 41. Nach den genehmigten Bauvorlagen sind auf der Nord- und Westseite des Gebäudes weder im Erdgeschoss noch im Obergeschoss immissionsschutzrechtlich schutzbedürftige Räume vorgesehen.

Die Antragstellerin erhob gegen die Baugenehmigung Widerspruch und beantragte beim Verwaltungsgericht München vorläufigen Rechtsschutz. Mit Beschluss vom 19. September 2007 ordnete das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs an. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung sei zur Verhinderung vollendeter und nur schwer rückgängig zu machender Tatsachen geboten. Der Widerspruch der Antragstellerin habe Aussicht auf Erfolg, weil das Bauvorhaben unzumutbaren Lärmbelastungen durch den Betrieb der Antragstellerin ausgesetzt sein könnte. Unabhängig davon, ob die Eigenart der näheren Umgebung des Baugrundstücks einem Dorfgebiet entspreche oder es sich um eine Gemengelage handele, sei die Zumutbarkeitsgrenze für die vorhandene und die geplante Wohnnutzung bei einem Lärmimmissionsrichtwert von 60 dB(A) tagsüber anzusetzen. Dieser Wert werde trotz der "architektonischen Selbsthilfemaßnahmen" der Beigeladenen zu 1 und 2 im Bereich des südlichen Obergeschosses des Bauvorhabens möglicherweise überschritten. Dies ergebe sich aus der immissionsschutzfachlichen Stellungnahme der Regierung von Oberbayern vom 27. Juli 2007 und aus einer Stellungnahme des von den Beigeladenen zu 1 und 2 beauftragten Ingenieurbüros ******* vom 4. Juli 2006. Eine noch höhere Überschreitung des Immissionsrichtwerts sei zu befürchten, wenn die lärmintensiven betrieblichen Arbeiten im Freien länger andauerten als in den immissionsschutzfachlichen Beurteilungen bisher angenommen. Hierzu seien umfangreiche Ermittlungen im Hauptsacheverfahren notwendig. Eine Vorbelastung des Betriebs durch auf dem Baugrundstück bereits bestehende Rücksichtnahmepflichten stehe dem nicht entgegen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass das Bauvorhaben "näher an den Betrieb der Antragstellerin heranrücke" als die vorhandene Wohnbebauung auf den Grundstücken Fl.Nrn. 41 und 49. Wie sich aus der schalltechnischen Verträglichkeitsuntersuchung des Ingenieurbüros ******* vom 8. Oktober 2004 zu einem im September 2004 gestellten Bauantrag für ein auf dem Baugrundstück am selben Standort geplantes Wohnhaus ergebe, sei der Immissionsrichtwert von 60 dB(A) dort um 6 dB(A), an den bestehenden Gebäuden dagegen nur um 5 dB(A) (Fl.Nr. 41) bzw. um 1 dB(A) (Fl.Nr. 49) überschritten worden. Die Antragstellerin müsse deshalb bei Verwirklichung des Bauvorhabens mit immissionsschutzrechtlichen Anforderungen rechnen, die über Schutzmaßnahmen, wie eine Teileinhausung des Rundholzplatzes, mit denen sie die bestehenden Richtwertüberschreitungen ausräumen könne, hinausgehen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Oktober 2007 ergänzte die Regierung von Oberbayern den Baugenehmigungsbescheid vom 8. Januar 2007 und ließ hinsichtlich des nördlich an das Wohnhaus angebauten Carports eine Abweichung gemäß Art. 70 Abs. 1 BayBO von den Abstandsflächen zum Grundstück Fl.Nr. 37 zu. Im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück. Die Antragstellerin hat beim Verwaltungsgericht München Klage gegen den Bescheid vom 8. Januar 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheids erhoben, über die noch nicht entschieden ist.

2. Mit der Beschwerde wenden sich die Beigeladenen zu 1 und 2 gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Sie machen geltend: Das Bauvorhaben sei gegenüber der Antragstellerin nicht rücksichtslos. Deren Betrieb müsse Einschränkungen bereits wegen der vorhandenen und nicht erst wegen der neu hinzutretenden Wohnbebauung auf dem Grundstück Fl.Nr. 41 hinnehmen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei eine Überschreitung des einschlägigen Immissionsrichtwerts der TA Lärm von 60 dB(A) an dem Neubauvorhaben nicht zu erwarten. Die in dem schalltechnischen Gutachten des Ingenieurbüros ******* vom 4. Juli 2006 festgestellten höheren Werte seien unerheblich, weil sie nicht an maßgeblichen Immissionspunkten gemessen worden seien. Auch das vom Verwaltungsgericht angeführte Gutachten vom 8. Oktober 2004 sei unmaßgeblich, soweit es sich auf ein früheres Bauvorhaben beziehe. Aus diesem Gutachten und der ergänzenden Stellungnahme des Ingenieurbüros ******* vom 18. Oktober 2007 ergebe sich aber, dass das auf dem Baugrundstück bestehende Wohngebäude erheblich höheren Lärmbelastungen ausgesetzt sei als das Neubauvorhaben. Auch wegen der Lärmbelastung durch die Arbeiten auf den Freiflächen des Betriebsgeländes ergäben sich für die Antragstellerin keine höheren Anforderungen. Die Dauer der im Freien durchgeführten Motorsägearbeiten betrage nicht eine Stunde, sondern nur zehn Minuten. Auch das Wohngebäude auf dem Grundstück Fl.Nr. 49 habe höhere Belastungen hinzunehmen als das Neubauvorhaben. Auf die von der Antragstellerin fiktiv angenommene Teileinhausung des Rundholzplatzes zum Schutz der bestehenden Wohngebäude komme es nicht an. Auch sei eine solche Teileinhausung nicht geeignet, das bestehende Wohnhaus auf dem Grundstück Fl.Nr. 49 vor dem durch die Sägearbeiten entstehenden Lärm zu schützen. Zudem sei das Sägewerk nicht schutzwürdig, weil das Sägewerksgebäude abweichend von der Baugenehmigung vom 7. Mai 1959 errichtet worden sei. Dass die Beigeladenen zu 1 und 2 das geplante Wohnhaus auch im südlichen Teil ihres Grundstücks errichten könnten, könne ihnen nicht entgegengehalten werden. Ob dem Bauherrn ein aus Sicht des Nachbarn günstigerer Standort zur Verfügung stehe, spiele im Rahmen des Rücksichtnahmegebots keine Rolle.

Die Beigeladenen zu 1 und 2 beantragen sinngemäß,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 19. September 2007 zu ändern und den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs beziehungsweise der inzwischen erhobenen Klage gegen den Bescheid vom 8. Januar 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 29. Oktober 2007 abzulehnen.

Auch der Antragsgegner wendet sich gegen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Er ist wie die Beigeladenen zu 1 und 2 der Auffassung, dass der maßgebliche Lärmrichtwert bei dem Neubauvorhaben an keinem maßgeblichen Immissionsort überschritten werde und dass das bestehende Wohnhaus auf dem Grundstück Fl.Nr. 41 höheren Belastungen durch den Betrieb der Antragstellerin, insbesondere die Motorsägearbeiten im Freien, ausgesetzt sei als das Neubauvorhaben. Ob und inwieweit Betriebsgebäude der Antragstellerin von den erteilten Baugenehmigungen nicht gedeckt seien, müsse im Hauptsacheverfahren geprüft werden. Abstandsflächenvorschriften seien nicht verletzt.

Die Antragstellerin und die Beigeladene zu 3 beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass die Baugenehmigung in der durch den Widerspruchsbescheid geänderten Fassung schon deswegen rechtswidrig sei, weil das Bauvorhaben Abstandsflächenvorschriften verletzte. Die Abweichung für die mit dem Bauvorhaben genehmigte Grenzbebauung sei rechtswidrig. Die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 BayBO seien nicht erfüllt. Außerdem verstoße das Vorhaben gegen das Rücksichtnahmegebot. Das Sägewerksgebäude auf dem Grundstück der Antragstellerin sei rechtmäßig errichtet worden; es weiche allenfalls durch einen kleinen Anbau geringfügig von der Baugenehmigung ab. Dies führe aber nicht zu einem Erlöschen des Bestandsschutzes des Betriebs der Antragstellerin. Diese müsse bei Verwirklichung des Neubauvorhabens mit höheren immissionsschutzrechtlichen Anforderungen rechnen. Nach den Feststellungen des Ingenieurbüros ******* in der Stellungnahme vom 18. Oktober 2007 liege der Beurteilungspegel der Betriebsgeräusche einschließlich Motorsägearbeiten von täglich einer Stunde an dem geplanten Wohnhaus bei 69 dB(A) und am bestehenden bei 70 dB(A). Die Richtwerte der TA Lärm würden damit deutlich überschritten. Die im Gutachten der Lärmschutzberatung ****** und ******* GmbH vom 21. März 2007 als Abhilfemaßnahme für das bestehende Wohngebäude auf dem Grundstück Fl.Nr. 41 vorgeschlagene Teileinhausung sei nicht geeignet, die Lärmbelastung an dem Neubauvorhaben auf ein zumutbares Maß zu reduzieren. Nach der ergänzenden Stellungnahme der Lärmschutzberatung ****** und ******* GmbH vom 12. November 2007 würde der Immissionsrichtwert nämlich selbst bei einer Teileinhausung auf der Südseite des Neubauvorhabens im ersten Obergeschoss bei zugrunde zu legendem einstündigen Betrieb der Kettensäge um 2,7 dB(A) überschritten. Um die Immissionsrichtwerte auch am Bauvorhaben einhalten zu können, müsste die Einhausung nach Norden verschoben werden. In diesem Fall könnte aber der Rundholzplatz nicht mehr von Norden her mit Langholzfahrzeugen angefahren werden. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Beigeladenen zu 1 und 2 das Wohnbauvorhaben in gleicher Größe im südlichen Bereich ihres Grundstücks errichten könnten, ohne dass die Antragstellerin betriebliche Einschränkungen hinzunehmen hätte.

Die Beigeladene zu 3 vertritt aus den gleichen Gründen wie die Antragstellerin die Auffassung, dass die Baugenehmigung rechtswidrig sei. Ergänzend führt sie aus: Die Zulässigkeit des Bauvorhabens richte sich nach § 34 BauGB. Im Flächennutzungsplan seien die Grundstücke der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 1 und 2 als Dorfgebiet dargestellt. Das Bauvorhaben werde unzumutbaren Lärmbelästigungen durch den Betrieb der Antragstellerin ausgesetzt. Zwar könnten die Mittelungspegel für Dorf- und Mischgebiete eingehalten werden. Es werde aber der zulässige Spitzenpegelwert für kurzzeitige Geräuschspitzen überschritten. Durch eine Änderung der Grundrissanordnung könne dies nicht verhindert werden, weil es maßgeblich auf die Immissionsorte außerhalb des Gebäudes ankomme. Außerdem könne der Grundriss jederzeit genehmigungsfrei geändert werden. Im Übrigen bestehe die Gefahr, dass das Gebiet durch das Bauvorhaben von der bisherigen Mischnutzung in eine reine Wohnnutzung "kippe".

Wegen der Einzelheiten wird ergänzend auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die Baugenehmigungsakte Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die im vereinfachten Verfahren erteilte Baugenehmigung vom 8. Januar 2007 im Ergebnis zu Recht angeordnet. Dem nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO für die Beschwerdeentscheidung in erster Linie (zu dieser Einschränkung vgl. BayVGH vom 27.8.2002 BayVBl 2003, 304; vom 10.7.2006 - 1 CS 06.407 - juris) maßgebenden Beschwerdevorbringen ist nach summarischer Prüfung nicht zu entnehmen, dass die Baugenehmigung nicht gegen Rechte der Antragstellerin schützende Vorschriften verstößt, die im vereinfachten Genehmigungsverfahren zu prüfen sind (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, Art. 83 Abs. 1 BayBO, Art. 72 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Art. 73 Abs. 1 BayBO a. F.). Der Antragstellerin steht aller Voraussicht nach ein Abwehrrecht gegen das Wohnbauvorhaben der Beigeladenen zu 1 und 2 zu, weil dieses zulasten des Betriebs der Antragstellerin das nachbarschützende bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme verletzt (1.). Ob die Antragstellerin daneben auch ein Abwehrrecht wegen Verletzung eines Gebietsbewahrungsanspruchs oder wegen eines Verstoßes gegen Abstandsflächenvorschriften hat, kann offen bleiben (2.).

1. Nach summarischer Prüfung nimmt das Bauvorhaben nicht die gebotene Rücksicht auf den Betrieb der Antragstellerin. Die Betriebsgeräusche, denen das geplante Wohngebäude ausgesetzt wäre, überschreiten den hier als Zumutbarkeitsgrenze maßgeblichen, entsprechend den Vorschriften der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm - in der Fassung vom 26. August 1998 (GMBl S. 503) gebildeten Mittelwert von 60 dB(A) tags (a). Wegen dieser Überschreitung würde das geplante Wohngebäude für die Antragstellerin voraussichtlich zusätzliche Rücksichtnahmepflichten zur Folge haben; denn die Geräuschbelastung, der das Wohngebäude durch den Betrieb der Antragstellerin ausgesetzt wäre, läge wohl auch dann noch über der Zumutbarkeitsgrenze, wenn die Antragstellerin ihren Betrieb so organisiert, dass die bestehenden Richtwertüberschreitungen bei den nächstgelegenen bestehenden Wohngebäuden abgestellt werden (b).

a) Das Bauvorhaben wäre voraussichtlich unzumutbaren Lärmbelastungen durch den Betrieb der Antragstellerin ausgesetzt.

Es kann offen bleiben, ob sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 Abs. 1 BauGB oder nach § 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 5 bzw. § 6 BauNVO richtet. Das Gebot der Rücksichtnahme ist in beiden Fällen gleichermaßen zu beachten. Findet § 34 Abs. 1 BauGB Anwendung, weil das Baugrundstück zwar innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt, die Umgebung des Baugrundstücks aber nicht einem der in der Baunutzungsverordnung aufgeführten Baugebiete entspricht, ist das Gebot der Rücksichtnahme Teil des nach Satz 1 dieser Vorschrift maßgebenden Einfügungsgebots (BVerwG vom 5.3.1984 NVwZ 1984, 646). Richtet sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nach § 34 Abs. 2 BauGB, weil die in der näheren Umgebung des Baugrundstücks vorhandenen Nutzungsarten einem Dorfgebiet (§ 5 BauNVO) oder einem Mischgebiet (§ 6 BauNVO) entsprechen, ergibt sich die Verpflichtung zur Rücksichtnahme aus § 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO (BVerwG vom 12.12.1991 NJW 1992, 1779). Gegen das Vorhandensein eines "faktischen" Dorf- oder Mischgebiets spricht allerdings, dass es sich bei einem Schreinerei- und Sägewerksbetrieb nach der grundsätzlich maßgebenden typisierenden Betrachtungsweise um einen das Wohnen mehr als nicht wesentlich störenden und damit nicht um einen in diesen Gebieten nach § 5 Abs. 2 Nr. 6 bzw. § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO zulässigen Gewerbebetrieb handelt (vgl. BVerwG vom 7.5.1971 BRS 24 Nr. 15; BayVGH vom 8.5.2000 - 1 B 97.2860 - juris, vom 22.7.2004 - 26 B 04.931 - juris).

Welche Anforderungen sich aus dem Rücksichtnahmegebot im Einzelnen ergeben, hängt maßgebend davon ab, was dem Rücksichtnahmebegünstigten einerseits und dem Rücksichtnahmeverpflichteten andererseits nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Dies beurteilt sich nach der jeweiligen Situation der benachbarten Grundstücke. Zur Rücksichtnahme ist nicht nur derjenige verpflichtet, der Emissionen verursacht, sondern auch derjenige, der ein gegenüber Immissionen schutzbedürftiges Vorhaben, wie ein Wohngebäude, in der Nachbarschaft einer emittierenden Anlage errichtet. Nicht nur Vorhaben, von denen Belästigungen oder Störungen ausgehen (§ 15 Abs. 1 Satz 2 Alternative 1 BauNVO), sondern auch solche, die sich schädlichen Umwelteinwirkungen aussetzen (§ 15 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 BauNVO), können gegen das Rücksichtnahmegebot verstoßen (BVerwG vom 14.1.1993 NVwZ 1993, 1184; vom 18.5.1995 NVwZ 1996, 379; vom 5.9.2000 BauR 2001, 83). Auch Vorbelastungen sind bei beiden Fallgestaltungen zu beachten (vgl. BVerwG vom 23.9.1999 BVerwGE 109, 314 = BauR 2000, 192). Bei einem Betrieb, der schon auf eine bestehende störempfindliche Bebauung Rücksicht nehmen muss, hängt die Antwort auf die Frage, ob er ein weiteres störempfindliches Vorhaben in seiner Nachbarschaft hinnehmen muss, maßgebend davon ab, ob sich dieses Vorhaben gegenüber der "Vorbelastung" durch bestehende Rücksichtnahmepflichten als "Zusatzbelastung" auswirkt, weil es weitere, die "Gesamtbelastung" des Betriebs mit Rücksichtnahmepflichten erhöhende Einschränkungen zur Folge haben wird.

Zur Bestimmung der Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen ist grundsätzlich auf die Begriffsbestimmungen des Immissionsschutzrechts (Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen in § 3 Abs. 1 BImSchG) und auf dessen materiellrechtliche Maßstäbe (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 22 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) zurückzugreifen (BVerwG vom 23.9.1999 NVwZ 2000, 1050). Bei Gewerbelärm wird die Zumutbarkeitsgrenze regelmäßig durch die Richtwerte der TA Lärm konkretisiert (BVerwG vom 30.4.1992 BVerwGE 90, 163 = NJW 1992, 2779; vom 24.9.1992 BVerwGE 91, 92 = NJW 1993, 342; vom 29.8.2007 BVerwGE 129, 209 = NVwZ 2008, 78; vgl. auch Nr. 1 Satz 1 TA Lärm). Nach der TA Lärm ist hier während der Tagzeit ein Richtwert von 60 dB(A) maßgeblich (aa). Dieser Wert dürfte an dem geplanten Wohngebäude durch die von dem Betrieb der Antragstellerin herrührenden Geräusche überschritten werden (bb).

aa) Nach den zutreffenden, weder von den Beigeladenen zu 1 und 2 noch vom Antragsgegner in Frage gestellten Ausführungen des Verwaltungsgerichts hat das Bauvorhaben grundsätzlich einen Lärmimmissionsrichtwert von 60 dB(A) tagsüber hinzunehmen. Dieser Wert entspricht nach Nr. 6.1 Satz 1 Buchstabe c TA Lärm dem Richtwert für ein Dorf- oder Mischgebiet. Ein höherer Wert wäre auch dann nicht anzusetzen, wenn die nähere Umgebung des Baugrundstücks als Gemengelage einzustufen ist. Grenzen Wohngrundstücke und gewerblich genutzte Grundstücke aneinander, hat der Schutz des Wohnens infolge dieser "Situationsbelastung" grundsätzlich einen geringeren Stellenwert (BVerwG vom 18.5.1995 BauR 1995, 807; vom 23.9.1999 BauR 2000, 234). Dementsprechend kann in solchen Lagen als Zumutbarkeitsgrenze in entsprechender Anwendung von Nr. 6.7 Abs. 1 Satz 1 und 2 TA Lärm ein Wert zwischen den Immissionsrichtwerten für die zum Wohnen dienenden Gebiete und für die Gebietskategorie, der die angrenzende Nutzung zuzuordnen ist, gebildet werden (BayVGH vom 11.10.2007 - 1 CS 07.1658 - juris; VGH BW vom 26.2.2004 - 10 S 951/03 - juris = DÖV 2005, 169 [nur Leitsatz]; NdsOVG vom 21.1.2004 BauR 2004, 1419). Überschreiten die Belastungen, denen sich die störempfindliche Bebauung aussetzt, diesen Zwischenwert, der nicht über den Immissionsrichtwerten für Kern-, Dorf- und Mischgebiete liegen soll (Nr. 6.7 Abs. 1 Satz 2 TA Lärm), nicht, hat der Betreiber der "störenden" Anlage keine Einschränkungen seines Betriebs zu befürchten.

bb) Der Wert von 60 dB(A) dürfte an dem Neubauvorhaben durch die Betriebsgeräusche überschritten werden.

(1) Die von dem Schreinerei- und Sägewerksbetrieb verursachten Geräusche haben bei dieser Prüfung nicht deswegen (teilweise) außer Betracht zu bleiben, weil der Betrieb nicht (in vollem Umfang) genehmigt ist. Der diesbezügliche Einwand der Beigeladenen zu 1 und 2 erscheint nicht berechtigt.

Nutzungen, die zwar ausgeübt werden, aber nicht genehmigt sind, dürfen im Rahmen des vom Gebot der Rücksichtnahme geforderten Interessenausgleichs nicht in Ansatz gebracht werden. Immissionsbelastungen, die von rechtwidrigen Zuständen herrühren, dürfen nicht dazu führen, dass ein Bauvorhaben zurückgestellt werden muss (BayVGH vom 3.8.2000 - 1 CS 99.2116 - juris; BVerwG vom 22.6.1990 ZfBR 1990, 293; vom 11.7.1994 BRS 56 Nr. 164; VGH BW vom 9.12.2005 - 5 S 825/04 - juris). Entgegen der Annahme der Beigeladenen zu 1 und 2 dürfte es sich auch bei dem Sägewerksgebäude jedoch um genehmigten Bestand handeln. Der Bestand an Betriebsgebäuden, der in dem von den Beigeladenen zu 1 und 2 angeführten Lageplan in der Stellungnahme der Lärmschutzberatung ****** und ******* GmbH vom 21. März 2007 (Blatt 192 der Gerichtsakte) eingetragen ist, entspricht, soweit ersichtlich, dem Umfang der Baugenehmigung vom 23. April 1982 für den Umbau und die Erweiterung der mit Bescheid vom 8. Mai 1959 genehmigten Bau- und Möbelschreinerei. Abweichungen von diesem Bestand, welche die Annahme rechtfertigen könnten, dass die von den Betrieb herrührenden Immissionen (teilweise) unberücksichtigt bleiben müssten, haben die Beigeladenen zu 1 und 2 weder geltend gemacht noch sind solche Abweichungen sonst ersichtlich.

(2) Die Überschreitung des Mittelwerts von 60 dB(A) ergibt sich zwar - worauf die Beigeladenen zu 1 und 2 zutreffend hinweisen - noch nicht aus der vom Verwaltungsgericht herangezogenen immissionsschutzfachlichen Stellungnahme des Ingenieurbüros ******* vom 4. Juli 2006 (Blatt 35 der Baugenehmigungsakte Az. BA-2006/0709 des Landratsamts Bad Tölz-Wolfratshausen). Die in dieser Stellungnahme angeführten Überschreitungen der Immissionsrichtwerte an der Nord- und Westseite im Obergeschoss des Neubauvorhabens betreffen ausschließlich Immissionsorte, die nach A.1.3 des Anhangs der TA Lärm nicht zu berücksichtigen sind, weil dort nach den genehmigten Bauvorlagen keine zu öffnenden Fenster oder Balkontüren bzw. - mit Bad und WC - keine schutzbedürftigen Räume nach DIN 4109, Ausgabe November 1989 (vgl. hierzu Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Anmerkung A.1.3, Fußnote 1), vorgesehen sind. Ebenso wenig lässt sich der Stellungnahme der Regierung von Oberbayern vom 27. Juli 2007, dass nach Änderung der Bauvorlagen "nur noch die durch den Betrieb der Wf.'in zu erwartenden Lärmemissionen auf das südliche Obergeschoss des geplanten Wohnhauses zu betrachten (sind), nachdem hier ... zu berücksichtigende Immissionsorte vorgesehen sind" (Blatt 115 ff. der Akte des Verwaltungsgerichts), eine Überschreitung des Richtwerts von 60 dB(A) an einem der maßgeblichen Immissionsorte entnehmen.

Dass der Richtwert überschritten ist, hält der Senat aber aufgrund der insoweit übereinstimmenden Angaben in den ergänzenden Stellungnahmen des von den Beigeladenen zu 1 und 2 beauftragten Ingenieurbüros ******* vom 18. Oktober 2007 (Blatt 122 der Gerichtsakte) und vom 8. Januar 2008 (Blatt 240 ff der Gerichtsakte) sowie in der gutachterlichen Stellungnahme der von der Antragstellerin hinzugezogenen Lärmschutzberatung ****** und ******* GmbH vom 29. August 2007 (Blatt 193 ff. der Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts) für wahrscheinlich. Danach käme es - unter Berücksichtigung einer Einsatzdauer der Motorsägearbeiten im Freien von täglich einer Stunde - an dem Bauvorhaben zu Überschreitungen des Richtwerts. Diese betragen nach den Berechnungen des Ingenieurbüros ******* (bei einem Einsatz der Motorkettensäge im Bereich der gesamten Fläche des Rundholzlagerplatzes) vor den schutzbedürftigen Aufenthaltsräumen an der südlichen Gebäudeaußenwand im Erdgeschoss 1 dB(A) und im Obergeschoss bis zu 4 dB(A) (vgl. Stellungnahme vom 18. Oktober 2007, Seite 3 sowie Anhang Seiten 8 und 9). Dass die im Freien durchgeführten Kettensägearbeiten an den - für die immissionsschutzrechtliche Beurteilung maßgebenden - Tagen, an denen Rundholz angeliefert wird, eine Stunde dauern und nicht, wie in früheren Gutachten des Ingenieurbüros ******* angenommen, zehn Minuten, erscheint nach den Angaben der Antragstellerin und ihres Ehemanns (vgl. Schreiben an ihren Bevollmächtigten vom 11. November 2007, Blatt 196 der Gerichtsakte) sowie den diesbezüglichen Ausführungen in den Stellungnahmen der Lärmschutzberatung ****** und ******* GmbH vom 21. März 2007, 29. August 2007 und 12. November 2007 (Blatt 194 f. der Gerichtsakte) nachvollziehbar und realistisch. Im Übrigen legt auch der Gutachter der Beigeladenen zu 1 und 2 in seiner Stellungnahme vom 18. Oktober 2007 die von der Antragstellerin angegebene Einsatzdauer der Kettensäge im Freien einer alternativen Berechnung zugrunde.

b) Wegen der über der Zumutbarkeitsgrenze liegenden Geräuschbelastung des geplanten Wohnhauses muss die Antragstellerin mit Einschränkungen ihres Betriebs rechnen, wenn das Vorhaben verwirklicht wird. Zwar werden auch die auf den Grundstücken Fl.Nr. 41 (Baugrundstück) und Fl.Nr. 49 vorhandenen Wohngebäude derzeit jenseits der Zumutbarkeitsgrenze belastet. Die Maßnahmen, mit denen die Antragstellerin diese Belastungen in Erfüllung ihrer Betreiberpflichten auf ein diesen Wohngebäuden zumutbares Maß reduzieren kann (und wohl muss, wenn hierzu Anordnungen der Behörde ergehen), führen aber wohl nicht zu einer ausreichenden Reduzierung am geplanten neuen Gebäude. Hierfür wären weitere Einschränkungen erforderlich. Diese sind der Antragstellerin nach summarischer Prüfung nicht zuzumuten.

Die Zumutbarkeit der Lärmbelastung für ein Wohnbauvorhaben, das an einen bestehenden Gewerbebetrieb unmittelbar heranrückt, und dementsprechend auch die Schwelle, ab der der Betrieb mit Einschränkungen rechnen muss, richtet sich nicht allein nach den Richtwerten der TA-Lärm. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot liegt trotz einer Überschreitung der maßgeblichen Richtwerte der TA Lärm nicht vor, wenn ein neues störempfindliches Vorhaben keine Einschränkungen für die "störende" Anlage zur Folge haben wird, weil diese schon auf eine vorhandene, in derselben Weise störempfindliche Bebauung Rücksicht nehmen muss (BVerwG vom 25.11.1985 NVwZ 1986, 469; vom 2.12.1985 NVwZ 1986, 641; BayVGH vom 25.1.1991 BayVBl 1991, 694). Ergeben sich hingegen zusätzliche Rücksichtnahmepflichten, weil die beabsichtigte Wohnbebauung näher "heranrückt" als die vorhandene oder weil die störempfindliche Bebauung in einer Richtung geplant ist, in die die Anlage bisher ungehindert emittieren darf, und ist deshalb mit einer Verschärfung der immissionsschutzrechtlichen Anforderungen an die Anlage zu rechnen, wird das störempfindliche Vorhaben regelmäßig gegenüber dem Betrieb "rücksichtslos" sein (BVerwG vom 5.3.1984 NVwZ 1984, 646; vom 25.11.1985 NVwZ 1986, 469; BayVGH vom 25.1.1991 BayVBl 1991, 694).

Letzteres dürfte hier der Fall sein. Die Antragstellerin muss wegen der von ihrem Betrieb ausgehenden Lärmbelastung infolge des Bauvorhabens wohl mit zusätzlichen immissionsschutzrechtlichen Anforderungen rechnen. Zwar werden die Wohngebäude auf den Grundstücken Fl.Nrn. 41 und 49 wohl stärker belastet als das Neubauvorhaben (aa). Trotz der hieraus resultierenden "Vorbelastung" des Betriebs durch schon bestehende Rücksichtnahmepflichten dürfte eine Rechtsverletzung vorliegen, weil sich zusätzliche Rücksichtnahmeverpflichtungen ergeben, wenn das Vorhaben verwirklicht wird (bb).

aa) Die Lärmbelastung an den bestehenden Wohngebäuden dürfte höher sein als an dem Neubauvorhaben. Nach den Berechnungen des Ingenieurbüros ******* beträgt die Belastung an dem Wohngebäude auf dem Grundstück Fl.Nr. 41 auf der Westseite vor den Fenstern schutzbedürftiger Aufenthaltsräume (Kinderzimmer) im Erd- und Obergeschoss 70 dB(A) und an dem Wohngebäude auf dem Grundstück Fl.Nr. 49 67 dB(A), an dem Neubauvorhaben dagegen maximal 64 dB(A) (vgl. Stellungnahme vom 18.10.2007).

bb) Dennoch ist bei Verwirklichung des Neubauvorhabens mit zusätzlichen Anforderungen an den Betrieb der Antragstellerin zu rechnen.

In Anbetracht der hohen Belastung der beiden bestehenden benachbarten Wohnhäuser ist anzunehmen, dass die Antragstellerin zur Erfüllung ihrer Verpflichtung aus § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 BImSchG, nach dem Stand der Technik vermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen zu verhindern und unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß zu beschränken, Maßnahmen ergreifen muss, durch welche die Lärmbelastung an diesen Wohngebäuden möglichst auf den als Zumutbarkeitsgrenze maßgeblichen Mittelwert reduziert wird (vgl. BayVGH vom 3.8.2000 - 1 CS 99.2116 - juris; vom 13.8.2002 - 26 CS 02.1671 - juris; BVerwG vom 18.5.1995 BauR 1995, 807). Nach summarischer Prüfung erscheint es nicht ausgeschlossen, dass eine Reduzierung in diesem Umfang, zumindest aber eine deutliche Einschränkung der offenbar seit langem geduldeten hohen Belastung - entsprechend den Stellungnahmen der Lärmschutzberatung ****** und ******* GmbH vom 21. März 2007 und vom 12. November 2007 - durch die Errichtung einer nach Osten abschirmenden Teileinhausung sowie durch Begrenzung der Sägearbeiten im Freien auf den in der Stellungnahme vom 21. März 2007 näher bestimmten Bereich unmittelbar westlich dieser Teileinhausung erreicht werden kann. Diese Maßnahmen hätten aber nicht zur Folge, dass sich die Immissionsbelastung auch an dem geplanten Wohngebäude auf den zulässigen Wert von 60 dB(A) verringert. Nach der Stellungnahme vom 21. März 2007 würde dieser Wert vielmehr auf der Südseite des ersten Obergeschosses des geplanten Gebäudes allein durch den Betrieb der Kettensäge weiterhin - um 2,7 dB(A) - überschritten werden. Mit einer Verlängerung der Teileinhausung nach Norden könnte der Wert von 60 dB(A) zwar auch an dem geplanten Wohngebäude eingehalten werden. Diese Abhilfemaßnahme dürfte der Antragstellerin aber nicht zuzumuten sein, weil durch sie die Anlieferung von Langholz wegen der beengten Verhältnisse im nordöstlichen Teil des Grundstücks Fl.Nr. 42 erheblich erschwert würde.

Sollte der Einwand des Ingenieurbüros ******* (Stellungnahmen vom 21.8.2007 und 18.10.2007), dass die vorgeschlagene Teileinhausung ungeeignet ist, weil sie zwar die Lärmimmissionen an dem bestehenden Wohngebäude auf dem Grundstück Fl.Nr. 41, nicht aber diejenigen an dem Wohngebäude auf dem Grundstück Fl.Nr. 49 auf ein zulässiges Maß reduziert, berechtigt sein, ergäbe sich nichts anderes. Da das auf dem Grundstück Fl.Nr. 41 bestehende Wohnhaus nach den Berechnungen in der Stellungnahme vom 18. Oktober 2007 - mit bis zu 70 dB(A) - in einem Maße belastet wird, bei dem die Wahrung gesunder Wohnverhältnisse in Frage steht (vgl. [zu Verkehrslärmimmissionen bzw. zum Fachplanungsrecht] BVerwG vom 20.5.2008 - 4 A 1002/07 - juris; vom 16.3.2006 BVerwGE 125, 116 = NuR 2006, 766; vom 29.1.1991 BVerwGE 87, 332/382f. = BayVBl 1991, 666; BGH vom 25.3.1993 NJW 1993, 1700; BayVGH vom 5.10.2004 BRS 67 Nr. 20; OVG NRW vom 13.3.2008 - 7 D 34/07.NE - juris; VGH BW vom 4.6.2002 NVwZ-RR 2003, 412; NdsOVG vom 21.5.1997 UPR 1998, 40), während die Belastung auf dem Grundstück Fl.Nr. 49 "nur" bei 67 dB(A) liegt, müsste der unterschiedliche Wirkungsgrad einer Einhausung kein Grund sein, von dieser Maßnahme vollständig Abstand zu nehmen. Denn sie würde jedenfalls dort, wo die bestehende Gemengelage die größten Probleme aufwirft, zu einer spürbaren Entschärfung führen. Das Vorhaben der Beigeladenen zu 1 und 2, das von dieser Maßnahme nicht in ausreichendem Maße profitieren würde, schafft hingegen ein neues Konfliktfeld, für das nach summarischer Prüfung eine Lösung, die dem bei einem Neubauvorhaben anzulegenden Maßstab entspricht, ohne den Betrieb zusätzlich einzuschränken, nicht ersichtlich ist.

2. Ob die Entscheidung des Verwaltungsgerichts auch deshalb im Ergebnis zutreffend ist, weil der Antragstellerin ein Abwehrrecht auch - wie die Antragstellerin meint - wegen eines Verstoßes gegen Abstandsflächenvorschriften oder - wie offenbar die Beigeladene zu 3 annimmt - wegen einer Verletzung des Gebietsbewahrungsanspruchs zusteht, muss nicht entschieden werden.

3. Die Beigeladenen zu 1 und 2 tragen gesamtschuldnerisch die Kosten ihrer erfolglosen Beschwerde (§ 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO). Die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 3 entspricht der Billigkeit (§ 162 Abs. 3 VwGO), weil diese einen Antrag gestellt und damit ein Kostenrisiko übernommen hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an Nrn. 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 (NVwZ 2004, 1327).

Ende der Entscheidung

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