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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 02.06.2006
Aktenzeichen: 1 N 03.1546
Rechtsgebiete: VwGO, BauGB 1998, BauGB


Vorschriften:

VwGO § 47
BauGB 1998 § 1 Abs. 6
BauGB 1998 § 214 Abs. 3 Satz 2
BauGB § 9 Abs. 1 Nr. 15
BauGB § 34 Abs. 1 Satz 1
BauGB § 35
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

1 N 03.1546

In der Normenkontrollsache

wegen Unwirksamkeit des Bebauungsplans "************ * *********** ********";

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 1. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof König, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Müller, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Langer

ohne mündliche Verhandlung am 2. Juni 2006

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Der Bebauungsplan "******** - Teilbereich ********" der Gemeinde *****see ist unwirksam.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Antragsgegnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Antragsteller zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Antragsteller wendet sich gegen den Bebauungsplan "******** - Teilbereich ********" der Antragsgegnerin.

1. Der Antragsteller ist Eigentümer des im Plangebiet liegenden, etwa 1.800 m² großen Grundstücks Fl.Nr. ***/5 Gemarkung ********** ** *****see. Das unmittelbar an den *****see grenzende Grundstück ist mit einem älteren Wohnhaus bebaut, dessen Grundfläche - ohne einen Vorbau auf der Südwestseite - etwa 120 m² beträgt. Auch die nordöstlich und südwestlich angrenzenden Ufergrundstücke sind - auf einer Länge von etwa 550 m - bebaut. Überwiegend handelt es sich um Wochenendhäuser; auf weiteren fünf Grundstücken stehen Wohnhäuser.

Der Bebauungsplan setzt den größten Teil der Seeufergrundstücke als private Grünfläche fest. Lediglich im Bereich der Gebäude ist jeweils eine Fläche als "Sondergebiet Wochenendhaus mit untergeordneter Wohngebäudenutzung" ausgewiesen, innerhalb deren jeweils ein "Bauraum" als überbaubare Fläche festgesetzt ist. Als Maß der baulichen Nutzung ist bei den Wochenendhaus-Grundstücken jeweils eine zulässige Grundfläche von 70 m² (bei einem Grundstück 50 m²) festgesetzt. Bei den sechs "Wohnhaus-Grundstücken" orientiert sich die zulässige Grundfläche an dem Bestand. Beim Grundstück des Antragstellers ist sie auf 120 m² begrenzt. Das Gebiet des Bebauungsplans liegt im Geltungsbereich der Landschaftsschutzverordnung "Westlicher Teil des Landkreises ********" vom 20. April 1972 (Amtsblatt des Landkreises ******** vom 26.4.1972). Nach § 1 Abs. 4 der Verordnung treten deren Regelungen mit dem Inkrafttreten eines Bebauungsplans insofern außer Kraft, als sie der Durchführung des Bebauungsplans entgegenstehen.

Die Vorüberlegungen für den Bebauungsplan reichen bis in die Achtzigerjahre des letzten Jahrhunderts zurück. Nach einer längeren Phase gemeinsamer Überlegungen der drei *****see-Gemeinden führte die Antragsgegnerin die Planungen im Jahr 1995 für ihr Gebiet mit einem Entwurf für einen Bebauungsplan "********" fort. Nach der ersten öffentlichen Auslegung des Entwurfs wurde im Jahr 1997 beschlossen, die Planung in drei Bereiche aufzuteilen. Für den Bereich "********" fanden nach Überarbeitungen des Entwurfs in den Jahren 1998 und 2000 weitere Bürgerbeteiligungen statt. In der Sitzung vom 13. September 2000 fasste der Gemeinderat den Satzungsbeschluss. Bei der diesem Beschluss zugrunde liegenden Abwägung ging die Antragsgegnerin davon aus, dass die überplanten Grundstücke im Außenbereich liegen. Nachdem das parallel durchgeführte Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplans mit der Bekanntmachung der Genehmigung des Landratsamts ******** am 10. Mai 2001 abgeschlossen worden war und das Landratsamt der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 10. Mai 2001 für "Festsetzung von Bauflächen" eine Befreiung von der Schutzgebietsverordnung erteilt hatte, wurde der Bebauungsplan am 19. Juni 2001 in Kraft gesetzt.

2. Mit dem am 17. Juni 2003 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenen Normenkontrollantrag macht der Antragsteller vor allem geltend, dass der Bebauungsplan auf einer fehlerhaften Abwägung seiner Eigentümerbelange beruhe. Sein Wohnhaus gehöre zu einer zusammenhängenden Bebauung entlang des Seeufers, die sich von Norden her in das Plangebiet erstrecke. Sein Grundstück sei bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplans nach § 34 BauGB mit zwei Wohnhäusern, jedenfalls aber mit einem größeren Wohnhaus bebaubar gewesen. Seine Absicht, das Grundstück zu teilen, sei der Gemeinde bekannt gewesen. Durch die Festsetzung nur eines Bauraums mit einer von Grundfläche von 120 m² sei sein Baurecht eingeschränkt worden, ohne dass die Antragsgegnerin dies bei der Abwägung berücksichtigt habe. Soweit sich die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang darauf berufe, dass sein Grundstück ohne die Verlandungsflächen nur 1.130 m² groß sei, sei nicht berücksichtigt worden, dass er diese rund 700 m² großen Flächen schon im Jahre 1993 mit erheblichem finanziellen Aufwand erworben habe. Beim Satzungsbeschluss hätte die Antragsgegnerin somit von einer Fläche von rund 1.800 m² ausgehen müssen. Die Abwägung sei aber auch dann fehlerhaft, wenn es sich um eine Außenbereichslage handele. Denn der Bebauungsplan schließe die nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB gegebene Möglichkeit einer angemessenen Erweiterung des Wohnhauses ohne sachliche Rechtfertigung aus.

Der Antragsteller beantragt,

festzustellen, dass der Bebauungsplan "******** - Teilbereich ********" unwirksam ist.

Die Antragsgegnerin stellt die Entstehungsgeschichte des Bebauungsplans dar und verteidigt ihre Planung, ohne einen Antrag zu stellen.

Auch der Vertreter des öffentlichen Interesses stellt keinen Antrag.

Der Senat hat am 11. Mai 2005 durch Augenschein Beweis erhoben und am 24. Januar 2006 mündlich verhandelt. Gespräche zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin über eine einvernehmliche Lösung blieben ohne Erfolg. Auf eine weitere mündliche Verhandlung haben alle Beteiligten verzichtet.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die von der Antragsgegnerin vorgelegten Bebauungsplanakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der zulässige Antrag hat Erfolg. Der Bebauungsplan "******** - Teilbereich ********" ist gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO für unwirksam zu erklären, weil er ungültig ist.

Die Ungültigkeit beruht auf Fehlern bei der Abwägung der Belange des Antragstellers, die nicht nur zur Unwirksamkeit der unmittelbar betroffenen Festsetzungen für das Grundstück des Antragstellers führen (1.), sondern zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans (2.).

1. Die Festsetzungen, die der Bebauungsplan für das Grundstück des Antragstellers zum Maß der baulichen Nutzung und zur überbaubaren Grundstücksfläche (§ 9 Abs. 1 Nrn. 1 und 2, §§ 16 ff. und § 23 BauNVO) trifft, sowie die Festsetzung einer große Teile des Grundstücks einnehmenden privaten Grünfläche (§ 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB) sind unwirksam, weil sie auf rechtlich erheblichen Fehlern bei der Abwägung der privaten Belange des Antragstellers beruhen (§ 1 Abs. 6, § 214 Abs. 3 Satz 2 des Baugesetzbuches in der für den Bebauungsplan noch maßgebenden Fassung vom 27.8.1997, BGBl I. S. 2141 [BauGB 1998]). Die Antragsgegnerin hat die Eigentumsbelange des Antragstellers nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht berücksichtigt (1.1.) und die Bebaubarkeit seines Grundstück im Vergleich mit anderen Grundstücken zu stark eingeschränkt (1.2.)

1.1. Nach § 1 Abs. 6 BauGB 1998 müssen bei der Aufstellung der Bauleitpläne die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abgewogen werden. Ein Abwägungsmangel liegt vor, wenn eine Abwägung nicht vorgenommen wurde, wenn in die Abwägung nicht alle von der Planung berührten Belange eingestellt wurden oder wenn die Bedeutung betroffener Belange verkannt wurde und infolgedessen das Abwägungsergebnis deren objektivem Gewicht widerspricht (vgl. BVerwG vom 5.7.1974 E 45, 309). Zu den regelmäßig betroffenen privaten Belangen gehört das durch die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Grundeigentum. Ein auf den überplanten Grundstücken bestehendes Baurecht muss die Gemeinde im Rahmen der Abwägung berücksichtigen. Das private Interesse am Erhalt dieses Rechts muss mit dem öffentlichen Interesse an einer Neuordnung des Plangebiets abgewogen werden (BVerfG vom 19.12.2002 NVwZ 2003, 727 = DÖV 2003, 376 = UPR 2003, 143). Das setzt eine zutreffende Beurteilung des planungsrechtlichen "Status" der überplanten Grundstücke voraus, weil das Gewicht der Eigentumsbelange bei einer Lage im Innenbereich oder in einem Baugebiet größer ist als bei einer Außenbereichslage. Nach diesem Maßstab liegt ein Abwägungsfehler vor. Die Antragsgegnerin, die das Plangebiet selbst als "dicht bebaut" bezeichnet hat (Seite 2 des Schreibens vom 29.7.2003, Blatt 14 der Gerichtsakten) hat die - in Anbetracht der örtlichen Verhältnisse keineswegs fern liegende - Möglichkeit, dass durch die Überplanung der Seeufergrundstücke Baurecht nach § 34 BauGB umgestaltet und eingeschränkt wird, nicht berücksichtigt. Vielmehr hat sie sich bereits bei der Behandlung der Ergebnisse der ersten öffentlichen Auslegung in der Sitzung vom 8. Oktober 1997 darauf festgelegt, dass es sich um eine Außenbereichslage (§ 35 BauGB) handele (vgl. S. 8 der Sitzungsniederschrift, Blatt 179 k der Bebauungsplanakten), und diesem Standpunkt im weiteren Verlauf des Planverfahrens bis zum Satzungsbeschluss am 13. September 2000 beibehalten (vgl. S. 3 der Sitzungsniederschrift, Blatt 261 c der Bebauungsplanakten). Diese Einstufung war fehlerhaft. Ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil im Sinn von § 34 BauGB ist jede Bebauung im Gebiet einer Gemeinde, die - trotz vorhandener Baulücken - geschlossen und zusammengehörend wirkt, nach der Zahl der vorhandenen Gebäude ein gewisses Gewicht hat und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG vom 6.11.1968 E 31, 22 = BayVBl 1969, 134). Der Begriff der "im Zusammenhang bebauten Ortsteile" in § 34 Abs. 1 BauGB umfasst zwei Komponenten: den "Bebauungszusammenhang" und den "Ortsteil". Die Voraussetzung des Bebauungszusammenhangs erfordert nur, dass eine aufeinander folgende, zusammengehörend und geschlossen erscheinende Bebauung tatsächlich vorhanden ist. Als Bebauung maßgebend sind grundsätzlich nur vorhandene Gebäude, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen. Gebäude, die üblicherweise nur vorübergehend genutzt werden, wie etwa Freizeitzwecken dienende Gebäude, zählen hierzu grundsätzlich nicht. Solche Gebäude sind nur zu berücksichtigen, wenn sie ihre Umgebung ausnahmsweise städtebaulich mitprägen. Ausschlaggebend ist, ob die bauliche Anlage ihren Teil dazu beitragen kann, den Maßstab für die nach § 34 Abs. 1 BauGB zulässige Fortentwicklung eines Ortsteils zu bilden. Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, ist im Einzelfall zu entscheiden. Das gilt auch für Wochenendhäuser. Kleine Wochenendhäuser erfüllen in aller Regel nicht die Voraussetzungen einer Bebauung im dargelegten Sinn; größere können hingegen einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil bilden (BVerwG vom 2.3.2000 ZfBR 2000, 428; vom 2.8.2001 ZfBR 2002, 69; vom 11.7.2002 ZfBR 2002, 808; ThürOVG vom 28.3.2003 ZfBR 2004, 182).

Nach diesem Maßstab bildet die Bebauung im Plangebiet einen Bebauungszusammenhang. Die rund 25 überplanten, zusammenhängenden Seeufergrundstücke waren zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses weit überwiegend mit Gebäuden bebaut, die als Bebauung im Sinn von § 34 BauGB einstufen sind (wie in der mündlichen Verhandlung am 24.1.2006 geklärt wurde, gilt dies auch für das in der Planzeichnung des Bebauungsplans noch als unbebaut eingetragene Grundstück Fl.Nr. ***/12). Bei den sechs Wohnhäusern im Plangebiet steht diese Einstufung außer Zweifel. Sie ist aber auch bei dem weit überwiegenden Teil der Wochenendhäuser nicht fraglich, weil es sich durchwegs um größere, infolge der Geländeverhältnisse zum Teil sogar mehrgeschossige freistehende Gebäude handelt, deren Grundfläche teilweise deutlich über dem in anderen Ländern als Obergrenze für sog. Kleinwochenendhäuser angesehenen Maß von 40 m² (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl., § 10 RdNr. 32 f.) liegt. Wie die wenigen kleinen Wochenendhäuser im Plangebiet in dieser Hinsicht für sich gesehen zu beurteilen wären, kann offen bleiben. Der Eindruck, dass es sich - trotz unterschiedlicher Grundstücks- und Gebäudegrößen (vgl. BVerwG vom 19.9.1986 BVerwGE 75, 34 = DVBl 1987, 478) - insgesamt um eine aufeinander folgende, zusammengehörend und geschlossen erscheinende Bebauung handelt, bestünde auch dann, wenn einige wenige Wochenendhäuser (in Betracht kommen insbesondere die Gebäude auf den Grundstücken Fl.Nrn. ***/3 und ***/4) die Voraussetzungen einer Bebauung im dargelegten Sinn nicht erfüllen würden.

Diese Seeuferbebauung bildet zusammen mit der zum größten Teil von der "Oberen ********" erschlossenen, rund 30 Gebäude umfassenden, gleichfalls zusammenhängenden Wohnbebauung, die sich unmittelbar - ohne bauplanungsrechtlich erhebliche Unterbrechung durch das zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses nur untergeordnet bebaute Grundstück Fl.Nr. *** und das von der "********" abzweigende, zum Seeuferweg führende Straßenstück - in nordöstlicher Richtung anschließt, einen Ortsteil im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Dem steht nicht entgegen, dass nur eine Bebauung mit einer organischen Siedlungsstruktur ein Ortsteil sein kann. Auch der im Bebauungsplangebiet liegende Teil der Bebauung ist nämlich trotz der zeilenförmigen Anordnung der Gebäude entlang des Ufers nicht im Sinn der Definition eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils "unorganisch". In das Erfordernis einer organischen Siedlungsstruktur dürfen nicht die regionalplanerischen und städtebaulichen Anforderungen hineingelesen werden, die die Seeuferbebauung aus heutiger Sicht als eine wichtigen öffentlichen Belangen zuwiderlaufende Fehlentwicklung erscheinen lassen. "Unorganisch" ist vielmehr nur eine völlig ungeordnete Bebauung ohne jede Regel (Hofherr in: Berliner Kommentar zum BauGB, Stand Januar 2005, § 34 RdNr. 4 mit Nachweisen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts). Um eine solche ungeordnete Ansammlung von Gebäuden handelt es sich bei dem "faktischen Wochenendhausgebiet" am südwestlichen Ende des Gemeindegebiets nicht. Vielmehr beruht die zeilenförmige Struktur aus der Lage der Grundstücke zwischen dem Seeufer und der "********" und aus den Geländeverhältnissen (vgl. auch BVerwG vom 6.11.1968 BVerwGE 31, 22 = BayVBl 1969, 134). Die Bebauung wirkt auch nicht deswegen "unorganisch", weil die sie erschließende "********" nur auf einem kurzen Teilstück im Norden des Plangebiets (provisorisch) ausgebaut ist. Die Wochenendhausgrundstücke sind auch durch den befestigten Fahrweg, als der sich die Straße in südlicher Richtung fortsetzt, ausreichend erschlossen.

Der Abwägungsfehler ist rechtlich erheblich (§ 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Der Mangel ergibt sich unmittelbar aus den Akten über die Aufstellung des Bebauungsplans und ist damit offensichtlich. Er war auch auf das Abwägungsergebnis von Einfluss. Da die Eigentümerbelange bei einer Lage im Innenbereich erheblich mehr Gewicht haben als bei einer Außenbereichslage, besteht insbesondere beim Grundstück des Antragstellers die "konkrete Möglichkeit" (BVerwG vom 29.1.1992 NVwZ 1992, 662), dass die Antragsgegnerin beim Nutzungsmaß und bei der überbaubaren Grundstücksfläche weniger einengende Festsetzungen getroffen hätte, wenn sie die Bebauung richtig eingestuft hätte. Auch die Festsetzung einer "privaten Grünfläche", die das gesamte Grundstück mit Ausnahme der "Baugebietsinsel" einnimmt, wäre in diesem Fall - auch auf den anderen Grundstücken - mit erheblicher Wahrscheinlichkeit unterblieben. Es ist schon fraglich, ob das zugrunde liegende, im gesamten Plangebiet umgesetzte Konzept einer Grünflächenfestsetzung (§ 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB) als Grundregelung des Bebauungsplans mit "auf" den Grünflächen festgesetzten "Baugebietsinseln", die unwesentlich größer sind als die durch Baugrenzen bestimmten "Bauräume", nicht schon deswegen Bedenken begegnet, weil es in sich widersprüchlich ist, indem es der zugelassenen Bebauung keinen "Umgriff" für Nebenanlagen etc. lässt (vgl. auch BayVGH vom 6.5.2003 - 1 N 01.2798). Jedenfalls aber ist anzunehmen, dass die privaten Grünflächen kleiner ausgefallen (beispielsweise auf die ganz überwiegend nur mit untergeordneten Nebenanlagen bebauten Uferbereiche der Grundstücke beschränkt worden) wären, wenn die Antragsgegnerin von der Innenbereichslage ausgegangen wäre. 1.2. Die Festsetzungen für das Grundstück des Antragstellers sind - unabhängig von den Folgen der fehlerhaften bauplanungsrechtlichen Einstufung - auch deswegen abwägungsfehlerhaft, weil sie die Bebaubarkeit des Grundstücks im Vergleich mit anderen Grundstücken im Plangebiet zu stark eingeschränkten.

Da es sich bei dem streitgegenständlichen Bebauungsplan um eine Bauleitplanung handelt, die eine aus heutiger Sicht verfehlt erscheinende Bebauung in einem unter Landschaftsschutz stehenden Gebiet "im Interesse des Naturschutzes und der Landschaftspflege" (Seite 6 der Begründung zum Bebauungsplan) ordnen soll, hatte die Antragsgegnerin zwar hinsichtlich des im Rahmen der Abwägung zu beachtenden Gleichbehandlungsgebots einen größeren Spielraum als bei einer Neuausweisung eines Baugebiets. Das Gewicht der für die Planung der Antragsgegnerin sprechenden öffentliche Belange rechtfertigt es grundsätzlich, sich am Bestand zu orientieren und die Baurechtsausweisungen im Wesentlichen (mit gewissen Erweiterungsmöglichkeiten) auch auf diesen zu beschränken. Auch die Pauschalierungen bei der Festsetzung der zulässigen Grundfläche erscheinen grundsätzlich vertretbar. Erhebliche Ungleichgewichte muss die Gemeinde aber auch dann vermeiden, wenn sie wegen der Besonderheiten der Planungssituation einen weiten Spielraum hat. Diese Grenze wurde beim Grundstück des Antragstellers überschritten. In Anbetracht dessen, dass das Grundstück deutlich größer ist als die meisten Grundstücke im Plangebiet und in dessen nördlichem Teil liegt, in dem die Bebauung stärker verdichtet ist als im südlichen Teil, erscheinen die Begrenzung der zulässigen Grundfläche (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, § 16 Abs. 2 Nr. 1 Alternative 2 BauNVO) auf 120 m² sowie die Festsetzung nur eines und zudem ohne erkennbaren Grund sehr ungünstig geschnittenen Bauraums als eine gleichheitswidrige Einschränkung des nach § 34 BauGB gegebenen Baurechts. Dies gilt um so mehr, als, was die Antragsgegnerin möglicherweise nicht bedacht hat, auf die zulässige Grundfläche zwingend die in § 19 Abs. 4 Satz 1 BauNVO aufgeführten Anlagen anzurechnen sind, und als die Festsetzung einer zulässigen "bergseitigen" Wandhöhe von 4 m (Nr. A.5.2 des Bebauungsplans) dem Antragsteller wegen des ebenen Geländes im Bereich des für sein Grundstück festgesetzten "Bauraums" nicht in dem Maße zugute kommt, wie beispielsweise dem Grundstück Fl.Nr. ***. Bei diesem hat diese Festsetzung, wie der beim Augenschein weitgehend fertig gestellte Neubau gezeigt hat, eine - vom See aus gesehen - dreigeschossig wirkende Bebauung ermöglicht. Der Antragsteller kann zwar wohl nicht beanspruchen, dass in dem überwiegend für Wochenendhäuser bestimmten Gebiet das Baurecht für ein zweites "Dauerwohnhaus" festgesetzt wird. Auch muss die Antragsgegnerin wohl nicht in der Weise auf die Belange des Antragstellers Rücksicht nehmen, dass sie eine weitere Bebauung ermöglicht, die das mit dem Wohnrecht belastete vorhandene Gebäude möglichst unberührt lässt. Die besondere Situation des Grundstücks des Antragstellers muss aber durch weniger einengende Festsetzungen, wie sie im Rahmen der leider ergebnislos gebliebenen Vergleichsgespräche erwogen wurden, berücksichtigt werden. Dabei sollte sich die Antragsgegnerin darüber im Klaren sein, dass es bei der Überplanung von Innenbereichsgrundstücken, auch wenn sich diese in einer exponierten Lage befinden, nicht darum geht, Baurecht zu "gewähren" (vgl. Seite 2 des Schreibens der Antragsgegnerin vom 29.7.2003, Blatt 14 der Gerichtsakten), sondern um eine Bestimmung des Inhalts des Grundeigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG), bei der der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Gleichbehandlungsgebot beachten werden müssen.

Auch dieser Abwägungsfehler ist rechtlich erheblich (§ 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Auch er ergibt sich aus den Akten über die Aufstellung des Bebauungsplans, weil die Antragsgegnerin bei der Abwägung, die insoweit bereits in der Sitzung vom 8. Oktober 1997 erfolgt ist, die besondere Grundstückssituation nicht nur nicht berücksichtigt hat, sondern zudem - in der unzutreffenden Annahme, die vom Antragsteller erworbenen "Verlandungsflächen" könnten außer Betracht bleiben - nicht von der richtigen Grundstücksgröße ausgegangen ist (vgl. Blatt 179 a der Bebauungsplansakten). Bezüglich der Auswirkungen des Fehlers auf das Abwägungsergebnis gilt das oben Ausgeführte entsprechend.

2. Die Abwägungsfehler haben die Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplans zur Folge.

Wegen der Abwägungsfehler sind nicht nur die unmittelbar betroffenen Festsetzungen (zulässige Grundfläche, "Bauraum" und private Grünfläche) im Bereich des Grundstücks des Antragstellers unwirksam. Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 BauGB in Verbindung mit § 23 BauNVO) trennen die Flächen, auf die sich eine nach dem Bebauungsplan (oder nach § 34 BauGB) grundsätzlich zulässige Bebauung beschränken soll, von den Flächen, die von baulichen Anlagen frei bleiben sollen. Ein Grundstück, das im Geltungsbereich eines Bebauungsplans mit Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche außerhalb der festgesetzten Flächen liegt, ist nicht bebaubar (VGH BW vom 15.12.1999 - 3 S 2580/99 -, Juris). Die Folge einer auf das Grundstück des Antragstellers beschränkten Feststellung der Unwirksamkeit wäre somit nicht, dass sich dort die Zulässigkeit von Vorhaben (im Sinn von § 29 Abs. 1 BauGB) hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche nach § 34 Abs. 1 BauGB richten würde. Vielmehr wäre für dieses Grundstück keine überbaubare Fläche festgesetzt. Dies aber widerspräche offensichtlich der Planungsabsicht der Antragsgegnerin.

Aus diesem Grund erfasst der Fehler alle Festsetzungen des Bebauungsplans zur überbaubaren Fläche. Diese hängen untrennbar mit den Festsetzungen zum Nutzungsmaß, die beim Grundstück des Antragstellers zudem gleichfalls abwägungsfehlerhaft erfolgt ist, und den "inselartigen " Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung zusammen. Damit sind die Festsetzungen zu drei städtebaulichen Grundkategorien als Folge des Abwägungsfehlers unwirksam. Da nicht anzunehmen ist, dass die Antragsgegnerin ohne diese Festsetzungen die übrigen Regelungen getroffen hätte, führt der Fehler zur Unwirksamkeit aller Festsetzungen.

3. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, weil sie unterlegen ist (§ 154 Abs. 1 VwGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO muss die Antragsgegnerin die Entscheidung in Nr. I der Urteilsformel nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils ebenso veröffentlichen wie der Bebauungsplan bekannt zu machen wäre (§ 10 Abs. 3 Satz 1 BauGB).

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 13.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und 7 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004.

Ende der Entscheidung

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