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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 26.05.2006
Aktenzeichen: 1 N 03.504
Rechtsgebiete: VwGO, BauGB, BauNVO 1977


Vorschriften:

VwGO § 47 Abs. 2
VwGO § 92
BauGB § 9 Abs. 1 Nr. 6
BauNVO 1977 § 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3
BauNVO § 16 Abs. 2 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Im Namen des Volkes

1 N 03.504

In der Normenkontrollsache

wegen Unwirksamkeit des Bebauungsplanes Nr. ** ("Zwischen *********** *** ** ******");

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 1. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof König, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Müller, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Langer

ohne mündliche Verhandlung am 26. Mai 2006 folgendes

Urteil:

Tenor:

I. Das Verfahren wird eingestellt, soweit es nicht die in Nr. II der Entscheidungsformel aufgeführten Festsetzungen zum Gegenstand hat.

II. Die Nr. 3.3 Satz 2 und die Nr. 6.1 der "Festsetzungen durch Planzeichen" sowie die auf das Grundstück Fl.Nr. *** Gemarkung O****** bezogenen Regelungen unter Nr. 1.1 der "Festsetzungen durch Text" des Bebauungsplans Nr. 26 ("Zwischen O******weg und ** ******") der Gemeinde O****** sind unwirksam.

III. Von den Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller fünf Sechstel und die Antragsgegnerin ein Sechstel.

IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kostengläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Antragsteller wendet sich nach einer Teilrücknahme seines zunächst gegen den gesamten Bebauungsplan Nr. 26 ("Zwischen O******weg und ** ******") gerichteten Normenkontrollantrags nur noch gegen einzelne Festsetzungen dieser Satzung.

1. Der Antragsteller ist Eigentümer der südlich des Ortszentrums im nördlichen Teil des Plangebiets gelegenen Grundstücke Fl.Nrn. ***/*, *** und *** Gemarkung O******. Die Grundstücke Fl.Nrn. *** und *** bilden eine Einheit; sie sind mit einem auf der Fl.Nr. *** stehenden Wohngebäude bebaut. Auf dem südlich angrenzenden Grundstück Fl.Nr. ***/* steht ein Nebengebäude.

Der Bebauungsplan überplant außer den drei Grundstücken des Antragstellers vier weitere Grundstücke, von denen zwei mit Wohngebäuden bebaut sind (Fl.Nrn. *** und ***). Die beiden anderen (Fl.Nrn. *** und ***) waren bei In-Kraft-Treten des Bebauungsplans unbebaut. Im südlichen Teil des lang gestreckten Grundstücks Fl.Nr. *** wurde inzwischen eine Turnhalle errichtet, die zu einem mehrere Gebäude umfassenden Schulkomplex gehört. Das Grundstück Fl.Nr. *** und das Grundstück Fl.Nr. *** des Antragstellers grenzen auf ihren Nordseiten an die von der Kufsteiner Straße abzweigende Straße "** ******". Das Grundstück Fl.Nr. *** ist von dieser Straße durch eine "Trockenmauer" getrennt. Das Grundstück Fl.Nr. ***, ein "Hammergrundstück", ist über einen zwischen den Grundstücken Fl.Nrn. *** und *** verlaufenden Grundstücksstreifen mit der Straße "** ******" verbunden. Die Grundstücke Fl.Nrn. ***/* und *** haben keine Verbindung zu einer öffentlichen Verkehrsfläche. Das Grundstück Fl.Nr. *** grenzt auf der Südseite des Plangebiets an den O******weg.

Der Bebauungsplan setzt ein allgemeines Wohngebiet fest. Die durch Baugrenzen bestimmten überbaubaren Flächen beschränken sich bei dem Grundstück Fl.Nr. ***, und den Grundstücken des Antragstellers auf die bebauten Grundstücksteile. Auf den Grundstück Fl.Nr. *** ist der festgesetzte "Bauraum" hingegen größer als die Grundfläche des vorhandenen Gebäudes. Auch auf den Grundstücken Fl.Nrn. *** und *** sind jeweils größere überbaubare Flächen festgesetzt. Für die straßenmäßige Erschließung des nördlichen Teils des Plangebiets setzt der Bebauungsplan einen in Nord-Süd-Richtung verlaufenden "privaten Anliegerweg, mit Maßgabe Geh- und Leitungsrecht zu Gunsten der Allgemeinheit" fest. Dieser Weg soll im Norden an der Stelle beginnen, an welcher die zum Grundstück Fl.Nr. *** gehörende Teilfläche an die Straße "** ******" grenzt, von dort auf das Grundstück Fl.Nr. *** des Antragstellers schwenken und dann zwischen den Grundstücken Fl.Nrn. *** und ***/* verlaufen. Als Abschluss des Weges ist auf Höhe der Grundstücke Fl.Nrn. *** und *** eine Wendefläche geplant. Für die Erschließung des südlichen Teils des Plangebiets ist auf dem Grundstück Fl.Nr. *** ein öffentlicher Fußweg festgesetzt, der von der Wendefläche und bis zur Straße "O******weg" reichen soll. Die "Trockenmauer" auf der Nordseite des Grundstücks Fl.Nr. *** ist nach den Festsetzungen des Bebauungsplans "zu erhalten".

Den Beschluss zur Aufstellung des Bebauungsplans fasste der Gemeinderat am 23. Februar 1988. Anlass war ein Bauantrag des Antragstellers. Der Gemeinde hielt die Planung - trotz einer Einigung zwischen dem Antragsteller und der Eigentümerin der Grundstücke Fl.Nrn. *** und *** über die Zufahrt - für erforderlich, weil nur auf der Grundlage eines Bebauungsplans eine geordnete Erschließung der übrigen "Hinterliegergrundstücke" sichergestellt werden könne.

Bei der vorgezogenen Bürgerbeteiligung erhoben der Antragsteller sowie die Eigentümerin der Grundstücke Fl.Nrn. ***, *** und *** Einwendungen. Bei der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange ergaben sich keine wesentlichen Bedenken. Die öffentliche Auslegung fand - nach einer Überarbeitung des Entwurfs - von Ende Dezember 1988 bis Ende Januar 1989 statt. Der Antragsteller wiederholte seine Einwände. In der Sitzung vom 25. April 1989 fasste der Gemeinderat den Satzungsbeschluss. Nach Durchführung des Anzeigeverfahrens setze die Antragsgegnerin den Bebauungsplan in Kraft. In der am 20. Dezember 1989 an den Ortstafeln angeschlagenen Bekanntmachung wurde auf die Vorschriften des Baugesetzbuches über das Unbeachtlichwerden von Verstößen gegen Verfahrens- und Formvorschriften sowie von Abwägungsmängeln hingewiesen. Am 25. Januar 1990 wurde der Bebauungsplan ausgefertigt. Am 23. März 2005 wiederholte der erste Bürgermeister die Ausfertigung. Am 24. März 2005 setzte die Antragsgegnerin den Bebauungsplan durch Bekanntmachung der Durchführung des Anzeigeverfahrens rückwirkend zum 20. Dezember 1989 in Kraft.

2. Zur Begründung des am 30. November 1998 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenen, erstmals mit Schriftsatz vom 20. März 2002 begründeten Normenkontrollantrags machte der Antragsteller zunächst vor allem Abwägungsfehler geltend. Fehlerhaft sei die Festsetzung des nördlichen Teils des Erschließungswegs als "privater Anliegerweg". Da der sich südlich anschließende öffentliche Fußweg vor allem von Schulkindern benutzt werden solle, sei zu erwarten, dass auch der Privatweg in einem Umfang von der Allgemeinheit genutzt werde, der eine sinnvolle Nutzung durch die Eigentümer ausschließe. Wegen der geringen Breite des Privatwegs und des Fehlens von Umkehrmöglichkeiten sei zudem nicht sichergestellt, dass die Grundstücke von Rettungs- und Versorgungsfahrzeugen erreicht werden können. Eine Erschließung des Gebiets von Süden her sei nicht in die Überlegungen einbezogen worden, obwohl sich diese Alternative wegen des schon damals geplanten Schulgebäudes aufgedrängt habe. Mit dem Gebot einer gerechten Lastenverteilung sei nicht zu vereinbaren, dass zwar auf den Grundstücken Fl.Nrn. *** und *** ein Bauraum für ein Einfamilienhaus ausgewiesen worden sei, nicht aber auf dem Grundstück Fl.Nr. ***/*. Auch durch die Verschwenkung des Erschließungsweges werde der Antragsteller ungleich belastet.

Nach einem Hinweis des Gerichts, dass Abwägungsmängel unbeachtlich geworden sein dürften, weil der Antragsteller sie nicht innerhalb von sieben Jahren nach der Bekanntmachung des Bebauungsplans am 19. Dezember 1989 gegenüber der Antragsgegnerin gerügt hat (§ 233 Abs. 2 Satz 2 BauGB n. F., § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB a. F.), wendet sich der Antragsteller nur noch gegen einzelne Festsetzungen. Die Nr. 3.3 der "Festsetzungen durch Planzeichen" sei zu unbestimmt. Für die Nr. 6.1 dieser Festsetzungen gebe es keine Rechtsgrundlage. Ferner habe die maßgebliche Fassung der Baunutzungsverordnung, die BauNVO 1977, nicht zur Begrenzung der Zahl der Wohnungen in einzelnen Geschossen (Nr. 1.1 der "Festsetzungen durch Text") ermächtigt.

Der Antragsteller beantragt,

festzustellen, dass die Nrn. 3.3 und Nr. 6.1 der "Festsetzungen durch Planzeichen" des Bebauungsplans Nr. 26 der Gemeinde O****** sowie die Nr. 1.1 der "Festsetzungen durch Text", letztere soweit sie sich auf das Grundstück Fl.Nr. *** bezieht, unwirksam sind.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie tritt den Rügen des Antragstellers entgegen.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses stellt keinen Antrag.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den zunächst unter dem Aktenzeichen 1 N 98.3076 geführten Normenkontrollantrag am 26. März 2002 mündlich verhandelt. Im Hinblick auf ein damals von der Antragsgegnerin angekündigtes Änderungsverfahren hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 26. März 2002 das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Mit Verfügung vom 27. September 2002 wurde die Sache statistisch erledigt. Auf Antrag des Antragstellers vom 20. Februar 2003 wird das Verfahren unter dem neuen Aktenzeichen fortgeführt. Alle Beteiligten haben auf eine weitere mündliche Verhandlung verzichtet.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die von der Antragsgegnerin vorgelegten Bebauungsplanakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Verfahren ist in dem unter Nr. I der Entscheidungsformel bestimmten Umfang einzustellen, weil es insoweit durch eine teilweise Rücknahme des Normenkontrollantrags beendet worden ist (§ 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO in entsprechender Anwendung).

In der Beschränkung des zunächst auf Feststellung der Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplans gerichteten Antrags auf das Begehren, die Unwirksamkeit einzelner Festsetzungen festzustellen, liegt eine Teilrücknahme des Normenkontrollantrags (1.). Diese ist auch ohne Zustimmung der übrigen Beteiligten wirksam (2.).

1. Die Beschränkung des Normenkontrollantrags auf die drei im Antrag genannten Festsetzungen ist als Teilrücknahme auszulegen (§ 88, § 86 Abs. 3 VwGO in entsprechender Anwendung), weil der Bebauungsplan nach den Maßstäben für die Teilbarkeit von Bebauungsplanfestsetzungen insoweit teilbar ist.

Auch ein Normenkontrollantrag kann teilweise zurückgenommen werden. Auch für das Normenkontrollverfahren gilt die Dispositionsmaxime, d.h. der Antragsteller bestimmt mit seinem Antrag grundsätzlich den Umfang der gerichtlichen Prüfung und damit den Umfang der möglichen Unwirksamkeitserklärung der Norm. Nur wenn bei einem von vorneherein auf Teile der Norm beschränkten, zulässigen und begründeten Antrag die angegriffenen unwirksamen Teile in einem untrennbaren Zusammenhang mit anderen Teilen der Norm stehen, hat das Gericht über den Antrag hinauszugehen und auch die nicht angegriffenen Teile für unwirksam zu erklären. Der Dispositionsmaxime entspricht es, dass der Antragsteller seinen Normenkontrollantrag grundsätzlich ganz oder teilweise zurücknehmen kann (BVerwGE vom 18.7.1989 BVerwGE 82, 225/232 = NVwZ 1990, 157). So wie eine teilweise Rücknahme einer Anfechtungsklage nur möglich ist, wenn der angegriffene Verwaltungsakt teilbar ist (BayVGH vom 29.9.2003 VGH n.F. 56, 223 = BayVBl 2004, 213 = NVwZ-RR 2004, 238; Schmid in Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl., § 92 RdNr. 17), kann die Teilrücknahme eines Normenkontrollantrags ihr Ziel, die Wirksamkeitsprüfung auf Teile der Norm zu beschränken, aber nur erreichen, wenn die angegriffene Norm teilbar ist.

Diese Voraussetzung ist - sogar offensichtlich - erfüllt. Wie bereits im Hinweisschreiben des Senats vom 3. Dezember 2004 angedeutet wurde, ist es evident, dass die Regelungen des Bebauungsplans auch ohne die drei noch angegriffenen Festsetzungen ein sinnvolles Ganzes bilden. Dabei ist der zuletzt (Schriftsatz der Bevollmächtigten des Antragstellers vom 15.7.2005) gestellte Antrag hinsichtlich der Nr. 3.3 der "Festsetzungen durch Planzeichen" dahin auszulegen, dass nur die Unwirksamkeit der Regelung in Satz 2, wonach "Dachgeschosse in Abhängigkeit des Bestandes und der zulässigen Höhenentwicklung Vollgeschoss sein (können)", festgestellt werden soll. Denn in der Begründung des Normenkontrollantrags (Schriftsatz der Bevollmächtigten des Antragstellers vom 20.3.2002) wird zur Nr. 3.3 nur der Einwand erhoben, dass diese Regelung zu unbestimmt sei (Seite 7 des Schriftsatzes). Bei dieser Festsetzung, bei der Regelung unter Nr. 6.1 der "Festsetzungen durch Planzeichen", dass die "Trockenmauer (auf dem Grundstück Fl.Nr. ***) zu erhalten (ist)", und bei der Regelung unter Nr. 1.1 der Festsetzungen durch Text, dass auf dem Grundstück Fl.Nr. *** "die Anzahl der zulässigen Wohnungen im OG und DG gesamt auf max. 4 WE begrenzt (wird)", handelt es sich ersichtlich um Vorschriften, die aus dem Gesamtzusammenhang der Festsetzungen herausgelöst werden können, ohne das mit dem Bebauungsplan verfolgte Ziel einer Neuordnung des Gebiets in Frage zu stellen. Wegen der untergeordneten Bedeutung der Festsetzungen erscheint es auch offensichtlich, dass die Antragsgegnerin den Bebauungsplan im Zweifel ohne diese Regelungen erlassen hätte (vgl. BVerwG vom 18.7.1989 BVerwGE 82, 225/230 = NVwZ 1990, 157).

2. Die Teilrücknahme bedarf zu ihrer Wirksamkeit nicht der Einwilligung der Antragsgegnerin und des Vertreters des öffentlichen Interesses.

Nach der auf einen Normenkontrollantrag entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 92 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind für die Klagerücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung die Einwilligung des Beklagten (Antragsgegners) und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der Verhandlung teilgenommen hat, auch dessen Einwilligung erforderlich. Wenn im schriftlichen Verfahren entschieden wird, wird eine Einwilligung frühestens ab dem Zeitpunkt für erforderlich gehalten, zu dem die letzte Einverständniserklärung gemäß § 101 Abs. 2 VwGO bei Gericht eingegangen ist (zum Meinungsstand: Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 92 RdNr. 14; Schmid in Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl., § 92 RdNr. 22). Nach diesen Maßstäben war eine Einwilligung zur Teilrücknahme des Antrags nicht erforderlich. In der mündlichen Verhandlung am 26. März 2002 waren keine Anträge gestellt worden. Der Verzicht auf (weitere) mündliche Verhandlung wurde von der Antragsgegnerin und dem Vertreter des öffentlichen Interesses erst nach der Teilrücknahme des Antrags erklärt.

3. Gemäß § 155 Abs. 2 VwGO hat der Antragsteller die - in entsprechender Anwendung von § 155 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 VwGO mit einer Quote von fünf Sechstel der gesamten Kosten anzusetzenden - Kosten des Verfahrens zu tragen, die auf den durch die Rücknahme beendeten Teil des Rechtstreits entfallen.

4. Dieser Teil der Entscheidung ist unanfechtbar (§ 92 Abs. 3 Satz 2, § 158 Abs. 2 VwGO).

II.

Soweit das Normenkontrollverfahren nicht durch die Teilrücknahme beendet wurde, ist der Antrag, über den aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO), zulässig und begründet.

1. Der Antrag ist zulässig.

Die Zweijahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist eingehalten. Der Bebauungsplan wurde (erstmals) am 20. Dezember 1989 bekanntgemacht. Nach Art. 10 Abs. 4 des Sechsten Gesetzes zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung und anderer Gesetze (6. VwGOÄndG) vom 6. November 1996 (BGBl. I S. 1626) lief die Frist somit ab dem Inkrafttreten des Änderungsgesetzes am 1. Januar 1997. Die Frist ist gewahrt, weil der Antrag am 2. November 1998 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangen ist.

Die Antragsbefugnis, die gleichfalls nach der seit dem 1. Januar 1997 geltenden Fassung von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zu beurteilen ist, ist gegeben, weil der Antragsteller Festsetzungen angreift, die unmittelbar für seine Grundstücke gelten.

Für den Antrag besteht auch ein Rechtsschutzinteresse. Der Antragsteller kann seine Rechtsstellung mit einem Erfolg des Normenkontrollantrags verbessern, weil die angegriffenen Festsetzungen Beschränkungen enthalten, die bei einer Beurteilung der Zulässigkeit von Vorhaben nach § 34 BauGB nicht bestehen.

2. Der Antrag ist auch begründet. Die drei Festsetzungen sind für unwirksam zu erklären, weil sie ungültig sind (§ 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

2.1. Die Regelung unter Nr. 3.3 Satz 2 der "Festsetzungen durch Planzeichen" genügt, auch wenn man sie im Zusammenhang mit dem vorangehenden Satz 1 liest, nicht den Anforderungen, die aus rechtsstaatlichen Gründen an die Bestimmtheit von Bebauungsplanfestsetzungen zu stellen sind (vgl. BVerwG vom 24.1.1995 NVwZ-RR 1995, 311).

Unter Nr. 3.3 Satz 1 der "Festsetzungen durch Planzeichen" ist das als Beispiel gewählte Planzeichen "II + D" erläutert mit "Anzahl der Vollgeschosse zulässig". Hiergegen bestehen keine Bedenken. Zwar ermächtigte § 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 BauNVO in der gemäß § 25 c BauNVO maßgeblichen Fassung vom 15. September 1977 (BGBl. I S. 1763) - ebenso wie die jetzt maßgebende Vorschrift des § 16 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO - nur zur Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse und nicht zu Regelungen über deren Gestaltung (BVerwG vom 5.7.1991 Buchholz 406.12 § 16 BauNVO Nr. 1; vom 25.2.1997 NVwZ 1997, 896). Eine Festsetzung zur Zahl der Vollgeschosse kann aber mit einer örtlichen Bauvorschrift über die äußere Gestaltung baulicher Anlagen in der Weise verbunden werden, dass die Ausführung des obersten Vollgeschosses als Dachgeschoss vorgeschrieben wird (BayVGH vom 9.3.2005 - 1 N 03.1765; vgl. BayVGH vom 12.11.1997 - 26 B 97.52). Um eine solche Regelung handelt es sich bei dem Festsetzungsbeispiel. Sie besagt bauplanungsrechtlich, dass drei Vollgeschosse zulässig sind, und schreibt bauordnungsrechtlich vor, dass das dritte Geschoss im Bereich des Dachs liegen muss. Hingegen erschließt sich nicht, welche Bedeutung die offenbar als Ergänzung hierzu gemeinte, auch sprachlich missglückte Regelung "Dachgeschosse können in Abhängigkeit des Bestandes und der zul. Höhenentwicklung Vollgeschoss sein" haben könnte. Diese Festsetzung ist unwirksam, weil ihr Regelungsgehalt nicht bestimmt werden kann.

2.2. Für das in der Planzeichnung festgesetzte, unter Nr. 6.1 der Legende erläuterte Gebot "Trockenmauer zu erhalten" fand (und findet) sich in § 9 Abs. 1 BauGB keine Rechtsgrundlage. Etwas anderes ergibt sich auch nicht dadurch, dass für den Teil des Plangebiets, in dem sich die "Trockenmauer" befindet, während der Aufstellung des Bebauungsplans vorbereitende Untersuchungen für eine städtebauliche Sanierung durchgeführt wurden (§ 141 BauGB 1986). Selbst in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet konnte damals (und kann heute) ein solches Erhaltungsgebot nicht festgesetzt werden. Dasselbe gilt für ein Erhaltungsgebiet (§ 172 BauGB). In beiden Gebieten besteht lediglich eine Genehmigungspflicht für die Beseitigung bzw. den Abbruch (Rückbau) baulicher Anlagen (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 14 Abs. 1, § 172 Abs. 1 Satz 1 BauGB).

2.3. Auch für die Regelung unter Nr. 1.1 Sätze 2 bis 4 der Festsetzungen durch Text gibt es keine Rechtsgrundlage. Zwar kann auf der Grundlage der auf dem Gesetz über das Baugesetzbuch vom 8. Dezember 1986 (BGBl I. S. 2191) beruhenden Vorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB die höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden begrenzt werden. Die Vorschrift ermächtigt aber nicht zu einer Begrenzung der Wohnungszahl in einzelnen Geschossen eines Gebäudes. Sollte die Antragsgegnerin beabsichtigt haben, die Begrenzung der Wohnungszahl mit einer Gliederung der in dem allgemeinen Wohngebiet zulässigen Nutzungen (§ 1 Abs. 7 Nr. 1, Abs. 8 BauNVO 1977) in der Weise zu kombinieren, dass eine Wohnnutzung nur in ersten und zweiten Obergeschoss zulässig sein soll, so käme dies im Wortlaut der Festsetzungen nicht deutlich genug zum Ausdruck; gegen diese Auslegung spricht außerdem, dass eine Regelung für das Erdgeschoss fehlt.

3. Den mit einer Quote von einem Sechstel anzusetzenden Teil der Kosten, der auf den nicht durch Rücknahme erledigten Teil des Normenkontrollverfahrens entfällt, hat die Antragsgegnerin zu tragen, weil sie insoweit unterlegen ist (§ 154 Abs. 1 VwGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO muss die Antragsgegnerin die Entscheidung in Nr. II der Urteilsformel nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils in derselben Weise veröffentlichen wie die angefochtene Satzung (§ 10 Abs. 3 BauGB).

Beschluss:

Der Streitwert wird bis zur teilweisen Rücknahme des Antrags auf 9.000 Euro, danach auf 1.500 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung beruht gemäß der Übergangsvorschrift des § 72 Nr. 1 Halbsatz 1 GKG n. F. auf § 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 6 sowie auf § 21 Abs. 1 GKG a. F.. Ausgehend von dem im Streitwertkatalog 1996 unter Nr. II.7.6.1 für Normenkontrollanträge gegen einen Bebauungsplan empfohlenen Rahmen von 10.000 DM bis 100.000 DM, an dem sich der Senat bei Sachen, auf die das Gerichtskostengesetz a. F. anzuwenden ist, grundsätzlich orientiert, erscheint für den Normenkontrollantrag zum Zeitpunkt der ersten Antragstellung (§ 15 GKG a. F.) ein Betrag von 9.000 Euro (entspricht etwa 18.000 DM) angemessen. Nach der teilweisen Rücknahme ist das Interesse des Antragstellers deutlich niedriger zu bewerten, weil nur noch untergeordnete Festsetzungen im Streit waren.



Ende der Entscheidung

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