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Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 14.07.2006
Aktenzeichen: 1 N 05.1153
Rechtsgebiete: VwGO, BauGB


Vorschriften:

VwGO § 47 Abs. 2 Satz 1
BauGB 1998 § 1 Abs. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Im Namen des Volkes

1 N 05.1153

In der Normenkontrollsache

wegen Unwirksamkeit des Bebauungsplans "Änderung Bebauungsplan Nr. ** im Bereich östlich des M*****wegs und nördlich der T*******straße";

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 1. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof König, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Müller, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Langer

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 4. Juli 2006 am 14. Juli 2006 folgendes

Urteil:

Tenor:

I. Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Änderung des Bebauungsplans Nr. ** der Antragsgegnerin im Bereich östlich des M****wegs und nördlich der ******straße.

1. Die Antragstellerin ist Miteigentümerin zur Hälfte des ca. 1400 qm großen Grundstücks Fl.Nr. *** Gemarkung ******, das mit einem Wohngebäude bebaut ist.

Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. ** vom 24. Januar 1978. Der Bebauungsplan setzt für den überwiegenden Teil des Plangebiets, einschließlich des Grundstücks der Antragstellerin und der südlich bzw. südwestlich davon gelegenen Grundstücke, als Art der Nutzung ein reines Wohngebiet fest. Nördlich bzw. nordöstlich an das Grundstück der Antragstellerin grenzend befindet sich ein Sondergebiet "Biergarten". Eine kleine Fläche im südöstlichen Bereich des Plangebiets ist als Gewerbegebiet festgesetzt.

Der Gemeinderat der Antragsgegnerin beschloss am 3. Dezember 2002 die Aufstellung eines Bebauungsplans zur Änderung des Bebauungsplans Nr. ** im Bereich östlich des M****wegs und nördlich der ******straße. Der Änderungsbebauungsplan wurde am 22. Juli 2003 als Satzung beschlossen und am 8. August 2003 ortsüblich bekanntgemacht. Sein Geltungsbereich umfasst die Grundstücke Fl.Nrn. 232, ***/* und ***/*, die mit drei Wohnhäusern für Sozialwohnungen und einem Nebengebäude bebaut sind (insgesamt rund 2.900 qm), sowie die Straßengrundstücke Fl.Nrn. ***/** (Teil), ***/** und *** (Teil). Das von der Planänderung betroffene Gebiet schließt unmittelbar südlich bzw. südwestlich an das Grundstück der Antragstellerin an. Im Bereich nördlich und südlich des Änderungsbebauungsplans gilt der Bebauungsplan Nr. ** unverändert fort.

Der Änderungsbebauungsplan hat ausweislich des Aufstellungsbeschlusses und der Begründung zum Ziel, das Angebot an Sozialwohnungen im Gebiet der Antragsgegnerin qualitativ und quantitativ zu verbessern. Die bestehenden - von dem Beigeladenen unterhaltenen - Wohngebäude entsprächen hinsichtlich Baukonstruktion und Wohnhygiene nicht mehr den heutigen Erfordernissen; sie sollen abschnittsweise abgebrochen und, gefördert mit Mitteln des sozialen Wohnungsbaus, durch Neubauten ersetzt werden. Dabei sei zugleich eine den Außenbereich schonende Verdichtung des Innenbereichs bezweckt.

Der Änderungsbebauungsplan setzt die Bauflächen nach der Art der Nutzung vollständig als allgemeines Wohngebiet fest; die Änderung gegenüber dem ursprünglichen Bebauungsplan (reines Wohngebiet) trage den Veränderungen in der Umgebung Rechnung (Nähe von Biergarten, Parkplatz, Festplatz; Gewerbeansiedlung im Süden an der ******straße). Es dürfen nur Wohngebäude errichtet werden, die mit Mitteln des sozialen Wohnungsbaus gefördert werden können. Ausnahmen nach § 4 Abs. 3 BauNVO sind nicht zugelassen. Das Maß der baulichen Nutzung wird durch Angaben zur Grundfläche (1.150 qm bezogen auf die gesamte Baufläche), zur Geschoßfläche für jedes der drei "Baufenster" (680 qm, 680 qm, 1.070 qm) und zur zulässigen Wandhöhe (zwischen 5,80 m und 7,80 m, bei der Tiefgaragenzufahrt 5,00 m) bestimmt. Hinsichtlich der Anordnung der baulichen Anlagen setzt der Änderungsbebauungsplan eine offene Bauweise fest. Die durch Baugrenzen bestimmten überbaubaren Grundstücksflächen lassen drei senkrecht zum Mitterweg stehende, zueinander parallele Längsgebäude in Nordwest-Südost-Richtung zu. Mit der offenen Zeilenstruktur solle eine starke Durchgrünung erreicht und der Durchblick zur ****aue wiederhergestellt werden. Die - vorhandenen - Erschließungsstraßen werden zum Teil neu gestaltet. Für die Stellplätze der Wohnungen in den geplanten Neubauten ist eine Gemeinschaftstiefgarage mit Zufahrt von der ******straße vorgesehen.

2. Die Antragstellerin, die bereits im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung Anregungen und Einwendungen vorgetragen hat, macht mit ihrem am 3. Mai 2005 gestellten Normenkontrollantrag die Unwirksamkeit der Änderung des Bebauungsplans Nr. ** geltend.

Sie sei als Nachbarin antragsbefugt, weil die Veränderung der Gebietsart eine größere Störintensität zulasse und so ihr Eigentum verletze. Das Interesse an der Beibehaltung des bisherigen Zustandes werde auch durch die Veränderung der Bauweise auf dem Grundstück Fl.Nr. 232 (zwei Gebäude quer statt eines längs zum Mitterweg) verletzt. Betroffene und in der Planung fehlerhaft abgewogene Belange der Antragstellerin seien außerdem der Erhalt der ruhigen Wohnlage gegenüber Verkehrslärm, der Fortbestand der freien Aussicht nach Südwesten und der Schutz vor einer Veränderung der Abstandsflächen auf dem Nachbargrundstück.

Materiell verstoße der Änderungsbebauungsplan gegen das Gebot gerechter Abwägung (§ 1 Abs. 6 BauGB 1998). Das Interesse der Antragstellerin an der Beibehaltung des bisherigen Zustandes sei in der Abwägung nicht berücksichtigt, jedenfalls fehlgewichtet worden. Die Änderung der Gebietsart in ein allgemeines Wohngebiet schaffe eine "Insel" in dem umgebenden reinen Wohngebiet, für die es keine sachliche Rechtfertigung gebe; die Begründung des Bebauungsplans (Veränderungen in der Umgebung) gehe von falschen Tatsachen aus. Die Anordnung der Neubauten ermögliche, entgegen der Zielsetzung der Antragsgegnerin, weder eine starke Durchgrünung noch einen Durchblick zur ****aue. Die Planänderung schöpfe sowohl hinsichtlich der Grundflächenzahl als auch hinsichtlich der Geschoßflächenzahl das jeweils höchstzulässige Maß der baulichen Nutzung aus; das Grundstück der Antragstellerin werde dadurch zwischen ein Sondergebiet und ein allgemeines Wohngebiet mit intensivster und unverhältnismäßiger Nutzung eingezwängt. Durch die neue Gebäudesituierung auf dem Grundstück Fl.Nr. 232 (Querbauten) werde ein massiver Riegel gegenüber dem Grundstück der Antragstellerin errichtet und der bisher freie Durchblick bzw. Blickkorridor nach Südwesten verstellt; der Antragsstellerin werde dadurch jede Aussicht genommen. Bei der Festsetzung der Baugrenzen sei zudem von den geringstmöglichen Abstandsflächen nach der Bayerischen Bauordnung ausgegangen worden; eine bauplanungsrechtliche Abwägung der nachbarlichen Belange, wie Belichtung, Belüftung und Besonnung sowie Begrenzung der Einsichtsmöglichkeiten, habe nicht stattgefunden. Dementsprechend sei auch das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme nicht bei der Abwägung berücksichtigt worden. Ferner seien die durch die Planänderung aufgeworfenen Verkehrs- und Stellplatzprobleme sowie die sich aus dem Eingriff in das Grundwasser ergebenden Fragen nicht bewältigt bzw. gelöst. Der Änderungsbebauungsplan sei schließlich auch nicht aus dem geltenden Flächennutzungsplan entwickelt worden. Bei den vielfältigen Verletzungen des Abwägungsgebots handele es sich um offensichtliche Mängel im Abwägungsvorgang, die auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen seien.

Der Antragstellerin beantragt,

die Satzung zur Änderung des Bebauungsplans Nr. ** der Gemeinde ****** im Bereich östlich des M****wegs und nördlich der ******straße, bekannt gemacht am 8. August 2003, für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die Antragsgegnerin hält den Normenkontrollantrag bereits für unzulässig. Die Antragstellerin sei nicht planbetroffen und trage mit ihren Kernanliegen - Beibehaltung des bisherigen Zustandes - keine eigenen abwägungserheblichen Belange vor. Dies gelte auch für die Einschränkung der Aussicht.

Der Normenkontrollantrag sei im Übrigen unbegründet. Es gebe kein Recht auf Beibehaltung des bestehenden Bebauungszustands. Durch die Festsetzung eines allgemeinen Wohngebiets ergebe sich kein erhöhtes Störpotential, zumal die Festsetzung als reines Wohngebiet und die dort geltenden Immissionsrichtwerte für das Grundstück der Antragstellerin erhalten geblieben seien. Beide Gebietsarten seien ohne weiteres nebeneinander verträglich. Die Erhöhung des Maßes der baulichen Nutzung sei im Hinblick auf eine stärkere Innenverdichtung ausdrücklich erwünscht und städtebaulich vernünftig. Bei der beeinträchtigten Blickbeziehung vom Grundstück der Antragstellerin aus handele es sich nicht um eine besonders schöne Aussicht, der im Rahmen der Abwägung besonderes Gewicht zukomme. Die Einhaltung der erforderlichen Abstandsflächen sei gewährleistet, eine das Gebot der Rücksichtnahme verletzende Riegelwirkung sei nicht ersichtlich. Durch die Reduzierung der Erschließungsstraßen werde eher eine Verkehrsberuhigung eintreten. Aus den Grundwasserverhältnissen ergäben sich keine Schwierigkeiten, den Bebauungsplan umzusetzen. Auch eine Verletzung des Entwicklungsgebots liege nicht vor. Als Gebietsart weise der Flächennutzungsplan lediglich "Wohnbaufläche" aus. Bei der Geschoßflächenzahl handele es sich allenfalls um einen Richtwert, der dem aktuellen Planungs- und Rechtsstand nicht mehr entspreche; jedenfalls sei insoweit ein eventueller Verstoß gegen das Entwicklungsgebot unbeachtlich.

Der Beigeladene und die Landesanwaltschaft Bayern haben sich nicht zur Sache geäußert.

Der Beigeladene hat im April 2005 - nach Vorlage der Pläne im Genehmigungsfreistellungsverfahren und Mitteilung der Antragsgegnerin, dass ein Baugenehmigungsverfahren nicht durchzuführen sei - mit Baumaßnahmen entsprechend dem Änderungsbebauungsplan begonnen. Bisher errichtet wurden das im Südwesten des Plangebiets, entlang der ******straße gelegene Gebäude (Grundstücke Fl.Nrn. ***/* und ***/*) sowie die Tiefgarage; auf dem Grundstück Fl.Nr. 232 ist die ursprüngliche Bebauung (ein Gebäude längs zum Mitterweg) noch vorhanden. Einen Antrag der Antragstellerin, dem Freistaat Bayern im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, die Bauarbeiten des Beigeladenen durch eine sofort vollziehbare Baueinstellungsverfügung vorläufig einzustellen, hat das Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 14. September 2005 abgelehnt (Az. M 11 E1 05.2482). Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin ist beim Verwaltungsgerichtshof anhängig (Az. 1 CE 05.2675).

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte, auch des Beschwerdeverfahrens, und die von der Antragsgegnerin vorgelegten Verfahrensakten zum Bebauungsplan Nr. ** und zum angefochtenen Änderungsbebauungsplan Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Antrag hat keinen Erfolg. Er ist unzulässig, weil die Antragstellerin nicht antragsbefugt ist.

1. Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist im Normenkontrollverfahren jede natürliche oder juristische Person antragsbefugt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Der Antragsteller muss Tatsachen vortragen, die es möglich erscheinen lassen, dass die angegriffene Rechtsvorschrift seine Rechte verletzt. Die Antragsbefugnis ist regelmäßig zu bejahen, wenn sich der Eigentümer eines im Plangebiets gelegenen Grundstücks gegen eine bauplanerische Festsetzung wendet, die unmittelbar sein Grundstück betrifft und damit Inhalt und Schranken seines Grundeigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) bestimmt (vgl. BVerwG vom 26.2.1999 NVwZ 2000, 1413). Auch der Eigentümer eines Grundstücks, das zwar im Plangebiet gelegen, aber von der angegriffenen Festsetzung nicht unmittelbar betroffen ist, oder der Eigentümer eines Grundstücks außerhalb des Plangebiets können antragsbefugt sein. Wer sich als nicht unmittelbar betroffener Grundeigentümer gegen einen Bebauungsplan wendet, muss jedoch aufzeigen, dass sein aus dem - drittschützenden - Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 6 BauGB 1998 = § 1 Abs. 7 BauGB 2004) folgendes Recht verletzt sein kann (vgl. BVerwG vom 26.2.1999 NVwZ 2000, 197). Das setzt zunächst voraus, dass die Planung einen abwägungserheblichen Belang des Antragstellers berührt; dann besteht abstrakt die Möglichkeit, dass die Gemeinde den Belang bei ihrer Abwägung nicht korrekt berücksichtigt hat (BVerwG vom 30.4.2004 NVwZ 2004, 1120/1121). Die bloße Bezeichnung eigener Belange und die Behauptung, es liege eine Rechtsverletzung vor, reichen aber nicht aus. Es ist auch erforderlich, hinreichend substantiiert darzulegen, dass dieser Belang bei der Abwägung möglicherweise zu kurz gekommen ist (BVerwG vom 24.9.1998 BVerwGE 107, 215/218 f. = BayVBl. 1999, 249/250; Halama, DÖV 2004, 935).

2. Nach diesem Maßstab ist die Antragstellerin nicht antragsbefugt. Der von ihr angegriffene Änderungsbebauungsplan betrifft nicht ihr Grundstück Fl.Nr. ***; für dieses gelten unverändert die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. **. Hinsichtlich der Festsetzungen, die der Änderungsbebauungsplan für die Nachbargrundstücke trifft, kann sich die Antragstellerin zwar auf ihr Grundeigentum als einen prinzipiell abwägungserheblichen Belang berufen. Der Normenkontrollantrag zeigt jedoch mit keinem der angeführten Gesichtspunkte die Möglichkeit auf, dass die Eigentumsbelange der Antragsstellerin nicht gerecht abgewogen sein könnten.

a) Die Möglichkeit einer Verletzung der Eigentumsbelange der Antragstellerin ergibt sich nicht daraus, dass die Art der baulichen Nutzung der Nachbargrundstücke Fl.Nrn. 232, ***/* und ***/* von einem reinen Wohngebiet in ein allgemeines Wohngebiet geändert wurde.

Bereits abstrakt betrachtet wirft das Nebeneinander von einem reinen und einem allgemeinen Wohngebiet, also zweier Wohnbauflächen, keine Probleme der Gebietsverträglichkeit auf. Mit der Festsetzung (D.1.3), dass im gesamten allgemeinen Wohngebiet nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die mit Mitteln des sozialen Wohnungsbaus gefördert werden können (§ 9 Abs. 1 Nr. 7 BauGB), wird zudem die Art der zulässigen Nutzung weiter konkretisiert und auf die bisher tatsächlich verwirklichte (und nicht beanstandete) Nutzung festgeschrieben. Darüber hinaus sind Ausnahmen im Sinne des § 4 Abs. 3 BauNVO nicht zugelassen (D.1.2). Es ist daher bereits zweifelhaft, ob das "Beibehaltungsinteresse" der Antragstellerin insoweit überhaupt einen abwägungserheblichen Belang begründet (vgl. dazu BVerwG vom 22.8.2000 NVwZ 2000, 1413; BayVGH vom 7.3.2002 NVwZ 2003, 236 = BayVBl. 2003, 248). Jedenfalls ist die Möglichkeit einer fehlerhaften Abwägung der Eigentumsbelange der Antragstellerin bei dieser Sachlage nicht erkennbar.

b) Auch die Möglichkeit, dass Rechte der Antragstellerin durch die Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung verletzt werden, ist nicht hinreichend aufgezeigt.

Der Änderungsbebauungsplan hat das Nutzungsmaß gegenüber dem ursprünglichen Bebauungsplan Nr. ** zwar deutlich erhöht. Die neuen Festsetzungen zur zulässigen Grundfläche (B.2.1) und zur zulässigen Geschoßfläche (B.2.2) auf den Nachbargrundstücken überschreiten jedoch, was auch die Antragstellerin einräumt, nicht die Obergrenzen für die Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung in einem allgemeinen (ebenso wie in einem reinen) Wohngebiet (§ 17 Abs. 1 BauNVO). Die "Nachverdichtung" im Rahmen innerörtlicher Entwicklungsmöglichkeiten entspricht zudem dem gesetzlichen Ziel eines sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden, das auch in der planerischen Abwägung zu berücksichtigen ist (§ 1 a Abs. 2 Sätze 1 und 3 BauGB).

Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin das bei der Abwägung zu wahrende Rücksichtnahmegebot - das heißt die Verpflichtung, unzumutbare Beeinträchtigungen für die benachbarten Grundstücke zu vermeiden (vgl. BVerwG vom 24.9.1998 BVerwGE 107, 215/219 f. = BayVBl. 1999, 249/250) - verletzt haben könnte. Die Höhe der geplanten Neubauten entspricht ungefähr derjenigen der vorhandenen Bauten, wobei die beiden neuen Gebäude auf dem Grundstück Fl.Nr. 232, das unmittelbar an das Grundstück der Antragstellerin grenzt, sogar niedriger sind als das derzeit dort vorhandene Gebäude (siehe den "Vergleich der Silhouetten alt - neu" in Anlage 2 zur Begründung des Änderungsbebauungsplans). Die geplanten Gebäude halten die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften (Art. 6 Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 BayBO) gegenüber dem Grundstück der Antragstellerin ein, ohne dass es hierfür der Erteilung einer Abweichung bedürfte. Zwar kann das Gebot der Rücksichtnahme ausnahmsweise auch dann verletzt sein, wenn die Abstandsflächenvorschriften, die in der Regel eine ausreichende Belichtung, Besonnung und Belüftung sicherstellen, eingehalten sind (vgl. BVerwG vom 11.1.1999 NVwZ 1999, 879 = BayVBl 1999, 568 zu § 34 BauGB). Ein solcher atypischer Fall liegt hier jedoch, auch wenn man die veränderte Ausrichtung der Gebäude auf dem Grundstück Fl.Nr. 232 - senkrecht statt parallel zum Mitterweg - berücksichtigt (dazu noch unten 2. c), offensichtlich nicht vor. Die umgebende Bebauung befindet sich nach wie vor an drei von vier Seiten weit entfernt von dem Wohnhaus der Antragstellerin; lediglich auf dem südwestlichen Nachbargrundstück Fl.Nr. 232 ist nun ein gegenüberliegendes Wohngebäude zulässig, das an der nächstgelegenen Stelle eine Entfernung von etwa 10 m (bei einer Wandhöhe von 5,80 m) aufweist. Von einem rücksichtslosen oder unzumutbaren "Einmauern" kann demzufolge keine Rede sein.

c) Eine Antragsbefugnis der Antragstellerin ergibt sich ferner nicht daraus, dass die durch den Änderungsbebauungsplan zugelassene Bebauung eine bisher bestehende "freie Aussicht" beseitigen wird.

Vom Wohnhaus der Antragstellerin in Richtung Südwesten ergab sich bisher durch die Bebauung parallel zum Mitterweg (Fl.Nr. 232) ein Blick auf eine nicht bzw. nur mit einem kleineren Nebengebäude bebaute, begrünte Fläche, die sich mit einer Länge von etwa 60 m bis zu den beiden Gebäuden an der ******straße (Fl.Nrn. ***/* und ***/*) erstreckte. Die Antragstellerin hat hierzu in der mündlichen Verhandlung Fotographien vorgelegt, die sowohl den Blick von ihrem Haus aus als auch - über die begrünte Fläche - auf ihr Haus hin zeigen und die einen guten Eindruck von den tatsächlichen Verhältnissen vermitteln. Der Änderungsbebauungsplan sieht auf dem Grundstück Fl.Nr. 232 nunmehr zwei Bauräume senkrecht zum Mitterweg vor; der Ausblick nach Südwesten wird durch die danach zulässige Bebauung verstellt werden. Es ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass die Antragstellerin den Verlust dieser Annehmlichkeit bedauert. Der ungeschmälerte Fortbestand einer "freien Aussicht" stellt jedoch grundsätzlich nur eine Chance dar, die keinen abwägungserheblichen Belang darstellt und deshalb nicht dem Schutz durch das Gebot der Rücksichtnahme unterliegt. Anderes kann unter engen Voraussetzungen nur dann gelten, wenn ein Grundstück, etwa durch einen "außergewöhnlichen Fernblick", in einer Weise geprägt ist, dass es hierdurch als "situationsberechtigt" anzusehen ist (vgl. BVerwG vom 13.6.1969 DVBl 1970, 60; vom 9.2.1995 NVwZ 1995, 895; VGH BW vom 12.9.1991 BRS 52 Nr. 187; BayVGH vom 29.7.1992 BayVBl 1993, 721). Eine solche Ausnahmesituation ist bei dem Blick auf eine ca. 60 m x 20 m große begrünte Freifläche innerhalb des Bebauungszusammenhangs offensichtlich nicht gegeben. Auch der Umstand, dass ein bisher unbebautes Grundstück künftig bebaut werden darf, macht das Interesse des Nachbarn an der Beibehaltung des bisherigen Zustands für sich genommen noch nicht zu einem abwägungserheblichen Belang (BVerwG vom 22.8.2000 NVwZ 2000, 1413; BayVGH vom 7.3.2002 NVwZ 2003, 236 = BayVBl. 2003 248); erst recht gilt dies hinsichtlich der Veränderung der überbaubaren Flächen auf einem schon bisher bebauten Grundstück.

d) Auch im Übrigen zeigt der Normenkontrollantrag nicht die Möglichkeit auf, dass die Eigentumsbelange der Antragsstellerin nicht gerecht abgewogen sein könnten.

Inwiefern die teilweise Neugestaltung des M****wegs mit Parkbuchten und Baumbepflanzung zu Verkehrsproblemen führen sollten, die die Antragstellerin belasten, ist nicht plausibel. Die Zufahrt zur Tiefgarage für die Neubauten befindet sich in der ******straße; die Antragstellerin wird durch dort an- oder abfahrende Kraftfahrzeuge nicht belästigt.

Nicht hinreichend dargelegt ist ferner, dass durch die Planung der Antragsgegnerin die Grundwasserverhältnisse auf dem Grundstück der Antragstellerin in rechtlich erheblicher Weise betroffen wären.

Soweit die Antragstellerin geltend macht, dass der Flächennutzungsplan vom 13. Dezember 1977 eine Geschoßflächenzahl von 0,35 vorsehe, während sich für das Gebiet des Änderungsbebauungsplans eine Geschoßflächenzahl von 1,2 errechne, wäre ein Verstoß gegen das Entwicklungsgebot (§ 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB) jedenfalls unbeachtlich, weil die geordnete städtebauliche Entwicklung durch den Änderungsbebauungsplan ersichtlich nicht beeinträchtigt wird (§ 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB).

3. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, weil sie unterlegen ist (§ 154 Abs. 1 VwGO). Da der Beigeladene keinen Antrag gestellt hat und somit kein Kostenrisiko eingegangen ist (§ 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es der Billigkeit, dass er seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und 7 GKG. Sie orientiert sich am Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004, der unter Nr. 9.8.1 für Normenkontrollanträge gegen einen Bebauungsplan einen Rahmen von 7.500 Euro bis 60.000 Euro empfiehlt. In Anbetracht der Tatsache, dass die Antragstellerin von dem Änderungsbebauungsplan im rechtlichen Sinn nicht betroffen ist, erscheint der am unteren Rand des Rahmens liegende Betrag angemessen.



Ende der Entscheidung

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