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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 19.11.2007
Aktenzeichen: 1 N 05.2521
Rechtsgebiete: VwGO, BauGB


Vorschriften:

VwGO § 47
BauGB § 1 Abs. 3
BauGB § 14 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

1 N 05.2521 In der Normenkontrollsache

wegen Unwirksamkeit der Veränderungssperre für den Bebauungsplan Nr. 3/*******;

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 1. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof König, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Müller, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Häberlein

ohne mündliche Verhandlung am 19. November 2007

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragsteller tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragsteller dürfen eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn die Antragsgegnerin nicht zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragsteller wenden sich gegen eine Veränderungssperre der Antragsgegnerin.

1. Die Antragsteller sind Eigentümer des im Gemeindeteil ********* der Antragsgegnerin liegenden Grundstücks Fl.Nr. 3066 Gemarkung *******. Sie erhielten mit Bescheiden des Landratsamts *** ******************* vom 10. Juni 1987 und 5. Januar 1988 die Baugenehmigung für die Errichtung eines "Wohnhauses mit Einliegerwohnung und Garage" auf ihrem Grundstück. Nach Aushebung der Baugrube und Errichtung eines "Verbaus" wurden die Bauarbeiten eingestellt. Die Antragsteller planten ihr Vorhaben mehrmals um. Die letzte, mit Bescheid vom 3. März 1999 erteilte Tekturgenehmigung hat die Errichtung eines Gebäudes mit vier Wohnungen und acht Garagen zum Gegenstand. Die mehrfach verlängerte Genehmigung war zuletzt bis zum 22. März 2006 gültig. Eine weitere Verlängerung wurde vom Landratsamt abgelehnt. Hierüber ist ein Rechtsstreit beim Verwaltungsgericht München anhängig.

Das Grundstück der Antragsteller liegt im Geltungsbereich des im November 1967 in Kraft getretenen Bebauungsplans Nr. 3 der Antragsgegnerin. Der Bebauungsplan wurde in Jahren 1979 (1. Änderungsatzung) und 1980 (2. Änderungssatzung) geändert.

Im Februar 2005 beantragten die Antragsteller die Baugenehmigung für die Errichtung eines Gebäudes mit sieben Wohnungen und Garagen auf ihrem Grundstück. Der Bauantrag der Antragsteller und ein Bauantrag für das Grundstück Fl.Nr. 3031/1 wurden in der Sitzung des Bauausschusses der Antragsgegnerin vom 1. März 2005 behandelt. Der Ausschuss beschloss, das Einvernehmen zu verweigern und beim Landratsamt im Hinblick auf den am selben Tag gefassten Aufstellungsbeschluss des Gemeinderats für eine dritte Änderung des Bebauungsplans Nr. 3 die Zurückstellung der Bauanträge zu beantragen. Der Aufstellungsbeschluss wurde am 2. März 2005 bekannt gemacht. Das Landratsamt stellte den Bauantrag der Antragsteller mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 31. März 2005 zurück. Die Antragsteller legten Widerspruch ein und beantragten beim Verwaltungsgericht München die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs.

Am 21. Juni 2005 beschloss der Gemeinderat, den Bebauungsplan Nr. 3 für ein größeres Plangebiet, das auch Teile des Geltungsbereichs des Bebauungsplans Nr. 8, den Bereich eines damals in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans Nr. 29 sowie weitere bisher nicht beplante Flächen umfassen soll, neu aufzustellen und diese Planung durch eine Veränderungssperre zu sichern. Der Aufstellungsbeschluss und die am 24. Juni 2005 ausgefertigte Satzung über die Veränderungssperre wurden am 28. Juni 2005 bekannt gemacht.

Mit Bescheid vom 13. Juli 2005 hob das Landratsamt den Zurückstellungsbescheid mit Wirkung ab dem In-Kraft-Treten der Veränderungssperre auf und lehnte den Bauantrag vom Februar 2005 wegen der Veränderungssperre ab. Der Ablehnungsbescheid wurde nach Zurückweisung des Widerspruchs durch die Regierung von Oberbayern bestandskräftig. Das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen den Zurückstellungsbescheid wurde übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Verwaltungsgericht hat es mit Beschluss vom 22. August 2005 eingestellt und die Kosten gegeneinander aufgehoben.

Am 12. Juni 2007 beschloss die Antragsgegnerin die Veränderungssperre um ein Jahr zu verlängern. Die Verlängerungssatzung wurde am 18. Juni 2007 bekannt gemacht.

2. Mit dem am 16. September 2005 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenen Normenkontrollantrag wenden sich die Antragsteller gegen die Veränderungssperre. Sie machen im Wesentlichen geltend: Die Veränderungssperre sei unwirksam. Es handele sich um eine unzulässige Verhinderungsplanung. Die Richtigkeit der zu ihrer Rechtfertigung vorgebrachten städtebaulichen Überlegungen sei zu bezweifeln. Die Absicht, eine "dörfliche Struktur" zu sichern, sei kein legitimes Planungsziel, weil Wimpasing nie ein Dorf gewesen sei. Hierzu beziehen sich die Antragsteller auf eine von ihnen vorgelegte Dokumentation über die Siedlungsentwicklung im Bereich der Ortschaft. Angesichts der Widersprüchlichkeit der planerischen Zielvorstellungen - einerseits Ausweisung von Wohngebieten zur Bewahrung einer "Villenstruktur" und andererseits Ausweisung eines Dorfgebiets für den "Erhalt der gewachsenen dörflichen Struktur" - fehle der durch die Veränderungssperre gesicherten Planung das erforderliche Mindestmaß an Konkretisierung. In räumlicher Hinsicht müsse feststehen, welcher Baugebietstyp wo festgesetzt werden solle; dies sei nicht der Fall. Davon abgesehen lasse sich die in Aussicht genommene Festsetzung eines Teils des Plangebiets als Dorfgebiet nicht verwirklichen. In Anbetracht der Tatsache, dass die Grundstücke im Geltungsbereich der Veränderungssperre überwiegend bebaut seien und die Gebäude zum großen Teil noch eine "Restnutzungsdauer" von 50 bis 100 Jahren hätten, sei mit einer Verwirklichung der Planung in absehbarer Zeit nicht zu rechnen. Hierfür spreche auch, dass für den Erwerb und die Bebauung von Wohngrundstücken überwiegend Kredite in Anspruch genommen würden, dass die von Banken gewährten Realkredite regelmäßig eine Laufzeit von 30 Jahren hätten und dass jedenfalls während dieses Zeitraumes im Allgemeinen keine Veränderungen an den kreditfinanzierten Gebäuden zu erwarten seien. Die Veränderungssperre sei auch deswegen unzulässig, weil sie - insoweit "auf Vorrat" - auch für Bereiche erlassen worden sei, bei denen kein Sicherungsbedürfnis bestehe, und weil sich die Antragsgegnerin mit der Veränderungssperre erst die Zeit für Planungsüberlegungen schaffen wolle. Schließlich habe jedenfalls bis zum Jahr 2006 auch deswegen keine sicherungsfähige Planung vorgelegen, weil wegen der damals noch äußerst angespannten finanziellen Lage der Antragsgegnerin nicht mit einer Verwirklichung der Planung gerechnet werden konnte.

Die Antragsteller beantragen,

festzustellen, dass die Veränderungssperre der Gemeinde ******* vom 24. Juni 2005 für den künftigen Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 3 / ******* (Bereich *******-, *****-, *******- und *******weg in *********) in der Fassung der Verlängerungssatzung vom 18. Juni 2007 unwirksam ist.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie macht geltend, dass die Veränderungssperre nicht nur formell, sondern auch materiell rechtmäßig sei. Die Planungsabsicht sei hinreichend konkretisiert und mit den Mitteln der Bauleitplanung zu verwirklichen. Ob jede in der Gemeinderatssitzung vom 21. Juni 2005 angesprochene Regelung wirksam werden könne, sei unerheblich. Es genüge, dass sich die Planung in ihren Grundzügen abzeichne. Die Aufstellung des Bebauungsplans sei erforderlich, um - wie in der Begründung dargelegt - einer "schleichenden Veränderung" im Plangebiet entgegenzuwirken. Dass das neue Vorhaben der Antragsteller (sowie ein weiteres Vorhaben) den Anlass gegeben hätten, mache die Aufstellung des Bebauungsplans nicht zu einer "Negativplanung". Da es vorrangiges Planungsziel sei, die vorhandene Struktur des Gebiets zu erhalten, verfange auch der Einwand, dass die Planung in absehbarer Zeit nicht zu verwirklichen sei, nicht.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses legt Stellungnahmen des Landratsamts zur Vorgeschichte und zur Finanzlage der Antragsgegnerin vor. Nach seiner Auffassung bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen die Wirksamkeit der Veränderungssperre.

Einen Antrag der Antragsteller auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat der Senat mit Beschluss vom 13. März 2007 abgelehnt (1 NE 05.2542). Im Hauptsacheverfahren wurde am 14. September 2007 mündlich verhandelt. Auf eine weitere mündliche Verhandlung haben die Beteiligten verzichtet.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten (auch des Verfahrens 1 NE 05.2542) sowie auf die von der Antragsgegnerin und dem Vertreter des öffentlichen Interesses vorgelegten Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg.

1. Der Senat hat das Begehren der Antragsteller nach vorläufigem Rechtsschutz abgelehnt, weil der Normenkontrollantrag nach summarischer Prüfung keinen Erfolg haben werde. Zur Begründung wurde im Beschluss vom 13. März 2007 Folgendes ausgeführt:

"Anhaltspunkte dafür, dass die Veränderungssperre aus formellen Gründen unwirksam sein könnte, haben sich nicht ergeben. Auch die Antragsteller machen dies nicht geltend. Ihre materiellen Einwände greifen mit großer Wahrscheinlichkeit nicht durch.

Ist ein Beschluss zur Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst und wurde dieser - wie hier - gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB ortsüblich bekannt gemacht, dann kann die Gemeinde nach § 14 Abs. 1 BauGB eine Veränderungssperre erlassen. Die gesetzliche Voraussetzung, dass die Veränderungssperre "zur Sicherung der Planung" erlassen wird, ist nur erfüllt, wenn die mit dem Aufstellungsbeschluss eingeleitete Planung bei In-Kraft-Treten der Veränderungssperre ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll (BVerwG vom 19.2.2004 NVwZ 2004, 984 mit weiteren Nachweisen) und wenn diese Planung nicht an schon zu diesem frühen Zeitpunkt des Verfahrens erkennbaren, nicht behebbaren Mängeln leidet (BVerwG vom 21.12.1993, NVwZ 1994, 685). Die mit dem In-Kraft-Treten der Veränderungssperrensatzung wirksam werdenden Verbote (vgl. § 14 Abs. 1 BauGB) sind dem Grundstückseigentümer - auch im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG - nicht zumutbar, wenn die Sperre eine Planung sichern soll, deren Inhalt sich noch in keiner Weise absehen lässt (BVerwG vom 10.9.1976 BVerwGE 51, 121/128) oder die auf nicht ausräumbare rechtliche Hindernisse stößt. Diese Anforderung ergibt sich mittelbar auch aus § 14 Abs. 2 Satz 1 BauGB. Nach dieser Vorschrift kann eine Ausnahme von der Veränderungssperre zugelassen werden, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Ob der praktisch wichtigste öffentliche Belang, nämlich die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung, beeinträchtigt ist, kann nicht beurteilt werden, wenn die planerischen Vorstellungen der Gemeinde noch völlig offen oder von vorneherein nicht tragfähig sind (BVerwG vom 19.2.2004 a. a. O.).

Nach diesem Maßstab dürfte die Veränderungssperre wirksam sein. Weder fehlt der Planung das erforderliche Mindestmaß an Konkretisierung (1.) noch stehen ihr unüberwindbare rechtliche Hindernisse entgegen (2.). Schließlich ist auch der Geltungsbereich der Veränderungssperre nicht zu beanstanden (3.).

1. Das erforderliche Mindestmaß an Konkretisierung der Planung ergibt sich entgegen der Auffassung der Antragsteller aus der Niederschrift über die Gemeinderatssitzung am 21. Juni 2005. Dem steht nicht entgegen, dass dort die Bewahrung der "aufgelockerten Villenbebauung" und des "aufgelockerten dörflichen Charakters" als Planungsziele für die Neuaufstellung des Bebauungsplans Nr. 3 bezeichnet werden. Diese Umschreibung kann nicht als "inhaltlich unklare Planungslyrik" (Schriftsatz des Bevollmächtigten der Antragsteller 15.9.2005 im Verfahren 1 N 05.2521, Seite 22) abgetan werden. Es mag sein, dass "Villa" als Fachbegriff nur die beiden von den Antragstellern genannten Bedeutungen (Landhaus der Antike bzw. der Renaissance sowie großzügig angelegtes Einfamilienhaus) hat. Berücksichtigt man jedoch, dass die Grundstücke im Plangebiet überwiegend mit Einfamilienhäusern bebaut sind (vgl. die Bestandsaufnahme im Schriftsatz des Bevollmächtigten der Antragsteller 15.9.2005, Seite 16 ff.), dann erschließt sich ohne weiteres, dass mit "Villenbebauung" eben diese Struktur gemeint ist, auch wenn den Gebäuden überwiegend die von den Antragstellern mit dem Begriff "Villa" verbundene Großzügigkeit fehlen sollte. Entsprechendes gilt für den "dörflichen Charakter" des Gebiets. Damit soll ersichtlich nicht gesagt sein, dass das Gebiet hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB) einem Dorfgebiet (§ 5 BauNVO) entspricht. Angesprochen ist vielmehr die anhand der Pläne und des von den Antragstellern vorgelegten Luftbildes nachvollziehbare Tatsache, dass im Zentrum des Plangebiets - um das große unbebaute Grundstück Fl.Nr. 3059 herum - bei der Straßenführung, den Grundstückszuschnitten und der Stellung der Gebäude (zum Teil auch bei den Gebäuden selbst) noch die alten dörflichen Strukturen zu erkennen sind. So gesehen erscheint nicht nur der Vorwurf, die Antragsgegnerin verhalte sich bei der Darstellung der Planungsziele "nahezu unredlich" (Schriftsatz des Bevollmächtigten der Antragsteller vom 15.9.2005, Seite 45), unangebracht. Auch der gerügte Widerspruch zwischen den beiden Planungszielen besteht nicht; vielmehr ergänzen die Ziele sich. Davon abgesehen wird die schlagwortartige allgemeine Umschreibung der Planungsziele durch die Angaben unter Nr. 5 der Niederschrift zu den im Einzelnen beabsichtigten Festsetzungen und durch die Ausführungen unter Nr. 6 konkretisiert. Insgesamt wird dadurch die auf Bewahrung der vorherrschenden Einfamilienhausbebauung in einem noch dörflich geprägten Gemeindeteil gerichtete Zielsetzung ausreichend deutlich.

Weist die Planung aber das zu fordernde Mindestmaß an Konkretisierung auf, dann erledigt sich auch der Einwand, die Antragsgegnerin habe die Veränderungssperre beschlossen, um zum Zeitpunkt des Aufstellungsbeschlusses noch fehlende Planungsvorstellungen erst zu entwickeln (vgl. BVerwG vom 19.2.2004 a. a. O.).

2. Nach summarischer Prüfung stehen der beabsichtigten Überplanung auch keine unüberwindbaren rechtlichen Hindernisse entgegen. Die Antragsgegnerin verfolgt keine gegen den Erforderlichkeitsgrundsatz des § 1 Abs. 3 BauGB verstoßende "Verhinderungsplanung" (a). Es handelt sich auch nicht um eine unzulässige "Vorratsplanung" (b).

a) Ein Bauleitplan verstößt als so genannte Negativplanung gegen § 1 Abs. 3 BauGB, wenn die nach den Darstellungen bzw. Festsetzungen zulässige Nutzung in Wirklichkeit nicht gewollt ist, sondern die Regelung nur getroffen wird, um eine andere Nutzung zu verhindern. Dabei muss aber berücksichtigt werden, dass mit jeder Regelung in einem Bauleitplan - neben der positiven (zulassenden) Wirkung - regelmäßig auch eine negative (ausschließende) Wirkung verbunden ist. Eine Regelung ist deshalb nicht allein schon deswegen bedenklich, weil ihr Hauptzweck die Verhinderung eines bestimmten Vorhabens ist. Außerdem können "positive" Planungsziele auch - etwa zur Abgrenzung und genaueren Beschreibung des Gewollten - durch negative Festsetzungen erreicht werden (BVerwG vom 18.12.1990 BayVBl 1991, 280 und vom 27.1.1999 ZfBR 1999, 159).

Nach diesem Maßstab ist nicht anzunehmen, dass die Veränderungssperre eine unzulässige "Verhinderungsplanung" sichert. Zwar steht außer Zweifel, dass das Vorhaben der Antragsteller und das auf dem Grundstück Fl.Nr. 3031/1 geplante Vorhaben den Anlass zunächst für die Einleitung eines Verfahrens zur dritten Änderung des Bebauungsplans Nr. 3 und dann für eine Neuaufstellung dieses Bebauungsplans gegeben haben. Allein dadurch wird die Planung aber nicht zu einer reinen Negativplanung. Es ist seit langem anerkannt, dass die Gemeinde ein bestimmtes Vorhaben zum Anlass für bauleitplanerische Schritte nehmen kann (BVerwG vom 7.2.1986 NVwZ 1986, 556). Das gilt auch dann, wenn sich schon früher ähnliche Anlässe geboten haben sollten. Die Tatsache, dass die Antragsgegnerin eine Planung, wie sie jetzt in Angriff genommen wird, nach dem weiten Maßstab des § 1 Abs. 3 BauGB möglicherweise auch schon früher hätte einleiten können, wäre nur dann rechtlich erheblich, wenn die Veränderungen in dem Plangebiet, die die Antragsgegnerin nach ihrer - allein maßgeblichen - gegenwärtigen Beurteilung für ortsplanerisch unerwünscht hält, bereits einen Umfang angenommen hätten, dass die Planungsziele nicht mehr erreicht werden können. Anhaltspunkte dafür, dass Letzteres der Fall wäre, sind nicht ersichtlich. Beispielsweise ist nicht anzunehmen, dass eine Begrenzung der Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden (§ 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB), welche die Antragsgegnerin - wohl auch im Hinblick auf die von den Antragstellern jetzt geplante Zahl von sieben Wohnungen - beabsichtigt, nichts mehr zur Bewahrung der "Villenbebauung" beitragen könnte. In Anbetracht dessen, dass das Vorhaben der Antragsteller hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 BauGB) in westlicher Richtung deutlich über die Bebauung auf den Nachbargrundstücken hinausgeht, gilt Entsprechendes für die zu diesem bauplanungsrechtlichen Kriterium geplanten Festsetzungen.

b) In zeitlicher Hinsicht ("sobald") schließt § 1 Abs. 3 Planungen aus, deren Realisierung noch völlig ungewiss ist (NdsOVG vom 22.4.1998 NVwZ-RR 1998, 548; BVerwG vom 22.1.1993 - NVwZ 1993, 1102) oder mit deren Verwirklichung nicht innerhalb des Zeitraums zu rechnen ist, für den Bauleitpläne aufgestellt werden (BVerwG vom 18.3.2004 BVerwGE 120, 239 = NVwZ 2004, 856). Andererseits kann die Gemeinde auch planen, um ein Angebot für einen sich noch nicht konkret abzeichnenden Bedarf zu machen (VGH BW vom 30.11.2000 NVwZ-RR 2001, 716).

Auch nach diesem Maßstab begegnet die Planung keinen Bedenken. Der mit einer akribischen Bestandsaufnahme des Vorhandenen belegte Haupteinwand der Antragsteller, dass die Gebäude in dem Plangebiet noch eine "Restnutzungsdauer" von 50 bis 100 Jahren haben, verfängt schon deswegen nicht, weil die zugrunde liegende Annahme, dass bauliche Veränderungen nur dann zu erwarten seien, wenn die durchschnittliche Nutzungsdauer eines Gebäudes ihrem Ende entgegen geht, jeder Erfahrung widerspricht. Hingegen erscheint es in Anbetracht der vorhandenen Nutzungsstruktur fraglich, ob die geplante Ausweisung eines Teils des Gebiets als Dorfgebiet (§ 5 BauNVO) realistisch ist. Das kann aber auf sich beruhen, weil dieser Mangel nur eines von mehreren Planungszielen betreffen würde und die Voraussetzung des § 14 Abs. 1 BauGB, dass die Veränderungssperre der Sicherung einer realisierbaren Planung dient, auch dann noch erfüllt wäre, wenn bei einem Planungsziel schon jetzt abzusehen wäre, dass die Erforderlichkeit (§ 1 Abs. 3 BauGB) fehlt.

3. Schließlich ist es nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin die Veränderungssperre für das gesamte Plangebiet erlassen hat. Nach § 14 Abs. 1 BauGB kann die Gemeinde die Veränderungssperre "für den künftigen Planbereich" beschließen. Mit dieser Regelung wird nicht nur der Geltungsbereich einer Veränderungssperre auf den Planbereich begrenzt (eine darüber hinaus gehende Satzung wäre [teil]unwirksam). Mit der Formulierung bringt das Gesetz auch zum Ausdruck, dass die Veränderungssperre grundsätzlich für das gesamte Plangebiet erlassen wird. Die Gemeinde muss die Satzung nicht auf die Grundstücke beschränken, bei denen ein aktueller Sicherungsbedarf besteht. Eine solche Handhabung wäre nicht praktikabel. Den berechtigten Belangen der Grundstückseigentümer kann dadurch entsprochen werden, dass bei einem den Planungszielen nicht widersprechenden Vorhaben eine Ausnahme von der Veränderungssperre (§ 14 Abs. 2 BauGB) erteilt werden muss (vgl. Lemmel in Berliner Kommentar zum BauGB, Stand Juli 2005, § 14 RdNr. 11)."

2. Die abschließende Beurteilung der Wirksamkeit der Veränderungssperre (in der inzwischen maßgeblichen Fassung der Verlängerungssatzung vom 18.6.2007) führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Prüfung kann sich auf die Einwände der Antragsteller beschränken. Andere mögliche Unwirksamkeitsgründe haben sich nicht ergeben.

Im Hinblick auf die aus § 14 Abs. 1 BauGB folgende Anforderung, dass die gesicherte Planung ein "Mindestmaß an Konkretisierung" aufweisen und ihr Ziel erreichbar erscheinen muss, vertiefen die Antragsteller den Einwand, dass es in ********* keine "dörflichen Strukturen" gebe, zu deren Erhaltung ein Bebauungsplan beitragen könnte. Hierzu legen die Antragsteller anhand von Kartenmaterial eingehend und überzeugend dar, dass ********* zu keinem Zeitpunkt ein Dorf im herkömmlichen Sinn war, sondern aus einer Ansammlung von einzelnen landwirtschaftlichen Anwesen entstanden ist. Dieses Vorbringen gibt zwar Anlass, die Feststellung im Beschluss vom 13. März 2006, in ********* seien noch "die alten dörflichen Strukturen zu erkennen", hinsichtlich des Attributs "alt" zu korrigieren. Das ändert aber nichts daran, dass die Antragsgegnerin mit der Aussage, der Bebauungsplan solle (u. a.) der Bewahrung des "aufgelockerten dörflichen Charakters" der Ortschaft dienen, ein legitimes, im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 BauGB sicherungsfähiges Planungsziel umschrieben hat. Die Bezeichnung von Bebauungsstrukturen als "dörflich" ist nämlich nicht nur dann gerechtfertigt, wenn eine Bebauung im Kern auf ein Dorf zurückgeht. Der Begriff "dörflich" kann, ohne seine Bedeutung überzustrapazieren, auch zur Abgrenzung von einer "städtisch" erscheinenden Bebauung verwendet werden. So verstanden ist es weiterhin gerechtfertigt, von einem "dörflichen Charakter" zu sprechen; denn die Bebauung des Gemeindeteils weist, wie im Beschluss vom 13. März 2006 näher ausgeführt wurde, prägende Elemente auf, die als "dörflich" (im Gegensatz zu "städtisch") angesehen werden können.

Den Einwand fehlender Erforderlichkeit der Planung (§ 1 Abs. 3 BauGB) vertiefen die Antragsteller mit ausführlichen Darlegungen zur Kreditfinanzierung von Wohnimmobilien. Sie machen geltend, dass Eigenheime überwiegend mit langfristig laufenden Krediten finanziert würden und dass die Kreditinstitute während der Tilgungsphase regelmäßig keine weiteren Kredite gewährten. Hierin sehen die Antragsteller eine weitere Bestätigung für ihr zunächst vor allem auf den guten Erhaltungszustand der Gebäude im Geltungsbereich der Veränderungssperre gestütztes Vorbringen, dass die gesicherte Planung nicht erforderlich sei, weil im Plangebiet in absehbarer Zeit ohnehin nicht mit erheblichen baulichen Veränderungen zu rechnen sei. Diese - auch dem Gericht bekannten - Erfahrungstatsachen zur Kreditfinanzierung geben jedoch keine Veranlassung, von der Feststellung im Beschluss vom 13. März 2006 abzurücken, es widerspreche jeder Erfahrung, dass bauliche Veränderungen nur dann zu erwarten seien, wenn die durchschnittliche Nutzungsdauer eines Gebäudes ihrem Ende entgegen geht. Denn es ist auch eine Erfahrungstatsache, dass in Wohngebieten auch gut erhaltene Einfamilienhäuser abgebrochen werden, um Platz für eine finanziell attraktivere Bebauung - beispielsweise mit einer Eigentumswohnungsanlage - zu machen. So gesehen erscheint es nicht fernliegend, dass das Vorhaben der Antragsteller, das (zusammen mit einem weiteren Bauvorhaben) die bauleitplanerischen Schritte der Antragsgegnerin ausgelöst hat, im Fall seiner Verwirklichung auch andere Eigentümer veranlassen könnte, eine Bebauung ihres Grundstücks mit einem Mehrfamilienhaus anzustreben.

Mit dem Einwand, dass die Antragsgegnerin die im Aufstellungsbeschluss als Planungsziel genannten Baugebietstypen (reines Wohngebiet, allgemeines Wohngebiet und Dorfgebiet) in räumlicher Hinsicht hätte abgrenzen müssen, überspannen die Antragsteller die aus § 14 Abs. 1 BauGB abzuleitenden Anforderungen an die Bestimmtheit der gesicherten Planung. Bei einem Bebauungsplan "üblicher Größenordnung" - um einen solchen handelt es sich bei einer Planung für ein etwa 10 ha großes Gebiet - setzt ein für den Erlass einer Veränderungssperre ausreichendes Planungskonzept nicht voraus, dass die künftige Nutzungsart bereits parzellenscharf feststeht. Dem Erfordernis, dass die betroffenen Grundstückseigentümer zumindest "im Ansatz" erkennen können müssen, welchen Inhalt die Bauleitplanung haben soll, wird bei einem Gebiet dieser Größe auch dann noch entsprochen, wenn mehrere Baugebietstypen noch ohne genaue Abgrenzung voneinander ins Auge gefasst werden (vgl. BVerwG vom 19.2.2004 NVwZ 2004, 984). Das gilt jedenfalls dann, wenn das Nebeneinander der Baugebietstypen im Hinblick auf das Trennungsgebot (§ 50 BImSchG) keine besonderen Probleme aufwirft und wenn sich zudem Anhaltspunkte für eine in Betracht kommende Verteilung daraus ergeben, dass das Plangebiet bereits weitgehend bebaut sowie teilweise beplant ist. Beides ist hier der Fall. Hinzukommt, dass das reine Wohngebiet und das Dorfgebiet nach den in der Niederschrift über die Gemeinderatssitzung vom 21. Juni 2005 festgehaltenen "Zielvorstellungen" jeweils nur für "Teilbereiche" geplant sind. Hieraus lässt sich - als weitere Konkretisierung der Planungsabsicht - entnehmen, dass das Gebiet überwiegend als allgemeines Wohngebiet ausgewiesen werden soll.

Schließlich greift auch der Einwand, die gesicherte Planung sei deswegen nicht im rechtlichen Sinne erforderlich, weil der Antragsgegnerin wegen ihrer angespannten Finanzlage die Mittel für ihre Durchführung und Umsetzung fehlten, nicht durch. Zwar mag die Erfüllung der aus § 14 Abs. 1 BauGB resultierenden Anforderungen an die durch die Veränderungssperre gesicherte Planung in Frage stehen, wenn eine Gemeinde mit einer seit längerem angespannten Finanzlage ein Verfahren für eine Bebauungsplanung einleitet, deren Durchführung und Umsetzung erhebliche Mittel erfordern werden. Um einen solchen Ausnahmefall handelt es sich aber nicht. Weder ist die durch die Veränderungssperre gesicherte Planung als solche besonders aufwändig noch werden für die Antragsgegnerin bei der Umsetzung der im Wesentlichen bebaute und bereits voll erschlossene Grundstücke erfassenden Planung nennenswerte Kosten entstehen. Deshalb ist anzunehmen, dass die gesicherte Planung auch aus der Perspektive der noch von einer angespannten Haushaltslage geprägten Jahre 2005 und 2006 realisierbar erschien. Die vom Vertreter des öffentlichen Interesses kurz vor der mündlichen Verhandlung am 14. September 2007 vorgelegten Unterlagen des Landratsamts zur Finanzlage der Antragsgegnerin bestätigen dies. Diesen Unterlagen ist darüber hinaus zu entnehmen, dass sich die Finanzlage verbessert hat. Dies räumen im Übrigen auch die Antragsteller nach einer Überprüfung des ihnen von der Antragsgegnerin zur Verfügung gestellten Haushalts für das Jahr 2007 ein. 3. Die Antragsteller haben - gemäß § 159 Satz 2 VwGO als Gesamtschuldner - die Kosten des Verfahrens zu tragen, weil sie unterlegen sind (§ 154 Abs. 1 VwGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und 7 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004.

Ende der Entscheidung

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