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Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 29.04.2008
Aktenzeichen: 1 N 05.738
Rechtsgebiete: VwGO, BauGB 1998, BauGB, BauNVO


Vorschriften:

VwGO § 47
BauGB 1998 § 1 Abs. 3
BauGB 1998 § 1 Abs. 6
BauGB 1998 § 9 Abs. 1 Nr. 1
BauGB 1998 § 9 Abs. 1 Nr. 4
BauGB 1998 § 9 Abs. 1 Nr. 11
BauGB 1998 § 9 Abs. 1 Nr. 15
BauGB 1998 § 9 Abs. 1 Nr. 22
BauGB § 34
BauNVO § 16 Abs. 3 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

1 N 05.738

In der Normenkontrollsache

wegen Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 24 ("** ******************");

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 1. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof König, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Müller, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Häberlein

ohne mündliche Verhandlung am 29. April 2008

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Die "1. Erweiterung" des Bebauungsplans Nr. 24 ("**********-** ******") der Gemeinde ************ ist unwirksam. II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Antragstellerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragstellerin wendet sich als Eigentümerin der Grundstücke Fl.Nrn. 10/1 und 10/2 Gemarkung ********** gegen die "1. Erweiterung" des Bebauungsplans Nr. 24 ("********** - ** ******") der Antragsgegnerin.

1. Die Grundstücke der Antragstellerin liegen im Gemeindeteil ********** östlich der ********** Straße. Das Grundstück Fl.Nr. 10/1 ist mit einem ehemaligen landwirtschaftlichen Anwesen bebaut. Das südlich anschließende Grundstück Fl.Nr. 10/2 wird als Wiese genutzt. Westlich und nordwestlich - jenseits der ********** Straße - befindet sich zusammenhängende Bebauung. Auch die nördlich und nordöstlich des Grundstücks Fl.Nr. 10/1 folgenden Grundstücke sind überwiegend - mit Wohnhäusern - bebaut; sie liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 24 (ursprüngliche Fassung). Die östlich (Fl.Nrn. 64/5 und 64/6 sowie 64/1 und 64/2) anschließenden Grundstücke werden als Wiese genutzt. Südlich der Grundstücke Fl.Nrn. 64/6 und 64/2 folgt Wohnbauung. Auf dem südlich an das Grundstück Fl.Nr. 10/2 grenzenden Grundstück Fl.Nr. 62 befindet sich ein Löschteich für die Feuerwehr, der im Sommer zum Baden genutzt wird. Auf dem daran anschließenden Grundstück Fl.Nr. 205 steht das ehemalige Schulgebäude, das jetzt als Kindergarten, Vereinsheim und Dorfgemeinschaftshaus genutzt wird.

Der Bebauungsplan weist das Grundstück Fl.Nr. 10/1 als Mischgebiet und das Grundstück Fl.Nr. 64/5 sowie etwa vier Fünftel des Grundstücks Fl.Nr. 64/6 als allgemeines Wohngebiet aus. Das Grundstück Fl.Nr. 10/2, die außerhalb des Feuerwehrteichs liegenden Flächen des Grundstücks Fl.Nr. 62 sowie etwa ein Fünftel des Grundstücks Fl.Nr. 64/6 sind als "Grünfläche" festgesetzt. Auf den Grundstücken Fl.Nrn. 64/5 und 64/6 sowie im nordöstlichen Teil des Grundstücks Fl.Nr. 10/1 ist jeweils ein Bauraum für ein Wohngebäude mit einer zulässigen Grundfläche von 130 m² festgesetzt. Zur Erschließung dieser drei Bauplätze ist ein von der ********** Straße in östlicher Richtung abzweigender, insgesamt 6,00 m breiter "privater Erschließungsweg" vorgesehen.

Den Beschluss zur Aufstellung des Bebauungsplans fasste der Gemeinderat der Antragsgegnerin am 29. Juni 2000. Nach Durchführung des Verfahrens mit vorgezogener Bürgerbeteiligung und zweimaliger öffentlicher Auslegung wurde der Bebauungsplan in der Sitzung vom 7. November 2002 als Satzung beschlossen. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgte am 21. März 2003. Die Antragstellerin hatte während des Verfahrens mehrfach Einwendungen erhoben. Sie wandte sich vor allem gegen die Nichteinbeziehung der Grundstücke Fl.Nrn. 64/1 und 64/2, die nach einem Vorentwurf im Geltungsbereich lagen, gegen die Festsetzung einer Grünfläche im Bereich des Grundstücks Fl.Nr. 10/2 sowie gegen die Festsetzung des über ihr Eigentum führenden Privatwegs. Die Antragsgegnerin hielt insoweit jedoch an ihrer Planung fest.

2. Zur Begründung des am 18. März 2005 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenen Normenkontrollantrags macht die Antragstellerin geltend: Durch die geplante Privatstraße werde ihr Eigentum erheblich beeinträchtigt, ohne dass sie einen Nutzen von der vor allem im Interesse der Eigentümerin des Grundstücks Fl.Nr. 64/6 getroffenen Festsetzung habe. Entsprechendes gelte für die Festsetzung der Grünfläche, die wohl als Liegewiese im Zusammenhang mit der widerrechtlichen Nutzung des Feuerwehrteichs als Schwimmbad vorgesehen sei. Die Grünflächenfestsetzung sei auch deswegen unwirksam, weil die (private oder öffentliche) Zweckbestimmung nicht festgelegt worden sei. Die von der Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang genannten immissionsschutzrechtlichen Probleme seien nur vorgeschoben. Verhandlungen mit der Antragsgegnerin über eine einvernehmliche Lösung hätten leider nicht zum Erfolg geführt.

Die Antragstellerin beantragt,

festzustellen, dass 1. Erweiterung des Bebauungsplans Nr. 24 ("********** - ** ******") der Gemeinde ************ unwirksam ist.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie macht geltend: Die Festsetzung eines privaten Weges für die Erschließung des östlichen Teils des Grundstücks Fl.Nr. 10/1 sei nicht zu beanstanden, weil es sich bei dieser Art der Erschließung im Vergleich mit einer öffentlich-rechtlichen um das mildere Mittel handele. Die Festsetzung einer Grünfläche im südlichen Teil des Plangebiets sei als sinnvolle Abgrenzung zum Feuerlöschteich und zur Schule gerechtfertigt. Bei der betroffenen Fläche habe es sich um Außenbereich gehandelt.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses verteidigt den Bebauungsplan.

Der Senat hat am 29. November 2007 einen Augenschein durchgeführt. Auf eine mündliche Verhandlung haben alle Beteiligten verzichtet. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten sowie die von der Antragsgegnerin vorgelegten Bebauungsplanakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat darf im schriftlichen Verfahren entscheiden, weil die Beteiligten auf eine mündliche Verhandlung verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

1. Der Normenkontrollantrag (§ 47 VwGO) ist zulässig und begründet. Der Bebauungsplan weist eine Reihe von Mängeln auf, die jedenfalls in der Summe zur Gesamtunwirksamkeit der Satzung führen.

a) Die für den Bereich der ehemaligen Hofstelle und des ehemaligen Schulgebäudes getroffenen Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung sind unwirksam, weil sie nicht den Anforderungen der Baunutzungsverordnung entsprechen.

Der Bebauungsplan trifft nicht nur im Bereich der neu geplanten Wohnbebauung, sondern - mit der Regelung der Zahl der Vollgeschosse (§ 16 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO) - auch bei der Überplanung der ehemaligen Hofstelle und des ehemaligen Schulgebäudes Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB). Die nach § 16 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO zwingend erforderliche Festsetzung der zulässigen Grundfläche bzw. der Grundflächenzahl (§ 16 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO) ist aber nur bei den neuen Wohnhäusern erfolgt. Dieser Mangel hat jedenfalls zur Folge, dass für die Bereiche der ehemaligen Hofstelle und des ehemaligen Schulgebäudes das Maß der baulichen Nutzung nicht wirksam geregelt ist. Ob infolge dieses Mangels auch die die Wohngebäude betreffenden Festsetzungen zum Nutzungsmaß unwirksam sind, die für sich betrachtet § 16 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO genügen, lässt der Senat offen. b) Die Festsetzungen, die im Bereich der alten Hofstelle für den "quer" zum Wohnteil stehenden früheren Wirtschaftsteil und für das freistehende Nebengebäude auf der Südseite unter Verwendung des Planzeichens gemäß Nr. 15.3 der Anlage zur PlanzV (Flächen für Nebenanlagen, Stellplätze, Garagen und Gemeinschaftsanlagen) getroffen wurden, sind unwirksam, weil die Regelung entweder nicht der Planungsabsicht der Antragsgegnerin entspricht oder das nach § 34 Abs. 1 BauGB bestehende Baurecht unverhältnismäßig einschränkt.

Der Bebauungsplan regelt weder in der Planzeichnung noch im Textteil, für welchen Zweck die von dem Planzeichen gemäß Nr. 15.3 der Anlage zur PlanzV erfassten Flächen bestimmt sind. Auch die Begründung, die auch im Übrigen nicht den gesetzlichen Anforderungen (§ 9 Abs. 8 BauGB) entspricht (zur Unbeachtlichkeit dieses -von den Antragstellern nicht gerügten - Rechtsverstoßes vgl. § 233 Abs. 2 Satz 1, § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB), gibt hierüber keinen Aufschluss. Ein Anhaltspunkt lässt sich nur dem Entwurf für die Begründung vom 22. November 2001 entnehmen. Danach sollte der "Querbau" der alten Hofstelle "als Fläche für Garagen und Nebenanlagen" festgesetzt werden, "in dem auch gewerbliche Nutzung mit den Emissionswerten eines Mischgebiets zugelassen wird". Dieser Planungsabsicht entsprechend sah der Entwurf der Planzeichnung vom 22. November 2001 im Bereich des "Querbaus" das Planzeichen "GE" vor, das in der Legende wie folgt erläutert wurde: "Zulässig sind nur gewerbliche Nutzung mit den Emissionswerten eines Mischgebiets". Auf diese "Festsetzung" wurde im weiteren Verfahren verzichtet, nachdem das Landratsamt Bedenken geäußert hatte (vgl. die Niederschrift über die Gemeinderatssitzung vom 5.9.2002). Ob damit auch von der Absicht, im Bereich des "Querbaus" und des freistehenden Nebengebäudes eine gewerbliche Nutzung zuzulassen, Abstand genommen wurde, ist nicht zu ersehen.

(1) Sollte die Zulassung einer gewerblichen Nutzung auf den mit dem Planzeichen Nr. 15.3 versehenen Flächen auch zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses noch beabsichtigt gewesen sein, wäre die Festsetzung wegen eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 3 BauGB unwirksam, weil sie nicht geeignet wäre, die ihr von der Antragsgegnerin zugedachte Funktion zu erfüllen. Denn auf einer (auf der Grundlage von § 9 Abs. 1 Nr. 4 oder Nr. 22 BauGB) festgesetzten Fläche für Nebenanlagen, Stellplätze, Garagen und Gemeinschaftsanlagen sind gewerbliche Hauptanlagen nicht zulässig.

(2) Sollten die beiden Flächen für den Zweck bestimmt sein, der mit dem Planzeichen Nr. 15.3 bezeichnet wird, wäre die städtebauliche Rechtfertigung der Festsetzungen (§ 1 Abs. 3 BauGB) aus einem anderem Grund fraglich. Denn es ist nicht zu ersehen, für welchen Zweck Flächen für Nebenanlagen mit einer Größe von insgesamt rund 440 m² (rund 310 m² im Bereich des "Querbaus", rund 130 m² im Bereich des freistehenden Wirtschaftsgebäudes auf der Südseite) erforderlich sein könnten, wenn für die Hauptanlagen nur eine überbaubare Fläche von rund 255 m² vorgesehen ist. Jedenfalls hätte die Festsetzung bei dieser Auslegung eine unverhältnismäßige und damit abwägungsfehlerhafte Einschränkung des nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bestehenden Baurechts zur Folge. Da das Bebauungsplanverfahren noch vor dem Inkrafttreten des Europarechtsanpassungsgesetzes Bau vom 24. Juni 2004 (BGBl I. S. 1359) abgeschlossen wurde, war für die Abwägung noch § 1 Abs. 6 des Baugesetzbuches in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. August 1997 (BauGB 1998) maßgebend. Nach dieser Vorschrift sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Das Abwägungsgebot verlangt, dass eine Abwägung stattfindet, dass in sie die Belange eingestellt werden, die nach Lage der Dinge eingestellt werden müssen, dass die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange zutreffend eingeschätzt wird und dass der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die in einem angemessenen Verhältnis zu ihrem objektiven Gewicht steht (BVerwG vom 12.12.1969 BVerwGE 34, 301; vom 14.2.1975 BVerwGE 48, 56). Maßgebend sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB 1998 = § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB). Entspricht die Abwägung diesen Anforderungen nicht, so ist ein Fehler, der nach der (auf das Bebauungsplanverfahren noch nicht anzuwendenden) neuen Verfahrensvorschrift des § 2 Abs. 3 BauGB als Mangel bei der Ermittlung und Bewertung der von der Planung berührten Belange einzustufen wäre, nur beachtlich, wenn der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen ist (§ 233 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB). Andere Mängel im Abwägungsvorgang sind nur erheblich, wenn sie offensichtlich sind und Einfluss auf das Abwägungsergebnis hatten (§ 214 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB).

Zu den von der Aufstellung eines Bebauungsplans regelmäßig betroffenen, in "hervorgehobener Weise abwägungserheblichen" privaten Belangen gehört das durch die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Grundeigentum (BVerwG vom 1.11.1997 BVerwGE 47, 144 = NJW 1975, 841 = BayVBl 1975, 538). Die Gemeinde darf Inhalt und Schranken des Grundeigentums durch die Festsetzungen eines Bebauungsplans bestimmen; sie muss aber den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den Gleichheitssatz beachten (vgl. BVerfG vom 22.2.1999 NVwZ 1999, 979; BVerwG vom 25.8.1997 NVwZ 1998, 953).

Letzterem entspräche eine Festsetzung von rund 310 m² großen Flächen von Nebenanlagen im Bereich des "Querbaus" der Hofstelle nicht. Wie bereits im Schreiben des Gerichts vom 13. Dezember 2007 ausgeführt wurde, bereitet zwar die bauplanungsrechtliche Einstufung der unbebauten Flächen südlich der alten Hofstelle (einschließlich des Grundstücks Fl.Nr. 64 mit dem Feuerwehrteich) Schwierigkeiten. Auch wenn es sich bei diesen Flächen um Außenbereich (§ 35 BauGB) handeln würde (dazu, dass dies nicht der Fall ist, im Folgenden), wäre bei der Hofstelle selbst jedoch allenfalls fraglich, ob das südlich gelegene, nicht zum dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmte Nebengebäude die zusammenhängende Bebauung in südlicher Richtung fortsetzt, oder ob dieser Bereich nur als "Umgriff" des Hauptgebäudes noch Teil des Innenbereichs ist (vgl. BayVGH vom 9.3.2005 - 1 N 03.1765 - Juris). Dass das Gebäude der Hofstelle selbst - einschließlich des "Querbaus" - Teil der zusammenhängenden Bebauung ist und damit im Innenbereich (§ 34 BauGB) liegt, steht jedenfalls seit Errichtung der nordöstlich beidseits der Straße "** ******" anschließenden Wohnbebauung außer Frage. Damit war zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses im Bereich der Hofstelle zumindest ein (Haupt)Gebäude, das dem Altbestand hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche, der Bauweise und dem Maß der baulichen Nutzung entspricht, nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zulässig. Hiervon ausgehend liegt in der Festsetzung der gesamten Grundfläche des "Querbaus" als Fläche für Nebenanlagen eine erhebliche Beschneidung des vorhandenen Baurechts, ohne dass eine Rechtfertigung hierfür zu ersehen wäre.

Dieser Abwägungsfehler wäre auch beachtlich. Er wäre offensichtlich, weil er sich unmittelbar aus den Festsetzungen ergäbe. Es besteht auch die "konkrete Möglichkeit" (BVerwG vom 21.8.1981 BVerwGE 64, 33 = NJW 1982, 591 = BayVBl 1982, 118), dass die Planung anders ausgefallen wäre, wenn sich die Antragsgegnerin das Missverhältnis zwischen den Flächen für Hauptanlagen und Nebenanlagen genauer vor Augen geführt hätte.

c) Die Festsetzung eines "privaten Erschließungsweges" als private Verkehrsfläche (§ 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB) mit einer Gesamtbreite von 6 m (1,50 m Gehweg, 4,00 m Fahrbahn und 0,50 m Randstreifen), um drei Wohngrundstücke (Fl.Nrn. 10/1 T, 64/5 und 64/6), auf denen jeweils höchstens zwei Wohnungen zulässig sind, über eine Entfernung von rund 65 m mit der öffentlichen Verkehrsfläche (********** Straße) zu verbinden, erscheint überdimensioniert und damit gleichfalls abwägungsfehlerhaft. Die ersten Entwürfe des Bebauungsplans sahen - für die Erschließung von (zunächst nur vorgesehenen) zwei neuen Wohngrundstücken (Fl.Nrn. 10/1 T, und 64/5) - einen "privaten Erschließungsweg" mit einer bei solchen Wohnwegen (vgl. Art. 4 Abs. 2 BayBO) ausreichenden Breite von 3,50 m vor. In der Sitzung vom 22. November 2001 beschloss der Gemeinderat, eine damals vorliegende Skizze, die insgesamt fünf neue Wohnbaugrundstücke (Fl.Nrn. 10/1 T, 64/5, 64/6 sowie die östlich anschließenden Fl.Nrn. 64/1 und 64/2) und für deren Erschließung eine 6 m breite, fast 100 m lange Erschließungsstraße mit einem kreisförmigen Wendehammer vorsah, ohne die beiden zuletzt genannten Grundstücke zur Grundlage der weiteren Planung zu machen. Bei der auf diesem Beschluss folgenden Überarbeitung des Entwurfs wurden die beiden östlichen Grundstücke gestrichen, der Erschließungsweg entsprechend gekürzt und das zunächst nicht einbezogene Grundstück Fl.Nr. 64/6 als weiterer (dritter) "Bauplatz" vorgesehen. Die nahe liegende Überlegung, auch bei der Breite des Erschließungswegs Abstriche zu machen und zu der ursprünglich geplanten Größenordnung zurückzukehren, wurde nicht angestellt. Vielmehr behielt die Antragsgegnerin die in der erwähnten Skizze vorgesehene Breite von 6 m bei. Der Straßenraum des drei Ein- oder Zweifamilienhäuser erschließenden privaten Wohnwegs weist damit dasselbe Maß auf wie der Straßenraum des vom Bebauungsplan erfassten (gleichfalls mit einer Breite von etwa 6 m festgesetzten) Abschnitts der Hohenfelser Straße, die die nordöstlichen Baugebiete von ********** erschließt.

In der Überdimensionierung, die auch durch diesen Vergleich deutlich wird, liegt ein Abwägungsfehler, der sich zulasten des Grundstücks Fl.Nr. 10/1 der Antragstellerin auswirkt. Dem kann nicht entgegenhalten werden, dass der Erschließungsweg der Antragstellerin zugute kommt, weil er die in ihrem Eigentum bzw. im Eigentum ihrer Familie stehenden Parzellen bzw. Grundstücke Fl.Nrn. 10/1 T und 64/5 erschließt; denn dies rechtfertigt die Überdimensionierung nicht. Außerdem erschließt der Weg auch das nachträglich als "Bauplatz" einbezogene Grundstück Fl.Nr. 64/6.

Auch dieser Abwägungsfehler ist beachtlich. Auch er ist deswegen offensichtlich, weil er sich unmittelbar aus den Festsetzungen ergibt. Es besteht auch die "konkrete Möglichkeit", dass die Planung anders ausgefallen wäre, wenn sich die Antragsgegnerin nach den geschilderten Zwischenschritten der Planung noch einmal die Frage gestellt hätte, welche Breite ein Wohnweg mit einer letztlich auf drei Grundstücke begrenzten Erschließungsfunktion haben sollte. d) Die Festsetzung einer "Grünfläche", die auch das Grundstück Fl.Nr. 10/2 sowie eine Teilfläche des Grundstücks Fl.Nr. 64/6 erfasst, ist unwirksam, weil sie ohne nähere Zweckbestimmung getroffen wurde. In den ersten Entwürfen für den Bebauungsplan war zwar die Festsetzung "Öffentliche Grünfläche für das Schwimmbad" vorgesehen. Diese Formulierung wurde jedoch mit dem Entwurf vom 22. November 2001 in "Grünfläche" geändert. Welche Überlegungen hierfür ausschlaggebend waren, lässt sich den Bebauungsplanakten nicht entnehmen. Die Begründung des Bebauungsplans enthält hierzu nur den Satz: "Um den Feuerlöschteich sind umfangreiche Grünflächen dargestellt".

Wenn - auf der Grundlage von § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB - eine Grünfläche festgesetzt wird, muss in aller Regel zumindest festgelegt werden, ob es sich um eine "private" oder eine "öffentliche" Grünfläche handeln soll. Ohne eine Aussage hierzu lässt sich im Allgemeinen schon die Erforderlichkeit der Festsetzung nicht beurteilen; vor allem aber ist diese Weichenstellung regelmäßig Voraussetzung für eine sachgerechte Abwägung der Belange, denen die Festsetzung dienen soll, mit den anderen von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belangen BVerwG vom 16.2.1973 BVerwGE 42, 5 = NJW 1973, 588; Jäde in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB/ BauNVO, 5. Aufl. § 9 RdNr. 50). Aus dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Juli 1989 (Buchholz 406.11 § 214 BauGB Nr. 3) ergibt sich nichts anderes. Der Leitsatz 2 dieser Entscheidung lautet zwar: "Der Bebauungsplan muß in aller Regel den konkreten Zweck der Grünanlage festsetzen. Unterbleibt eine derartige Festsetzung, so führt dies nicht zur Unwirksamkeit der planerischen Festsetzung. Vielmehr sind dann lediglich Nutzungszwecke, die über die allgemeine Nutzung als Grünfläche hinausgehen, nicht zugelassen, wenn dadurch Nutzungskonflikte entstehen können." Wie sich aus den Entscheidungsgründen ergibt, beziehen sich die Aussagen zu den Folgen aber auf eine Regelung, bei der die öffentliche Zweckbestimmung der Grünfläche festgesetzt worden war; gestritten wurde nur darüber, ob spezielle Nutzungszweck mit der Festsetzung "Grünanlage mit Kinderspielplatz" ausreichend bestimmt geregelt war.

Es kann dahinstehen, ob Ausnahmefälle denkbar sind, in denen eine Festsetzung, die für eine Fläche lediglich die Zweckbestimmung "Grünfläche" vorsieht und damit "die Anlage und Unterhaltung lediglich einer begrünten Fläche gestattet" (BVerwG vom 16.2.1973 a. a. O.), eine den gesetzlichen Anforderungen genügende Abwägung ermöglicht. Hier handelt es sich jedenfalls nicht um einen solchen Ausnahmefall.

Nach dem Ergebnis des Augenscheins gehören die Teilflächen der Grundstücke Fl.Nrn. 10/2 und 62, die zwischen der Hohenfelser Straße im Westen und etwa einer gedachten Linie zwischen der Südostecke des "Querbaus" der alten Hostelle im Norden sowie der Nordostecke des ehemaligen Schulgebäudes im Süden liegen, noch zum Innenbereich. Diese Flächen sind zwar unbebaut (Fl.Nr. 10/2) bzw. nur mit einer baulichen Anlage (Feuerlöschteich) bebaut, die nicht als Bebauung im Sinne von § 34 BauGB anzusehen ist. Die Flächen werden aber von der nördlich (alte Hofstelle), südlich (ehemaliges Schulgebäude) und westlich - jenseits der Hohenfelser Straße - angrenzenden Bebauung so stark geprägt, dass sie noch als Teil des Bebauungszusammenhangs erscheinen. Für diese Beurteilung spricht zum einen, dass die Hohenfelser Straße keine starke Zäsur bildet, weil sich in diesem Abschnitt auf ihrer Westseite eine verhältnismäßig dichte Bebauung befindet; vor allem aber handelt es sich bei der ehemaligen Hofstelle und dem ehemaligen Schulgebäude um größere Gebäudekomplexe, die jeweils eine größere Freifläche prägen können. Auch wenn die Freifläche zwischen den beiden Gebäudekomplexen Teil des Außenbereichs (§ 35 BauGB) wäre, würde der Innenbereich nicht mit den südlichen Außenwänden des Hauptgebäudes der alten Hofstelle bzw. den nördlichen Außenwänden des ehemaligen Schulgebäudes enden. Wie bereits erwähnt wurde, wäre vielmehr jeweils ein gewisser "Gebäudeumgriff", der bei der Hofstelle das freistehende Wirtschaftsgebäude einschließen würde, und bei der alten Schule etwa bis zur nördlichen Grenze des Grundstücks Fl.Nr. 205 reichen würde, noch dem Innenbereich zuzurechnen. Berücksichtigt man dies, dann entspricht die Breite der (im rechtlichen Sinn) unbebauten Teilflächen der Grundstücke Fl.Nrn. 10/2 und 62 mit - entlang der Straße gemessen - zusammen rund 45 m etwa der Breite, die die nördlich und südlich angrenzenden bebauten Flächen (jeweils einschließlich des "Umgriffs") haben. Dieser Vergleich bestätigt den an Ort und Stelle gewonnenen Eindruck, dass die unbebauten Teilflächen von der im Norden und Süden unmittelbar und im Westen jenseits der Straße anschließenden Bebauung geprägt sind.

Handelt es sich aber bei den als "Grünfläche" festgesetzten Flächen teilweise um Innenbereich, dann muss zumindest der öffentliche oder private Zweck der "Grünfläche" bestimmt sein, um die betroffenen Eigentumsbelange mit den Belangen sachgerecht abwägen zu können, denen die Grünfläche dienen soll. Ob der Entzug von Baurecht, den die Festsetzung zur Folge hat, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht, kann nur beurteilt werden, wenn feststeht, welchem Zweck die Fläche dienen soll.

e) Die Unwirksamkeit der Festsetzungen zum Nutzungsmaß sowie der Festsetzung der Flächen für Nebenanlagen im Bereich der alten Hofstelle, der Festsetzung des privaten Erschließungsweges und der Grünflächenfestsetzung hat die Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans zur Folge. Es muss nicht näher dargelegt werden, dass der Bebauungsplan ohne diese Festsetzungen keine sinnvolle Regelung mehr darstellt. Es steht auch außer Zweifel, dass die Antragsgegnerin den Bebauungsplan ohne diese Festsetzungen nicht erlassen hätte.

4. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, weil sie unterlegen ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Gemäß § 47 Abs. 5 Satz 4 Halbsatz 2 in Verbindung mit Satz 2 VwGO muss die Antragsgegnerin die Entscheidung in Nr. I der Urteilsformel nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils in derselben Weise veröffentlichen wie die angefochtene Satzung (§ 10 Abs. 3 BauGB).

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und 7 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004.

Ende der Entscheidung

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