Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 19.06.2009
Aktenzeichen: 1 N 07.1552
Rechtsgebiete: BauGB 1998, BauGB, BauGB 2004


Vorschriften:

BauGB 1998 § 1 Abs. 3
BauGB 1998 § 1 Abs. 6
BauGB § 233 Abs. 1
BauGB § 233 Abs. 2 Satz 1
BauGB § 233 Abs. 2 Satz 3
BauGB 2004 § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3
BauGB 2004 § 215 Abs. 1 Halbsatz 1 Nr. 2
Zur Anwendung der Vorschrift des § 215 Abs. 1 Nr. 3 BauGB 2004 über das Geltendmachen von Mängeln im Abwägungsvorgang auf einen Bebauungsplan, dessen Aufstellung unter der Geltung des Baugesetzbuches 1998 beschlossen wurde und der unter der Geltung des Baugesetzbuches 2004 vor dem Inkrafttreten von dessen Änderung durch das Gesetz zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte vom 21. Dezember 2006 (BGBl I S. 3316) in Kraft getreten ist.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

1 N 07.1552 In der Normenkontrollsache

wegen Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 93 a ("*****-, *******-, ************");

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 1. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof König, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Müller, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Priegl

ohne mündliche Verhandlung am 19. Juni 2009

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragsteller dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragsteller wenden sich gegen den Bebauungsplan Nr. 93 a ("*******-, *****-, ******straße").

1. Die Antragsteller sind Miteigentümer des im Geltungsbereich des angegriffenen Bebauungsplans liegenden, mit einem Wohngebäude bebauten Grundstücks Fl.Nr. 1482/19 Gemarkung *********. Das Grundstück wird im Südwesten durch eine zu der *******straße gehörende Zufahrtsfläche erschlossen. Im Norden grenzt es an einen Fußweg. Östlich, südlich und westlich schließen gleichfalls mit Wohnhäusern bebaute Grundstücke an.

Bei dem Bebauungsplan Nr. 93 a handelt es sich um die erste Änderung des Bebauungsplans Nr. 93, der ein größeres, im Stadtteil ********* nordöstlich des ************* Kanals gelegenes Gebiet als Wohngebiet ausweist. Außer dem Grundstück der Antragsteller erfasst der Bebauungsplan Nr. 93 a im Wesentlichen die beiden südwestlich anschließenden Wohngrundstücke (Fl.Nrn. 1482/20 und 1482/21), das nordwestlich anschließende Wohngrundstück (Fl.Nr. 1482/18) und die der Erschließung des Grundstücks der Antragsteller sowie des Grundstücks Fl.Nr. 1482/20 dienende Teilfläche der *******straße. Wesentlicher Inhalt des Bebauungsplans ist die Festsetzung eines Fußweges; außerdem enthält der Bebauungsplan Festsetzungen zur Nutzungsart ("allgemeines Wohngebiet"), zum Nutzungsmaß sowie baugestalterische Regelungen. Der Weg, dessen Festsetzung Anlass für die Planung war, soll als an den ******weg anschließende Verbindung zwischen der Wohnbebauung im nördlichen und nordöstlichen Teil des Gebiets des Bebauungsplans Nr. 93 sowie weiterer hieran anschließender bereits vorhandener und noch geplanter Wohngebiete ("****** 1, 2 und 3") und dem südlichen Teil des Plangebiets dienen. Vor allem sollen in diesem Teil bzw. unmittelbar angrenzend gelegene öffentliche Einrichtungen (Grundschule, katholische Kirche, Kindergarten und Kinderhort) über diesen Weg fußläufig erreicht werden können. Nach den Festsetzungen verläuft der Fußweg von Norden aus gesehen zunächst entlang der Ostgrenze des Grundstücks der Antragsteller auf einer früheren Teilfläche des Grundstücks Fl.Nr. 1482/228 (heute: Fl.Nr. 1482/232). Ab der Südostecke soll der in diesem Abschnitt 1,50 m breite Weg in der Weise entlang der Grenze zwischen dem Grundstück der Antragsteller und dem südlich angrenzenden Grundstück verlaufen, dass je die Hälfte der Fläche, also jeweils ein 0,75 m breiter Streifen, auf den beiden betroffenen Grundstücken liegt.

Den Beschluss zur Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 93 a fasste die Antragsgegnerin am 24. Juli 2003; die Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses erfolgte am 30. Juli 2003 (bei der Angabe: "30.07.2004" in den "Verfahrensvermerken" des Bebauungsplans handelt es sich um einen Schreibfehler). Nach Durchführung des Verfahrens mit öffentlicher Auslegung des Bebauungsplanentwurfs von Anfang November 2004 bis Anfang Dezember 2004 und vorangegangener Behördenbeteiligung wurde der Bebauungsplan in der Sitzung des Stadtrats vom 12. Mai 2005 als Satzung beschlossen. Die Ausfertigung erfolgte am 20. Juni 2005, die Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses am 22. Juni 2005. In der Bekanntmachung wurde u.a. darauf hingewiesen, dass nach § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB beachtliche Mängel des Abwägungsvorgangs unbeachtlich werden, wenn sie nicht innerhalb von zwei Jahren seit der Bekanntmachung schriftlich gegenüber der Gemeinde geltend gemacht worden sind. Der Sachverhalt, der die Verletzung oder den Mangel begründen soll, sei darzulegen.

2. Zur Begründung des am 22. Juni 2007 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenen Normenkontrollantrags machen die Antragsteller im Wesentlichen geltend:

Der auch über ihr Grundstück führende Fußweg sei nicht erforderlich, um eine Verbindung zwischen den neuen Siedlungsgebieten und der *****straße zu schaffen; es bestünden Alternativen. Die Einrichtungen an der *****straße könnten auch über die *****straße/************-Straße sowie über einen Fuß- und Radweg am westlichen Rand der Bebauung und die *******straße erreicht werden. Bei beiden Alternativen sei der Weg nicht länger; die westliche Alternative werde schon jetzt von den Bewohnern des westlichen Teils der ******-Siedlung benutzt. Dass die geplante Trasse teilweise bereits durch Dienstbarkeiten gesichert sei, lasse den geplanten Weg nicht erforderlich erscheinen.

Davon abgesehen gebe es Alternativen, bei denen der Eingriff in privates Eigentum geringer wäre, zumal auf dem Grundstück Fl.Nr. 1482/232 eine Garage abgebrochen werden müsste, um den Weg auf der dort durch Dienstbarkeit gesicherten Trasse zu errichten. Der Fußweg könnte zwischen den Grundstücken *******straße 12 und 14 bzw. den Grundstücken *******straße 8 und 10 und zwischen den Grundstücken *******straße 14 und 16 errichtet werden. Bei der als zweite genannten Alternative befände sich der Weg auf derselben Höhe wie der Spielplatz der ******-Siedlung, der seinerseits über mehrere Fußwege erreicht werden könne. Im Bereich der Grundstücke *******straße 8 und 10 müssten keine Gebäude abgebrochen werden. Außerdem sei bei dieser Alternative der Abschnitt, auf dem die Kinder befahrene Straßen (*******straße, ******straße) benutzen müssten, deutlich kürzer. Wenn der Umstand, dass die Kinder bei dieser Alternative den Spielplatz durchqueren müssten, ein Nachteil sei, wie die Antragsgegnerin geltend mache, dann gelte dies auch für die geplante Trasse, bei der ein Spielplatz gegenüber dem Anwesen ******straße 13 sowie ein Sportplatz durchquert werden müssten. Für die Alternative spreche auch, dass der neue Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. 1482/16 (*******straße 8) bereit sei, der Antragsgegnerin im Zuge der geplanten Neubebauung einem 3 m breiten Grundstücksstreifen zur Verfügung zu stellen.

Weitere Alternativen böten sich zwischen den Anwesen ******straße 12 und ******straße 10/10a, zwischen dem zuletzt genannten Anwesen und dem Anwesen ******straße 8 sowie südlich des Anwesens ******straße 8.

Die Antragsteller beantragen,

festzustellen, dass der Bebauungsplan Nr. 93 a der Stadt ******** ** ******* unwirksam ist.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie macht geltend:

Es sei fraglich, ob die Einwände innerhalb der Zweijahresfrist des § 215 Abs. 1 BauGB geltend gemacht worden seien.

Die dem Bebauungsplan zugrunde liegende Abwägung sei frei von Fehlern; maßgeblich seien die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses. Nachträgliche Entwicklungen seien unerheblich.

Mit der Festsetzung einer Fußwegverbindung und einer Nachverdichtung auf den überplanten Grundstücken verfolge der Bebauungsplan legitime Ziele. Für diese sprächen die in der Begründung zum Bebauungsplan bzw. in den Niederschriften über die maßgeblichen Stadtratssitzungen im Einzelnen aufgeführten Argumente. Das südliche Ende des ******wegs sei der geeigneste Punkt für eine Verbindung der alten und der neuen Ortsteile. Die beanspruchte, in privatem Eigentum stehende Fläche sei bei der festgesetzten Trasse kleiner und die Strecke, auf der die Kinder entlang befahrener Straßen gehen müssten, kürzer als bei allen Alternativen. Im Bezug auf die Hauptwegeverbindungen sei die "Orientierbarkeit" bei dieser Trasse am besten. Auf dem Grundstück Fl.Nr. 1482/232 sei die Trasse bereits durch eine Dienstbarkeit gesichert. Für den Fall, dass der Weg gebaut werde, habe sich der Eigentümer zum Rückbau der Garage verpflichtet. Der in derselben Weise wie die Antragsteller betroffene Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. 1482/20 habe keine Einwände.

Für die Planung sprächen wichtige Gründe des Allgemeinwohls. Durch den verhältnismäßig geringen Eingriff in das Eigentum der Antragsteller werde deren Grundstück nicht entwertet. Die Bewohnbarkeit des Anwesens einschließlich der Gartennutzung werde nicht geschmälert. Vielmehr erhöhe sich der Wert des Grundstücks dadurch, dass der Bebauungsplan eine weitere Bebauung zulasse. Ob die Voraussetzungen für eine Enteignung erfüllt seien, müsse im Bebauungsplanverfahren nicht geprüft werden.

Gegen die genannten Alternativen im Bereich der *******straße spreche, dass dort ein sehr großer Spielplatz durchquert werden müsste und dass der ******weg, an dem die festgesetzte Trasse anschließe, der "Hauptzubringerweg" der Baugebiete "****** 1" und "****** 2" sei. Mit der Bebauung des Gebiets "****** 3" werde der zuletzt genannte Grund noch an Bedeutung zunehmen. Die neueste Entwicklung im Bereich des Grundstücks *******straße 8 sei irrelevant, weil es auf den Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses ankomme. Bei den Alternativen im Bereich der ******straße würde privates Eigentum stärker belastet.

3. Der Senat hat am 21. Oktober 2008 über den Normenkontrollantrag mündlich verhandelt. Es wurde vereinbart, dass die Antragsgegnerin zunächst noch klärt, ob sich die Fußwegverbindung im Bereich des Grundstücks *******straße 8 verwirklichen lässt. Mitte Dezember 2008 hat die Antragsgegnerin mitgeteilt, dass diese Lösung nicht zustande kommt. Für diesen Fall hatten sich alle Beteiligten bereits in der mündlichen Verhandlung mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die von der Antragsgegnerin vorgelegten Bebauungsplanakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat kann ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Der Antrag hat keinen Erfolg; er ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Der Antrag ist zulässig.

a) Die gemäß § 195 Abs. 7 VwGO noch maßgebliche Zweijahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO a. F. wurde eingehalten. Der Antrag ging am 22. Juni 2007 und damit genau zwei Jahre nach Bekanntmachung des Bebauungsplans am 22. Juni 2005 beim Verwaltungsgerichtshof ein.

b) Die Antragsteller sind auch antragsbefugt (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Sie machen mit nicht von vorneherein unbegründet erscheinenden Einwänden geltend, dass ihr Grundeigentum durch die Festsetzung des Fußweges unverhältnismäßig stark beeinträchtigt werde. Die Möglichkeit einer Rechtsverletzung durch bzw. aufgrund des Bebauungsplans ist damit ausreichend dargelegt.

2. Der Antrag ist nicht begründet.

a) Der Bebauungsplan ist nicht deswegen unwirksam, weil er für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung der Stadt nicht erforderlich wäre (§ 1 Abs. 3 BauGB in der Fassung vom 27.8.1997 [BGBl I S. 2141] - BauGB 1998). Diese Fassung ist gemäß § 233 Abs. 1 Satz 1 (und § 244 Abs. 1) BauGB anzuwenden; da das Bebauungsplanverfahren im Juli 2003 und somit noch unter der Geltung des Baugesetzbuches 1998 förmlich eingeleitet wurde, war es nach den Vorschriften dieser Fassung abzuschließen.

Nach § 1 Abs. 3 BauGB 1998 (= § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB) haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung erforderlich ist. Der Erforderlichkeitsgrundsatz gibt der Gemeinde einen weiten Spielraum; er ermächtigt sie zu einer ihren Vorstellungen entsprechenden Städtebaupolitik. Die Vorschrift verlangt nicht, dass für die Planung als Ganzes und für die einzelnen Festsetzungen ein unabweisbares Bedürfnis vorliegt; es genügt, wenn eine Regelung im Rahmen eines Gesamtkonzepts vernünftigerweise geboten ist.

Nach diesem Maßstab besteht kein Zweifel, dass die strittige Fußwegfestsetzung im bauplanungsrechtlichen Sinn erforderlich ist. Die Planung wird von der unter den gegebenen Umständen städtebaulich ohne weiteres einleuchtenden Absicht getragen, eine fußläufige Verbindung zwischen bestehenden und geplanten Baugebieten im Norden des Stadtteils und den öffentlichen Einrichtungen an der *****straße im Süden zu schaffen. Eine den gesetzlichen Anforderungen genügende Rechtfertigung ist damit gegeben. Alle weiteren von den Antragstellern im Zusammenhang mit dem Fußweg aufgeworfenen Fragen betreffen das Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 6 BauGB 1998).

b) Die Festsetzungen zum Nutzungsmaß sind nicht deswegen unwirksam, weil die Größe der Grundfläche (§ 16 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2, § 19 BauNVO) jeweils nur für die "Hauptgebäude" und nicht auch für die nach § 19 Abs. 4 BauNVO bei der Ermittlung der Grundfläche mitzurechnenden Anlagen festgesetzt worden wäre (vgl. BayVGH vom 10.8.2006 NVwZ-RR 2007, 447 = ZfBR 2007, 348). Wie der Senat bereits in dem Hinweisschreiben vom 20. Oktober 2008 angedeutet hat, kann der Zusatz "für Hauptgebäude" in B.2.1 der Festsetzungen als Erläuterung der Planungsvorstellung der Antragsgegnerin verstanden werden, dass das festgesetzte Maß jeweils durch die Hauptgebäude ausgeschöpft wird und für die in § 19 Abs. 4 Satz 1 BauNVO aufgeführten Anlagen die "Überschreitungsfläche" gemäß § 19 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 BauNVO zur Verfügung steht.

c) Ob der Antragsgegnerin die nach Bekanntmachung des Bebauungsplans erstmals mit dem Normenkontrollantrag gerügten Abwägungsfehler unterlaufen sind, kann offenbleiben. Auch wenn diese Mängel - im Wesentlichen das Außerachtlassen von Alternativen betreffende Fehler bei der Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials - vorgelegen hätten und nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 (in Verbindung mit § 233 Abs. 2 Satz 1) BauGB rechtlich erheblich gewesen sein sollten, würden sie nicht zur Unwirksamkeit der Festsetzung des Fußweges und damit - wegen der zentralen Bedeutung dieser Festsetzung für die gesamte Planung - zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans führen. Die Mängel wären nämlich nach § 215 Abs. 1 Nr. 3 BauGB in der auf dem Europaanpassungsgesetz Bau vom 24. Juni 2004 (BGBl I S. 1359) - EAG Bau - beruhenden Fassung vom 23. September 2004 (BGBl I S. 2414) - BauGB 2004 - unbeachtlich geworden, weil sie nicht innerhalb von zwei Jahren seit Bekanntmachung des Bebauungsplans am 22. Juni 2005 schriftlich gegenüber der Antragsgegnerin geltend gemacht wurden. Dass die Antragsteller im Aufstellungsverfahren Einwände gegen die Festsetzung des Fußweges erhoben hatten, genügt nicht.

Die Anwendung von § 215 Abs. 1 Nr. 3 BauGB 2004 beruht auf § 233 Abs. 2 Satz 3 BauGB. Nach der Überleitungsregelung des § 233 Abs. 2 Satz 1 BauGB sind die Vorschriften über die Planerhaltung (§§ 214 ff. BauGB) zwar grundsätzlich in ihrer aktuellen Fassung auch auf Flächennutzungspläne und Satzungen anzuwenden, die, wie der unter der Geltung des Baugesetzbuches 2004 bekannt gemachte angegriffene Bebauungsplan, auf der Grundlage bisheriger Fassungen des Baugesetzbuches in Kraft getreten sind. Gemäß § 233 Abs. 2 Satz 3 BauGB sind jedoch für vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung in Kraft getretene Flächennutzungspläne und Satzungen die vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung geltenden Vorschriften über das Geltendmachen der Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften, von Mängeln der Abwägung und von sonstigen Vorschriften einschließlich ihrer Fristen weiterhin anzuwenden. Aus diesem Grund kommt die derzeit maßgebliche, auf dem Gesetz zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte vom 21. Dezember 2006 (BGBl I S. 3316) beruhende, am 1. Januar 2007 in Kraft getretene Vorschrift des § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB, die (auch) für das Geltendmachen von Mängel des Abwägungsvorgangs nur noch eine Frist von einem Jahr vorsieht, noch nicht zur Anwendung. Aus § 233 Abs. 2 Satz 3 BauGB ergibt sich ferner, dass die Vorschrift des § 215 Abs. 1 Halbsatz 1 Nr. 2 BauGB 1998, die für das Geltendmachen aller Abwägungsmängel noch eine Frist von sieben Jahren vorsah, nicht mehr anzuwenden ist. Denn der Bebauungsplan ist nicht vor der Änderung von § 215 Abs. 1 Halbsatz 1 Nr. 2 BauGB 1998 durch das EAG Bau, sondern nach dieser Änderung und somit unter der Geltung des Baugesetzbuches 2004 in Kraft getreten.

Die Antragsteller haben die Rügefrist des § 215 Abs. 1 Nr. 3 BauGB 2004 von zwei Jahren nicht eingehalten. Zwar haben sie die Mängel in dem am 22. Juni 2007, dem letzten Tag der Frist, eingegangenen Normenkontrollantrag gerügt. Auch kann der Anforderung, dass die Rüge gegenüber der Gemeinde erfolgen muss, dadurch entsprochen werden, dass der Gemeinde im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens ein Schriftsatz des Betroffenen übersandt wird, in dem der den Mangel begründende Sachverhalt dargelegt wird (vgl. VGH BW vom 15.7.2008 ZfBR 2008, 810; BayVGH vom 30.1.2009 - 1 N 08.1119 - Juris). Um die Frist des § 215 Abs. 1 BauGB 2004 zu wahren, genügt es aber nicht, dass der Schriftsatz mit der Rüge innerhalb von zwei Jahren bei Gericht eingeht; maßgebend ist der Zeitpunkt des Eingangs bei der Gemeinde. Dieses Datum (3.7.2007; vgl. Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 24.9.2007) lag nach dem 22. Juni 2007. Die von der Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang erwähnte Vorschrift des § 167 ZPO über die Rückwirkung von Zustellungen kann nicht entsprechend angewendet werden. Nach § 167 ZPO tritt die Wirkung einer Zustellung, durch die eine Frist gewahrt oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 BGB gehemmt werden soll, bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt. Die Vorschrift soll verhindern, das die Verfahrensbeteiligten durch Verzögerungen in dem ihrem Einfluss weitgehend entzogenen Zustellungsverfahren belastet werden (vgl. Greger in Zöllner, ZPO, 27. Aufl., § 167 RdNr. 1). Eine entsprechende Verfahrenslage besteht beim Geltendmachen von Mängeln gemäß § 215 BauGB nicht. Für die Rüge muss nämlich nicht das Gericht eingeschaltet werden. Der Betroffene kann seine Einwände unmittelbar an die Gemeinde richten; dies ist der regelmäßige Weg (BayVGH vom 30.1.2009 a. a. O.).

Wie ein Mangel im Abwägungsergebnis, der nach § 215 Abs. 1 Nr. 3 BauGB 2004/ § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB 2007 stets beachtlich bleibt, während er nach § 215 Abs. 1 Halbsatz 1 Nr. 2 BauGB 1998 unbeachtlich werden konnte, nach den genannten Überleitungsvorschriften zu behandeln wäre, kann offen bleiben; denn ein solcher Mangel liegt bei der Festsetzung des Fußweges nicht vor. Der Bebauungsplan lässt keine schlechthin nicht zu rechtfertigende Belastung des Grundstücks der Antragsteller zu. Die Inanspruchnahme eines 0,75 m Streifens entlang der südöstlichen Grundstücksgrenze für einen Fußweg, für den vernünftige Gründe des Wohls der Allgemeinheit sprechen, stellt auch unter Berücksichtigung der "Erholungsfunktion", die der betroffene Grundstücksteil im Rahmen des Anwesens der Antragsteller hat, keine so starke Belastung dar, dass sie unter den gegebenen Umständen von vorneherein nicht als das Ergebnis einer ordnungsgemäßen Abwägung angesehen werden könnte. Wenn Mängel vorlagen, betrafen sie den Abwägungsvorgang im Sinne von § 2 Abs. 3 BauGB, nämlich die Frage, ob Alternativen zu einer Inanspruchnahme des Grundstücks der Antragsteller ausreichend ermittelt und im Verhältnis zur festgesetzten Trasse zutreffend bewertet worden sind.

d) Etwaige gleichfalls allenfalls den Abwägungsvorgang betreffende Mängel im Zusammenhang mit den Festsetzungen zum Nutzungsmaß, die darin liegen könnten, dass sich die Antragsgegnerin die Auswirkungen dieser Regelungen, insbesondere das für die Anlagen im Sinne von § 19 Abs. 4 Satz 1 BauNVO "übrig bleibende" Nutzungsmaß, möglicherweise nicht in vollem Umfang klar gemacht hat, wären unbeachtlich geworden, weil sie nicht gerügt wurden und die Zweijahresfrist abgelaufen ist.

3. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens - gemäß § 159 Satz 2 VwGO als Gesamtschuldner - zu tragen, weil sie unterlegen sind (§ 154 Abs. 1 VwGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO.

Gründe, deretwegen die Revision zuzulassen wäre, liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 7.500 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1 und 7 GKG).

Ende der Entscheidung

Zurück