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Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 13.12.2006
Aktenzeichen: 1 ZB 04.3549
Rechtsgebiete: VwGO, BauGB, BauNVO


Vorschriften:

VwGO § 124 Abs. 3 Nr. 1
VwGO § 124 Abs. 3 Nr. 2
VwGO § 124 Abs. 3 Nr. 3
BauGB § 34 Abs. 2
BauNVO § 5 Abs. 1 Satz 1
BauNVO § 5 Abs. 2 Nr. 1
BauNVO § 5 Abs. 2 Nr. 2
BauNVO § 5 Abs. 2 Nr. 6
BauNVO § 5 Abs. 2 Nr. 7
1. Zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit einer Haltung von Reitpferden im (faktischen) Dorfgebiet.

2. Im (faktischen) Dorfgebiet ist eine Bauschlosserei als wesentlich störender Gewerbebetrieb grundsätzlich unzulässig.


Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

1 ZB 04.3549

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Anfechtung einer Baugenehmigung für eine Schlosserei auf Fl.Nr. ****** Gemarkung ********;

hier: Antrag des Beigeladenen auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 16. November 2004,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 1. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof König, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Müller, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Langer

ohne mündliche Verhandlung am 13. Dezember 2006 folgenden

Beschluss:

Tenor:

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Beigeladene trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich gegen eine dem Beigeladenen für eine Bauschlosserei erteilte Baugenehmigung zur Änderung der Nutzung und zur Erweiterung eines Wohn- und Wirtschaftsgebäudes.

Der Kläger ist Eigentümer des mit der Südostseite an den *****weg grenzenden Grundstücks Fl.Nr. ****/2 Gemarkung *******. Das Grundstück ist auf seiner Westseite mit einem als Pferdestall genutzten Gebäude bebaut. Auf der anderen Seite des *****wegs liegt das mit dem Grundstück Fl.Nr. *****/2 (alt) vereinigte Grundstück Fl.Nr. *****/1 des Beigeladenen. Auf dem Grundstück steht ein "Wohn- und Wirtschaftsgebäude", in dem der Beigeladene seit 1997 eine Schlosserei betreibt. Das Grundstück des Beigeladenen befindet sich im Geltungsbereich der am 23. April 2002 bekannt gemachten "Satzung zur Einbeziehung von Außenbereichsflächen in den im Zusammenhang bebauten Ortsteil von ******** (sog. Ergänzungssatzung)" der Gemeinde *******-******.

Mit Bescheid vom 5. Oktober 2000 erteilte das Landratsamt *************** Land dem Beigeladenen die Baugenehmigung und mit Bescheid vom 1. August 2002 die "Nachtragsbaugenehmigung" für eine Schlosserei auf dem Grundstück Fl.Nr. *****/1. Das genehmigte Vorhaben umfasst eine Änderung der Nutzung des Erdgeschosses des vorhandenen Gebäudes und die Errichtung eines Anbaus. Durch die "Nachtragsbaugenehmigung" wurden die bereits in der ursprünglichen Genehmigung enthaltenen immissionsschutzrechtlichen Auflagen verschärft. Der Kläger erhob gegen beide Bescheide Widerspruch; über die Widersprüche wurde nicht entschieden. Mit Beschluss vom 26. August 2002 ordnete das Verwaltungsgericht ******* die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die "Nachtragsbaugenehmigung" an. Es vertrat die Auffassung, dass die Genehmigung zu Lasten des Klägers gegen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot verstoße, weil die Auflagen die Einhaltung der erforderlichen Immissionsrichtwerte eines Dorf- oder Mischgebiets für die Nachtzeit nicht gewährleisteten. Das Beschwerdeverfahren wurde nach Rücknahme der Beschwerde des Beigeladenen durch Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 6. Dezember 2002 (1 CS 02.3055) eingestellt. Mit Bescheid vom 20. November 2002 ergänzte das Landratsamt die Genehmigung vom 1. August 2002 um eine weitere immissionsschutzrechtliche Auflage. Über den auch hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers wurde wiederum nicht entschieden.

Auf die Untätigkeitsklage des Klägers hin hob das Verwaltungsgericht ******* mit Urteil vom 16. November 2004 die Bescheide vom 5. Oktober 2000 sowie vom 1. August und 20. November 2002 auf. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Die Bescheide verletzten den Kläger in seinem Recht auf Bewahrung der Gebietsart. Das Baugrundstück liege aufgrund der Ergänzungssatzung vom 23. April 2002 im Innenbereich. Die nähere Umgebung entspreche einem Dorfgebiet. Der maßgebliche Gebietsumgriff reiche im Norden "bis zur Freifläche vor der Hangkante" und im Süden bis zum Ortsende. Im Osten werde er durch das allgemeine Wohngebiet östlich des *****wegs, das im Bebauungsplan "********" festgesetzt sei, begrenzt. Der Gebietscharakter werde durch den landwirtschaftlichen Betrieb auf Fl.Nrn. **** und ****/2, die Gastwirtschaft auf Fl.Nr. *****, die Haltung von zwei Pferden auf Fl.Nr. ****/2 und im Übrigen durch Wohnnutzung geprägt. Das Bauvorhaben sei seiner Art nach in dem faktischen Dorfgebiet nicht zulässig, weil es sich bei der Schlosserei nach einer typisierenden Betrachtungsweise um einen das Wohnen wesentlich störenden Gewerbebetrieb handele. Die konkreten Verhältnisse des Betriebs dürften bei der Einstufung nicht berücksichtigt werden, weil es sich nicht um einen von dem branchentypischen Erscheinungsbild abweichenden Betrieb handle. Hieran ändere auch die Festlegung von Immissionsrichtwerten in der Baugenehmigung nichts. Bauplanungsrechtliche Versagungsgründe könnten durch die Auflagen einer "maßgeschneiderten" Baugenehmigung nicht ausgeräumt werden.

Der Beigeladene beantragt, die Berufung zuzulassen. Er macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten sowie die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.

Der Beklagte unterstützt den Zulassungsantrag.

Der Kläger tritt dem Zulassungsantrag entgegen.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.

1. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die im vereinfachten Verfahren erteilte Baugenehmigung vom 5. Oktober 2000 sowie die Änderungsbescheide vom 1. August und vom 20. November 2002 aufgehoben, weil diese Bescheide den Kläger in seinem Recht auf Bewahrung der Gebietsart verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, Art. 72 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Art. 73 Abs. 1 BayBO).

Der Gebietsbewahrungsanspruch gibt den Eigentümern von Grundstücken, die in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, § 1 Abs. 3, §§ 2 bis 14 BauNVO) oder in einem "faktischen" Baugebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB, §§ 2 bis 14 BauNVO) liegen, das Recht, sich gegen Vorhaben zur Wehr zu setzen, die in dem Gebiet hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zulässig sind. Der Anspruch beruht auf der drittschützenden Wirkung, die eine Baugebietsfestsetzung in einem Bebauungsplan bzw. § 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit den Baugebietsvorschriften der Baunutzungsverordnung gegenüber den Eigentümern aller Grundstücke im (faktischen) Baugebiet haben (vgl. BVerwG vom 16.9.1993 NJW 1994, 1546; vom 11.4.1996 NVwZ-RR 1997, 463; vom 23.8.1996 NVwZ 1997, 384; vom 2.2.2000 NVwZ 2000, 679; BayVGH vom 14.7.2006 - 1 BV 03.2179 u.a. - Juris).

Es nicht erscheint fraglich, dass das Bauvorhaben den Gebietsbewahrungsanspruch des Klägers verletzt, weil es in dem Dorfgebiet (§ 5 BauNVO), dem die Eigenart der näheren Umgebung faktisch entspricht (a), seiner Art nach nicht zulässig ist (b). Der Kläger kann sich auf diesen Anspruch auch berufen (c). Das Vorbringen im Zulassungsantrag rechtfertigt keine andere Beurteilung.

a) Zutreffend hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 5 BauNVO beurteilt, weil die nicht beplante nähere Umgebung des Baugrundstücks (aa) einem Dorfgebiet im Sinn des § 5 BauNVO entspricht (bb).

aa) Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Bestimmung der näheren Umgebung im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Halbsatz 1 BauGB begegnet keinen Bedenken.

Welcher Bereich als "nähere Umgebung" maßgebend ist, hängt davon ab, inwieweit sich einerseits das geplante Vorhaben auf die benachbarte Bebauung und andererseits diese Bebauung auf das Baugrundstück prägend auswirken. Dabei darf nicht nur diejenige Bebauung als erheblich angesehen werden, die in der unmittelbaren Nachbarschaft des Baugrundstücks überwiegt, sondern es muss auch die Bebauung der weiteren Umgebung des Grundstücks insoweit berücksichtigt werden, als auch sie noch "prägend" auf das Grundstück einwirkt (BVerwG vom 26.5.1978 BVerwGE 55, 369; vom 3.4.1981 BVerwGE 62, 151). Wieweit diese wechselseitige Prägung reicht, ist eine Frage des Einzelfalls. Für die räumliche Abgrenzung der näheren Umgebung kann etwa eine natürliche oder künstliche Trennlinie, aber auch eine unterschiedliche Siedlungsstruktur maßgeblich sein (BVerwG vom 28.8.2003 - 4 B 74/03 - Juris). Weiterhin kann auf die Rechtsprechung zur Abgrenzung des Innen- und Außenbereichs zurückgegriffen werden (BVerwG vom 20.8.1998 NVwZ-RR 1999, 105).

Nach diesen Maßstäben begegnet es keinen Bedenken, dass das Verwaltungsgericht das in den Urteilsgründen angegebene Gebiet als maßgebliche Umgebung angesehen hat. Der Einwand des Beigeladenen, dass auch die Wohnbebauung auf den nördlich des *****wegs gelegenen Grundstücken Fl.Nrn ****/2, ****/1 und ****/2 hätte berücksichtigt werden müssen, geht schon deshalb fehl, weil das Verwaltungsgericht diese Grundstücke einbezogen hat. Nach den Entscheidungsgründen reicht das maßgebliche Gebiet im Norden "bis zur Freifläche vor der Hangkante" (vgl. Urteilsabdruck Seite 12). Diese Fläche beginnt nach den vorliegenden Plänen erst nördlich der drei genannten Wohngebäude. Nicht zu beanstanden ist auch die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die landwirtschaftlichen Gebäude auf den Grundstücken Fl.Nrn. **** und **** zur näheren Umgebung zählen. Der bloße Hinweis auf die Entfernung dieser Gebäude von dem Baugrundstück von circa 80 m bzw. 90 m ist schon deswegen nicht geeignet, die Richtigkeit dieser Beurteilung ernstlich in Frage zu stellen, weil die Entfernung vom Baugrundstück für sich genommen kein maßgebliches Kriterium für die räumliche Abgrenzung des prägenden Umgriffs ist.

bb) Zutreffend erscheint auch die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Eigenart der näheren Umgebung des Baugrundstücks einem Dorfgebiet entspricht. Die Richtigkeit dieser Gebietsqualifizierung wird weder durch die Gaststätte auf dem Grundstück Fl.Nr. ***** (1) noch durch die auf dem Baugrundstück schon vor Erteilung der Baugenehmigung betriebene Schlosserei (2), noch durch die Pferdehaltung auf dem Grundstück Fl.Nr. ****/2 (3) ernstlich in Frage gestellt.

(1) Nicht berechtigt erscheint der Einwand, dass es sich bei der auf dem Grundstück Fl.Nr. ***** betriebenen Gaststätte nicht um eine im Dorfgebiet zulässige "typische Dorfgaststätte" handle, weil sie "mit mehr als 100 Plätzen und umfangreichen Freisitzflächen nicht lediglich der Versorgung der örtlichen Bevölkerung diene". Im Dorfgebiet sind gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 5 BauNVO - anders als in Kleinsiedlungsgebieten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO) oder allgemeinen Wohngebieten (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO) - Speise- und Schankwirtschaften grundsätzlich auch dann zulässig, wenn sie nicht (lediglich) der Versorgung des Gebiets dienen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Gaststätte im Einzelfall - etwa wegen ihrer Größe - gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO der Eigenart dieses Gebiets widerspricht (BVerwG vom 4.12.1995 DÖV 1996, 292). Dass diese Voraussetzung hier erfüllt wäre, kann schon aufgrund der - vom Beigeladenen nicht bestrittenen - Angaben des Klägers, dass die Gaststätte nur von einer Person, nämlich seiner Schwägerin, alleine betrieben wird, nicht angenommen werden.

(2) Auch die Tatsache, dass auf dem Grundstück Fl.Nr. *****/1 schon seit 1997 - ohne Baugenehmigung - eine Schlosserei betrieben wird, steht der Einstufung als Dorfgebiet nicht entgegen. Zwar ist bei der Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung auch die auf dem Baugrundstück vorhandene Bebauung zu berücksichtigen (BVerwG vom 22.9.1967 BVerwGE 27, 341). Eine nicht genehmigte Nutzung ist aber nur dann maßgebend, wenn sie in einer Weise geduldet wird, die keinen Zweifel daran lässt, dass sich die zuständigen Behörden auf Dauer mit ihrem Vorhandensein abgefunden haben (BVerwG vom 23.11.1998 BRS 60 Nr. 82; OVG NW vom 23.10.2006 - 7 A 4947/05 - Juris). Eine solche Duldung lag hier nicht vor. Vielmehr wurde die Schlosserei nach den - insoweit nicht in Frage gestellten - Angaben des Landratsamts im erstinstanzlichen Verfahren (vgl. Schreiben des Landratsamts vom 4. April 2003, Blatt 15 a der Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts) bis zur Bauantragstellung ohne Kenntnis des Landratsamts betrieben.

(3) Schließlich wird die Einstufung als "faktisches" Dorfgebiet auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass ein Mieter des Klägers auf dem Grundstück Fl.Nr. ****/2 zur Freizeitbetätigung zwei Reitpferde hält.

Zwar gehört die Unterbringung von zwei Reitpferden zum Zwecke der Freizeitgestaltung nicht zu den in § 5 Abs. 2 BauNVO ausdrücklich aufgeführten zulässigen Nutzungsarten. Bei der Nutzung des Stallgebäudes und des Vorplatzes für eine Hobbypferdehaltung handelt es sich weder um eine Wirtschaftsstelle eines landwirtschaftlichen Betriebs (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO) noch um eine landwirtschaftliche Nebenerwerbsstelle (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO). Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Vermietung des Grundstücks im Rahmen eines "sonstigen Gewerbebetriebs" (§ 5 Abs. 2 Nr. 6 BauNVO) des Klägers erfolgt. Die Nutzung zur Unterbringung von zwei zur Freizeitbetätigung gehaltenen Reitpferden ist ferner nicht als Anlage für sportliche Zwecke (§ 5 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO) zulässig; denn nach der - allerdings nicht unumstrittenen - Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erfüllen Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke nur dann die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO, wenn es sich um Gemeinbedarfsanlagen (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 BauGB), also um Anlagen handelt, die unabhängig von ihrer Betriebsform der Allgemeinheit zugänglich sind (BVerwG vom 12.12.1996 BVerwGE 102, 351 = NVwZ 1997, 902; a. A. Stock in König/Roeser/ Stock, BauNVO, 2. Aufl., § 4 RdNr. 43 ff. mit weiteren Nachweisen). Da das Grundstück des Klägers ausschließlich zur Unterbringung der beiden Reitpferde genutzt wird, handelt es sich bei dem Stallgebäude und dem Vorplatz auch nicht um dem Nutzungszweck der im Dorfgebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst untergeordnete Nebenanlagen im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 und 2 BauNVO.

Gleichwohl ist die Unterbringung von Reitpferden für Hobbyzwecke in einem Dorfgebiet nicht unzulässig. Als Gebiet, in dem entsprechend der Zweckbestimmung des § 5 Abs. 1 BauNVO die mit der Haltung von Großtieren typischerweise verbundenen Geräusch- und Geruchsbelastungen grundsätzlich hingenommen werden müssen, ist das Dorfgebiet grundsätzlich ein geeigneter Standort für den Reitsport (Fickert/ Fieseler, BauNVO, 10. Aufl., RdNr. 18.3 und 20.2). Kann aber beispielsweise ein rein erwerbwirtschaftlich geführter und deshalb (jedenfalls nach der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung) nicht als Anlage für sportliche Zwecke einzustufender Reitbetrieb in einem Dorfgebiet als sonstiger das Wohnen nicht wesentlich störender Gewerbebetrieb zulässig sein, weil die mit der Pferdehaltung einhergehenden Belästigungen als gebietstypisch anzusehen sind, dann muss dies erstrecht für eine kleine "Hobbypferdehaltung" gelten (vgl. auch OVG Hamburg vom 30.7.2003 HmbJVBl 2005, 9 [zur aus auch aus § 3 Abs. 1 BauNVO hergeleiteten Zulässigkeit einer als "Hauptanlage" geplanten, ausschließlich für private Zwecke bestimmten Schwimmhalle in einem reinen Wohngebiet] sowie OVG Saarl vom 1.3.1990 BRS 50 Nr. 190 [zur Zulässigkeit eines Stalles für zwei Reitpferde als Nebenanlage im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 BauNVO]).

b) Es bestehen auch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass die geplante Schlosserei nicht als sonstiger Gewerbebetrieb (§ 5 Abs. 2 Nr. 6 BauNVO) im Dorfgebiet zulässig ist.

Die Vorschrift des § 5 Abs. 2 Nr. 6 BauNVO erfasst alle Gewerbebetriebe, die nicht in den übrigen Nummern des § 5 Abs. 2 BauNVO enthalten sind. Nicht erforderlich ist, dass der Betrieb der Versorgung des Gebiets dient. Voraussetzung ist jedoch, wie sich aus § 5 Abs. 1 BauNVO ergibt, dass der Betrieb das Wohnen nicht wesentlich stört. Insoweit gilt - entgegen der Auffassung des Beigeladenen - für das (faktische) Dorfgebiet nichts anders für das Mischgebiet, das nach § 6 Abs. 1 BauNVO neben dem Wohnen der Unterbringung von das Wohnen nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben dient. Denn als "ländliches Mischgebiet" ist das Dorfgebiet hinsichtlich der Schutzbedürftigkeit der im Gebiet zulässigen Wohnbebauung jedenfalls in Bezug auf Lärmbeeinträchtigungen dem Mischgebiet gleichzusetzen (VGH BW vom 9.5.1997 BRS 59 Nr. 92; BayVGH vom 13.3.2001 - 1 ZS 01.34 - Juris; vgl. auch amtliche Begründung zum Entwurf von § 5 Abs. 1 BauNVO, BR-Drs. 354/89, Seite 49).

Bei der Prüfung, ob ein Betrieb zu den nicht wesentlich störenden, wohnverträglichen Gewerbebetrieben im Sinn von § 5 Abs. 1 (und § 6 Abs. 1) BauNVO zählt, ist in der Regel nicht auf die konkreten Verhältnisse des jeweiligen Vorhabens abzustellen, sondern von einer typisierenden Betrachtungsweise auszugehen (BVerwG vom 10.7.1964 BRS 15 Nr. 17; vom 3.1.1973 BRS 27 Nr. 123; BayVGH vom 22.7.2004 - 26 B 04.931 - Juris; vom 2.11.2004 BayVBl 2005, 696; OVG MV vom 25.10.1994 MDR 1995, 741; vom 23.6.1998 LKV 1999, 66). Die typisierende Betrachtungsweise verbietet sich nur, wenn der Betrieb zu einer Branche gehört, bei der die üblichen Betriebsformen hinsichtlich des Störgrades eine vom nicht wesentlich störenden bis zum störenden oder gar bis zum erheblich belästigenden Betrieb reichende Bandbreite aufweisen (VGH BW vom 16.5.2002 BRS 65 Nr. 65; BayVGH vom 13.3.2001 - 1 ZS 01.34 - Juris; BVerwG vom 11.4.1975 BRS 29 Nr. 27 jeweils zu KfZ-Reparaturwerkstätten; VGH BW vom 9.5.1997 BRS 59 Nr. 92 zu einer Motorradwerkstatt). Bei solchen Vorhaben sind der Zulässigkeitsprüfung stets die konkreten Verhältnisse des Betriebs zugrundezulegen. Dasselbe gilt im Einzelfall, wenn der Betrieb zwar zu einer Branche gehört, bei der eine typisierende Einstufung hinsichtlich des Störgrades grundsätzlich gerechtfertigt ist, es sich aber um eine atypisches, von dem branchenüblichen Erscheinungsbild abweichendes Vorhaben handelt und wenn anzunehmen ist, dass der Betrieb diesen atypischen Charakter auch künftig behalten wird (BVerwG vom 7.5.1971 a.a.O.; OVG NRW vom 21.3.1995 BRS 57 Nr. 68).

Diese Voraussetzungen einer Einstufung entsprechend der konkreten Betriebsgestaltung sind bei dem Vorhaben des Beigeladenen nicht erfüllt. Schlossereien und andere metallverarbeitende Betriebe, in denen regelmäßig lärmintensive Arbeiten, wie Hämmern, Schleifen, Trennschleifen, Stanzen und Schmieden, vorgenommen werden, stören das Wohnen typischerweise wesentlich und sind deshalb in allen Baugebieten, die auch dem Wohnen dienen, unzulässig (OVG Lüneburg vom 27.6.1972 OVGE MüLü 29, 340; OVG RPf vom 20.12.1973 - 1 A 57/72 - Juris; für insoweit vergleichbare Tischlereiwerkstätten: BVerwG vom 7.5.1971 BRS 24 Nr. 15; OVG SH vom 7.6.1999 NordÖR 2000, 426). Ob eine Bauschlosserei in einem atypischen Einzelfall so betrieben werden kann, dass sie das Wohnen nicht wesentlich stört, kann dahinstehen. Denn weder wird im Zulassungsantrag geltend gemacht noch ist sonst ersichtlich, dass hier ein solcher Betrieb vorliegt.

c) Schließlich darf sich der Kläger gegenüber dem Beigeladenen auch auf den Anspruch auf Bewahrung der Gebietsart berufen. Ob dies anderes zu beurteilen wäre, wenn der Kläger sein Grundstück in einer im Dorfgebiet nicht zulässigen Weise nutzen würde, muss nicht entschieden werden. Denn die Pferdehaltung ist, wie bereits ausgeführt wurde, im Dorfgebiet zulässig.

2. Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) auf.

Die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO sind nicht schon deswegen zu bejahen, weil der Rechtsstreit im erstinstanzlichen Verfahren nicht auf den Einzelrichter übertragen wurde. Zwar kommt eine Übertragung nur in Betracht, wenn die Sache keine besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das lässt aber nicht den Schluss zu, dass eine Sache, die nicht auf den Einzelrichter übertragen wurde, stets die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO erfüllt. Ein solcher Zusammenhang besteht schon deswegen nicht, weil es sich bei § 6 Abs. 1 VwGO um eine Sollvorschrift handelt und weil das Berufungsgericht nicht an die Beurteilung durch das Verwaltungsgericht gebunden ist. Außerdem ist für die Prüfung im Rahmen des Berufungszulassungsverfahrens ein anderer Zeitpunkt maßgebend als bei der Entscheidung des Verwaltungsgerichts (BayVGH vom 29.7.2004 - 9 ZB 04.698 - Juris; OVG SL vom 14.1. 2000 - 2 Q 38/99 - Juris; VGH BW vom 23.1.1998 NVwZ 1998, 975).

In der Sache sieht der Zulassungsantrag die besonderen Schwierigkeiten der Rechtssache im Wesentlichen in denselben Gesichtspunkten, die auch zu dem Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils angeführt werden. Diese Gesichtspunkte werfen jedoch - wie sich aus den vorstehenden Darlegungen ergibt - sowohl hinsichtlich der rechtlichen Maßstäbe als auch hinsichtlich ihrer Anwendung auf den vorliegenden Fall keine über das normale Maß hinausgehenden Probleme oder Schwierigkeiten auf, die die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern. Die tatsächlichen Verhältnisse lassen sich ohne weiteres anhand der in den Bau- und Gerichtsakten befindlichen Pläne sowie der Niederschrift über den Ortstermin des Verwaltungsgerichts beurteilen; eine erneute Beweisaufnahme durch Augenschein ist nicht erforderlich.

3. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Bestimmung hat eine Rechtssache dann, wenn die im Zulassungsantrag bezeichnete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist; die Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts berufungsgerichtlicher Klärung zugänglich sein und dieser Klärung auch bedürfen (BVerwG vom 9.6.1999 NVwZ 1999, 1231).

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die im Zulassungsantrag aufgeworfenen Frage, "ob Schlossereien als typischerweise das Wohnen störende Vorhaben zu beurteilen sind oder ob wegen des breiten Spektrums der Betriebsformen eine Einzelfallbetrachtung angezeigt ist", ist nicht klärungsbedürftig, weil sie anhand der angeführten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgericht und der Obergerichte (siehe oben Nr. 1 b) und mit den Regeln sachgerechter Gesetzesauslegung ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens beantwortet werden kann (vgl. BVerwG vom 24.8.1999 BVerwGE 109, 268). Dass sie höchstrichterlich noch nicht entschieden ist, steht dem nicht entgegen.

4. Die Entscheidung über die Kosten des Zulassungsverfahrens ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Ende der Entscheidung

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