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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 28.03.2006
Aktenzeichen: 1 ZB 06.30348
Rechtsgebiete: AsylVfG, VwGO


Vorschriften:

AsylVfG § 78 Abs. 3 Nr. 3
AsylVfG § 78 Abs. 7
VwGO § 108 Abs. 2
VwGO § 138 Nr. 3
VwGO § 84 Abs. 2 Nr. 2
Die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch den Erlass eines Gerichtsbescheids kann erfolgreich nur mit einem Antrag auf mündliche Verhandlung, nicht aber mit einem Antrag auf Zulassung der Berufung geltend gemacht werden.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

1 ZB 06.30348

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Durchführung eines weiteren Asylverfahrens und Abschiebungsschutz;

hier: Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 15. Februar 2006,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 1. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof König, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Müller, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Langer

ohne mündliche Verhandlung am 28. März 2006

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe:

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Der Klägerin wurde das rechtliche Gehör nicht dadurch versagt, dass sie - wie sie mit dem Zulassungsantrag sinngemäß geltend macht - sich nicht in einer mündlichen Verhandlung zur Sache äußern und so auf die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts Einfluss nehmen konnte (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG, § 138 Nr. 3 VwGO).

Der Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) ist nicht verletzt, wenn es ein Beteiligter versäumt, eine ihm durch das Prozessrecht eröffnete, zumutbare Möglichkeit zu nutzen, um sich Gehör zu verschaffen. Der anwaltlich vertretenen Klägerin wäre es ohne weiteres möglich und zumutbar gewesen, eine mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht zu erwirken. Hierfür genügte es allerdings nicht, dem Hinweis des Gerichts, dass eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid in Betracht komme (§ 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO), zu widersprechen; denn für die Zulässigkeit der Entscheidung durch Gerichtsbescheid kommt es nicht auf die Einwilligung der Beteiligten an. Die Klägerin hätte jedoch, worauf sie in der Rechtsmittelbelehrung auch hingewiesen wurde, nach Zustellung des Gerichtsbescheids mündliche Verhandlung beantragen können (§ 78 Abs. 7 AsylVfG, § 84 Abs. 2 Nr. 2 Halbsatz 1 Alternative 2 VwGO). In diesem Fall hätte der Gerichtsbescheid als nicht ergangen gegolten (§ 84 Abs. 3 Halbsatz 2 VwGO). Die Klägerin hätte Gelegenheit gehabt, sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht - zudem in Kenntnis der bisherigen Rechtsauffassung und der Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Gerichts - zu sämtlichen im Zulassungsantrag dargelegten Gesichtspunkten zu äußern.

Der Zugang zum Berufungsverfahren ist der Klägerin auch nicht deshalb zu eröffnen, weil § 84 Abs. 2 Nr. 2 Halbsatz 1 VwGO eine Wahlmöglichkeit zwischen dem Antrag auf Zulassung der Berufung und dem Antrag auf mündliche Verhandlung vorsieht. Soweit mit dem Zulassungsantrag - wie hier - ausschließlich die Gehörsrüge erhoben wird, kommt allein der Antrag auf mündliche Verhandlung in Betracht (so auch die einhellige obergerichtliche Rechtsprechung; vgl. ThürOVG vom 18.9.1996 EzAR 633 Nr. 28; OVG RhPf vom 17.9.1998 DÖV 1999, 36; OVG Saarl vom 1.4.1999 Juris; VGH BW vom 15.3.2000 VBlBW 2000, 328; für die parallele Problematik im Rahmen von § 84 Abs. 2 Nr. 4 Halbsatz 1 VwGO ebenso BVerwG vom 17.7.2003 NVwZ-RR 2003, 902 = BayVBl 2004, 412). Ein Beteiligter kann in zweiter Instanz nicht mit Erfolg geltend machen, das rechtliche Gehör sei ihm versagt worden, wenn es ihm ohne weiteres möglich und zumutbar ist, sich das (als verletzt gerügte) Gehör noch in erster Instanz zu verschaffen. Die grundsätzliche Wahlmöglichkeit des § 84 Abs. 2 Nr. 2 Halbsatz 1 VwGO wird insoweit durch die Voraussetzungen einer begründeten Gehörsrüge eingeschränkt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 b AsylVfG). Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Satz 1 Alternative 1 RVG.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG).

Ende der Entscheidung

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