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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 09.02.2004
Aktenzeichen: 12 B 03.2299
Rechtsgebiete: GSiG, GG, WoGG


Vorschriften:

GSiG § 3 Abs. 2
GSiG § 4 Abs. 1
GSiG § 6
GG Art. 28 Abs. 2
GG Art. 84 Abs. 1
WoGG § 34 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Im Namen des Volkes

12 B 03.2299

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Vollzug des Grundsicherungsgesetzes;

hier: Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 29. Juli 2003,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 12. Senat, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Werner, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dhom, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Grau aufgrund mündlicher Verhandlung vom 5. Februar 2004 am 9. Februar 2004 folgendes

Urteil:

Tenor:

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

1. Der 1976 geborene und zu 100 % erwerbsgeminderte Kläger wohnt im Haus seiner Eltern, die für ihn als Betreuer bestellt sind. Seine Mutter erhält für ihn als Kindergeldberechtigte Kindergeld. Am 17. Dezember 2002 beantragte der Kläger beim Beklagten die Gewährung von Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz. Mit Bescheid vom 23. Januar 2003 wurde ihm ab 1. Januar 2003 bis auf weiteres ein monatlicher Betrag in Höhe von 132,32 Euro bewilligt. Als Einkommen des Klägers sei unter anderem Kindergeld in Höhe von 143,75 Euro monatlich anzusetzen gewesen.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Die Aufklärungsbemühungen des Beklagten über die konkrete Verwendung des an die Mutter des Klägers ausbezahlten Kindergeldes blieben erfolglos.

Die Regierung von S. wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18. März 2003 als nicht begründet zurück. Es sei grundsätzlich davon auszugehen, dass die Anspruchsberechtigten die kinderbezogenen Leistungen für den Lebensunterhalt der Kinder verwendeten (Vorteilszuwendung). Soweit der notwendige Lebensunterhalt eines Kindes nicht durch dessen eigenes Einkommen und Vermögen gedeckt sei, würden deshalb die auf das Kind entfallenden kinderbezogenen Leistungen bei der Berechnung der Hilfe zum Lebensunterhalt in der Regel als Einkommen des Kindes angesetzt. Die Vermutung einer Vorteilszuwendung zugunsten des Klägers sei im vorliegenden Fall nicht widerlegt.

2. Am 14. April 2003 erhob der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg mit dem Antrag,

den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zu verpflichten, über die Gewährung von Grundsicherung ohne Anrechnung des Kindergeldes als Einkommen des Klägers zu entscheiden.

Das Kindergeld fließe auf das gemeinsame Konto der Familie. Eine Übertragung des Kindergeldes zur ausschließlichen Verwendung für den Kläger finde nicht statt.

3. Mit Urteil vom 29. Juli 2003 verpflichtete das Verwaltungsgericht Augsburg den Beklagten unter entsprechender Abänderung seines Bescheids vom 23. Januar 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 18. März 2003, dem Kläger ab 1. Januar 2003 Grundsicherungsleistungen mit der Maßgabe zu gewähren, dass das Kindergeld nicht als Einkommen des Klägers angesetzt wird. Zwar sei Kindergeld grundsätzlich als bedarfsminderndes Einkommen nach § 3 Abs. 2 Grundsicherungsgesetz (GSiG) i.V.m. § 76 Abs. 1 BSHG anzusehen, da es sich um eine mit der Hilfe zum Lebensunterhalt zweckidentische Leistung handele. Der Beklagte habe das für den Kläger gezahlte Kindergeld aber zu Unrecht als dessen Einkommen berücksichtigt. Kindergeld diene dazu, die in der Person des Kindes entstehenden Ausgaben der allgemeinen Lebensführung - zumindest teilweise - zu decken, d.h. zur Entlastung von den Kosten des Lebensunterhalts des Kindes beizutragen. Es sei daher grundsätzlich Einkommen des Kindergeldberechtigten. Es könne nur dann Einkommen des Kindes werden, wenn der Kindergeldberechtigte es zweckorientiert durch einen weiteren tatsächlichen Zuwendungsakt an das Kind weitergebe, wie beispielsweise durch Überweisung auf ein Konto des Kindes. Die als Voraussetzung einer Anrechnung unverzichtbare Feststellung, dass die zweckorientierte Leistung dem Kind zugewandt werde, sei jedenfalls dann nicht getroffen, wenn das Kindergeld wie anderes Einkommen in eine Haushaltskasse fließe, aus der in erster Linie alle für den Lebensunterhalt der Familienangehörigen erforderlichen Aufwendungen bestritten werden. Denn bei dieser Wirtschaftsweise sei eine sichere Feststellung, dass zur Befriedigung des notwendigen Lebensbedarfs des Kindes Kindergeld in bestimmter Höhe zugewendet worden sei, gerade nicht möglich; jedenfalls nicht mit der Bestimmtheit, die nach Art und zeitlicher Zurechenbarkeit bei der Feststellung von anrechenbarem Einkommen zu fordern sei (BVerwG vom 7.2.1980, BVerwGE 60, 6; vom 8.2.1980, BVerwGE 60, 18).

Nach diesen Grundsätzen sei das für den Kläger gewährte Kindergeld nicht als Einkommen des Klägers anzusehen. Denn seine Mutter erhalte als Bezugsberechtigte das Kindergeld, das in den "gemeinsamen Topf" auf das Familienkonto fließe, aus dem die Ausgaben der Familie bestritten würden. Auch wenn das Kindergeld dazu führe, dass die eine oder andere Aktivität des Klägers bzw. mit dem Kläger finanziert werden könne, ändere dies nichts am Ansatz des Kindergeldberechtigten. Denn diese Ausgaben würden aus den Gesamteinnahmen der Familie bestritten. Die Eltern des Klägers seien nicht verpflichtet, das ihnen ausbezahlte Kindergeld zur Existenzsicherung an ihren Sohn weiterzugeben.

4. Mit seiner vom Senat zugelassenen Berufung beantragt der Beklagte,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 29. Juli 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt er vor, dass sich der Kläger das an seine Mutter ausbezahlte Kindergeld gemäß § 3 Abs. 2 GSiG i.V. mit § 76 BSHG anrechnen lassen müsse. Das Verwaltungsgericht habe zu Recht ausgeführt, dass Kindergeld grundsätzlich Einkommen des Kindergeldberechtigten sei und erst dann zum Einkommen des Kindes werde, wenn es durch einen zweckorientierten Zuwendungsakt weitergegeben werde. Eine bare Geldzuwendung sei jedoch nicht zwangsläufig erforderlich. Es sei auch ausreichend, wenn der Naturalunterhalt bestritten werde. Dies gelte vor allem dann, wenn der Kindergeldberechtigte dem Kind zum Unterhalt verpflichtet sei, wie das bei Eltern gegenüber ihrem Kind nach §§ 1601 ff. BGB grundsätzlich der Fall sei. Seien sie jedoch mangels Leistungsfähigkeit nicht in der Lage, ihren Unterhaltsverpflichtungen nachzukommen, so sei zu vermuten, dass das Kindergeld in Form von Naturalunterhalt an das Kind weitergegeben werde. Dies ergebe sich aus dem Rechtsgedanken des § 74 Abs. 1 Satz 1 EStG, wonach das Kindergeld an das Kind ausbezahlt werde, wenn der Kindergeldberechtigte ihm gegenüber seiner gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung nicht nachkomme.

Darüber hinaus könne dem Kläger im Wege der gesetzlichen Vermutung unterstellt werden, dass ihm das Kindergeld zugewendet worden sei. Eine solche Vermutung stelle § 16 Abs. 1 BSHG auf, der von der Rechtsprechung herangezogen werde, um eine Anrechnung des Kindergeldes auf den Sozialhilfeanspruch des Kindes zu begründen. Im Rahmen der Grundsicherung sei § 16 BSHG entsprechend anzuwenden (BT-Drs. 14/5150, S. 49).

Nach Nr. 76.03 Abs. 3 Satz 1 der Sozialhilferichtlinien bestehe ebenfalls die Vermutung, dass der Anspruchsberechtigte das Kindergeld bis zur Höhe des sozialhilferechtlichen Bedarfs für den Lebensunterhalt des Kindes verwende (sog. Vorteilszuwendung). Das Kindergeld habe somit grundsätzlich den Zweck, das Existenzminimum des Kindes abzudecken und diene nicht dem Unterhalt der anspruchsberechtigten Eltern. Die Vermutung der Vorteilszuwendung sei hier nicht widerlegt worden.

Wenn der Kindergeldberechtigte und das Kind in Haushaltsgemeinschaft lebten, werde es naturgemäß nie feststellbar sein, ob und wie das Kindergeld weitergegeben werde. Dies hätte zur Folge, dass die Weitergabe des Kindergeldes im Belieben des Kindergeldberechtigten stehen würde und er es somit selbst beanspruchen könnte.

Auf die Frage, ob aus einer Haushaltskasse gewirtschaftet werde, könne es daher nicht ankommen. Entscheidend sei vielmehr, ob der Kindergeldberechtigte das Kindergeld zur eigenen Bedarfsdeckung benötige. Das sei dann der Fall, wenn er über kein Einkommen verfüge oder wenn sein Einkommen zur Deckung des Existenzminimums nicht ausreiche. Dabei sei bei der Ermittlung des Existenzminimums auf die einschlägigen Bestimmungen des Sozialhilferechts abzustellen, soweit die Kindergeldberechtigten nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis nach § 1 Abs. 1 GSiG gehörten. Bei nicht getrennt lebenden Ehegatten seien das Einkommen und Vermögen beider Ehegatten zu berücksichtigen.

Das Gericht habe keinerlei Feststellungen darüber getroffen, ob das bezogene Kindergeld zur Deckung des Existenzminimums der Kindergeldberechtigten benötigt werde. Von einer Weitergabe sei jedenfalls dann auszugehen, wenn der Kindergeldberechtigte über ausreichendes Einkommen und Vermögen verfüge und er somit das Kindergeld nicht benötige. Es seien daher die Einkommensverhältnisse der Eltern des Klägers eingehend zu überprüfen und zu ermitteln, ob das Kindergeld zur Deckung des Existenzminimums benötigt werde.

Das vom Verwaltungsgericht herangezogene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Februar 1980 (BVerwGE 60, 18) sei im vorliegenden Fall nicht anzuwenden. In ihm gehe es um die Anrechnung von Kindergeld bei einem Pflegekind, das Erziehungshilfe erhalten habe und dessen Pflegevater Empfänger des Kindergeldes gewesen sei. In einem derartigen Fall komme es darauf an, ob die Leistungen an das Kind weitergereicht werden. Der Kläger sei jedoch in seiner eigenen Familie untergebracht und beziehe keine Jugendhilfe, sondern habe Ansprüche auf Grundsicherungsleistungen. Da die Grundsicherung im Vergleich zur Jugendhilfe anders geartet sei, könne nicht von einer vergleichbaren Interessenlage ausgegangen werden, so dass der dem genannten Urteil zugrunde gelegten Argumentation nicht gefolgt werden könne.

Das Verwaltungsgericht habe des weiteren § 6 Satz 1 und 2 GSiG nicht berücksichtigt. Es habe dem Beklagten in Ziffer I des Tenors eine Verpflichtung auferlegt, die Grundsicherung unbefristet zu gewähren. Die Entscheidungsgründe enthielten jedoch keine Angaben, warum die Leistung unbefristet gewährt werden solle. Für den Beginn der Leistungen sei bei der Erstbewilligung grundsätzlich § 6 Satz 2 GSiG maßgeblich. Für das Ende des Bewilligungsabschnittes gelte jedoch § 6 Satz 1 GSiG. Danach wäre die Verpflichtung des Beklagten allenfalls vom 1. Januar 2003 bis zum 30. Juni 2003 auszusprechen gewesen. Darüber hinaus sei ein Verstoß gegen § 88 VwGO gegeben. Mit der Bewilligung einer unbefristeten Grundsicherungsleistung sei das Verwaltungsgericht über das Klagebegehren hinausgegangen, da die nach dem 30. Juni 2003 liegenden Bewilligungszeiträume nicht rechtshängig geworden seien.

Das streitgegenständliche Urteil weiche vom Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 6. November 2002 Az. 12 ZE 01.2372, den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. November 1966 (FEVS 14, 243) bzw. vom 8. Februar 1980 (FEVS 28, 265 = BVerwGE 60, 18), vom Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. Mai 2002 (FEVS 54, 45) und von der Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17. Februar 2000 (FEVS 52, 114) ab und beruhe auf dieser Abweichung.

Alle angeführten Entscheidungen stellten darauf ab, dass für die Weitergabe des Kindergeldes vom Kindergeldberechtigten an das Kind entscheidend sei, ob ersterer das Kindergeld zur Sicherung des eigenen Existenzminimums benötige. Das Verwaltungsgericht habe in seiner Entscheidung jedoch gerade keine Prüfung dahingehend vorgenommen, ob die Eltern des Klägers das Kindergeld zur eigenen Existenzsicherung benötigten, weil es davon ausgegangen sei, dass bereits das "Wirtschaften aus einem Topf" für die Weitergabe nicht ausreichend sei.

Die Regierung von Schwaben sei nicht als Vertreter des öffentlichen Interesses am Verfahren beteiligt worden, obwohl dies gesetzlich ausdrücklich vorgesehen sei. Auf diesem Verfahrensmangel könne die Entscheidung beruhen.

Schließlich regte der Beklagte noch an, wegen Verfassungswidrigkeit des § 4 GSiG die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gemäß Art. 100 GG einzuholen. Dabei berief er sich auf ein im Auftrag des Deutschen Landkreistages erstattetes Rechtsgutachten der Professoren Dr. Schoch und Wieland, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird.

5. Der Kläger tritt der Klage entgegen.

6. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

1. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten unter Abänderung der entgegenstehenden Bescheide zu Recht verpflichtet, dem Kläger Grundsicherungsleistungen mit der Maßgabe zu gewähren, dass das Kindergeld nicht als Einkommen des Klägers angesetzt wird.

a) Der Verwaltungsgerichtshof sieht keinen Anlass, das Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu der Frage einzuholen, ob § 4 Abs. 1 des Gesetzes über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (GSiG) vom 26. Juni 2001 (BGBl I 2001, S. 1309, 1335), zuletzt geändert durch Art. 1 a des Gesetzes vom 27. April 2002 (BGBl I 2002, S. 1462), mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Nach § 4 Abs. 1 GSiG ist für die Leistung der Kreis oder die kreisfreie Stadt (Träger der Grundsicherung) zuständig, in dessen Bereich der Antragsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Entgegen der Auffassung des Beklagten liegen die Voraussetzungen einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nicht vor. Der Verwaltungsgerichtshof darf ein förmliches Bundesgesetz nur dann dem Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG zur Entscheidung vorlegen, wenn er die betreffende Norm für verfassungswidrig hält. Das setzt voraus, dass das Gericht von der Verfassungswidrigkeit der Norm überzeugt ist. Bloße Zweifel berechtigen nicht zur Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (vgl. BVerfGE 1, 184, 189; 9, 237, 240 f.; 16, 188, 189; 22, 373, 389). Der Verwaltungsgerichtshof hält indessen den vom Beklagten beanstandeten § 4 Abs. 1 GSiG nicht für verfassungswidrig.

aa) § 4 Abs. 1 GSiG verletzt nicht Art. 84 Abs. 1 GG. Danach regeln die Länder, wenn sie die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit ausführen, die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren, soweit nicht Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrats etwa anderes bestimmen. Das Bundesverfassungsgericht hat durch Urteil vom 18. Juli 1967 (BVerfGE 22, 180 f.) die Zulässigkeit des Durchgriffs des Bundesgesetzgebers auf die kommunale Ebene an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Danach kann der Bund im Rahmen seiner materiellen Gesetzgebungskompetenz die Einrichtung und das Verfahren kommunaler Behörden regeln, sofern und soweit dies für die Gewährleistung eines wirksamen Gesetzesvollzugs notwendig ist. Im Hinblick darauf, dass das Grundgesetz die Materie Kommunalrecht ausschließlich den Ländern zuweist, darf es sich außerdem stets nur um punktuelle Annexregelungen zu einer zur Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers gehörenden materiellen Regelung handeln (BVerfG, a.a.O., S. 210; BVerfGE 77, 288, 299). Das Bundesverfassungsgericht hat in der genannten Jugendhilfeentscheidung die Vorschriften des § 12 JWG in der Fassung vom 11. August 1961 und des § 96 Abs. 1 Sätze 2 und 3 und Abs. 2 Satz 2 BSHG vom 30. Juni 1961 an diesen Kriterien gemessen und § 12 Abs. 1 JWG sowie § 96 Abs. 1 Satz 2 BSHG für nichtig erklärt, hingegen die Bestimmungen des § 12 Abs. 2 und 3 JWG sowie des § 96 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Satz 2 BSHG für mit dem Grundgesetz vereinbar gehalten.

Aus dieser Entscheidung ergibt sich, dass das Bundesverfassungsgericht keine prinzipiellen verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen hatte, dass der Bundesgesetzgeber im Rahmen seiner Gesetzgebungszuständigkeit auf dem Gebiet der öffentlichen Fürsorge gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG die örtlichen Träger der öffentlichen Jugend- und Sozialhilfe bestimmt und dabei punktuelle Annexregelungen getroffen hat, die sachbezogen und für die Gewährleistung eines wirksamen Gesetzesvollzugs notwendig sind, wie z.B. § 12 Abs. 2 JWG, der den kreisfreien Städten und den Landkreisen die Errichtung eines Jugendamts aufgibt (a.a.O., S. 211). Lediglich soweit der Bundesgesetzgeber Regelungen erlassen hat, die zum wirksamen Vollzug der materiellen Regelung nichts beitragen, wie etwa die Bestimmung der öffentlichen Jugendhilfe und der Sozialhilfe zu Selbstverwaltungsangelegenheiten der jeweiligen Träger (vgl. § 12 Abs. 1 JWG, § 96 Abs. 1 Satz 2 BSHG), hat das Gericht darin einen unzulässigen Eingriff in die Verwaltungskompetenz der Länder und damit einen Verstoß gegen Art. 84 Abs. 1 GG gesehen.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt die vom Beklagten geäußerten Bedenken gegen die Vereinbarkeit von § 4 Abs. 1 GSiG mit Art. 84 Abs. 1 GG aus folgenden Erwägungen nicht:

Die Entscheidung des Bundesgesetzgebers, die Landkreise und kreisfreien Städte zu Trägern der Grundsicherung zu bestimmen, ist durch den Umstand gerechtfertigt, dass nur sie zu einer flächendeckenden, ortsnahen Versorgung der Anspruchsberechtigten in der Lage sind und über die für die Feststellung des Leistungsanspruchs nötigen Erkenntnisse verfügen (BT-Drs. 14/5150, S. 50). Die Bestimmung der Landkreise und kreisfreien Städte zu Trägern der Grundsicherung ist deshalb für die Gewährleistung eines wirksamen Gesetzesvollzugs notwendig.

Für diese Zuordnung spricht außerdem, dass die Landkreise und kreisfreien Städte nach § 96 Abs. 1 Satz 1 BSHG auch örtliche Träger der Sozialhilfe sind und es zwischen beiden Rechtsgebieten aufgrund der wiederholten Bezugnahmen im Grundsicherungsgesetz auf das Bundessozialhilfegesetz (z.B. in § 2 Abs. 2 Satz 5, § 3 Abs. 2, § 5 Abs. 1 Satz 2 GSiG) eine inhaltliche Verknüpfung beider Gesetze gibt.

Die Regelung des § 4 Abs. 1 GSiG greift auch nicht in unzulässiger Weise in die Organisationshoheit der Länder ein. Sie enthält nur eine punktuelle Annexregelung, die den Ländern noch einen ausreichenden Handlungs- und Gestaltungsspielraum dafür belässt, in welcher Weise der Gesetzesvollzug im Einzelnen erfolgen soll. So können die Länder nach § 4 Abs. 3 Nr. 1 GSiG bestimmen, dass und inwieweit die Landkreise ihnen zugehörige Gemeinden oder Gemeindeverbände zur Durchführung dieses Gesetzes heranziehen und ihnen dabei Weisungen erteilen können, wobei die Landkreise auch in diesen Fällen den Widerspruchsbescheid nach der Verwaltungsgerichtsordnung erlassen; außerdem können die Länder nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 GSiG bestimmen, dass abweichend von Absatz 1 in den Fällen, in denen Antragsberechtigte bei stationärer oder teilstationärer Unterbringung von einem überörtlichen Träger Sozialhilfeleistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz erhalten, dieser Träger auch für Leistungen nach diesem Gesetz zuständig ist.

Ferner bleibt es den Ländern vorbehalten, zu regeln, ob die Aufgaben der Grundsicherung von den Landkreisen und kreisfreien Städten als Angelegenheiten des eigenen oder des übertragenen Wirkungskreises mit staatlichem Weisungsrecht wahrzunehmen sind. Der Freistaat Bayern hat diese Frage in Art. 2 des Gesetzes zur Ausführung des Grundsicherungsgesetzes (AGGSiG) vom 24. Dezember 2002 (GVBl 2002, 929) geregelt. Das Interesse der Länder, in diesem Bereich kommunaler Daseinsvorsorge nicht übergangen zu werden, wurde außerdem dadurch gewahrt, dass das Grundsicherungsgesetz mit Zustimmung der Länder erlassen wurde (vgl. StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.5.1999, DVBl 1999, 1353).

Schließlich führt auch die mit der Bestimmung der Kommunen als Aufgabenträger verbundene Finanzierungszuständigkeit nicht zur Verfassungswidrigkeit des § 4 Abs. 1 GSiG. Denn die Zulässigkeit eines Durchgriffs des Bundesgesetzgebers auf die Kommunen bemisst sich allein nach rechtlichen Kriterien, nämlich der Organisationshoheit der Länder gemäß Art. 84 Abs. 1 GG und den hierzu vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Kriterien und nicht nach den sich aus einer Aufgabenübertragung ergebenden finanziellen Folgen für die mit der Gesetzesausführung befassten Länder und Kommunen (StGH Baden-Württemberg, a.a.O.).

bb) § 4 Abs. 1 GSiG ist nach der Überzeugung des Verwaltungsgerichtshofs auch mit der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 Sätze 1 und 2 GG vereinbar. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistet den Gemeinden das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben nach Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereichs nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Der Gesetzgeber darf dieses Recht nicht aufheben und die Verwaltung der Gemeindeangelegenheiten nicht den Staatsbehörden übertragen. Er darf die Selbstverwaltung auch nicht derart einschränken, dass sie innerlich ausgehöhlt wird, die Gelegenheit zu kraftvoller Betätigung verliert und nur noch ein Schattendasein führen kann. Nicht aber sind den Gemeinden die Selbstverwaltungsrechte in ihren Einzelheiten verbürgt (BVerfGE 22, 180, 205). Beschränkungen der Selbstverwaltung der Gemeinden und Gemeindeverbände sind mit Art. 28 Abs. 2 Sätze 1 und 2 GG vereinbar, wenn sie deren Kernbereich unangetastet lassen (BVerfG, a.a.O. m.w.N.).

§ 4 Abs. 1 GSiG könnte in den Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung durch die mit ihm verbundene Finanzierungsverantwortlichkeit eingreifen, wenn den Kommunen dafür kein finanzieller Ausgleich gewährt würde. Der Bund hat jedoch mit § 34 Abs. 2 des Wohngeldgesetzes (WoGG), der durch Art. 13 des Altersvermögensgesetzes vom 26. Juni 2001 (BGBl I, S. 1310, 1336) geschaffen wurde, einen derartigen Ausgleich geschaffen. Danach übernimmt der Bund von der nach Absatz 1 den Ländern verbleibenden Hälfte ab dem 1. März 2003 jährlich einen Festbetrag in Höhe von 409 Mio. Euro, der auf die Länder entsprechend ihren Aufwendungen für das Wohngeld nach dem Fünften Teil, die sie jährlich bis zum 1. März für das Vorjahr dem Bund mitteilen, aufgeteilt wird. Die Höhe des Festbetrages ist alle zwei Jahre, erstmals zum 31. Dezember 2004, aufgrund der den Kreisen und kreisfreien Städten

1. als Träger der Grundsicherung

a) wegen der Nichtheranziehung unterhaltspflichtiger Kinder und Eltern im Rahmen des Gesetzes über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie

b) gemäß § 109 a Abs. 2 Satz 3 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und

2. als Träger der Sozialhilfe gemäß der statistischen Erfassung nach § 128 Abs. 3 Buchst. b des Bundessozialhilfegesetzes

unmittelbar entstandenen Mehrausgaben zu überprüfen. Übersteigen oder unterschreiten die Mehrausgaben die Höhe des am Stichtag geltenden Festbetrages um mehr als 10 v.H., ist der künftige Festbetrag entsprechend anzupassen.

Mit dieser Regelung wurde sichergestellt, dass den Ländern die den Kreisen und kreisfreien Städten als Trägern der Grundsicherung entstehenden Mehrausgaben zur Verfügung gestellt werden, um sie an letztere weiterzuleiten. Der Freistaat Bayern hat die Weiterleitung der vom Bund nach § 34 Abs. 2 WoGG erbrachten Erstattungsleistungen an die Kreise und kreisfreien Städte in Art. 3 Abs. 2 AGGSiG ausdrücklich festgeschrieben. Eine Unvereinbarkeit von § 4 Abs. 1 GSiG mit der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 Sätze 1 und 2 GG ist aus diesen Gründen für den Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar, zumal mit dem Vollzug des GSiG auch eine finanzielle Entlastung der Kommunen beim Vollzug des BSHG verbunden ist.

b) Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nicht deshalb unrichtig, weil es den Beklagten entgegen § 6 Sätze 1 und 2 GSiG dazu verpflichtet hätte, dem Kläger ab dem 1. Januar 2003 ohne zeitliche Befristung Grundsicherungsleistungen zu gewähren. Nach § 6 Satz 1 GSiG wird die Leistung in der Regel für den Zeitraum vom 1. Juli bis zum 30. Juni des Folgejahres bewilligt. Bei der Erstbewilligung oder bei einer Änderung der Leistung beginnt der Bewilligungszeitraum am Ersten des Monats, in dem der Antrag gestellt worden ist oder die Voraussetzungen für die Änderung eingetreten und mitgeteilt worden sind (§ 6 Satz 2 GSiG). Diese Regelung ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs so zu verstehen, dass § 6 Satz 2 GSiG nur eine Modifikation für den Beginn des Bewilligungszeitraumes bei der Erstbewilligung oder der Änderung der Leistung enthält, der Bewilligungszeitraum nach § 6 Satz 1 GSiG aber in der Regel am 30. Juni endet. Auf den Fall des Klägers bezogen bedeutet dies, dass das Verwaltungsgericht den Beklagten zur Gewährung von Grundsicherungsleistungen an den Kläger nur für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis zum 30. Juni 2003 verpflichten durfte. In diesem Sinne ist die Nr. I des Urteilstenors nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs auch zu verstehen, da keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass das Verwaltungsgericht von der Regelung des § 6 Satz 1 GSiG abweichen wollte.

c) Der Beklagte hat das an die Mutter des Klägers ausgezahlte Kindergeld zu Unrecht als Einkommen des Klägers angesehen und auf seinen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen angerechnet. Nach § 3 Abs. 2 GSiG gelten für den Einsatz von Einkommen und Vermögen bei der Berechnung des Grundsicherungsbedarfs die §§ 76 bis 88 BSHG und die dazu erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend. Kindergeld ist sozialhilferechtlich anrechenbares Einkommen im Sinn des § 76 Abs. 1 BSHG, weil es sich um eine mit der Hilfe zum Lebensunterhalt zweckidentische Leistung im Sinn des § 77 BSHG handelt (BVerwGE 114, 339/340 unter Berufung auf BVerwGE 94, 326, 328). Das Kindergeld als solches ist, abgesehen vom Fall des Vollwaisen (vgl. § 1 Abs. 2 BKGG), grundsätzlich nicht Einkommen des Kindes, sondern des Kindergeldberechtigten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 60, 6/9; 60, 18/21; 20, 188; 25, 307; 32, 141; 39, 314; 47, 120), der der Verwaltungsgerichtshof folgt, hängt die Möglichkeit, Kindergeld als Einkommen des Kindes auf die ihm gewährte Sozialleistung anrechnen zu können, davon ab, ob im Einzelfall die zweckorientierte, mit Rücksicht auf das Kind dem jeweils Anspruchsberechtigten gewährte Sozialleistung an das Kind weitergereicht, ihm also zugewendet wird. Diese Feststellung lässt sich nicht durch eine "Vermutung der Vorteilszuwendung" ersetzen (BVerwGE 60, 6, 11).

Eine derartige Vermutung ergibt sich im vorliegenden Fall nicht aus einer entsprechenden Anwendung des § 16 BSHG. Nach § 16 Satz 1 BSHG wird dann, wenn ein Hilfesuchender mit Verwandten oder Verschwägerten in Haushaltsgemeinschaft lebt, vermutet, dass er von ihnen Hilfe zum Lebensunterhalt erhält, soweit dies nach ihrem Einkommen und Vermögen erwartet werden kann. Eine dem § 16 BSHG entsprechende Vermutung ist in das Grundsicherungsgesetz nicht aufgenommen worden, obwohl es an mehreren Stellen einzelne Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes für entsprechend anwendbar erklärt. Entgegen der in der amtlichen Begründung zum Regierungsentwurf des Grundsicherungsgesetzes vertretenen Auffassung (BT-Drs. 14/5150, S. 49) gilt § 16 BSHG deshalb im Grundsicherungsrecht nicht entsprechend (so auch Lutter, Grundsicherung und Hilfe zum Lebensunterhalt, ZfSch/SGB 2003, 131, 144; Zeitler, Das Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, NDV 2002, 381, 384).

Eine gesetzliche Vermutung, dass die kindergeldberechtigte Mutter des Klägers das Kindergeld in Form von Naturalunterhalt an ihn weitergibt, ergibt sich entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht aus dem Rechtsgedanken des § 74 Abs. 1 Satz 1 EStG, wonach das Kindergeld an das Kind ausbezahlt werden kann, wenn der Kindergeldberechtigte ihm gegenüber seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt. Im vorliegenden Fall liegen die Voraussetzungen dieser Bestimmung nicht vor, weil das für den Kläger festgesetzte Kindergeld nicht an ihn ausbezahlt wird noch bestehen Anhaltspunkte dafür, dass die Mutter des Klägers ihrer gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt.

Die als Voraussetzung einer Anrechnung unverzichtbare Feststellung, dass die zweckorientierte Leistung dem Kind zugewendet wird, ist nicht schon damit getroffen, dass die Eltern bestätigen, das Kindergeld fließe wie anderes Einkommen von ihnen in eine Haushaltskasse (den "großen Topf"), aus der in erster Linie alle für den Lebensunterhalt der Familienangehörigen einschließlich des Kindes erforderlichen Aufwendungen bestritten würden (vgl. BVerwGE 60, 6, 11). Bei einer derartigen mit dem der Sozialleistung immanenten Zweck zu vereinbarenden Wirtschaftsweise lässt sich nicht mit der für die Feststellung von anrechenbarem Einkommen erforderlichen Bestimmtheit sagen, dass der notwendige Lebensbedarf des Kindes gerade mittels des zweckorientierten und mit Rücksicht auf das Kind gewährten Kindergeldes befriedigt wird (BVerwGE 60, 6/12).

Dieser vom Verwaltungsgerichtshof geteilten Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts widerspricht entgegen der Behauptung des Beklagten weder die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. Mai 2002 (a.a.O.) noch die zu § 16 BSHG und nicht zum Grundsicherungsgesetz ergangene Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17. Februar 2002 (a.a.O.).

Im Fall des Klägers ist unstreitig, dass das seiner Mutter als Bezugsberechtigter ausbezahlte Kindergeld in den "gemeinsamen Topf" des Familienkontos fließt, aus dem die Ausgaben der Familie bestritten werden. Das Kindergeld kann deshalb nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht als Einkommen des Klägers angesehen werden, das auf seinen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen anzurechnen wäre.

d) Schließlich macht der Beklagte zu Unrecht einen Verfahrensfehler geltend. Gemäß § 4 Abs. 2 der Verordnung über die Landesanwaltschaft Bayern (LABV) beteiligt sich die Regierung von S. als Vertreter des öffentlichen Interesses nur noch an Verfahren, in denen die Wahrnehmung dieser Aufgabe von besonderem öffentlichen Interesse ist. Mit Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 24. Januar 1997 (AllMBl S. 131), geändert durch die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 11. August 1999 (ALLMBl S. 639), ist dies auf bestimmte Rechtsgebiete konkretisiert worden (§ 7 LABV). Bei Verfahren aus dem Rechtsgebiet 810 - Sozialrecht - kann sich die Regierung nur an Verfahren aus dem Kinder- und Jugendhilferecht (Nr. 814) und dem Unterhaltsvorschussrecht (Nr. 816) beteiligen (Nr. 1.1 der Bekanntmachung). Die übrigen Rechtsgebiete der Nr. 810 unterfallen auch nicht dem Katalog der in Nr. 1.2 der Bekanntmachung genannten Gebiete, bei denen sich die Beteiligung auf die Entgegennahme der verfahrensabschließenden Entscheidung beschränkt. Zum Rechtsgebiet 811 - Sozialhilfe - werden wegen des Sachzusammenhangs auch Streitigkeiten nach dem Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung gezählt, die somit weder zu den in Nr. 1.1 noch in Nr. 1.2 der Bekanntmachung aufgeführten Rechtsgebieten gehört. Nach alledem ist die Berufung des Beklagten als unbegründet zurückzuweisen.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Verfahren der Grundsicherung werden von der Gerichtskostenfreiheit nach § 188 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO nicht erfasst, weil das Sachgebiet der Grundsicherung in § 188 Satz 1 VwGO nicht aufgeführt ist (vgl. Beschluss des Senats vom 4.11.2003 Az. 12 ZB 03.2223).

3. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10 ZPO.

4. Die Voraussetzung für eine Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

Ferner erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 12. Senat, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Werner, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dhom, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Grau ohne mündliche Verhandlung am 9. Februar 2004 folgenden

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 861,80 Euro festgesetzt (§ 13 Abs. 2 GKG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).



Ende der Entscheidung

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