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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 03.07.2003
Aktenzeichen: 12 ZB 03.1222
Rechtsgebiete: VwGO, UVG


Vorschriften:

VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 2
UVG § 3
UVG § 5 Abs. 1
UVG § 5 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

12 ZB 03.1222

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Unterhaltsvorschussrechts;

hier: Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 10. Dezember 2002,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 12. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Werner, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Traxler, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Boese

ohne mündliche Verhandlung am 3. Juli 2003

folgenden Beschluss:

Tenor:

Die Berufung wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt die Verpflichtung des Beklagten, ihr über den 7. Dezember 2001 hinaus bis einschließlich 17. August 2002 Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz - UVG - zu gewähren.

1. Die am 20. September 1992 geborene Klägerin bezog vom 9. Mai 1995 bis 31. Januar 1996 und vom 1. September 1996 bis 7. Dezember 2001 Leistungen nach dem UVG. Mit einem an ihre Mutter adressierten Bescheid vom 1. Dezember 1999 stellte der Beklagte die Leistungen für die Zeit vom 12. Dezember 1997 bis 12. September 1998 ein (Nummer 2) und verpflichtete zur Rückzahlung der zu viel ausgezahlten Leistungen in Höhe von 1.288,97 DM (Nummer 3). Zur Begründung gab der Beklagte an, dass die Mutter der Klägerin dem Umstand, dass sie am 12. Dezember 1997 wieder geheiratet und sich am 13. September 1998 von ihrem Ehemann getrennt habe, nicht mitgeteilt habe. Die Leistungseinstellung erfolge gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X. Die Rückerstattung stütze sich auf § 5 UVG.

2. Mit Bescheid vom 7. November 2001 stellte der Beklagte die Gewährung von Unterhaltsvorschussleistungen zum 7. Dezember 2001 ein und gab zur Begründung an, dass die Höchstleistungsdauer nach § 3 UVG ausgeschöpft sei. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch, den die Regierung von Oberbayern mit Widerspruchsbescheid vom 7. Februar 2002 zurückwies.

3. Am 18. Februar 2002 erhob die Klägerin Klage und beantragte,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 7. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Oberbayern vom 7. Februar 2002 zu verurteilen, ihr über den 7. Dezember 2001 hinaus bis einschließlich 17. August 2002 Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz zu gewähren.

Zur Begründung trug die Klägerin vor, sie habe für den o.g. Zeitraum einen Anspruch auf Weitergewährung von Leistungen nach dem UVG, weil der Zeitraum, für den ihre Mutter die gewährten Leistungen ersetzt habe, nicht auf die Höchstleistungsdauer nach § 3 UVG anzurechnen sei.

4. Mit Urteil vom 10. Dezember 2002 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Gewährung von Unterhaltsvorschussleistungen über den 7. Dezember 2001 hinaus. Das ergebe sich aus § 3 UVG, wonach die Unterhaltsleistung längstens für insgesamt 72 Monate gezahlt werde. Dieser Zeitraum habe für die Klägerin am 7. Dezember 2001 geendet, weil sie an diesem Tag insgesamt sechs Jahre lang Leistungen nach dem UVG erhalten habe. Der Umstand, dass in diesem Zeitraum Leistungszeiten enthalten seien, für die ein Ersatzanspruch nach § 5 Abs. 1 UVG gegen die Mutter der Klägerin realisiert worden sei, führe zu keiner anderen Bewertung. § 3 UVG regele nach seinem eindeutigen Wortlaut abschließend, dass derartige Zeiten auf die Höchstleistungsdauer anzurechnen seien. Das ergebe sich auch daraus, dass bei Anwendung des § 5 Abs. 1 UVG das Kind als Ieistungsberechtigte Person im Besitz der Leistungen bleibe, weil sich der Ersatzanspruch gegen den Elternteil richte, der die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 UVG verwirklicht habe. Würde bei dieser Fallkonstellation keine Anrechnung auf die Höchstleistungsdauer erfolgen, könnte das Kind entgegen dem Willen des Gesetzgebers für mehr als 72 Monate Unterhaltsleistungen erhalten.

5. Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt zur Begründung u.a. vor, die Rechtssache weise besondere rechtliche Schwierigkeiten auf. Die Auffassung, § 3 UVG normiere abschließend, dass auf die Höchstleistungsdauer auch Zeiten anzurechnen seien, für die ein Ersatzanspruch nach § 5 Abs. 1 UVG realisiert wurde, finde im Gesetz keine Stütze. Darüber hinaus lasse sich die Nichtanrechnung dieser Zeiten auch mit Sinn und Zweck des UVG nicht in Einklang bringen. Denn für den Zeitraum, für den der geleistete Betrag nach § 5 UVG zurückzugewähren war, sei letztlich gar nichts bezahlt worden. Der Umstand, dass sich der Ersatzanspruch nach § 5 Abs. 1 UVG nicht gegen das Kind als Leistungsempfänger, sondern gegen den Elternteil, der die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift verwirklicht habe, richte, ändere hieran nichts.

Der Beklagte ist dem Antrag entgegengetreten.

6. Ergänzend wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

1. Die Berufung war zuzulassen, weil die Rechtssache aus den im Schriftsatz der Klägerin vom 2. Juni 2003 dargelegten Gründen besondere rechtliche Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufweist. Darüber hinaus ist auch zu berücksichtigen, dass die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Klage sei deshalb unbegründet, weil bei der Berechnung der Höchstleistungsdauer die Leistungszeiten zu berücksichtigen seien, in denen die Behörde einen Ersatzanspruch nach § 5 Abs. 1 UVG realisiert habe, Zweifeln unterliegt. Hier hat der Beklagte nämlich in seinem Bescheid vom 1. Dezember 1999 das Rückzahlungsverlangen (Nummer 3 des Bescheides) auf "§ 5 UVG" gestützt, zugleich aber als Grundlage für die "Leistungseinstellung" (Nummer 2 des Bescheides) § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X genannt. Damit ist aber fraglich, ob der Beklagte, wie das Verwaltungsgericht offensichtlich meint, die Ersatzpflicht gegen die Mutter der Klägerin gemäß § 5 Abs. 1 UVG - einem eigenständigen Schadensersatzanspruch des öffentlichen Rechts (BayVGH vom 23.10.2001 12 B 00.2737) - geltend gemacht hat. Denkbar wäre nämlich auch, dass der Beklagte gegenüber der Klägerin die Rückzahlungspflicht nach § 5 Abs. 2 UVG geltend gemacht und zugleich - auch gegenüber der Klägerin - die allein im Rahmen des § 5 Abs. 2 UVG notwendige Aufhebung der zu Grunde liegenden Bewilligungsbescheide veranlasst hat (BayVGH vom 19.12.2000 12 B 98.3388). Wenn aber der Beklagte gegenüber der Klägerin die Bescheide über die Bewilligung von Unterhaltsvorschussleistungen für die Zeit vom 12. Dezember 1997 bis 12. September 1998 aufgehoben haben sollte, stellt sich die Frage ob dieser Zeitraum bei der Berechnung der Höchstleistungsdauer in Ansatz gebracht werden kann.

2. Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen 12 B 03.1222 fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht (§ 124 a Abs. 5 Satz 5 VwGO).

3. Die Entscheidung über die Kosten des Antragsverfahrens folgt der Kostenentscheidung in der Hauptsache (Happ in Eyermann, VwGO, 11. Aufl. 2000, RdNr. 50 zu § 124 a).

Ende der Entscheidung

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