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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 05.10.2006
Aktenzeichen: 14 B 04.2997
Rechtsgebiete: BhV, SGB V


Vorschriften:

BhV § 6
BhV Nr. 2 der Anlage 2 zu § 6 Abs. 1 Nr. 1
SGB V § 28 Abs. 2 Satz 6
SGB V § 28 Abs. 2 Satz 7
SGB V § 29
Die Regelung der Altersbegrenzung für kieferorthopädische Behandlungen in den Beihilfevorschriften (Nr. 2 der Anlage 2 zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BhV) kann, auch wenn die kieferorthopädische Behandlung im Einzelfall kostengünstiger ist als die beihilfefähigen Behandlungsmethoden, nicht im Wege der teleologischen Reduktion ausgeschlossen werden.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

14 B 04.2997

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Beihilfe (kieferorthopädische Behandlung);

hier: Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 6. Oktober 2004,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 14. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Zimniok, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Häring, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Boese

ohne mündliche Verhandlung am 5. Oktober 2006

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 6. Oktober 2004 wird aufgehoben.

II. Die Klage wird abgewiesen.

III. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

1. Der im Jahr 1942 geborene, beihilfeberechtigte Kläger beantragte nach Ziehung eines Zahnes die Gewährung einer Beihilfe für eine zur Lückenschließung erfolgte kieferorthopädische Behandlung (vgl. Rechnung für Teilleistung Dres. A. u. Koll. vom 30.9.2003 über 471,27 Euro). Die Bezirksfinanzdirektion R. lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 18. November 2003 ab. Der hiergegen gerichtete Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 9.2.2004).

2. Der am 5. März 2004 erhobenen Klage mit dem Antrag, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 18. November 2003 und des Widerspruchsbescheids vom 9. Februar 2004 zu verpflichten, über den Beihilfeantrag des Klägers vom 13. November 2003 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, soweit er die kieferorthopädische Behandlung betrifft, die der Rechnung der Kieferorthopäden Dres. A. u. Koll. vom 30. September 2003 zugrunde liegt, gab das Verwaltungsgericht Regensburg mit Urteil vom 6. Oktober 2004 statt. Der Kläger habe einen Anspruch auf Gewährung einer Beihilfe für die kieferorthopädische Behandlung. Wegen der Besonderheiten des Einzelfalls sei die Nr. 2 der Anlage 2 zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BhV auf Grund teleologischer Reduktion ausnahmsweise nicht anwendbar. Hauptziel der Altersbegrenzung sei die Einsparung von Beihilfeleistungen; zugleich sollten Eltern angehalten werden, ihre Kinder frühzeitig kieferorthopädisch behandeln zu lassen. Hier sei der Fall aber atypisch gelagert, weil vorrangiges Behandlungsziel die Füllung einer Zahnlücke sei und die kieferorthopädische Behandlung kostengünstiger sei als die beihilfefähigen Alternativlösungen. Die Altersbegrenzung sei auch deshalb nicht anwendbar, weil ihre Anwendung gegen höherrangiges Recht verstoße. Die Grundrechte der Menschenwürde und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts verböten es, einen Beihilfeberechtigten zum Objekt des Dienstherrn zu degradieren. Die Gewährung von Beihilfeleistungen sei Ausfluss der vom Dienstherrn geschuldeten Fürsorgepflicht. Deshalb dürfe Beihilfeberechtigten durch die Vorenthaltung von Beihilfeleistungen nicht mittelbar und faktisch eine von ihnen nicht gewünschte Behandlung aufgezwungen werden, wenn für sie keine plausiblen Gründe sprächen. Hier spreche aber alles für die eingeleitete, kostengünstigere und zahnmedizinisch vorteilhafte kieferorthopädische Behandlung. Eine Brücke sei unzumutbar, weil zuvor drei intakte Zähne abgeschliffen werden müssten.

3. Mit seiner vom Senat zugelassenen Berufung verfolgt der Beklagte sein Begehren weiter und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 6. Oktober 2004 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Wortlaut der Nr. 2 der Anlage 2 zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BhV sei eindeutig. Eine Auslegung sei deshalb nicht möglich. Ziel der Behandlung sei die Ausfüllung einer Zahnlücke. Hierfür stünden als geeignete medizinische Mittel ein Implantat oder eine Brücke zur Verfügung. Beide Behandlungsmethoden seien beihilfefähig. Die Schließung einer Zahnlücke mittels kieferorthopädischen Eingriffs sei die Ausnahme. Der Dienstherr sei nicht gehalten, alle denkbaren medizinischen Behandlungsalternativen anzuerkennen. Eine atypische Fallgestaltung liege nicht vor. Maßgeblich sei der konkrete Behandlungsbedarf. Unerheblich sei, dass die streitgegenständliche Behandlung billiger sei als die beihilfefähige Maßnahme. Ein Verstoß gegen höherrangiges Recht sei nicht erkennbar. Die Aufwendungen seien nur in den in der Anlage 2 zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BhV aufgeführten Sachverhaltsvarianten beihilfefähig; ein Wahlrecht zu Gunsten einer "insgesamt besseren und kostengünstigeren Lösung" bestehe nicht.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Vorliegend seien weder ein Implantat noch eine Brücke ein geeignetes Mittel für den Lückenschluss, weil allein die kieferorthopädische Lösung sinnvoll und auch kostengünstiger sei. Die nach erfolgreicher Behandlung tatsächlich entstandenen Kosten seien mit 1.249,31 Euro deutlich niedriger als ursprünglich veranschlagt (1.713,71 Euro). Damit sei diese Behandlung auch billiger als andere Behandlungsmethoden; zudem liege eine atypische Fallgestaltung vor. Darüber hinaus verstoße die Anwendung der Nr. 2 der Anlage 2 zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BhV gegen höherrangiges Recht.

4. Ergänzend wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

1. Die Berufung des Beklagten, über die der Senat - nach entsprechender Anhörung der Beteiligten (§ 130a Satz 2 i.V.m. § 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO) - gemäß § 130a Satz 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten, ihm für die streitgegenständliche kieferorthopädische Behandlung eine Beihilfe zu gewähren.

Gemäß Art. 11 Abs. 1 Satz 1 BayBesG gelten für die Gewährung von Beihilfe an Beamte in Krankheitsfällen - mit Ausnahme von hier nicht einschlägigen Fallgruppen - die Beihilfevorschriften des Bundes. Nach diesen Regelungen sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind (§ 5 Abs. 1 Satz 1 BhV). Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 BhV bestimmen sich die Voraussetzungen und der Umfang der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für zahnärztliche und kieferorthopädische Leistungen nach zu dieser Vorschrift erlassenen Anlage 2. Nach Nr. 2 der Anlage 2 sind kieferorthopädische Leistungen (nur) dann beihilfefähig, wenn die behandelte Person bei Behandlungsbeginn das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat; diese Altersbegrenzung gilt nicht bei schweren Kieferanomalien, die eine kombinierte kieferchirurgische und kieferorthopädische Behandlung erfordern.

Gemessen daran scheidet eine Beihilfegewährung für die kieferorthopädische Behandlung aus. Ein Anspruch auf Beihilfegewährung kann zunächst - wovon auch das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeht - nicht auf die Beihilfevorschriften gestützt werden. Denn beim Kläger liegt - wie auch die behandelnden Zahnärzte konstatieren (vgl. Schreiben Dres. A. u. Koll. vom 29.10.2003) - keine schwere Kieferanomalie vor, so dass die für kieferorthopädische Behandlungen geltende Altersbegrenzung der Beihilfegewährung entgegensteht.

Die Anwendbarkeit der vorgenannten Altersbegrenzung kann nach Ansicht des Senats - entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung - vorliegend nicht im Wege der teleologischen Reduktion ausgeschlossen werden. Es ist zwar davon auszugehen, dass die für Rechtsnormen geltenden Auslegungsregeln auch für die bisher als Verwaltungsvorschriften erlassenen Beihilfevorschriften Anwendung finden. Denn die Beihilfevorschriften konkretisieren die im Gesetz nur allgemein festgelegte Fürsorgepflicht des Dienstherrn im Interesse einer gleichmäßigen Behandlung aller Beamten und Versorgungsempfänger in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen, indem sie die Ausübung des Ermessens der zur Erfüllung der Fürsorgepflicht berufenen Stellen zentral binden. Wegen ihrer besonderen Bedeutung hat das Bundesverwaltungsgericht deshalb die Beihilfevorschriften - im Gegensatz zu Verwaltungsvorschriften im allgemeinen (BVerwG vom 17.1.1996 DVBl. 1996, 814; BayVGH vom 21.8.2002 BayVBl. 2003, 154) - in ständiger Rechtsprechung wie revisible Rechtsnormen ausgelegt (BVerwG vom 18.9.1985 BVerwGE 72, 119/121; vom 17.6.2004 BVerwGE 121, 103/108). Das gilt auch für die (Übergangs-) Zeit ihrer Fortgeltung.

Vorliegend sind jedoch die Voraussetzungen für eine teleologische Reduktion - einer anerkannten und verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegungsmethode (BVerfG vom 30.3.1993 BVerfGE 88, 145/167; vom 19.6.1973 BVerfGE 35, 263/279 f.) - der Altersbegrenzung in Nr. 2 der Anlage 2 zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 BhV nicht gegeben. Dabei ist Folgendes zu berücksichtigen: Die teleologische Reduktion hat das Ziel, den Anwendungsbereich einer Rechtsnorm einzuschränken und setzt sich dabei mit dem Wortlaut der Norm in Widerspruch. Sie hält die auszulegende Vorschrift entgegen ihrem Wortlaut hinsichtlich eines bestimmten Teils der von ihr erfassten Fälle für unanwendbar, weil ihr Sinn und Zweck, ihre Entstehungsgeschichte und der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen gegen eine uneingeschränkte Anwendung sprechen (BVerfG vom 7.4.1997 NJW 1997, 2230 f.; vom 19.6.1973 a.a.O.; vgl. auch Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1995, S. 210 f.).

Gemessen daran vermag der Senat keine Anhaltspunkte zu erkennen, die zwingend gegen eine uneingeschränkte Anwendung der Altersbegrenzung für kieferorthopädische Behandlungen sprächen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Ansprüche der Beihilfeberechtigten in Bezug auf zahnärztliche Behandlungen in den derzeit noch gültigen und wie Rechtsnormen auszulegenden Beihilfevorschriften umfassend und abschließend geregelt sind. Vergleichbar mit der Rechtslage im allgemeinen Krankenversicherungsrecht, in dem - neben einer abschließenden Festlegung der Einzelheiten der zahnmedizinischen Versorgung - ebenfalls eine inhaltsgleiche Altersbegrenzung für kieferorthopädische Behandlungen enthalten ist (§ 28 Abs. 2 Sätze 6 und 7 SGB V; vgl. auch § 29 SGB V i.V.m. Kap. B Nr. 4 der Richtlinie des Bundesausschusses der Zahnärzte und der Krankenkassen für die kieferorthopädische Behandlung vom 4.6.2003 und v. 24.9.2003 in: BAnz. Nr. 226 v. 3.12.2003 S. 24966; siehe hierzu auch: Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung - Gesundheits-Strukturgesetz - vom 5.11.1992, BT-Drs. 12/3608 S. 79), können sich die Verwaltungsgerichte nicht über die eindeutige Beschränkung - hier die Altersbegrenzung - hinwegsetzen und den Beihilfevorschriften gleichwohl Leistungsansprüche des Beihilfeberechtigten entnehmen. Denn auch im Beihilferecht ist davon auszugehen, dass Ausnahmen von Leistungsbeschränkungen in bestimmten Fallgruppen in den Beihilfevorschriften ausdrücklich geregelt sind (so zu den Regelungen der zahnmedizinischen Versorgung im SGB V: BSG vom 6.10.1999 BSGE 85, 66/68 f.). Eine solche Ausnahmeregelung ist im Beihilferecht - vergleichbar mit dem allgemeinen Krankenversicherungsrecht (vgl. hierzu: BSG vom 9.12.1997 BSGE 81, 245/249) - für kieferchirurgische und kieferorthopädische Kombinationsbehandlungen auch ausdrücklich vorgesehen.

Für eine uneingeschränkte Anwendung der Altersbegrenzung bei kieferorthopädischen Behandlungen spricht zudem die Tatsache, dass es sich bei der Beihilfe nach ihrem Sinn und Zweck um eine in der Fürsorgepflicht wurzelnde, nur ergänzende Hilfeleistung des Dienstherrn handelt und dass dem Normgeber bei ihrer Regelung - wie auch sonst bei der Gestaltung der Rechtsverhältnisse von Beamten - ein weites Ermessen zukommt. Der Normgeber muss mithin nicht jeden Unterschied zum Ansatzpunkt für eine Differenzierung nehmen. Andererseits muss der Beamte wegen des ergänzenden Charakters der Beihilfe auch Härten und Nachteile hinnehmen, die sich aus der - am Alimentationsgrundsatz orientierten - pauschalierenden und typisierenden Konkretisierung der Fürsorgepflicht ergeben und keine unzumutbaren Belastungen bedeuten (BVerfG vom 7.11.2002 BVerfGE 106, 225/232 f.; BVerwG vom 3.7.2003 BVerwGE 118, 277/280 ff. und vom 20.10.1976 BVerwGE 51, 193/198 ff.; BayVGH vom 12.10.2005 Az. 14 ZB 05.1819, vom 13.4.2005 Az. 14 ZB 04.1722 und vom 6.4.1994 Az. 3 B 93.909; BayVerfGH vom 28.4.1992 BayVBl 1992, 463/466). Insbesondere gebietet die Fürsorgepflicht aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht den Ausgleich aller in Krankheitsfällen entstandener Aufwendungen (BVerfG vom 13.11.1990 BVerfGE 83, 89/101). Aufgrund des pauschalierenden und typisierenden Ansatzes der Beihilfe kann zwar naturgemäß nicht ausgeschlossen werden, dass im Einzelfall die beihilfefähige Behandlungsmethode teuerer ist als ein vom Beihilfeberechtigten favorisiertes, aber nicht beihilfefähiges Heilverfahren (S. 9 der Entscheidungsgründe). Dieser Umstand ist vom Beihilfeberechtigten jedoch hinzunehmen und kann nicht - beispielsweise durch teleologische Reduktion einer die Beihilfegewährung beschränkenden Regelung - zur Begründung eines Beihilfeanspruchs führen.

Gegen eine teleologische Reduktion der Altersbegrenzung spricht weiterhin der Umstand, dass - neben den in Nr. 2 der Anlage 2 zu § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 BhV ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmen von der Altersbegrenzung - als ergänzendes Korrektiv eine Hilfegewährung im Krankheits- und Pflegefall aufgrund der Fürsorgepflicht im Einzelfall dann denkbar ist, wenn der Beamte mit Aufwendungen belastet ist, die die Beihilfe nicht absichert, und die er auch durch eine zumutbare Eigenvorsorge nicht absichern kann (BVerwG vom 22.9.2005 Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 85 m.w.N.). Im konkreten Einzelfall ergibt sich zwar angesichts der Höhe der insgesamt angefallenen Behandlungskosten von 1.249,31 Euro (S. 8 des Schriftsatzes vom 7.6.2005), von denen aufgrund des Bemessungssatzes des Klägers (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 BhV) ohnehin nur die Hälfte erstattungsfähig wäre, und in Anbetracht der Tatsache, dass hier beihilfefähige Behandlungsmöglichkeiten bestanden hätten, kein Anspruch unmittelbar aus dem Fürsorgepflicht. Nach Ansicht des Senats schließt jedoch (auch) das bloße Bestehen einer solchen Korrekturmöglichkeit eine teleologische Reduktion der Regelung über die Altersbegrenzung grundsätzlich aus.

Schließlich gebieten verfassungsrechtliche Erwägungen entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung keine andere Sichtweise. Insbesondere liegt auch kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vor. Denn die dem Leistungsausschluss bei Erwachsenen zugrunde liegende medizinische Erwägung, zwischen kieferorthopädischen Maßnahmen vor Abschluss des Skelettwachstums und danach zu differenzieren, rechtfertigt die ungleiche Behandlung von Erwachsenen und Jugendlichen bei kieferorthopädischen Maßnahmen (so für das allgemeine Krankenversicherungsrecht: BSG vom 9.12.1997 BSGE 81, 245/250; vom 20.6.2005 Az. B 1 KR 20/04 B Juris-Dokument KSRE 020681714). Soweit das Verwaltungsgericht in der Anwendung der Altersbegrenzung vorliegend einen Verstoß gegen die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG) und das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG) sieht (vgl. S. 10 f. der Entscheidungsgründe), folgt der Senat dem nicht und vermag vor allem keine Ansatzpunkte für das Vorliegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Unantastbarkeit der Menschenwürde zu erkennen. Denn allein durch den Verweis auf andere, dem Stand der Wissenschaft entsprechende, nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchzuführende und darüber hinaus auch beihilfefähige Behandlungsmöglichkeiten (hier: Versorgung mit einem Implantat oder Überkronung der Zahnlücke) wird weder die "Subjektqualität (des Beihilfeberechtigten) prinzipiell in Frage" gestellt, noch kommt darin eine "Verachtung des Wertes, der dem Menschen kraft seines Personseins zukommt, also in diesem Sinne eine 'verächtliche Behandlung'" zum Ausdruck (so zu den Voraussetzungen von Art. 1 Abs. 1 GG: BVerfG vom 15.12.1970 BVerfGE 30, 1/25).

2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

3. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.

Beschluss:

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 235 Euro festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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