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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 01.10.2007
Aktenzeichen: 15 B 06.2356
Rechtsgebiete: BauGB, BNatSchG, BayNatSchG


Vorschriften:

BauGB § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5
BauGB § 35 Abs. 3
BNatSchG § 21 Abs. 2 Satz 2
BayNatSchG Art. 6 a
BayNatSchG Art. 6 b Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

15 B 06.2356

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Baugenehmigung (Windkraftanlage);

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 11. Juli 2006,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 15. Senat,

durch den Richter am Verwaltungsgerichtshof Wünschmann als Vorsitzenden, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Herrmann, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Häring

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 25. September 2007 am

1. Oktober 2007

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 11. Juli 2006 und unter Aufhebung des Bescheids des Landratsamtes Straubing-Bogen vom 29. Juli 2004 und des Widerspruchsbescheids der Regierung von Niederbayern vom 14. Dezember 2004 wird der Beklagte verpflichtet, den Antrag des Klägers vom 17. Mai 2004 auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer Windkraftanlage auf FlNr. *** der Gemarkung *********** unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs erneut zu bescheiden.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Der Beklagte und die Beigeladene tragen die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen je zur Hälfte. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren durch den Kläger war notwendig.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte und die Beigeladene können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 v.H. des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

1. Die Beteiligten streiten um die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit einer Windkraftanlage.

Am 17. Mai 2004 beantragte der Kläger die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer Windkraftanlage auf dem Grundstück FlNr. *** der Gemarkung ***********. Die Anlage besteht aus einem Stahlgittermast (Grundfläche am Boden: 25,5 m im Quadrat) mit einer Nabenhöhe von 150 m und einem Rotor, dessen Kreisdurchmesser 70,5 m beträgt. Die Gesamthöhe der Anlage beläuft sich auf (höchstens) 185,25 m. Mit Bescheid vom 29. Juli 2004 lehnte das Landratsamt Straubing-Bogen den Bauantrag ab. Der Widerspruch des Klägers blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid der Regierung von Niederbayern vom 14. Dezember 2004). Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 11. Juli 2006 abgewiesen. Der Senat macht sich die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts im Tatbestand des angegriffenen Urteils in vollem Umfang zu eigen und nimmt darauf Bezug (§ 130 b Satz 1 VwGO).

2. Der Kläger trägt zur Begründung seiner Berufung im Wesentlichen vor:

Die Baugenehmigung für die im Außenbereich privilegierte Anlage könne nicht wegen eines Eingriffs in Natur und Landschaft im Sinn des Art. 6 Abs. 1 BayNatSchG versagt werden. Das Vorhaben diene der Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien. Dem - und insbesondere der Windkraftnutzung - räume der Gesetzgeber besonderes Gewicht ein. Der Naturschutz sei daher auf beiden Seiten der erforderlichen Abwägung einzustellen. Außer einer Veränderung des Landschaftsbildes seien negative Auswirkungen auf die Natur nicht zu erwarten oder zumindest ausgleichbar. Das Vorhaben liege außerhalb eines angrenzenden Landschaftsschutzgebietes und müsse sich deshalb nicht an der insoweit ergangenen Landschaftsschutzgebietsverordnung messen lassen. Im Übrigen stünden dem Vorhaben keine öffentlichen Belange im Sinn des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegen. Von einer Verunstaltung des Landschaftsbildes dürfe bei Windkraftanlagen nur ausgegangen werden, wenn es sich um eine wegen ihrer Schönheit oder Funktion besonders schutzwürdige Umgebung oder um einen besonders groben Eingriff in das Landschaftsbild handele. Verglichen mit anderen bayerischen Mittelgebirgslagen habe der Anlagenstandort keine besonders schutzwürdige Umgebung. Die Landschaft sei in diesem Bereich durch eine Vielzahl von Vorbelastungen vergleichbarer Intensität überformt. Das Vorhaben greife auch nicht besonders grob in das Landschaftsbild ein. Es würde zwar aus einigen Richtungen weithin sichtbar sein, jedoch die Landschaft nicht völlig überformen. Die Windkraftanlage werde nur ein "Einflusspunkt" unter mehreren sein. Wegen einer etwaigen Vorbildwirkung könne das Vorhaben ebenfalls nicht abgelehnt werden. Wenn die Baugenehmigungsvoraussetzungen vorlägen, sei die Baugenehmigung zwingend zu erteilen.

Der Kläger beantragt:

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 11. Juli 2006 und des Bescheids des Landratsamts Straubing-Bogen vom 29. Juli 2004 sowie des Widerspruchsbescheids der Regierung von Niederbayern vom 14. Dezember 2004 verpflichtet, dem Kläger die beantragte Baugenehmigung für die Errichtung einer Windkraftanlage auf dem Grundstück FlNr. *** der Gemarkung *********** zu erteilen.

Hilfsweise:

Der Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Baugenehmigung vom 17. Mai 2004 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats zu erneut zu entscheiden.

Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte trägt vor: Das Vorhaben beeinträchtige die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege. Deshalb komme es auf die Frage einer Vorbildwirkung nicht an. Ein großtechnisches Bauwerk passe nicht in die kulturhistorisch gewachsene Landschaft des Bayerischen Waldes, die letztlich keine Vorbelastungen aufweise. Ein benachbartes Landschaftsschutzgebiet könne bei der Beurteilung einer Beeinträchtigung bzw. Verunstaltung der Landschaft nicht völlig ausgeblendet werden, auch wenn die rechtlichen Wirkungen eines Landschaftsschutzgebietes mit dessen Grenzen endeten. Bei der Abwägung im Rahmen des Art. 6a Abs. 2 BayNatSchG sei nicht bereits wegen des "Gesetzes für den Vorrang Erneuerbarer Energien" (EEG) vom 29. März 2000 von einem Übergewicht des öffentlichen Interesses an der Nutzung erneuerbarer Energien im Vergleich zu den betroffenen Naturschutzbelangen auszugehen. Den Vorschriften des EEG lasse sich der vom Kläger beanspruchte Vorrang der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien vor den Belangen des Umwelt- und Naturschutzes nicht entnehmen.

Die Beigeladene meint, durch das Vorhaben werde eine wertvolle, erhaltungswürdige und nicht einschlägig vorbelastete Erholungslandschaft dauerhaft verunstaltet.

3. Der Senat hat am 25. September 2007 zur Feststellung der örtlichen Situation im Bereich des Himmelbergs aufgrund Beschlusses vom 16. Juli 2007 Beweis durch Einnahme eines Augenscheins erhoben.

4. Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist überwiegend begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts war wie geschehen abzuändern, weil die Ablehnung der begehrten Baugenehmigung durch den Bescheid des Landratsamtes Straubing-Bogen vom 29. Juli 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Niederbayern vom 14. Dezember 2004 rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt. Dem Vorhaben stehen, anders als von der Vorinstanz und der Verwaltung allein geprüft und der Ablehnung zugrunde gelegt, weder öffentliche Belange im Sinn des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegen (hierzu 1.) noch rechtfertigt die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung (§ 21 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG, Art. 6 a, Art. 6 b Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG) dessen Ablehnung (hierzu 2.). Im Übrigen ist das Vorhaben auch nicht in Hinblick auf einen Planvorbehalt (§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB) oder auf Ziele der Raumordnung (§ 35 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 BauGB) bauplanungsrechtlich unzulässig (hierzu 3.).

1. Dem im Außenbereich nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegierten Vorhaben stehen keine öffentlichen Belange im Sinn des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegen.

Bei der (nachvollziehenden) Abwägung zwischen dem beabsichtigten Vorhaben und den von ihm berührten öffentlichen Belangen muss zu Gunsten der von § 35 Abs. 1 BauGB erfassten Vorhaben die ihnen vom Gesetz zuerkannte Privilegierung gebührend in Rechnung gestellt werden (BVerwG vom 06.10.1989, NVwZ 1991, 161 f). Das hat im Regelfall zur Folge, dass sich ein privilegiertes Vorhaben zu Lasten von öffentlichen Belangen auch dann noch durchsetzen kann, wenn unter gleichen Voraussetzungen ein sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB wegen dieser von ihm beeinträchtigten Belange (schon) unzulässig wäre (BVerwG vom 14.3.1975, BVerwGE 48, 109, 114 f.). Durch die generelle Verweisung der privilegierten Vorhaben in den Außenbereich hat der Gesetzgeber selbst eine allgemeine planerische Entscheidung zugunsten dieser Vorhaben getroffen und damit auch Fälle negativer Berührung mit öffentlichen Belangen im Einzelfall in Kauf genommen (vgl. Krautzberger in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 10. Aufl. 2007, RdNr. 45 zu § 35).

a) Das Vorhaben führt nicht zu einer Verunstaltung des Landschaftsbildes.

Die Beurteilung, ob das Vorhaben das Landschaftsbild im Sinn des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB verunstaltet, erübrigt sich nicht in Hinblick auf § 5 der Verordnung über das "Landschaftsschutzgebiet Bayerischer Wald" vom 17. Januar 2006, wonach im Landschaftsschutzgebiet unter anderem solche Handlungen verboten sind, die geeignet sind, das Landschaftsbild zu beeinträchtigen. Das Vorhaben unterliegt diesem Verbot nicht, weil es außerhalb der in § 2 der Verordnung bestimmten Grenzen des Landschaftsschutzgebiets errichtet werden soll.

Eine Verunstaltung setzt voraus, dass das Bauvorhaben dem Orts- oder Landschaftsbild in ästhetischer Hinsicht grob unangemessen ist und auch von einem für ästhetische Eindrücke offenen Betrachter als belastend empfunden wird (vgl. BVerwG vom 18.3.2003 BRS 66 Nr. 103). An diesem Grundsatz müssen sich auch die im Außenbereich privilegierten Vorhaben messen lassen. Allerdings ist eine Verunstaltung des Landschaftsbildes wegen der erhöhten Durchsetzungsfähigkeit privilegierter Vorhaben nur im Ausnahmefall anzunehmen, etwa dann, wenn es sich um eine wegen ihrer Schönheit und Funktion besonders schutzwürdige Umgebung oder um einen besonders groben Eingriff in das Landschaftsbild handelt (vgl. BayVGH vom 30.6.2005 Az. 26 B 01.2833; VGH BW vom 25.6.1991 BRS 52 Nr. 74; SächsOVG vom 28.5.2000 NuR 2002, 162).

Bei Anlegung dieses Maßstabes kann der Senat nach dem Ergebnis des Augenscheins eine Verunstaltung des Landschaftsbildes nicht erkennen. Die Umgebung des am Himmelberg geplanten Standortes der Windkraftanlage hat zwar einen gewissen landschaftlichen Reiz. Sie ist aber in Hinblick auf ihre Schönheit und Funktion nicht besonders schutzwürdig. Die weiträumige Umgebung des Vorhabensstandorts stellt sich als eine für den Bayerischen Wald typische, durch Erhebungen und Täler kleinteilig geformte, bewegte Landschaft dar. Es ist keine weitgehend unberührte Umgebung, die durch hinzukommende Baulichkeiten besonders empfindlich betroffen wäre. Vielmehr ist die Landschaft durchsetzt von Weilern, Siedlungen und Ortschaften. Die damit einhergehenden Infrastruktureinrichtungen (u.a. Straßen, Hochspannungs- und Fernmeldeleitungen) und auch gewerbliche Einrichtungen (u.a. Kiesabbau) sind mitbestimmend für das Landschaftsbild. Im Übrigen ist die weitere Umgebung des Vorhabens vor allem durch landwirtschaftliche Flächen mit hohem Grünlandanteil und Waldgebiete gekennzeichnet. Es handelt sich mithin um eine typische, von menschlicher Siedlungstätigkeit geprägte Mittelgebirgslandschaft. In einer derartigen Landschaft kann eine einzelne Windkraftanlage nur bei besonders empfindsamer Sichtweise des Betrachters störend oder beeinträchtigend wirken. Eine solche Wirkung wäre dann freilich vielerorts anzunehmen. Das allein kann indes nicht dazu führen, dass dieser Belang der Errichtung von Windkraftanlagen entgegensteht. Denn dann wäre die Nutzung von Windenergie an dafür ansonsten geeigneten Standorten in einer Weise eingeschränkt, die nicht mehr im Einklang mit der gesetzlichen Privilegierung stünde. Zu berücksichtigen ist auch, dass die Nutzung von Windenergie durch Windmühlen in der freien, unbebauten Landschaft in früheren Zeit verbreitet war. Aus wirtschaftlichen und technischen Gründen hat sich zwar bei Windkraftanlagen die Größenordnung wesentlich geändert. Dennoch stehen diese technisch weiterentwickelten Anlagen nicht von vorneherein unter dem Makel der "Landschaftsfremdheit". Denn die Verwendung neuer Baumaterialien und Bauformen ist in der Regel noch nicht dazu geeignet, eine Verunstaltung hervorzurufen (BVerwG vom 16.6.1994 NVwZ 1995, 64; BayVGH vom 30.6.2005 Az. 26 B 01.2833; OVG SH vom 21.2.1996 Az. 1 L 202/95 nachgewiesen bei juris).

Die geplante Windkraftanlage führt auch nicht zu einem besonders groben Eingriff in das Landschaftsbild. Ein solcher Eingriff kann nicht allein damit begründet werden, dass Windkraftanlagen regelmäßig an exponierten Standorten errichtet werden. Denn diese Standortbedingung kannte der Gesetzgeber bei seiner Entscheidung, Windkraftanlagen generell dem Außenbereich zuzuweisen. Entsprechendes gilt für den Umstand, dass Windkraftanlagen aufgrund ihrer Größe markant in Erscheinung treten (vgl. BVerwG vom 18.3.2003 a.a.O.). Die vom Kläger geplante Anlage bewegt sich mit einer Nabenhöhe von etwa 130 m, einem Rotordurchmesser von 70,5 m und einer Grundfläche am Boden von etwa 650 m² auch nicht jenseits des für eine Windkraftanlage Typischen. Ein besonders grober Eingriff in das Landschaftsbild ergibt sich nicht aus dem konkreten Standort des Vorhabens, auch wenn berücksichtigt wird, dass der sich drehende Rotor der Windkraftanlage geeignet ist, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Bei der gebotenen großräumigen Betrachtungsweise wird die Anlage zwar auf den von der Beklagten bei der Ortseinsicht erläuterten Sichtachsen (vgl. auch den in der Bauakte Nr. 07/04 enthaltene Kartenauszug) weithin erkennbar sein. Sie wird dabei aber aufgrund der Entfernungen und des Umstandes, dass es sich lediglich um eine einzelne Anlage handelt, derart in den Hintergrund treten, dass sie nicht mehr als wesentlich störendes Element wahrnehmbar ist. Dabei ist auch von Bedeutung, dass der Himmelberg trotz seiner Höhe von 680 m kein Standort ist, durch den sich das Vorhaben gleichsam als Blickfang seiner Umgebung aufdrängen würde. Er tritt nicht markant singulär hervor, denn er ist in eine von zahlreichen Erhebungen (u.a. Sonnberg - 656 m; Hohe Tanne - 681 m; Hochberg 665 m; Kramerschopf - 709 m) gekennzeichnete Landschaft eingebettet.

Eine "Vorbildwirkung" für vergleichbare Anlagen darf entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts bei der Abwägung nicht zu Lasten eines privilegierten und damit generell dem Außenbereich zugewiesenen Vorhabens berücksichtigt werden. Die mit der Privilegierung von Windkraftanlagen verbundene Gefährdung des Außenbereichs kann durch landesplanerische Festlegungen im Sinn des § 35 Abs. 3 Satz 2 und 3 BauGB räumlich eingegrenzt werden. Bleiben die Plangeber insoweit untätig kann das nicht durch eine restriktive Auslegung von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB ausgeglichen werden (vgl. SächsOVG vom 18.5.2000 a.a.O).

b) Die Anlage beeinträchtigt die natürliche Eigenart der Landschaft oder ihre Erholungsfunktion nicht in einer Weise, dass diese Belange dem Vorhaben des Klägers entgegenstehen.

Zwar ist eine Bebauung dem Außenbereich im Hinblick auf seine natürliche Bodenfunktion im Grundsatz wesensfremd. Allerdings ist auch insoweit das besondere Gewicht der Privilegierung zu berücksichtigen. Es ist nicht erkennbar, dass das Vorhaben die natürliche Eigenart der Landschaft in einer Weise beeinträchtigt, die über das hinausgeht, was für die Errichtung von Windkraftanlagen typisch ist.

Ebenso wenig würde die der Landschaft zukommende Erholungsfunktion derart empfindlich gestört, dass dieser Belang dem privilegierten Vorhaben entgegenstehen würde. Der betroffene Bereich ist in ein allgemeines Wegenetz eingebunden, das namentlich für Ausflüge und Wanderungen geeignet ist. Diese Formen der Erholung würden durch den optischen Eindruck einer Windenergieanlage und die mit ihr im Nahbereich verbundenen Geräuscheinwirkungen - auch aufgrund eines zu erwartenden Gewöhnungseffektes - nicht gravierend beeinträchtigt.

2. Dem Anspruch des Klägers auf Erteilung der Baugenehmigung stehen nicht die unabhängig vom Bauplanungsrecht zu prüfenden naturschutzrechtlichen Zulassungsvoraussetzungen (§ 21 Abs. 2 Satz 2, §§ 18 und 19 BNatSchG, Art. 6, 6a und 6b Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG) entgegen.

Was das Landschaftsbild anbelangt, sind die durch das Vorhaben zu erwartenden Beeinträchtigungen weder zu vermeiden noch im erforderlichen Maß auszugleichen. Jedoch gehen die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft im Rang nicht vor. Insoweit ist im Rahmen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung keine andere Beurteilung veranlasst als bei der Abwägung im Rahmen des § 35 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Weitergehende Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft hat der Beklagte nicht vorgetragen, solche sind auch nicht aus den Behördenakten oder sonst ersichtlich.

3. Die Fragen, ob für Windkraftanlagen durch Darstellung im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist (§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB) oder ob das Vorhaben Zielen der Raumordnung widerspricht (§ 35 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 BauGB) haben weder die Bauaufsichtsbehörden im Ausgangs- oder Widerspruchsbescheid aufgeworfen noch die Beteiligten im gerichtlichen Verfahren. Der Senat hat auch sonst keinen Anhalt, dass das Vorhaben, seine Raumbedeutsamkeit unterstellt, aus diesen Gründen unzulässig ist.

Konzentrationszonen für Windenergieanlagen sind im Flächennutzungsplan der Gemeinde Konzell nicht dargestellt. Sie sind auch nicht als Ziele der Raumordnung ausgewiesen.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass das Vorhaben Zielen der Raumordnung widerspricht. Zwar enthält das in dem für die Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung anzuwendende "Landesentwicklungsprogramm Bayern" (Anlage zur Verordnung über das Landesentwicklungsprogramm Bayern vom 8.8.2006 GVBl S. 471 - LEP 2006) unter B I 2.2.9.2 das "Ziel" ("Z"), dass Freileitungstrassen, Windkraftanlagen und andere weithin sichtbare Einrichtungen landschaftsprägende Geländerücken nicht beeinträchtigen sollen. Der Himmelberg besitzt jedoch keine landschaftsprägende Bedeutung. Wie bereits dargelegt ist er in eine von zahlreichen Geländerücken mit vergleichbarer Höhenentwicklung gekennzeichnete Landschaft eingebettet. Auch hinsichtlich Lage, Gestalt und Bewuchs entfaltet der Himmelberg in einer vorwiegend von Hügeln bestimmten Landschaft keine landschaftsprägende Wirkung. Sind damit bereits die Zielvoraussetzungen nicht erfüllt, kann offen bleiben, ob es sich insoweit tatsächlich um ein Ziel der Raumordnung im Sinn des § 35 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 BauGB handelt (vgl. hierzu BVerwG vom 18.9.2003 BVerwGE 119, 54/60; Urteil des Senats vom 19.4.2004 BayVBl 2005, 80).

4. Die Berufung bleibt mangels Spruchreife der Rechtssache (vgl. hierzu Eyermann/Jörg Schmidt, Verwaltungsgerichtsordnung, 12. Aufl. 2006, RdNr. 39 ff zu § 113) ohne Erfolg, soweit der Kläger die Verpflichtung zum Erlass der beantragten Baugenehmigung begehrt. Die Prüfung der von der Bauaufsichtsbehörde nicht weiter untersuchten Fragen, ob das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB) und ob die bauordnungsrechtliche Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt sind, bleibt dem Verwaltungsverfahren vorbehalten.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3, § 155 Abs. 1 Satz 3, § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO, § 708 ff. ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gibt es nicht (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 80.000 Euro festge-setzt (§ 52 Abs. 1, § 47 Abs. 2 Satz 1 GKG).

Ende der Entscheidung

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