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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 19.11.2008
Aktenzeichen: 15 B 08.2040
Rechtsgebiete: GG, BayAbgG


Vorschriften:

GG Art. 48 Abs. 2
GG Art. 137 Abs. 1
BayAbgG Art. 2 Abs. 2
BayAbgG Art. 29 Satz 1
Der berufliche Werdegang von Beamten, deren Rechte und Pflichten aus dem Dienstverhältnis während der Zeit der Ausübung eines Mandats ruhten, ist nicht aus Anlass einer Beurteilung nach Wiedereintritt in das Dienstverhältnis für die Dauer des Mandats fiktiv nachzuzeichnen.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

15 B 08.2040

In der Verwaltungsstreitsache

wegen dienstlicher Beurteilung;

hier: Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 10. Juli 2007,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 15. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Happ, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Fießelmann, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Linder

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 13. November 2008

am 19. November 2008

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 10. Juli 2007 ist in Nr. II und insoweit unwirksam geworden, als die Klage auf Aufhebung der dienstlichen Beurteilung zum Stichtag 30. Juni 2005 und des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheids vom 28. August 2006 sowie auf Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin zu diesem Stichtag erneut zu beurteilen, abgewiesen wurde. Insoweit wird das Verfahren eingestellt.

II. Die Berufung wird zurückgewiesen.

III. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 v.H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die 1947 geborene Klägerin steht als Oberregierungsrätin der Besoldungsgruppe A 14 im Dienste der Beklagten. Sie ist bei der Zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt München (ZPLA) tätig. Seit 25. Mai 1988 war sie zur Kinderbetreuung beurlaubt. Vom 23. Oktober 1990 bis zum 6. Oktober 2003 ruhten aufgrund ihrer (wiederholten) Wahl zur Abgeordneten in den Bayerischen Landtag ihre Rechte und Pflichten aus dem Beamtenverhältnis.

Am 16. Februar 2004 kehrte die Klägerin in den Dienst bei der ZPLA zurück und bewarb sich um einen Beförderungsdienstposten (W 20) der Besoldungsgruppe A 15. Sie wurde daraufhin zum Stichtag 30. Juni 2005 beurteilt. Die Anlassbeurteilung, die der Klägerin am 6. Dezember 2005 eröffnet wurde, bescheinigte ihr "beständig über dem Durchschnitt liegende Leistungen", enthielt aber kein Gesamturteil. Zum Stichtag 30. September 2005 wurde am 14. Dezember 2005 eine Regelbeurteilung für den Beurteilungszeitraum "1. Oktober 1988 bis 30. September 2005" erstellt, die der Klägerin am 26. Januar 2006 eröffnet wurde. Die Beurteilung enthält das Gesamturteil "tritt hervor". Dies entspricht dem Gesamturteil der letzten Regelbeurteilung der Klägerin vor ihrer Wahl in den Landtag zum Stichtag 30. September 1988.

Die Klägerin erhob mit Schreiben vom 26. Februar 2005 Einwendungen gegen die Beurteilung vom 14. Dezember 2005. Sie führte an, dass bereits die vorletzte Beurteilung mit demselben Gesamturteil abgeschlossen habe. Die Beurteilung diene letztlich dazu, ihre Bewerbung um die Beförderungsstelle W 20 abzulehnen. Mit Widerspruchsbescheid des Bundesministeriums der Finanzen vom 28. August 2006 wurde der Widerspruch gegen die dienstlichen Beurteilungen zu den Stichtagen 30. Juni 2005 und 30. Dezember 2005 als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen ließ die Klägerin am 6. September 2005 Klage erheben. Die Klage wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 10. Juli 2007 abgewiesen (Az. M 5 K 06.3384). In den Urteilsgründen wird ausgeführt, dass sich der zuständige Beurteiler in ausreichendem Maße einen persönlichen Eindruck von der Befähigung und der fachlichen Leistung der Klägerin verschafft habe. Anhaltspunkte dafür, dass der unmittelbare Vorgesetzte der Klägerin dieser nicht objektiv gegenübergestanden habe, seien nicht ersichtlich. Die dienstliche Beurteilung sei auch nicht deshalb fehlerhaft, weil aus den Akten nicht hervorgehe, wer an der entscheidenden Gremiumsitzung teilgenommen habe. Die Gremiumsbesprechungen seien vertraulich, Niederschriften hierüber würden nicht gefertigt. Dieses Verfahren stehe in Einklang mit den Beurteilungsrichtlinien. Auch begründe der Verweis der Klägerin auf - ebenfalls - überdurchschnittliche Beurteilungen aus der Zeit vor ihrer Beurlaubung bzw. auf ihre Tätigkeit als Abgeordnete des Bayerischen Landtags keinen Anspruch auf eine noch bessere als die zuerkannte Beurteilung. Es gebe keinen Grundsatz dergestalt, dass dienstliche Beurteilungen nach Inhalt und vergebenem Gesamtprädikat fortzuschreiben wären und sich stetig weiter zu steigern hätten. Die Beurteilung sei auch nicht für die Zeit der Mitgliedschaft im Bayerischen Landtag im Hinblick auf das Benachteiligungsgebot nachzuzeichnen. Insofern fehle es an einer Vergleichbarkeit mit der Situation freigestellter Personalratsmitglieder.

Mit Schriftsatz vom 18. September 2007, eingegangen beim Verwaltungsgericht München am 19. September 2007, ließ die Klägerin die Zulassung der Berufung beantragen. Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 24. Juli 2008 wurde die Berufung wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache zugelassen (Az. 15 ZB 07.2386).

Die Klägerin ließ zuletzt beantragen:

I. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 10. Juli 2007 sowie die dienstliche Beurteilung der Klägerin zum Stichtag 30. September 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. August 2006 werden aufgehoben.

II. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin zu dem Stichtag 30. September 2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu beurteilen.

Zur Begründung wird vorgetragen, dass sich entgegen den Ausführungen im angefochtenen Urteil deutliche Belege dafür fänden, dass der unmittelbare Vorgesetzte der Klägerin diese nicht objektiv beurteilt habe. Die Anlassbeurteilung und die Regelbeurteilung seien erst nach dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 14. März 2005, der den Erlass einer einstweiliger Anordnung hinsichtlich der Dienstpostenvergabe zum Inhalt gehabt habe (Az. 15 CE 04.2310), gefertigt worden. Mit den Beurteilungen sollte die Dienstpostenvergabe an die Konkurrentin der Klägerin "gerichtsfest" gemacht werden. Nach wie vor wirke ein Aktenvermerk vom 26. November 2003, der die Voreingenommenheit des Dienstvorgesetzten der Klägerin zum Ausdruck bringe. Sowohl der unmittelbare Vorgesetzte als auch der Beurteiler hätten von Anfang an versucht, die Beförderung der Klägerin zu verhindern. Der Beurteiler sei, da er die Klägerin nahezu nicht gekannt habe, stark auf die Mithilfe des unmittelbaren Vorgesetzten angewiesen gewesen. Er habe es dabei versäumt, sich selbst ein ausreichendes Bild über die Klägerin zu machen. So habe er es versäumt, den früheren Vorsteher der ZPLA, der im Beurteilungszeitraum noch bis April 2005 Vorgesetzteneigenschaft gegenüber der Klägerin gehabt habe, anzuhören. Dessen Nachfolgerin sei erst ab Mai 2005 im Amt gewesen und habe deshalb keinen aussagekräftigen Beitrag zur Beurteilung leisten können. Die Beurteilung sei auch deshalb fehlerhaft, weil der Klägerin für die Zeit ihres Landtagsmandats eine Leistungsentwicklung zu unterstellen sei. Die Situation sei insoweit vergleichbar mit derjenigen freigestellter Personalratsmitglieder. Im Hinblick auf das Benachteiligungsverbot des Art. 2 Abs. 2 BayAbG dürfe die Ausübung des Mandats keine Beeinträchtigung des beruflichen Fortkommens bedeuten. Die Klägerin sei zuletzt 1988 beurteilt worden. Im Rahmen des Benachteiligungsverbots sei es Verpflichtung der Beklagten gewesen, ab diesem Zeitpunkt den fiktiven Werdegang der Klägerin entsprechend fortzuzeichnen. Die Regelbeurteilung beruhe auch auf der Nichtbeachtung dieser Verpflichtung, da der Beurteilungszeitraum vom 1. Oktober 1988 bis zum 30. September 2005 reiche.

Das Bundesministerium der Finanzen trat der Berufung entgegen. Gegenstand der Entscheidung des Verwaltungsgerichts München seien die Anlassbeurteilung zum 30. Juni 2005 sowie die Regelbeurteilung zum 30. September 2005. Hiervon zu trennen sei die Auswahlentscheidung wegen einer Dienstpostenvergabe. Die von der Klägerin angeführten Bedenken wegen des Vermerks vom 26. November 2003 würden für die in Rede stehenden Beurteilungen keine Rolle spielen, da der Vermerk die Dienstpostenvergabe betreffe. Der zuständige Beurteiler habe im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass er den Vermerk zwar gekannt, ihn aber seiner Beurteilung nicht zugrunde gelegt habe. Auch die behauptete Benachteiligung der Klägerin durch ihre Tätigkeit als Abgeordnete des Bayerischen Landtages bestehe nicht. Sie sei am 16. Februar 2004 in den Dienst zurückgekehrt. Den fraglichen Beurteilungen zum Stichtag 30. Juni 2005 und 30. September 2005 habe somit eine aktive dienstliche Tätigkeit von ca. 1 1/2 Jahren zugrunde gelegt werden können. Die mehrjährige Tätigkeit der Klägerin als Abgeordnete sei hinsichtlich der Sozial- und Führungskompetenz berücksichtigt worden und habe deshalb das überdurchschnittliche Prädikat "tritt hervor" mitbegründet. Im Übrigen gebe es keinen Grundsatz, wonach dienstliche Beurteilungen nach Inhalt und Gesamtprädikat fortzuschreiben wären und sich stetig zu steigern hätten. Eine fiktive Nachzeichnung entsprechend den Regelungen für freigestellte Personalratsmitglieder komme nicht in Betracht. Während Abgeordnete wegen der Unvereinbarkeit von Amt und Mandat mit der Annahme ihrer Wahl aus dem Dienst ausscheiden und ihre Rechte und Pflichten aus dem Beamtenverhältnis ruhen würden, seien Personalratsmitglieder lediglich von ihrer Dienstpflicht freigestellt. Eine fiktive Nachzeichnung des beruflichen Werdegangs könnte die Unabhängigkeit der Abgeordneten in Frage stellen. Im Übrigen käme auch bei Anwendung des für die Behandlung freigestellter Personalratsmitglieder vorgesehenen Erlasses eine fiktive Beurteilung der Klägerin für den fraglichen Beurteilungszeitraum nicht in Betracht, da ihre tatsächliche dienstliche Tätigkeit mehr als 25 % der Arbeitszeit ausgemacht habe. Dieser Anteil sei ausreichend gewesen, um eine sachliche Beurteilung vornehmen zu können. Selbst wenn jedoch eine fiktive Nachzeichnung in Erwägung gezogen werden sollte, sei unter Berücksichtigung der anzuwendenden Richtlinien eine bessere als die der Klägerin bereits zuerkannte Gesamtwertung "tritt hervor" nicht anzunehmen, da lediglich etwa 15 % der zu beurteilenden Beamtinnen und Beamten einer Besoldungsgruppe die Gesamtwertung "tritt erheblich hervor" erhalten könnten. Nachdem jedoch die Beurteilung die kontinuierliche und volle Erfassung des gesamten Werdegangs und die Entwicklung des Leistungsbildes während des gesamten Beurteilungszeitraums widerspiegeln solle, sei im Sinne lückenloser Beurteilungszeiträume an den Zeitpunkt des letzten Beurteilungsstichtages anzuknüpfen. Aus diesem Grunde seien die Zeiten der Abgeordnetentätigkeit nicht vollständig unberücksichtigt gelassen worden, sondern vom Beurteiler hinsichtlich der Sozial- und Führungskompetenz positiv berücksichtigt worden.

Die Auswahlentscheidung der Beklagten zugunsten einer weiteren Bewerberin um den Beförderungsdienstposten W 20 im April 2004 wurde von der Klägerin angegriffen. Im Hauptsacheverfahren gab das Verwaltungsgericht der Klage statt (Az. M 5 K 06.767). Gegen eine erneute Auswahlentscheidung erhob die Klägerin Widerspruch. Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 1. September 2008 wurde der Beklagten unter Aufhebung der vorangegangenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 11. Juli 2008 (Az. M 21 E 08.1543) untersagt, den Dienstposten zu besetzen, bevor das Verwaltungsgericht in der Hauptsache entschieden hat (Az. 15 CE 08.2049).

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 13. November 2008 erklärten die Beteiligten übereinstimmend den Rechtsstreit für erledigt, soweit er sich auf die dienstliche Beurteilung der Klägerin zum Stichtag 30. Juni 2995 bezog.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und auf die beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A. Hinsichtlich der Klage auf Aufhebung der Beurteilung der Klägerin zum Stichtag 30. Juni 2005 und auf Verpflichtung der Beklagten zur erneuten Beurteilung zu diesem Stichtag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts ist das Verfahren durch übereinstimmende Erledigungserklärungen der Beteiligten im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 13. November 2008 beendet worden. Insoweit war das Urteil des Verwaltungsgerichts für unwirksam zu erklären, das Verfahren einzustellen und die Kostenentscheidung neu zu fassen.

B. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten, sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu beurteilen. Die Regelbeurteilung zum Stichtag 30. September 2005 erfüllt den Anspruch der Klägerin auf sachgerechte und objektive Beurteilung, ihr Dienstherr ist deshalb nicht zur erneuten Beurteilung verpflichtet (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO analog).

1. Dienstliche Beurteilungen sind nach der ständigen Rechtsprechung von den Verwaltungsgerichten nur beschränkt nachprüfbar. Nur die für den Dienstherrn handelnden Beurteiler sollen nach dem erkennbaren Sinn der gesetzlichen Regelungen über die dienstliche Beurteilung ein persönlichkeitsbedingtes Werturteil darüber abgeben, ob und inwieweit der Beamte den sachlichen und persönlichen Anforderungen seines Dienstpostens und seiner Laufbahn entspricht (BVerwG vom 11.11.1999 NVwZ-RR 2000, S. 366/367; Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 6. Aufl. 2005, RdNr. 477). Dienstliche Beurteilungen sind deshalb gerichtlich nur daraufhin zu überprüfen, ob ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt wurden, ob der gesetzliche Rahmen verkannt wurde oder ob Verfahrensvorschriften verletzt worden sind. Soweit der Dienstherr Richtlinien für die Abgabe dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, ist vom Gericht auch zu prüfen, ob diese Richtlinien eingehalten sind und ob sie mit den gesetzlichen Regelungen über die dienstliche Beurteilung, speziell denen der Laufbahnverordnung, in Einklang stehen.

Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Beurteilung der Klägerin zum Stichtag 30. September 2005 nicht zu beanstanden.

2. Die Beurteilung verstößt nicht gegen die von der Beklagten für den Dienstbereich der Klägerin ergänzend zu §§ 40 bis 41 a Bundeslaufbahnverordnung (BLV) erlassenen Beurteilungsrichtlinien und hält sich im vorgegebenen gesetzlichen Rahmen. Für die dienstliche Beurteilung der Klägerin gelten die Richtlinien für die Beurteilung der Beamten und Beamtinnen der Zollverwaltung, der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein, des Zollkriminalamts und der Bundesvermögensverwaltung - BRZV - (BMF - Erlass vom 15.7.1997 - Z C 4-B 1150-8/97 - in der Fassung des Erlasses vom 12.9.2000 - Z B 1-B 1150-1/00 -).

Nach Nr. 2 Satz 2 BRZV müssen sich die Beurteiler ständig darum bemühen, einen umfassenden, möglichst auch persönlichen Eindruck von ihren Mitarbeitern zu gewinnen, um ein sachgerechtes Urteil abgeben zu können. Hierzu lassen sie sich ergänzend von Berichterstattern unterrichten und beraten (Nr. 2 Satz 3 BRZV). Der zuständige Beurteiler ist diesen Pflichten in ausreichendem Maße nachgekommen und zu einer sachgerechten Beurteilung gelangt, die nicht von sachfremden Kriterien geprägt wurde.

a) Zuständiger Beurteiler der Klägerin war nach Nr. 10 Satz 1 BRZV der Präsident der Oberfinanzdirektion (OFD), Dr. S. Gleichzeitig nahm er, wie er anlässlich seiner Zeugeneinvernahme vor dem Verwaltungsgericht bestätigte, die Aufgabe des Berichterstatters für die Klägerin und alle in seinem Bezirk tätigen Chemiker im höheren Dienst wahr. Dies steht im Einklang mit den Beurteilungsrichtlinien, die in Anlage 4 zu Nr. 2 BRZV für die Beamten des höheren Dienstes keine ausdrücklichen Regelungen über den Berichterstatter enthalten.

Auch die im Falle der Klägerin vom Beurteiler gewählte Verfahrensweise, zu einem sachgerechten Urteil zu gelangen, begegnet keinen Bedenken. Der Beurteiler Dr. S. ließ den unmittelbaren Vorgesetzten der Klägerin einen Beurteilungsbeitrag erstellen, der den weiteren Vorgesetzten (der Leiterin der ZPLA, Fr. Dr. S. und dem Abteilungsleiter Zoll, Hr. J.) zur Kenntnisnahme und ergänzenden Stellungnahme zugeleitet wurde. Des Weiteren führte Dr. S. ein persönliches Gespräch mit der Klägerin und sprach vor Abfassung der Anlassbeurteilung nochmals mit dem zuständigen Abteilungsleiter Zoll. Anschließend besprach er seinen Beurteilungsbeitrag in der Gremiumsbesprechung für den höheren Dienst (Nr. 11 bis Nr. 13 BRZV) am 2./3. November 2005. In dieser Besprechung wurden u.a. die Leistungen von ca. 30 bis 40 Chemikerinnen und Chemikern der Besoldungsgruppe A 14 verglichen und bewertet. Damit hat der Beurteiler in ausreichendem Maße die ihm zugänglichen Erkenntnisquellen zur Erlangung eines umfassenden Eindrucks über die Klägerin und zur Einordnung ihrer Leistungsfähigkeit in den Gesamtkontext der zu beurteilenden Beamtinnen und Beamten der Besoldungsgruppe A 14 ausgeschöpft. Dem steht die von der Klägerin gerügte fehlende Einbeziehung des früheren Leiters der ZPLA, Dr. H., der bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand noch Vorgesetzteneigenschaft gegenüber der Klägerin hatte, nicht entgegen. Aus den Richtlinien ergibt sich keine Verpflichtung, sämtliche in Betracht kommenden Erkenntnisquellen auszuschöpfen. Nach Nr. 2 Satz 2 BRZV müssen sich die Beurteiler darum bemühen, einen umfassenden Eindruck zu gewinnen und können sich hierzu von den Vorgesetzten beraten lassen. Entscheidend ist, ob es dem Beurteiler aufgrund der von ihm eingeholten Beiträge möglich ist, sich ein ausreichendes Bild zu verschaffen. Davon ist auszugehen, da neben dem unmittelbaren Vorgesetzten der Klägerin noch weitere Vorgesetzte einbezogen wurden.

b) Die dienstliche Beurteilung der Klägerin ist auch nicht durch Voreingenommenheit des Beurteilers oder des Verfassers des Beurteilungsbeitrags beeinflusst. Die Aussage des Beurteilers vor dem Verwaltungsgericht, bei der Beurteilung stark auf die Mithilfe des unmittelbaren Vorgesetzten der Klägerin, Dr. P. angewiesen gewesen zu sein, begründet keine vernünftigen Zweifel an der Objektivität des Beurteilers und an einer sachgerechten Beurteilung. Im Falle einer Beurteilung kommt es dabei nicht entscheidend darauf an, ob der Beurteilte aufgrund besonderer Umstände die Besorgnis der Befangenheit gegen den Beurteiler hegen konnte (§ 21 VwVfG), sondern vielmehr darauf, ob aus der Perspektive eines objektiven Dritten eine Voreingenommenheit festzustellen ist (BVerwG vom 23.9.2004 Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 43).

Die Klägerin begründet ihren Befangenheitsvorwurf mit einem Vermerk, den ihr Vorgesetzter am 26. November 2003 im Zusammenhang mit der Dienstpostenvergabe verfasst hatte. Aus diesem sei zu erkennen, dass Dr. P. nicht gewillt gewesen sei, sie objektiv zu beurteilen, um den Dienstposten an eine Konkurrentin vergeben zu können. Die Beurteilung des voreingenommenen Vorgesetzten habe sich der Beurteiler zu eigen gemacht. Daraus ergeben sich keine objektiven Anhaltspunkte für eine Befangenheit.

Zum einen beschäftigt sich der Vermerk vom 26. November 2003 im Wesentlichen mit der Frage, inwieweit die Klägerin nach ihrer Rückkehr aus dem Landtag voraussichtlich einer Einarbeitungszeit in fachlicher Hinsicht und mit Blick auf die veränderten Verwaltungsabläufe bedurfte. Auch wenn die Ausführungen hierzu möglicherweise von falschen Voraussetzungen ausgingen und sich im Nachhinein als objektiv nicht tragfähig erwiesen, ergibt sich hieraus noch keine Voreingenommenheit der Klägerin persönlich gegenüber. Es handelt sich vielmehr um eine durchaus nicht willkürliche oder von vorneherein sachfremde vorläufige Einschätzung, ob die Klägerin angesichts ihrer langen Abwesenheit den Anforderungen an die zu besetzende Stelle gerecht werden kann. Fraglich könnte allenfalls sein, ob der letzte Satz des Vermerks geeignet war, eine Voreingenommenheit des unmittelbaren Vorgesetzten der Klägerin gegenüber anzunehmen. In diesem Satz wird darauf hingewiesen, dass eine "Sonderbehandlung" der Klägerin katastrophale Auswirkungen auf die Motivation der Kollegen mit sich bringen würde. Die in dieser Formulierung enthaltene Forderung, dass die Klägerin im Verfahren um die Dienstpostenvergabe nicht bevorzugt werden solle, stellt allerdings im Grunde eine Selbstverständlichkeit dar. Mit der Bemerkung wird zum Ausdruck gebracht, dass sich die Klägerin bei der Bewerbung um den Dienstposten nach Auffassung ihres Vorgesetzten in die Reihe der Bewerber einzugliedern habe und mit gleichen Maßstäben wie die Konkurrenten gemessen werden solle. Hieraus kann nicht auf eine fehlende Objektivität der Klägerin gegenüber geschlossen werden.

Im Übrigen führte der Vermerk auch im weiteren Verlauf des Beurteilungsverfahrens nicht dazu, dass die Beurteilung der Klägerin zum Stichtag 30. September 2005 von sachfremden Erwägungen geleitet wurde. Der Beurteiler Dr. S. gab, nachdem ihm der Vermerk zur Kenntnis gelangt war, die Anweisung, diesen der Klägerin zur Stellungnahme zu geben und ihn zur Personalakte zu nehmen. Diese Vorgehensweise ist sachgerecht, berücksichtigt die Interessen der Klägerin und verdeutlicht, dass der Beurteiler Wert auf einen ordnungsgemäßen und transparenten Verfahrensablauf legte. Des Weiteren stützte sich der Beurteiler zwar nach seinen Angaben maßgeblich auf den Beitrag des Dr. P., übernahm diesen jedoch nicht ohne weiteres, sondern legte ihn zwei weiteren Vorgesetzten der Klägerin zur Stellungnahme vor. Zusätzliche Objektivierung erfuhr die Beurteilung der Klägerin dadurch, dass der Beurteiler noch vor der Anlassbeurteilung zum Stichtag 30. Juni 2005, die in den Einzelwertungen gleichlautend mit der Regelbeurteilung war, Rücksprache mit dem Abteilungsleiter Zoll, Hr. J., hielt. Schließlich trug der Beurteiler seinen Beurteilungsvorschlag in die Gremiumsbesprechung und hatte hier die Möglichkeit, nochmals einen Vergleich mit der Gesamtheit der zu beurteilenden Chemikerinnen und Chemiker der Besoldungsgruppe A 14 vorzunehmen. Bei seiner Zeugeneinvernahme gab der Beurteiler an, dass der Beurteilungsbeitrag des Vorgesetzten der Klägerin nach seiner Erinnerung keine Bezugnahme auf den Vermerk vom 26. November 2003 gehabt habe.

Zusammenfassend ergibt sich damit, dass der Vermerk vom November 2003 auf die Regelbeurteilung zum Stichtag 30. September 2005 keinen Einfluss hatte.

c) Auch im übrigen hält sich die Beurteilung im vorgegebenen gesetzlichen Rahmen. Der "gesetzliche Rahmen" wird neben speziellen Rechtsvorschriften über die dienstliche Beurteilung auch durch allgemeine Bestimmungen, insbesondere den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG abgesteckt (Schnellenbach, a.a.O., RdNr. 480). Dieser gebietet auch bei der Wahl des zugrundezulegenden Beurteilungszeitraums eine gleichmäßige Behandlung der zur Beurteilung anstehenden Beamten. Die Regelbeurteilung der Beamten im Bereich der Zollverwaltung umfasst regelmäßig einen Zeitraum von drei Jahren, der auch der Beurteilung der Klägerin zugrunde gelegt wurde. Dem steht der in der Beurteilung genannte Zeitraum vom "1. Oktober 1988 bis 30. September 2005" nicht entgegen. Die Angabe dieses Zeitraums dient erkennbar nur der formalen Anknüpfung an die letzte Regelbeurteilung. Aus den Anmerkungen in der Beurteilung unter Nr. II., Stichwort: "Beurteilungen", ergibt sich zweifelsfrei, dass die Klägerin ab 25. Mai 1988 zunächst beurlaubt war und anschließend bis Oktober 2003 als Abgeordnete des Bayerischen Landtags außer Dienst gestellt wurde. Daraus lässt sich unmissverständlich ableiten, dass die Beurteilung materiell ausschließlich den letzten Beurteilungszeitraum zum Stichtag 30. September 2005, also ab 1. Oktober 2002 umfasste und lediglich formal an die letzte Beurteilung anknüpft (zur Zulässigkeit von Angaben, die den Umfang der tatsächlich im Beurteilungszeitraum erbrachten Dienstleistung darstellen, siehe Schröder/Lemhöfer/Krafft, Das Laufbahnrecht der Bundesbeamten, Stand: April 2008, RdNr. 18 zu §§ 40, 41). Eine Erstreckung des tatsächlichen Beurteilungszeitraums auf die Zeit seit Oktober 1988 ist hieraus nicht abzuleiten.

3. Die Beurteilung begegnet auch nicht deshalb rechtlichen Bedenken, weil die langjährige Tätigkeit der Klägerin als Abgeordnete des Bayerischen Landtags nicht in Form einer fiktiven Fortschreibung ihrer letzten planmäßigen Beurteilung unter Berücksichtigung der Entwicklung vergleichbarer Beamter in die Beurteilung eingeführt wurde. Einen solchen Anspruch auf Nachzeichnung hat die Klägerin nicht.

Dabei kommt es nicht entscheidend auf die Frage an, ob eine landesrechtliche Regelung wie Art. 2 Abs. 2 Bayerisches Abgeordnetengesetz (BayAbG) geeignet ist, regelnd in das Dienstverhältnis eines Bundesbeamten einzugreifen. Die in Art. 2 Abs. 2 BayAbgG getroffene Regelung ist Ausdruck des auch in Art. 48 Abs. 2 Grundgesetz (GG) enthaltenen verfassungsrechtlichen Gebots, wonach niemand gehindert werden darf, das Amt eines Abgeordneten zu übernehmen und auszuüben. Dieser allgemeine Rechtsgedanke eines Benachteiligungsverbots findet sich in Abgeordnetengesetzen der Bundesländer sowie in § 2 Abs. 2 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages (AbgG) in gleicher Weise wieder (s. hierzu auch BVerfG vom 5.6.1998 BVerfGE 98, 145 ff; ArbG Frankfurt/Oder vom 14.9.2000 Az. Ca 560/00 -juris-; Maunz/Dürig/Herzog, Kommentar zum Grundgesetz, Stand: Mai 2008, RdNr. 95 zu Art. 48).

a) Zunächst ergibt sich aus dem Wortlaut der jeweiligen gesetzlichen Regelungen des Benachteiligungsverbots kein Anspruch auf eine fiktive Fortschreibung der Beurteilung. Nach dem Wortlaut der Vorschriften sind regelmäßig Benachteiligungen am Arbeitsplatz im Zusammenhang mit der Bewerbung um ein Mandat sowie der Annahme und Ausübung eines Mandats unzulässig. Die Rechte und Pflichten von Beamten, die ein Mandat übernommen haben, ruhen jedoch mit der Annahme der Wahl kraft Gesetzes, damit befinden sich die Beamten nicht mehr am Arbeitsplatz. Für die Klägerin ergibt sich dies aus § 89 a Abs. 1 Bundesbeamtengesetz (BBG), Art. 29 Satz 1 BayAbgG sowie § 5 Abs. 1 Satz 1 AbgG (s. hierzu auch Battis, Bundesbeamtengesetz, 3. Auflage 2004, RdNr. 3 zu § 89 a). Insoweit unterscheidet sich der Wortlaut der gesetzlich normierten Benachteiligungsverbote von den vergleichend herangezogenen Regelungen für freigestellte Personalratsmitglieder. Für diese wird in § 107 Satz 1 Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) sowie in Art. 46 Abs. 3 Satz 5 und Art. 8 Bayerisches Personalvertretungsgesetz (BayPersVG) geregelt, dass die Tätigkeit in der Personalvertretung nicht zu einer Beeinträchtigung des beruflichen Werdegangs führen darf. Damit wird die berufliche Entwicklung während der Zeit der Freistellung ausdrücklich angesprochen. Die entsprechenden Regelungen in den Abgeordnetengesetzes umfassen dem gegenüber den fiktiven beruflichen Werdegang eines Abgeordneten während der Zeit der Mandatsausübung jedenfalls nicht ausdrücklich.

b) Auch die verfassungskonforme Auslegung der gesetzlichen Benachteiligungsverbote gebietet die fiktive Nachzeichnung der Beurteilung nicht, sondern steht dieser vielmehr entgegen.

(1) Benachteiligung in diesem Sinne ist zunächst jede Beeinträchtigung der beruflichen Stellung, der Ausschluss von Vergünstigungen oder vom Aufstieg. Allerdings werden von Art. 48 Abs. 2 GG nur Benachteiligungen erfasst, denen eine Hinderungsabsicht zugrunde liegt. Nicht verboten sind in eine ganz andere Richtung zielende Regelungen oder Handlungen, die nur unvermeidlicherweise mittelbar die tatsächliche Folge oder Wirkung der Beeinträchtigung der Freiheit, das Mandat zu übernehmen oder auszuüben, haben (BVerfG vom 21.9.1976 BVerfGE 42, S. 312/326). Nicht alles, was der Übernahme und der Ausübung des Abgeordnetenmandats "hinderlich" ist, ist durch Art. 48 Abs. 2 GG verboten (so auch BVerfG vom 21.11.1989 NVwZ 1990, S. 372/373 und vom 9.12.1998 NVwZ 1999, S. 424). So stellt sich auch Art. 137 Abs. 1 GG als Ausnahme von Art. 48 Abs. 2 GG dar. Nach Art. 137 Abs. 1 GG kann die Wählbarkeit u.a. von Beamten im Bund, in den Ländern und den Gemeinden gesetzlich beschränkt werden. Diese Einschränkung ergibt sich im Fall der Klägerin aus Art. 29 Satz 1 BayAbgG mit der weiteren Folge, dass nach § 89 a BBG i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 AbgG ihr Rechte und Pflichten aus dem Dienstverhältnis vom Tage der Annahme des Mandats ruhten. Die mit der Annahme des Mandats zwingend verbundene Aufgabe des Amtes stellt damit eine gezielte Benachteiligung der Beamten dar, die jedoch verfassungsrechtlich begründet und legitimiert sind. Die Inkompatibilitätsvorschriften stehen in engem sachlichen Zusammenhang mit dem Behinderungsverbot, das sie modifizieren (Alternativkommentar zum Grundgesetz, 3. Auflage, Stand: August 2002, RdNr. 137 zu Art. 48). Die durch die Inkompatibilität entstehenden Behinderungen werden lediglich durch den vom Gesetzgeber normierten Wiederverwendungsanspruch gemildert (Maunz/Dürig/Herzog, a.a.O., RdNr. 91 zu Art. 48), nicht jedoch verboten. Mit Art. 137 Abs. 1 GG hat der Verfassungsgeber somit eine Ausnahmevorschrift zu Art. 48 Abs. 2 GG geschaffen, aus der sich ergibt, dass das Verbot der Innehabung eines Amtes während der Wahrnehmung eines Mandats verfassungsrechtlich legitimiert ist.

(2) Aus diesen grundsätzlichen Überlegungen zum Verhältnis zwischen Art. 137 Abs. 1 GG und Art. 48 Abs. 2 GG ergibt sich weiter, dass die sich aus der Aufgabe des Amtes mittelbar ergebende Benachteiligung der Klägerin dergestalt, dass für die Zeit während ihrer Mitgliedschaft im Landtag ihr beruflicher Werdegang nicht fortgeschrieben werden kann, nicht gegen Art. 48 Abs. 2 GG verstößt. Wenn schon der unmittelbare gesetzliche Eingriff in die statusrechtliche Stellung des Beamten und in sein Amt verfassungsrechtlich legitimiert ist, kann eine zwangsläufig damit verbundene mittelbare Benachteiligung nicht wieder unter den Schutzbereich des Art. 48 Abs. 2 GG gestellt werden (s. hierzu auch Schmidt-Bleibtreu/Klein, Kommentar zum Grundgesetz, 9. Auflage, RdNr. IV.6. zu Art. 48). Es ist deshalb bei Beachtung der verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht möglich, die mittelbare Benachteiligung im Rahmen des in den jeweiligen Abgeordnetengesetzen enthaltenen Benachteiligungsverbots quasi "durch die Hintertüre" wieder zu berücksichtigen. Damit würden die sich aus Art. 137 Abs. 1 und Art. 48 Abs. 2 GG ergebenden Vorgaben des Verfassungsgebers und die vom Bundesverfassungsgericht dazu auslegend aufgestellten Anforderungen umgangen. Im Falle von Abgeordneten, die kraft Gesetzes gezwungen sind, ihr Amt mit der Annahme des Mandats aufzugeben, verbleibt deshalb für die Anwendung des gesetzlich geregelten Benachteiligungsverbots nur Raum, soweit es um Benachteiligungen geht, die nicht ursächlich ihren Grund in der Unvereinbarkeit von Amt und Mandat haben (siehe hierzu auch Schmidt-Bleibtreu/Klein, a.a.O., Nr. IV.6 zu Art. 48: abgesehen von den Inkompatibilitäten kann der Abgeordnete jedes Amt und jeden Beruf ausüben). Demgegenüber fallen Nachteile, die infolge von Regelungen über die Unvereinbarkeit von Amt und Mandat entstehen, nicht unter den Schutz des Art. 48 Abs. 2 GG (Alternativkommentar, a.a.O., RdNr. 9 zu Art. 48) und können deshalb auch nicht über den Umweg der Benachteiligungsverbote in den Abgeordnetengesetzen wieder Berücksichtigung finden.

(3) Die infolge der Inkompatibilität entstehenden Behinderungen werden u.a. auch damit gerechtfertigt, dass die entstehenden Nachteile durch den vom Gesetzgeber normierten Wiederverwendungsanspruch gemildert werden. Dies bedeutet, dass allenfalls dort, wo im Einzelfall der Wiederverwendungsanspruch völlig entwertet wäre und eine zumutbare Wiederaufnahme des Dienstes nicht ermöglicht werden kann, ein Ausgleich gefunden werden müsste. Dies ist in der Regel, so auch im Fall der Klägerin, aber schon deshalb nicht erforderlich, weil das dem Beamten übertragene Amt derselben oder einer gleichwertigen Laufbahn wie das zuletzt bekleidete Amt angehören und mit mindestens demselben Endgrundgehalt ausgestattet sein muss (§ 89 a BBG i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 3 AbgG). Darüber hinaus werden die Zeiten der Mitgliedschaft der Klägerin im Landtag auf ihre laufbahnrechtlichen Dienstzeiten angerechnet (§ 7 Abs. 4 AbgG) und bei der Berechnung der Versorgungsansprüche berücksichtigt (§ 23 Abs. 5 AbgG). Nachdem eine lange Abwesenheit vom Arbeitsplatz nicht nur bei Beamten, sondern auch bei Selbständigen und unselbständig Beschäftigten durchaus mit Schwierigkeiten bei einer Wiedereingliederung in das berufliche Leben nach Beendigung des Mandats verbunden sein kann, hat der Gesetzgeber ein System von Übergangsgeldern, Altersentschädigungen und Versorgungsabfindungen für Abgeordnete entwickelt, das einen weiteren Ausgleich für die mit der Übernahme des Mandats möglicherweise verbundenen Benachteiligungen im beruflichen Werdegang darstellt.

Auch soweit sich die Klägerin nach der Wiederaufnahme des Dienstverhältnisses in das durch die Beurteilungsrichtlinien vorgegebene Schema der Regelbeurteilung eingliedern musste, kann von einer Benachteiligung über das verfassungsrechtlich legitimierte Maß hinaus nicht gesprochen werden. Sie steht insoweit nicht schlechter als z.B. ein beurlaubter Beamter, der ebenfalls keinen Anspruch auf fiktive Fortzeichnung seiner Beurteilung während der Beurlaubungsphase hat (s. Nr. 9 e BRZV: für Beamte, die während des gesamten Beurlaubungszeitraumes keinen Dienst verrichtet haben, findet keine Beurteilung statt; entsprechende Regelungen sehen auch die Richtlinien für die dienstliche Beurteilung der Beamtinnen und Beamten des höheren Dienstes im Geschäftsbereich der Bayerischen Staatsministerien vor, so etwa Nr. 2.2.4 der Richtlinien für die dienstliche Beurteilung der Beamtinnen und Beamten des höheren Dienstes im Geschäftsbereich des Staatsministeriums der Finanzen und Nr. 2.2.3 der dienstlichen Beurteilung der Beamtinnen und Beamten im Geschäftsbereich des Bayerischen Staatministeriums des Innern).

c) Des Surrogats der fiktiven Nachzeichnung bedarf es auch deshalb nicht, weil ausreichend Gelegenheit bestand, die Klägerin anhand ihrer tatsächlich erbrachten Dienstleistung im Beurteilungszeitraum zum Stichtag 30. September 2005 ordnungsgemäß zu beurteilen.

Die Klägerin trat ihren Dienst am 16. Februar 2004 an und verrichtete somit zum Stichtag 30. September 2005 zusammenhängend einen Dienst von insgesamt einem Jahr und sieben Monaten. Damit konnte der Beurteilung eine Dienstzeit von mehr als 50 % des insgesamt dreijährigen Beurteilungszeitraums zugrunde gelegt werden. Dies ist ausreichend, um eine sachgerechte Beurteilung zu ermöglichen. Eine solche wäre nur dann nicht möglich, wenn eine erhebliche Verminderung der erbrachten Dienstleistung gegenüber dem Regelfall vorläge (Schröder/Lemhöfer/Krafft, a.a.O., RdNr. 18 zu §§ 40, 41). Aus den Vorschriften für die Beurteilung freigestellter Personalratsmitglieder (BMF - Erlass vom 15. März 2002 - Z B 1-B 1050 1/02 -) ergibt sich unter Nr. I.1. 4. Spiegelstrich, dass eine sachgerechte Beurteilung nur dann nicht mehr möglich sei, wenn die tatsächliche dienstliche Tätigkeit weniger als 25 % der Arbeitszeit ausmache. Die von der Klägerin erbrachte Dienstzeit von mehr als 1 1/2 Jahren, die zugleich mehr als 50 % des Beurteilungszeitraums abdeckt, ist somit ausreichend, um eine sachgerechte und leistungsbezogene Beurteilung zu ermöglichen.

d) Zuletzt gebietet auch der Vergleich mit der Situation freigestellter Personalratsmitglieder keine fiktive Fortschreibung der Beurteilung.

Die rechtliche Stellung freigestellter Personalratsmitglieder unterscheidet sich grundlegend von der Rechtsstellung derjenigen Abgeordneten, deren Rechte und Pflichten während der Ausübung des Mandats ruhen. Das Benachteiligungsverbot bei freigestellten Personalratsmitgliedern dient ebenso wie das Ehrenamtsprinzip und das Begünstigungsverbot der inneren und äußeren Unabhängigkeit der Personalratsmitglieder (BVerwG vom 21.9.2006 BVerwGE 126, 333 ff). Der qualifizierte Bedienstete soll nicht aus Sorge um berufliche Perspektiven auf das Ehrenamt verzichten müssen und soll das Amt des Personalrats unbeeinflusst von der Furcht vor Benachteiligungen und unbeeinflusst von der Aussicht auf Begünstigungen wahrnehmen. Deshalb muss sichergestellt sein, dass das Personalratsmitglied bei engagierter Wahrnehmung seiner Aufgaben keine Nachteile erleidet. Dementsprechend verlieren freigestellte Personalratsmitglieder ihr Amt nicht und haben einen Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und Urlaub. Auch eine Beförderung ist trotz der Freistellung möglich. Die auf einer fiktiven Nachzeichnung des beruflichen Werdegangs beruhende Beurteilung dient in diesem Zusammenhang einerseits dem Ausgleich zwischen dem personalvertretungsrechtlichen Benachteiligungsverbot und andererseits dem Interesse des Dienstherrn, die Eignung für den Beförderungsdienstposten festzustellen (BVerwG vom 21.9.2006 a.a.O.; VGH BW vom 4.7.2008 Az. 4 S 519/98 <juris>).

Diese Überlegungen spielen bei Abgeordneten, deren Rechte und Pflichten aus dem Dienstverhältnis während der Dauer des Mandats ruhen, keine Rolle. Die strikte Trennung von Amt und Mandat hat zur Folge, dass weder eine Beförderung noch ein Aufstieg in eine höhere Laufbahn möglich ist. Der Abgeordnete steht dem Dienstherrn während der Ausübung des Mandats für die Besetzung freiwerdender Dienstposten nicht zur Verfügung und untersteht auch nicht seiner Dienstaufsicht. Die Wiederaufnahme des Dienstes ist anders als beim freigestellten Personalratsmitglied, das im Dienst bleibt, vom eigenen Willensentschluss des Mandatsträgers abhängig (Art. 31 Abs. 1 Satz 2 BayAbgG). Ein Vergleich mit der Situation freigestellter Personalratsmitglieder scheidet damit angesichts der unterschiedlichen Interessenlage und rechtlichen Vorgaben aus.

Abschließend ist deshalb festzuhalten, dass die Beurteilung zum Stichtag 30. September 2005 keinen rechtlichen Bedenken begegnet und die Klägerin deshalb keinen Anspruch auf erneute Beurteilung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts hat.

4. Die für beide Instanzen zu treffende Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 2, § 161 Abs. 2 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

5. Die Revision war nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. An der Klärung der im vorliegenden Verfahren aufgeworfenen Frage, ob ein ehemaliger Mandatsträger nach Wiederaufnahme seines Dienstverhältnisses einen Anspruch auf fiktive Nachzeichnung seines beruflichen Werdegangs hat, besteht ein über den Einzelfall hinausgehendes, allgemeines Interesse.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 10.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Ende der Entscheidung

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