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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 27.06.2007
Aktenzeichen: 15 CS 07.406
Rechtsgebiete: VwGO, BauNVO, BauGB, BImSchG, 16. BImSchV, 22. BImSchV, BayBO, TA Luft, DIN 18005


Vorschriften:

VwGO § 80a Abs. 3
VwGO § 146 Abs. 4 Satz 3
VwGO § 146 Abs. 4 Satz 6
BauNVO § 7
BauNVO § 11 Abs. 3
BauNVO § 15 Abs. 1 Satz 2
BauGB § 1 Abs. 3
BauGB § 1 Abs. 6 Nr. 4
BauGB § 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchst a
BImSchG § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
BImSchG § 40
BImSchG § 41 Abs. 1
BImSchG § 45
BImSchG § 47
BImSchG § 50 Satz 2
16. BImSchV § 2
22. BImSchV § 3
22. BImSchV § 4
22. BImSchV § 11
BayBO Art. 6 Abs. 4
BayBO Art. 31 Abs. 9
TA Luft Nr. 4.2.1
TA Luft Nr. 4.2.3
DIN 18005
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

15 CS 07.406

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Nachbarbaugenehmigung (Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO);

hier: Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 31. Januar 2007,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 15. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Happ, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Wünschmann, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Herrmann

ohne mündliche Verhandlung am 27. Juni 2007

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 30.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

1. Dem Antragsteller geht es um die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Widersprüche gegen die Baugenehmigung vom 17. Juli 2006 und weitere Tekturgenehmigungen vom 19. Dezember 2006 sowie 14./19. Juni 2007 für das Vorhaben Einkaufszentrum "Stadtgalerie Passau". Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 31. Januar 2007 abgelehnt. Wegen des Sachverhalts nimmt der Senat auf diese Entscheidung Bezug (§ 130 b Satz 1 VwGO).

2. Mit Bescheiden vom 27. April 2007 hat die Antragsgegnerin weiteren Eingabeplänen vom 26. April 2006 ("Vertiefung Fassadengestaltung Hof Kuchler" - T-208-2007) die bauaufsichtliche Genehmigung erteilt. Der Senat hat mit Beschluss vom 2. Mai 2007 (Zwischenverfügung) der beigeladenen Partei einstweilen untersagt, in einem im Beschluss gekennzeichneten Bereich des Hofes zum Antragsteller hin Baumaßnahmen durchzuführen; der Antragsgegnerin hat er die Kennzeichnung der betroffenen Fläche auferlegt. Mit einem weiteren Bescheid vom 15. Mai 2007, ergänzt durch Bescheid vom 25. Mai 2007, hat die Antragsgegnerin neuerliche Tekturpläne ("Nachbesserung der Fassadentektur zum Anwesen Kuchler" - T-224-2007) vom 11. Mai genehmigt.

Nach der Rücknahme der Tekturanträge vom 27. April 2007 und 11. Mai 2007 hat die Antragsgegnerin mit Bescheiden vom 14. Juni 2007 die Tekturanträge T-208-2007 und T-224-2007 für erledigt und gegenstandslos erklärt. Zugleich hat sie die neuerliche Tektur T-287-2007 bauaufsichtlich unter Auflagen genehmigt. Mit weiterem Bescheid vom 19. Juni 2007 hat sie die Auflagen teilweise neu gefasst. Der Antragsteller hat gegen diese Bescheide unter dem 19. Juni 2007 Widerspruch erhoben. Die Beigeladene hat mit Schreiben vom 21. Juni 2007 gegenüber der Stadt Passau auf "Rechtsmittel" gegen die Bescheide vom 14. und 19. Juni 2007 verzichtet.

3. Der Antragsteller hat gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 31. Januar 2007 Beschwerde eingelegt.

Er beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 31. Januar 2007 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Widersprüche des Antragstellers gegen die Baugenehmigung der Stadt Passau vom 17. Juli 2006 in der Fassung der Tekturen vom 19. Dezember 2006 und 14. Juni 2007 (in der durch Bescheid vom 19. Juni 2007 geänderten Fassung) anzuordnen.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigen den angefochtenen Beschluss.

Die Landesanwaltschaft Bayern hat sich am Verfahren als Vertreter des öffentlichen Interesses beteiligt, ohne einen Antrag zu stellen.

II.

A. Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.

Die rechtlichen Maßstäbe für die Beschwerdeentscheidung ergeben sich aus § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO. Zu prüfen sind, soweit sich nicht durch die Tekturgenehmigung vom 14./19. Juni 2007 der Sachverhalt geändert hat, nur die Gründe, die - in einer dem § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügenden Weise - innerhalb offener Frist dargelegt sind. Maßgeblicher Ausgangspunkt ist eine summarische Bewertung der Erfolgsaussichten der Widersprüche des Antragstellers (vgl. Beschluss des Senats vom 21.12.2001 NVwZ-RR 2003, 9).

B. Soweit sich die Beschwerdebegründung, wie in § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO vorausgesetzt, mit dem angefochtenen Beschluss auseinander setzt, ergeben diese Gründe mit Rücksicht auf die Tekturgenehmigung vom 14. Juni 2007 bei summarischer Bewertung nicht, dass die Widersprüche des Antragstellers voraussichtlich Erfolg haben werden. Soweit die Beschwerdebegründung auf die Frage eingeht, ob das Vorhaben nach § 34 BauGB hätte zugelassen werden können, kommt es hierauf nicht an, weil sich im Rahmen des auf vorläufigen Rechtsschutz gerichteten Verfahrens keine Zweifel an der Gültigkeit des Bebauungsplans "Neue Mitte Passau Teilgebiet 2" ergeben haben.

1. Der Antragsteller ist der Auffassung, dem Bebauungsplan "Neue Mitte Passau Teilgebiet 2" fehle die städtebauliche Rechtfertigung, weil er gravierende schädliche städtebauliche Auswirkungen i.S.d. § 11 Abs. 3 BauNVO in Kauf nehme. Weder die Stadt Passau noch das Verwaltungsgericht zögen die gebotenen Schlussfolgerungen aus der Bedarfsanalyse der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung mbH (GMA) vom November 2005. Die Situation des Einzelhandels in der Passauer Innenstadt sei nicht - wie die Stadt annehme - defizitär. Die in Passau vorhandene Verkaufsflächenausstattung von insgesamt etwa 4.390 m² je 1.000 Einwohner liege nahezu doppelt so hoch wie der Bundesdurchschnitt. Die zusätzliche Ansiedlung von Einzelhandelsgeschäften in der Innenstadt bewirke Umsatzverteilungen und große Leerstandsbildung und sei daher städtebaulich nicht erforderlich. Die Feststellung der Raumverträglichkeit des Einkaufszentrums im Raumordnungsverfahren orientiere sich an den Vorgaben des Landesentwicklungsplans, berücksichtige jedoch nicht, wie die Versorgungssituation vor Ort bereits sei. Die GMA komme nicht - wie die Stadt angenommen habe - allein deshalb zu unzutreffenden Ergebnissen, weil sie von der Etablierung von rund 21.500 m² neuer Verkaufsfläche ausgehe. Die Reduzierung um 2,4 % auf 21.000 m² stelle das Gutachten nicht in Frage.

Mit diesen Einwendungen gegen den Bebauungsplan hat sich bereits das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss zum großen Teil eingehend befasst. Die Beschwerdebegründung enthält dazu nichts, was die verwaltungsgerichtliche Entscheidung in Frage stellen würde. Sie ist mit den Einlassungen im ersten Rechtszug zum großen Teil identisch (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO). Erörtert hat das Verwaltungsgericht auch die Frage der Gefahr von Leerstandsbildungen (AU S. 47, dort unter dem Blickwinkel des Abwägungsgebots). Dass eine derartige Gefahr trotz der angenommenen "deutlichen Erhöhung der Fernausstrahlung" und damit verbundener Anziehung zusätzlicher Kaufkraft von rund 60 bis 70 Mio € besteht, liegt auf der Hand und wird von der Stadt Passau auch gesehen. Konkrete Hinweise, dass die Planung insoweit städtebauliche Missstände auslösen wird, haben sich bei der gutachtlichen Beurteilung nicht ergeben. Auch der Antragsteller vermag für eine solche Prognose nichts beizutragen. Die Gefahr von Leerstandsbildungen stellt - bei im Übrigen auch gutachterlich sehr positiv beurteilter städtebaulicher Integration des Sondergebiets Einkaufszentrum - die Planrechtfertigung nicht in Frage. Gegebenenfalls sind in der Konsequenz weiterführende städtebauliche Planungen und Maßnahmen erforderlich. Nicht nachvollziehbar ist, welchen negativen Einfluss es auf die Planrechtfertigung haben sollte, dass im Raumordnungsverfahren nach den dafür maßgeblichen Kriterien der Nr. B II 1.2.1.5 der Anlage zu § 1 der Verordnung über das Landesentwicklungsprogramm (LEP) vom 12. März 2003 (GVBl S. 173; vgl. nunmehr Nr. B II 1.2.1.2 der Verordnung über das LEP vom 8.8.2006 GVBl S. 471) die Raumverträglichkeit des Einkaufszentrums festgestellt worden ist.

Im Übrigen unterstellt die Stadt Passau dem Gutachten der GMA ein "unzutreffendes Ergebnis" nicht etwa deshalb, weil es - anstelle von 21.000 m² - von 21.500 m² neuer Verkaufsfläche ausgehe. Die Annahme eines unzutreffenden Ergebnisses beruht auf der nahe liegenden Annahme, die effektive Neufläche (und damit auch die Abschöpfungsquote) werde infolge der Integration von Bestandsflächen in das geplante Einkaufszentrum deutlich geringer ausfallen (vgl. "Zusammenfassung der Ergebnisse der öffentlichen Auslegung des Bebauungsplans" vom 22.5.2006, S. 9 Spalte 2).

2. Der Antragsteller hält es für fehlerhaft, dass der Bebauungsplan im seinem nicht qualifizierten Teil ein Kerngebiet festsetzt (§ 7 BauNVO). Das Verwaltungsgericht habe zur Charakterisierung des Gebiets einen zu großen Bereich gewählt. Für die Beurteilung sei ausschließlich der überplante Bereich maßgeblich. Die dort vorhandene Nutzung entspreche einem faktischen Kerngebiet nicht, vielmehr einem allgemeinen Wohngebiet, zumindest einem Mischgebiet.

Diese Einwände begründen keine Zweifel an der Gültigkeit der Festsetzung eines Kerngebiets. Das Baugesetzbuch regelt nicht, dass die Festsetzung der Art der Nutzung in einem bebauten, aber bisher nicht beplanten Gebiet derjenigen Art entsprechen muss, in der das Gebiet zum Zeitpunkt der Festsetzung faktisch genutzt wird. Zu den Belangen der Bauleitplanung gehört nicht nur die Erhaltung vorhandener Ortsteile, sondern auch ihre Fortentwicklung und Anpassung an beabsichtigte städtebauliche Strukturen (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB). Bereits die Planung des (ebenfalls kerngebietstypischen) Einkaufszentrums "Stadtgalerie" in unmittelbarer Nachbarschaft der Gebäude an der Bahnhofstraße prägt den Gebietscharakter ganz entscheidend. Auch wird die Begrenzung des Blickwinkels auf das Gebiet des Bebauungsplans "Neue Mitte Passau Teilgebiet 2" den Gegebenheiten nicht gerecht. Dieser Bebauungsplan ist Teil des Gesamtkonzepts "Neue Mitte Passau". Seine rechtliche Bewertung steht - jedenfalls was die Festsetzung der Art der Nutzung angeht - auch in einem engen Zusammenhang mit den Festsetzungen des Bebauungsplans "Neue Mitte Passau Teilgebiet 1", der seinerseits großflächig Kerngebiete festsetzt.

Abgesehen davon ist die Zahl der Wohnungen, auf die der Antragsteller hinweist, für sich genommen wenig aussagekräftig. Der Gebietsumgriff und der Gebietscharakter der näheren Umgebung ergeben sich nicht aus einem numerischen Vergleich der Nutzungsarten, sondern aus der städtebaulichen Prägung durch die vorhandene Nutzung. Die "nähere Umgebung" ist schon deshalb nicht mit der unmittelbaren Nachbarschaft identisch. An der prägenden Wirkung der sich an das Plangebiet in einer Entfernung von 30 bis 150 m ohne erkennbare Zäsur unmittelbar anschließenden zahlreichen großflächigen Einzelhandelsbetriebe und der Hauptpost besteht nach Lage der Akten kein ernstlicher Zweifel. Das Gutachten der GMA vom November 2005 kennzeichnet gerade die Bahnhofstraße als "innerstädtische Hauptgeschäftsstraße" (S. 17; auch S. 28). Diese Gegebenheiten rechtfertigen bei kursorischer Betrachtung bereits unabhängig von der Planung die Qualifizierung als Kerngebiet.

Die Antragsgegnerin war nicht gehalten, den Begriff der sonstigen Wohnung im Sinn des § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO im Bebauungsplan näher zu definieren. Er erschließt sich ohne weiteres aus der Gegenüberstellung mit § 7 Abs. 2 Nr. 6 BauNVO. Ebenso wenig war es notwendig, die Zulassung sonstiger Wohnungen auch im Bereich des Kerngebiets des Bebauungsplans "Neue Mitte Passau Teilgebiet 2" zu begrenzen. Richtig ist zwar, dass die Auffassung vertreten wird, eine Festsetzung nach § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO, die das gesamte Kerngebiet umfasse, sei wegen der Missachtung der allgemeinen Zweckbestimmung des Kerngebiets (§ 7 Abs. 1 BauNVO) unzulässig (vgl. König/Roeser/Stock, BauNVO, 2. Auflage 2003, RdNr. 25 zu § 7). Es kann offen bleiben, ob das auch für die besondere Konstellation des nur wenige Grundstücke umfassenden, die dominierende Sondergebietsfestsetzung nur punktuell ergänzenden Kerngebiets im Bebauungsplans "Neue Mitte Passau Teilgebiet 2" zutreffen würde. Denn eine isolierte Bewertung dieses Bebauungsplans im Hinblick auf die Zulassung von sonstigen Wohnungen im Kerngebiet wird dem unmittelbaren sachlichen und räumlichen Zusammenhang des Bebauungsplans mit dem Bebauungsplan "Neue Mitte Passau Teilgebiet 1" nicht gerecht. Dieser Plan enthält zahlreiche Kerngebietsfestsetzungen, lässt Wohnungen aber nicht durchweg, sondern nur vereinzelt zu (vgl. Nr. 2.1.2 Buchst b der textlichen Festsetzungen). - Auf § 1 Abs. 10 BauNVO kommt es deshalb nicht mehr an.

3. Der Antragsteller ist der Auffassung, die Stadt Passau habe im Rahmen der Abwägung die städtebaulichen Auswirkungen der Festsetzung eines Sondergebiets nicht ausreichend berücksichtigt. Es sei mit Umsatzumverteilungen zu Lasten ansässiger Betriebe und in der Folge mit Leerstandsbildungen zu rechnen.

Das Verwaltungsgericht hat sich mit diesen Einwendungen eingehend befasst. Die Beschwerdebegründung erschöpft sich im Wesentlichen in einer wortgleichen Widerholung des Vorbringens in erster Instanz (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO). Der Antragsteller weist gegenüber den Gründen der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung lediglich darauf hin, die negativen Auswirkungen auf die Innenstadt, die der Gesetzgeber mit der Regelung des § 11 Abs. 3 BauNVO habe unterbinden wollen, seien unabhängig davon zu betrachten, wie weit das fragliche Vorhaben von der Innenstadt entfernt liege. Dieser Einwand stellt die angefochtene Entscheidung nicht in Frage. § 11 Abs. 3 BauNVO hat in erster Linie die Funktion, die dort genannten Vorhaben von Gewerbe- und Industriegebieten und damit von regelmäßig abseits der Wohnnutzung gelegenen Orten fernzuhalten (vgl. BVerwG vom 3.2.1984 BVerwGE 68, 342/349f.). § 11 Abs. 3 BauNVO soll in Verbindung mit § 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchst a BauGB - so sicherstellen, dass "durch die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben an peripheren Standorten nicht die wirtschaftliche Existenz derjenigen Betriebe bedroht oder gar vernichtet wird, die eine verbrauchernahe Versorgung gewährleisten" (BVerwG vom 1.8.2002 BVerwGE 117, 25/36). Dass der Bebauungsplan "Neue Mitte Passau Teilgebiet 2" entgegen dem städtebaulichen Leitbild, durch die Standorte des Einzelhandels eine funktionsnahe Beziehung zum Wohnen herzustellen, an einem wohnungsfernen, verkehrlich schlecht oder nur mit dem Auto erreichbaren Standort ein Einkaufszentrum mit einem Warenangebot für den privaten Bedarf der Allgemeinheit vorsehe (vgl. BVerwG vom 1.8.2002 a.a.O.), nimmt auch die Beschwerdebegründung nicht an. Die dort zitierten Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. Juni 1998 (NVwZ 1999, 79) und des Thüringischen Oberverwaltungsgerichts vom 20.12.2004 (ThürVBl 2005, 162) gehen nicht von abweichenden rechtlichen Maßstäben aus.

4. Der Antragsteller macht geltend, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht die Überschreitung der Grenzwerte des § 2 Abs. 1 16. BImSchV und der Vorgaben der DIN 18005 im Hinblick auf die bereits bestehende Vorbelastung und die Problematik der Innenstadtlage für planerisch hinnehmbar gehalten. Die Überschreitung der Grenzwerte der 16. BImSchV führe zu einer Gesundheitsgefährdung der Bewohner im Baugebiet. Damit sei die Grenze der Abwägung erreicht; die Antragsgegnerin habe etwas "weg gewogen", wozu sie rechtlich nicht in der Lage gewesen sei.

Richtig ist zwar, dass § 41 BImSchG und die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 16. BImSchV auch im Rahmen der Bauleitplanung verbindlich sind und nicht im Weg planerischer Abwägung überwunden werden können (vgl. BVerwG [4. Senat] vom 14.11.2000 NVwZ 2001, 433). Das hat die Antragsgegnerin aber auch nicht getan. Sie hat festgestellt, dass es bei der von ihr bevorzugten Variante einer neuen Verkehrsführung im Plangebiet vereinzelt zu einer Überschreitung dieser Werte kommt. Der Anspruch auf aktiven Lärmschutz nach Maßgabe des § 41 Abs. 1 BImSchG i.V.m. § 2 Abs. 1 16. BImSchV steht jedoch zum einen unter dem Vorbehalt, dass schädliche Umwelteinwirkungen nach dem Stand der Technik (§ 3 Abs. 6 BImSchG) vermeidbar sind. § 41 Abs. 1 BImSchG zwingt also nicht zu einem Verzicht auf die Planung (BVerwG [4. Senat] vom 16.12.1993 NVwZ 1994, 691; BVerwG [9./11. Senat] vom 5.3.1997 BVerwGE 104, 123/133 f.), sondern primär nur zu Vorkehrungen zur Ausgestaltung der geplanten Verkehrswege. Das wiederum steht nach § 41 Abs. 2 BImSchG unter dem Vorbehalt, dass die Kosten solcher (aktiver) Schutzmaßnahmen nicht außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen. Ist das aber der Fall - was in Anbetracht der Innenstadtlage und des relativ gesehen kleineren betroffenen Personenkreises nahe liegt und vom Antragsteller auch nicht bezweifelt wird -, ist der gebotene Schutz durch passive Schallschutzmaßnahmen zu gewährleisten (§ 42 BImSchG). Darüber setzt sich der Bebauungsplan nicht hinweg.

Ohne Gewicht ist auch der Hinweis des Antragstellers, die Anwendung der Grenzwerte der 16. BImSchV für Kerngebiete beruhe auf der Tatsache, dass im Kerngebiet grundsätzlich Wohnungen nur bei "Vorliegen besonderer Regelungen" zulässig seien. Lasse der Plangeber Wohnungen im Kerngebiet zu, so habe er explizit die Beeinträchtigung für diese Bewohner zu berücksichtigen. - Die Grenzwerte des § 2 Abs. 1 Nr. 3 16. BImSchV gelten nicht nur in Kerngebieten, sondern auch in Dorf- und Mischgebieten. Diese Gebiete dienen dem Wohnen (§ 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 BauNVO); Wohngebäude (nicht nur Wohnungen) sind allgemein zulässig.

Die DIN 18005 enthält im Vergleich zu § 2 Abs. 1 16. BImSchV keine Grenzwerte, sondern Orientierungswerte, die Gegenstand planerischer Abwägung sind und insbesondere - wie geschehen - auch eine Berücksichtigung der Vorbelastung der Bahnhofstraße durch die bisherige Verkehrsführung und die Bahnstrecke ermöglichen.

5. Der Antragsteller ist der Ansicht, die Antragsgegnerin sei verpflichtet gewesen, im Rahmen der planerischen Abwägung bereits "Lärmpuffer" (Lärmreserven) für mögliche spätere zusätzliche gewerbliche Nutzungen offen zu halten, die mit Lärmimmissionen einhergehen. Das Verwaltungsgericht habe sich nicht damit auseinandergesetzt, dass der Bebauungsplan im Kerngebiet Wohnungen ausschließe. - Dieser Einwand übersieht zum einen, dass der Bebauungsplan "Neue Mitte Passau Teilgebiet 2" Wohnungen im Kerngebiet nicht ausschließt, sondern im Gegenteil gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO ausdrücklich - und nicht nur ausnahmsweise gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2, § 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO - zulässt (Nr. 2.1.1 Buchst a der textlichen Festsetzungen). Im Übrigen schöpft die Planung des Einkaufszentrums im Sondergebiet das Lärmkontingent für Anlagenlärm im Kerngebiet nach den Feststellungen des Gutachtens S&P vom 16. März 2006 (Bericht Nr.: 2479/B2/hu) nicht aus. Nach den tatsächlichen Gegebenheiten bestand auch keine Veranlassung, die Frage des Anlagenlärmkontingents planerisch anders, etwa durch flächenbezogene Schallleistungspegel zu lösen.

6. Nach der Auffassung des Antragstellers geht die planerische Abwägung von einem im Ansatz falschen Blickwinkel des Gutachters aus. Das Gutachten vergleiche den Ist-Zustand mit dem Zustand nach der Umsetzung des Luftreinhalteplans des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (vgl. § 47 BImSchG) und der Realisierung des geplanten Einkaufszentrums. Da aber der Luftreinhalteplan infolge der 22. BImSchV unabhängig vom Einkaufszentrum zu verwirklichen sei, hätte der Zustand nach der Umsetzung des Luftreinhalteplans mit demjenigen nach der Umsetzung des Luftreinhalteplans und der Realisierung des geplanten Einkaufszentrums verglichen werden müssen. - Dieser Einwand macht nicht plausibel, worin der Abwägungsmangel liegen sollte. Es mag sein, dass auch andere Vergleichspaare möglich sind und der gutachtlichen Bewertung und planerischen Abwägung hätten zugrunde gelegt werden können. Das besagt aber nicht, dass die Stadt Passau die lufthygienischen Belange des Umweltschutzes auch im Hinblick auf § 50 Satz 2 BImSchG unzureichend erfasst und bewertet, wenn sie die Verhältnisse, die sich infolge der Bauleitplanung und der - im Übrigen sachlich mit der Bauleitplanung "Neue Mitte Passau" verknüpften (vgl. § 47 Abs. 6 BImSchG) - Umsetzung des Luftreinhalteplans ergeben werden, mit dem Ist-Zustand vergleicht. Die Abwägung auf der Grundlage dieses jeweils die Gesamtheit der Verhältnisse erfassenden Vergleichspaars ist eine typische planerische Entscheidung.

7. Der Antragsteller bekräftigt seine Meinung, bei einem Vorhaben wie der Stadtgalerie, die eine Vielzahl von Emissionsquellen besitze, müsse ein konkretes Lärmgutachten zum Bestandteil der Baugenehmigung gemacht werden. - Für einen solchen Rechtssatz gibt es keine Grundlage. Dass er dem Beschluss des 26. Senats des Verwaltungsgerichtshofs vom 14. September 2006 (Az. 26 CS 06.2072) nicht zugrunde liegt, hat das Verwaltungsgericht bereits zutreffend begründet. Der Senat nimmt darauf Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Das Vorhaben darf, so wie es genehmigt ist, jedenfalls nicht zu einer Überschreitung der nach Lage der Dinge zumutbaren Lärmimmissionen führen. Dabei müssen (u.a.) alle Lärmquellen des Vorhabens berücksichtigt werden, die seine bestimmungsgemäße Nutzung mit sich bringt. Ein Lärmgutachten kann prognostisch erweisen, ob das Vorhaben sich im Rahmen des rechtlich Zulässigen halten wird. Es kann sinnvoll sein kann, Annahmen eines Lärmgutachtens insbesondere über die Intensität der Nutzung verbindlich festzulegen und es insoweit zum Bestandteil der Genehmigung zu machen. Welche schlechthin essentielle Bedeutung ein konkretes Lärmgutachten aber als Bestandteil der Baugenehmigung haben sollte, geht auch aus der Beschwerdebegründung nicht hervor.

Die Stadt Passau hat die "Übersichtspläne Schallemissionen vom 27.02.06" zum Gegenstand der Baugenehmigung gemacht. Diese Übersichtspläne enthalten für das 2. und 3. Obergeschoss (Parkdecks 01 und 02) den Standort und die Schallleistung der einzelnen Lüftungsaggregate. Der Antragsteller vermutet, die Aggregate reichten nach der Teilschließung der Lüftungsöffnungen des Parkdecks 01 nach Maßgabe der Genehmigung vom 19. Dezember 2006 für eine bestimmungsgemäße Nutzung des Parkdecks 01 nicht mehr aus. Ob das so ist, kann auf sich beruhen. Jedenfalls kann der Bauherr - anders als die Beschwerde meint - die Lüftungsaggregate nicht völlig umstrukturieren, ohne sich um die Baugenehmigung kümmern zu müssen. Eine "völlige Umstrukturierung" des Lüftungskonzepts bedarf einer bauaufsichtlichen Änderungsgenehmigung (vgl. Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue bayerische Bauordnung, RdNrn. 26 ff. zu Art. 3).

Die Begutachtung der Lärmsituation beruht nach Ansicht des Antragstellers auf einer zu gering angenommenen Frequentierung der Stellplätze auf den beiden Parkdecks. Die gutachtliche "Prognose der an den umliegenden maßgebenden Immissionsorten einwirkenden Geräuschimmissionen" vom 16. März 2006 (S. 10) geht von 138 Pkw-Bewegungen (im Quell- wie auch im Zielverkehr) je Parkdeck und Tagstunde aus. Das entspricht bei 249 (Parkdeck 01) und 223 (Parkdeck 02) Stellplätzen einer Häufigkeit von 0,55 bzw. 0,62 Pkw-Bewegungen pro Stunde oder einer durchschnittlichen Verweildauer je Kunden-Pkw von etwa 1 Stunde 35 Minuten. Dabei orientiert sich der Gutachter an dem Ergebnisbericht "Stadtgalerie Passau Verkehrserschließung" der Ingenieurgruppe IVV GmbH & Co. KG Aachen vom Januar 2005, den diese im Auftrag der Stadtgalerie-Projektgesellschaft ECE erstellt hat (im Ergebnisbericht S. 13 ist eine Umschlagshäufigkeit von 0,5 Pkw/Stellplatz und Stunde prognostiziert. Dieser Ergebnisbericht ist noch auf eine Stellplatzkapazität von 550 und die daraus abgeleitete, vom Lärmgutachter aber auf die genehmigte Kapazität von nur 472 Stellplätzen übernommene Frequenz von 275 Pkw/h bezogen. Daraus erklärt sich die geringfügige Steigerung der angenommenen Umschlagshäufigkeit in der Prognose vom 16. März 2006). Der Antragsteller verfügt hierzu über keine bessere Einsicht. Der Zeithorizont des Verkehrsaufkommens im Jahr 2015, auf den er hinweist, liegt der gutachterlichen Einschätzung ebenso zugrunde wie eine volle Belegung der Parkdecks. Für die Umschlagshäufigkeit auf den Parkdecks kommt es im Übrigen in erster Linie auf die Nutzungsgepflogenheiten der Kunden der Stadtgalerie an, nicht auf ein steigendes Gesamtverkehrsaufkommen oder die Stellplatzrichtlinien der Stadt Passau. Die angenommene Umschlagshäufigkeit lässt abschätzen, welche Lärmbelastung realistischerweise zu erwarten ist. Die Prognose vom 16. März 2003 geht auf dieser Basis davon aus, dass die Richtwerte der TA Lärm (Nr. 6.1 Buchst c) eingehalten werden können. Sollte das wider Erwarten nicht der Fall sein, ist der verantwortliche Bauherr nach Maßgabe des § 22 BImSchG gehalten, geeignete Maßnahmen zum Schutz der Nachbarschaft zu ergreifen. Durch die erteilte bauaufsichtliche Genehmigung ist die Stadt Passau nicht gehindert, nachträgliche Anordnungen zu erlassen, auch wenn es möglich gewesen wäre, bereits in der Baugenehmigung entsprechende Maßnahmen anzuordnen (vgl. BVerwG vom 24.9.1992 BVerwGE 91, 92/100; Beschluss des Senats vom 8.4.2004 Az. 15 CS 04.59). Sie hat sich insofern auch gemäß Art. 36 Abs. 2 Nr. 5 BayVwVfG weitergehende Auflagen vorbehalten (vgl. Nr. 2 der "Auflagen" des Bescheids vom 19.12.2006, Nr. 29 der "Auflagen" des Bescheids vom 17.7.2006).

8. Das Verwaltungsgericht hat zur Bewertung der Lärmbelastung des Antragstellers durch die nordseitige Zufahrt zum Einkaufszentrum anhand der DIN 18005 u.a. darauf hingewiesen, dass die DIN 18005 Orientierungswerte für die Bauleitplanung benennt. Diese Werte konkretisierten nicht die für den Individualrechtsschutz nach Maßgabe des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, Art. 16 Abs. 2 BayBO maßgebliche Schwelle unzumutbarer Beeinträchtigungen. Damit setzt sich die Beschwerde nicht auseinander (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO).

9. Der Antragsteller geht davon aus, dass die lufthygienische Belastung infolge des Vorhabens zu schädlichen Umwelteinwirkungen führt. Er verweist (auch) in diesem Zusammenhang darauf, dass der Zustand nach der Umsetzung des Luftreinhalteplans mit demjenigen nach der Umsetzung des Luftreinhalteplans und der Realisierung des geplanten Einkaufszentrums hätte verglichen werden müssen. Das führt aber nicht weiter, weil die Frage, ob von dem Vorhaben Belastungen der menschlichen Gesundheit ausgehen (vgl. § 3 Abs. 4 und 5, § 4 Abs. 2 22. BImSchV, § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO), nicht von einer planerisch determinierten Bildung von Vergleichspaaren abhängt (vgl. B.6.).

Es kann offen bleiben, ob und gegebenenfalls mit welchen rechtlichen Konsequenzen die 22. BImSchV im Rahmen des Genehmigungsverfahren für Anlagen im Sinn des § 22 BImSchG gilt (vgl. Jarass NVwZ 2003, 257/265; zur Straßenplanfeststellung BVerwG vom 26.5.2004 BVerwGE 121, 57/61 f.). Gute Gründe sprechen dafür, die grundstücksbezogen einzuhaltenden Immissionsgrenzwerte der 22. BImSchV jedenfalls dann unmittelbar anzuwenden, wenn die Verwirklichung des Vorhabens die Möglichkeit ausschließt, die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung (§ 47 BImSchG, § 11 22. BImSchV) und sich daran anschließender konkreter Maßnahmen zu gewährleisten (vgl. BVerwG vom 18.11.2004 BVerwGE 122, 207/216 f.). Um eine solche Konstellation geht es aber nicht. Die lufthygienische Verträglichkeitsuntersuchung des Ingenieurbüros Müller-BBM vom 19. Dezember 2006 nimmt für das Anwesen des Antragstellers (Bahnhofstraße 9) eine vorhabensbedingte Immissions-Jahreszusatzbelastung von 1,4 µg/m³ PM10 (südseitig) und 4,5 µg/m³ PM10 (nord- = straßenseitig) sowie von jeweils 4 µg NOx an. Dieser Anteil an der (zulässigen) Gesamtbelastung ist zu gering, als dass er für sich genommen geeignet wäre, die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung und sich daran anschließenden Maßnahmen ernsthaft zu gefährden.

Dahingestellt bleiben kann auch, welche Konsequenzen sich aus dem Regime der 22. BImSchV ergeben, wenn das Vorhaben zu einer Überschreitung der Grenzwerte führt, ohne dass es dazu im eben genannten Sinn maßgeblich beiträgt; ob das also, primär anlagenbezogen, zur Versagung der Baugenehmigung/Erteilung nur mit entsprechenden Nebenbestimmungen führen müsste oder aber, primär qualitätsbezogen, zu Maßnahmen auf Grund einer Luftreinhalteplanung nach § 47 Abs. 1 BImSchG/Aktionsplanung nach § 47 Abs. 2 BImSchG (§ 40 Abs. 1 BImSchG) oder auch zu planunabhängigen Maßnahmen (§ 40 Abs. 2, § 45 BImSchG, § 45 StVO). Denn das Vorhaben führt, soweit sich das im Rahmen des vorläufigen Verfahrens beurteilen lässt, voraussichtlich nicht zu einer Überschreitung dieser Grenzwerte. Das ergibt sich aus den Prognosen der genannten lufthygienischen Verträglichkeitsuntersuchung. Sie beruht, wie schon die schalltechnischen Gutachten, auf den Annahmen zur Frequentierung des Vorhabens "Stadtgalerie" der Ingenieurgruppe IVV GmbH & Co. KG Aachen vom Januar 2005. Wegen der darauf bezogenen Einwände des Antragstellers kann auf die Gründe unter B.7. verwiesen werden. Die angenommene vorhabensbedingte Immissions-Jahreszusatzbelastung für PM10 und NO2 zieht der Antragsteller nicht substantiell in Zweifel. Seine Bedenken gründen sich darauf, dass es sich im Nahbereich des Einkaufszentrums um ein verkehrlich hoch belastetes Gebiet handeln werde. Konkrete empirische Daten liegen dazu nicht vor. Die anlässlich von Messungen festgestellte Überschreitungshäufigkeit bei den PM10-Messwerten für das Jahr 2003 bezieht sich zum einen auf die Verhältnisse an einem anderen Immissionsort (Kleiner Exerzierplatz), zum andern auf die Verhältnisse vor der Umsetzung des mit dem Luftreinhalteplan erarbeiteten neue Verkehrskonzepts (dessen lufthygienische Wirksamkeit ist zwar im Einzelnen nicht konkret erfasst; vgl. S. 48 des Luftreinhalteplans. Insgesamt geht der Luftreinhalteplan aber von einer positiven Wirksamkeit im Sinn einer Minderung der Immissionen aus). Die Verträglichkeitsuntersuchung geht im Anschluss an das von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Köln, herausgegebene Merkblatt für Luftverunreinigungen an Straßen (MLuS02) von kleinstadttypischen Vorbelastungswerten in Höhe von jeweils 25 µg/m³ (Jahresmittelwert) für NO2 und PM10 aus. Dass die im lufthygienischen Jahreskurzbericht 2006 des Bayerischen Landesamts für Umwelt mitgeteilten Werte für den Standort Passau/Stelzhamerstraße mit Jahresmittelwerten von 39 µg/m³ (NO2) und 32 µg/m³ (PM10) darüber liegen, stellt das Gutachten nicht ernsthaft in Frage. Es kann davon ausgegangen werden, dass diese Probenahmestelle entsprechend den Vorgaben der Anlage 2 zur 22. BImSchV auch für Passau höhere Konzentrationen repräsentiert. Die im Luftreinhalteplan (S. 17 f. - Tabelle 4 -) mitgeteilten Werte aus einem Gutachten des TÜV Süddeutschland liegen zum Teil unter, zum Teil über den Messergebnissen der Stelzhamerstraße. Insgesamt ist die lufthygienische Lage um das Vorhaben durch gewisse Unsicherheiten geprägt. Aktuelle Messungen der Vorbelastung sind infolge der derzeitigen Umbruchsituation (neue Verkehrsführung) nicht aussagekräftig. Konkrete Hinweise, dass die Grenzwerte der 22. BImSchV nicht eingehalten werden können, haben sich aber ebenfalls nicht ergeben. Unterstellt man eine Vorbelastung in der an der Stelzhamerstraße festgestellten Höhe, so würde das noch nicht zu einer Überschreitung der für 2006 gültigen Jahresmittelwerte gemäß §§ 3, 4 22. BImSchV führen.

Sieht man von der 22. BImSchV ab, bliebe es bei der Unzumutbarkeitsschwelle nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Der Bebauungsplan selbst setzt keine Maßstäbe, die über das Schutzniveau des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO hinausgehen (vgl. § 50 Satz 2 BImSchG; auch BVerwG vom 12.8.1999 BVerwGE 109, 246/250/253 f.; vom 28.2.2002 NVwZ 2002, 1114). Entscheidend ist, was dem Antragsteller zumutbar ist. Die TA Luft stellt hierzu keine gegenüber der 22. BImSchV strengeren Anforderungen (vgl. ebenda Nrn. 4.2.1 und 4.2.3). Die geschilderten unvermeidbaren Prognoseunsicherheiten machen die Baugenehmigung nicht rechtswidrig. Zudem ist die lufthygienische Vorbelastung kein statischer Wert. Die Antragsgegnerin hat gegebenenfalls nachträglich mit dem Instrumentarium des § 24 Satz 1 BImSchG den Schutz des Antragstellers sicherzustellen. Sie hat dem Umstand Rechnung getragen, dass sich die lufthygienische Lage im Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung (noch) nicht hinreichend sicher abschätzen ließ und sich insofern auch gemäß Art. 36 Abs. 2 Nr. 5 BayVwVfG weitergehende Auflagen vorbehalten (vgl. Nr. 2 der Auflagen des Bescheids vom 19.12.2006, Nr. 29 der Auflagen des Bescheids vom 17.7.2006). Die Ausführung des Vorhabens stellt nicht in Frage, den Schutz des Antragstellers vor unzumutbaren lufthygienischen Belastungen auch durch anlagenbezogene Maßnahmen sichern zu können.

10. Das Vorhaben nimmt auch im Übrigen die nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO gebotene Rücksicht. Nach den konkreten Umständen übte das Vorhaben ohne die zusätzlichen, in der Tekturgenehmigung vom 14./19. Juni 2007 getroffenen Regelungen eine einmauernde Wirkung auf das mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebaute Grundstück des Antragstellers aus. Zwar hält das Vorhaben die Abstandsflächen ein (vgl. B.11.). Das lässt in der Regel, aber nicht grundsätzlich darauf schließen, dass das Vorhaben insoweit wie geboten tatsächlich Rücksicht nimmt (vgl. BVerwG vom 11.1.1999 NVwZ 1999, 879 m.w.N.). Infolge der Baugenehmigung entsteht auf der Südseite des Anwesens des Antragstellers eine nach allen Seiten hin durch Baukörper umschlossene, innenhofartige Lage. Das ist - für sich genommen - noch keine rücksichtslose, sondern eine zumal im dicht besiedelten Stadtkern nicht ungewöhnliche städtebauliche Situation. Dass der "Hof" nicht begehbar ist, liegt u.a. an dem erdgeschossigen Grenzanbau durch den Antragsteller selbst. Er legitimiert den im Bebauungsplan vorgesehenen erdgeschossigen Grenzanbau der Beigeladenen (vgl. auch Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO). Was der innenhofartigen Situation nach den konkreten Umständen für den Antragsteller trotz der in etwa gleichen Höhenentwicklung des Vorhabens eine einmauernde, "gefängnishofartige" Wirkung (vgl. NdsOVG vom 11.4.1997 BRS 59 Nr. 164; OVG Bremen vom 25.10.2002 BRS 65 Nr. 81) verliehen hatte, war das Gegenüber einer sich über die gesamte Süd- und Westseite des "Hofs" erstreckenden nackten und fensterlosen Betonfassade. Für die Gültigkeit des Bebauungsplans "Neue Mitte Passau Teilgebiet 2" ist die umschriebene Wirkung ohne Bedeutung. Sie beruht ursächlich nicht auf dessen Festsetzungen, sondern auf den zunächst unzureichenden Regelungen in der Baugenehmigung. Insbesondere ergibt sich aus Nr. 15 der "Auflagen" des Bescheids vom 17. Juli 2006 (i.V.m. Nr. 2 der "Auflagen" des Bescheids vom 19.12.2006) keine erkennbare und verbindliche Gestaltung der fraglichen Innenhoffassade, so dass sich die Frage dadurch bedingter zureichender Rücksichtnahme nicht stellt.

Mit Hilfe der baugestalterischen Maßnahmen nach der Tekturgenehmigung vom 14. Juni 2007 (in der geänderten Fassung gemäß Bescheid vom 19. Juni 2007) wird diese einmauernde Wirkung vermieden. Die dort gefundene Lösung orientiert sich nicht mehr nur ausschließlich zweckorientiert an der Vorhabensnutzung "Einkaufszentrum". Sie greift vielmehr die entstehende Innenhoflage auf, respektiert das Gegenüber eines teilweise auch wohngenutzten Hauses und wird grundlegenden ästhetischen Anforderungen an eine solche Situation gerecht.

Es gibt keine konkreten Anhaltspunkte, dass die entstehende Innenhoflage geeignet wäre, eine Beeinträchtigung des Anwesens des Antragstellers durch Stadttauben auszulösen, die über das in der Passauer Innenstadt Übliche signifikant hinausgeht und sich gegebenenfalls auch nicht durch grundsätzlich geeignete Maßnahmen vermeiden lässt.

11. Der Antragsteller hält die Bewertung der Abstandsflächen durch das Verwaltungsgericht für fehlerhaft. Die Verkürzung der Abstandsfläche auf 0,5 H, sei es durch die Festsetzungen des Bebauungsplans (WHmax in violetter Farbe; s. 1.1 der Planzeichen), sei es durch Nr. II. der Bescheide vom 17. Juli und 19. Dezember 2006 im Anschluss an Art. 6 Abs. 4 Satz 3 BayBO, sei rechtswidrig. - Die Reduzierung der Abstandsfläche auf 0,5 H steht im Einklang mit Art. 6 Abs. 4 Sätze 2 und 3, Art. 7 Abs. 1 Satz 2 BayBO. Sie musste infolge der Wohnnutzung in den oberen Geschossen des Hauses auf FlNr. 63 nicht unterbleiben. Das Abstandsflächenrecht soll eine ausreichende Belichtung und Lüftung des Baugrundstücks gewährleisten (vgl. Art. 7 Abs. 1 Satz 2 BayBO; BayVerfGH vom 12.5.2004 VerfGH 57, 48/54 = NVwZ 2005, 576). Das stellt das angegriffene Vorhaben nicht in Frage. Es ermöglicht, zumal in den wohngenutzten Etagen, einen Lichteinfallwinkel von 45° (und niedriger) zur in der Höhe der Fensterbrüstung liegenden Waagrechten (vgl. Art. 7 Abs. 1 Satz 3 BayBO i.d.F. der Bekanntmachung vom 21.8.1969 GVBl S. 263; BayVGH vom 29.12.2005 NVwZ-RR 2006, 761). Im Übrigen ist die Situation der Abstandsflächen auch dadurch geprägt, dass das Gebäude des Antragstellers selbst 1 H nicht einhält, unter Berücksichtigung der Balkone sogar lediglich 0,5 H.

Nach Ansicht des Antragstellers hält das Vorhaben auch 0,5 H nicht ein. Die Außentreppen könnten nicht nach Maßgabe des Art. 6 Abs. 3 Satz 7 BayBO außer Betracht bleiben. - 0,5 H hält das Vorhaben jedoch nach der mit einem Genehmigungsvermerk (19. Dezember 2006) versehenen Bauzeichnung auch unter Berücksichtigung der Außentreppen ein (vgl. Beiakt 2 Bl. 51). Die Beschwerdebegründung ergibt nicht, weshalb das unzutreffend sein sollte. Auf Art. 6 Abs. 3 Satz 7 BayBO kommt es daher nicht an.

12. Der Antragsteller ist der Auffassung, die Befreiung von den Brandschutzanforderungen des Art. 31 Abs. 9 BayBO (Öffnung der Brandwand bei Achse 8 im Basement) sei rechtswidrig. Das Verwaltungsgericht hat sich mit diesem Einwand eingehend befasst und insbesondere darauf hingewiesen, dass die Gefahr einer Brandweiterleitung infolge der Öffnung der inneren Brandwand - wie vom Brandschutzkonzept (§ 14 BauVorlV) vorgesehen - durch den Einbau einer durch thermische Melder gesteuerten Sprühwasserlöschanlage nach DIN 14 494 verhindert werden kann. Die Beschwerdebegründung enthält nichts, was das in Frage stellen würde. Es ist jedoch angezeigt, die regelmäßige Wartung der Löschanlage und die Vorlage der Wartungsberichte ergänzend durch Bescheid ausdrücklich anzuordnen.

13. Die Baugenehmigung steht auch nicht in einem Widerspruch zur Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG). Inhalt und Schranken des Eigentums werden durch die Gesetze bestimmt (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG). Nach kursorischer Prüfung widerspricht das Vorhaben den für das Verfahren relevanten nachbarschützenden Regelungen nicht.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 47 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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