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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 28.07.2008
Aktenzeichen: 17 P 07.3167
Rechtsgebiete: BayPVG


Vorschriften:

BayPVG Art. 75 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

17 P 07.3167

In der Personalvertretungssache

wegen Mitbestimmung (Prämien *** ** **** * *** **);

hier: Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 31. Oktober 2007,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 17. Senat, durch

den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Zimniok, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Heinl, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Häring, die ehrenamtliche Richterin Markl, den ehrenamtlichen Richter Stenner

aufgrund mündlicher Anhörung vom 28. Juli 2008

am 28. Juli 2008

folgenden Beschluss:

Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der Antragsteller ist der bei der Dienststelle gebildete Personalrat bestehend aus elf Mitgliedern. Am Verfahren beteiligt ist der Leiter der Dienststelle des Sparkassenverbandes Bayern (SVB) mit Sitz in München.

Im Rahmen der Zusammenarbeit stellt der SVB der ********** ********** **** *** *** ** (künftig: **) Mitarbeiter zur Verfügung. Seit Januar 2007 zahlt die Dienststelle den Mitarbeitern, die in **-Projekten eingesetzt werden, eine zusätzliche Prämie. Im Februar 2007 wies der Antragsteller den Beteiligten darauf hin, dass die Gewährung der Prämie der Mitbestimmungspflicht unterliege; ein entsprechendes Mitbestimmungsverfahren sei bislang nicht durchgeführt worden. In einer dem Vorsitzenden des Personalrats zugeleiteten Mail vom 8. März 2007 äußerte sich die Personalreferentin des SVB dahingehend, dass es sich bei der Regelung der Mitarbeitervergütung für **-Projekte um eine Ausweitung der seit Jahren praktizierten Regelung des Anreizsystems der *** handele. Diese Regelung sei vormals mit dem Personalrat abgestimmt worden. Unter dem 1. Juni 2006 teilte der Geschäftsbereichsleiter dem Vorsitzenden des Antragstellers mit, es werde nicht bestritten, dass ein Beteiligungstatbestand vorliege. Aufgrund der seit dem Jahre 2003 praktizierten Handhabung solle die jetzige Regelung bis auf weiteres beibehalten werden.

In der Sitzung am 17. April 2007 beschloss der Antragsteller, das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren einzuleiten.

Der Antragsteller stellte daraufhin am 4. Juni 2007 beim Verwaltungsgericht folgende Anträge:

1. Es wird festgestellt, dass die Gewährung von Zulagen anlässlich der Tätigkeiten in Projekten der ********** ********** **** *** ** ** gemäß Art. 75 Abs. 4 Nr. 4 BayPVG mitbestimmungspflichtig ist.

2. Dem Dienststellenleiter wird aufgegeben, im Hinblick auf die Gewährung von Prämien für die Tätigkeit in sog. **-Projekten die Zustimmung des Antragstellers gemäß Art. 70 Abs. 2 BayPVG zu beantragen oder im Falle der verweigerten Zustimmung die Einigungsstelle anzurufen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:

Die Mitbestimmungspflichtigkeit erstrecke sich auch und insbesondere auf freiwillige Leistungen, wenn diese das Verhältnis der Einkommen verschiedener Arbeitnehmer zueinander zu verändern geeignet seien. Vorliegend werde für eine bestimmte Tätigkeit, die grundsätzlich zur vertraglich geschuldeten Tätigkeit der betreffenden Mitarbeiter gehöre, eine zusätzliche Vergütung ausgelobt, obgleich dies nicht durch Tarifvertrag, Dienstvereinbarung oder Individualvertrag zwingend sei. Das Vorbringen des Antragsgegners, das Mitbestimmungsverfahren sei bereits abgeschlossen, sei unzutreffend. Ein förmliches Beteiligungsverfahren habe der Antragsteller weder bezüglich der ***-Projekte noch hinsichtlich der Prämien ** eingeleitet. Eine Zustimmung des Antragstellers zur Einführung der Prämien für ***-Projekte würde im Übrigen nicht ausreichen, um Prämien auch für **-Projekte auszuschütten.

Der Beteiligte beantragte, den Antrag abzulehnen. Die im Mai/Juni 2003 getroffene Neuregelung über die Vergütung für die der *** zur Verfügung gestellten Mitarbeiter gelte auch für **-Projekte.

Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag mit Beschluss vom 31. Oktober 2007 ab. Dem Antragsteller stehe ein Mitbestimmungsrecht an der Gewährung der Zulage nicht zu. Die Zulage unterfalle nicht dem Mitbestimmungstatbestand "Akkord, Prämiensätze und vergleichbare leistungsbezogene Entgelte". Es handele sich nicht um eine Leistung, die gemessen und bewertet werde. Die Zulage werde unabhängig von der sonstigen Leistung gezahlt, wenn der Beschäftigte bei der GmbH Dienst leiste. Es handele sich auch nicht um eine Frage der Lohngestaltung, weil die freiwillige Leistung der Dienststelle den Mitarbeitern zugute komme, die in Erfüllung von Nebenpflichten aus dem Vertrag für die Projekte der privaten GmbH in deren Räume tätig werden.

Der Antragsteller hat Beschwerde eingelegt, mit der er das Ziel seines Antrags weiter verfolgt. Er stellt den Antrag:

1. Auf die Beschwerde vom 3.12.2007 gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 31.10.2007 7, Az: M 20 P 07.2186, wird dieser aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, dass die Gewährung von Zulagen anlässlich der Tätigkeit in Projekten der ********** ********** **** ***** gemäß Art. 75 Abs. 4 Ziff. 4 BayPVG mitbestimmungspflichtig ist.

3. Dem Dienststellenleiter wird aufgegeben, im Hinblick auf die Gewährung von Prämien für die Tätigkeit in sog. **-Projekten die Zustimmung des Antragstellers gemäß Art. 70 Abs. 2 BayPVG zu beantragen und im Falle der verweigerten Zustimmung die Einigungsstelle anzurufen.

Der Antragsteller nimmt Bezug auf das Vorbringen vor dem Verwaltungsgericht und führt weiter aus:

Die Gewährung der Prämien für die Tätigkeit in **-Projekten sei von der Generalklausel des Art. 75 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 BayPVG erfasst, weil die Mitarbeiter zusätzlich zum Arbeitsentgelt eine weitere Vergütung aus Anlass des Arbeitsverhältnisses erhielten. Die Freiwilligkeit der gewährten Leistungen und die Gleichverteilung könnten das Mitbestimmungsrecht unter dem Gesichtspunkt der Verteilung der Leistung nicht ausschließen. Das Verwaltungsgericht habe den Umfang des Mitbestimmungsrechts verkannt. Ein Mitbestimmungsverfahren sei vom Beteiligten, der die Mitbestimmungspflichtigkeit nicht in Frage gestellt habe, zu keinem Zeitpunkt eingeleitet worden.

Der Beteiligte beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und nimmt hierzu auf das bisherige Vorbringen Bezug.

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die Anhörung am 28. Juli 2008, den Schriftverkehr im Beschwerdeverfahren und die beigezogenen Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, Art. 81 Abs. 2 Satz 1 BayPVG, § 87 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, § 66 Abs. 1 ArbGG.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Der auf Feststellung der Mitbestimmungspflichtigkeit der Gewährung von Zulagen bei Projekten der ** nach Art. 75 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 BayPVG gerichtete Antrag ist zulässig. Ein rechtliches Interesse an der Klärung ist zu bejahen, wenn und soweit Antrag und Sachvortrag in die Richtung weisen, dass die Entscheidung nicht nur über einen bestimmten konkreten Vorgang, sondern außerdem über die dahinter stehende abstrakte personalvertretungsrechtliche Rechtsfrage von Bedeutung ist. Die den Gegenstand des Beschlussverfahrens bildende Frage würde sich den Verfahrensbeteiligten auch künftig stellen (vgl. hierzu BVerwG vom 25.8.1988 6 P 36/85; vom 23.9.1992 DVBl 1993,390 = PersV 1993,231; vom 2.11.1999 PersV 1995,227).

Der Antrag, dem Dienststellenleiter aufzugeben, im Hinblick auf die Gewährung von Prämien für die Tätigkeit in sog. **-Projekten die Zustimmung des Antragstellers zu beantragen und im Falle der verweigerten Zustimmung die Einigungsstelle anzurufen, ist statthaft und gleichfalls zulässig. Die Pflicht des Beteiligten, das Mitbestimmungsverfahren "nachzuholen", kann Gegenstand des vom Antragsteller verfolgten Begehrens - unbeschadet der gewählten Formulierung - sein (vgl. BVerwG vom 15.3.1995 6 P 28/93 und 6 P 31/93). Der besondere Charakter des personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens steht der Geltendmachung eines Anspruchs auf Einleitung des Mitbestimmungsverfahrens nicht entgegen.

Das Mitbestimmungsverfahren wurde bisher auch noch nicht durchgeführt. Nach dem Inhalt der von der Dienststelle dem Vorsitzenden des Personalrats zugesandten Mail vom 3. Juni 2003 sollte erst nach der Entscheidung der Geschäftsführung über die Einführung der Zulagen der Personalrat förmlich beteiligt werden. In der Folgezeit kam es dazu jedoch nicht.

Die zulässigen Anträge sind unbegründet.

Nach Art. 75 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 BayPVG hat der Personalrat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, mitzubestimmen über Fragen der Lohngestaltung innerhalb der Dienststelle, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen, die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden und deren Änderung sowie die Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren.

Akkord- und Prämiensätze sind dadurch gekennzeichnet, dass ihre Höhe proportional zu der Leistung des Arbeitnehmers ist. Hierzu bedarf es der Ermittlung einer sog. Normalleistung, die zur tatsächlichen Leistung in Bezug gesetzt wird. Vergleichbare leistungsbezogene Entgelte sind Vergütungen, bei denen die zu honorierende zusätzliche individuelle Leistung des Arbeitnehmers gemessen und mit einer Bezugsleistung verglichen wird, und bei denen sich die Höhe der Vergütung unmittelbar nach dem Verhältnis beider Leistungen zueinander bestimmt (vgl. zu § 87 Abs. 1 Nr. 11 BetrVG: BAG vom 15.5.2001 1 ABR 39/00 m.w.N.; vom 29.2.2000 1 ABR 4/99 - jeweils juris -). Erforderlich ist jeweils eine sachgerechte Bewertung von Leistung und Zusatzleistung. Nach übereinstimmendem Vorbringen der Verfahrensbeteiligten wird die **-Zulage nicht erfolgsabhängig in Anknüpfung an die individuelle Leistung des beratenden Mitarbeiters oder wegen der Besonderheit bestimmter Projekte gewährt. Es kommt ersichtlich nicht darauf an, ob die bei der Beratertätigkeit für **-Projekte erbrachte Leistung der "Normalleistung" entspricht oder sie über- oder unterschreitet. Die Gewährung der Zulage ist auch insofern nicht an die individuelle Leistung des einzelnen Mitarbeiters gekoppelt, als es auf besondere (höhere) Qualität oder Quantität der Arbeitsleistung ankommt. In der Gesamtschau liegt eine Verbindung zwischen einer Bezugsgröße und einer Leistungseinheit, bei der der zugewiesene Mitarbeiter durch seine Arbeitsleistung das Entgelt der Höhe nach beeinflussen könnte (vgl. insoweit zu § 87 Abs. 1 Nr. 11 BetrVG: BAG vom 29.2.2000 - 1 ABR 4/99), nicht vor.

Die Zulagengewährung betrifft auch nicht Fragen der Lohngestaltung innerhalb der Dienststelle, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen, die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden und deren Änderung. Der Zweck der Beteiligung des Personalrats zielt insoweit darauf ab, die Wahrung des Vergütungsgefüges in der Dienststelle zu achten, zur innerbetrieblichen Entlohnungsgerechtigkeit und damit auch zur Wahrung wiederum des Friedens in der Dienststelle beizutragen (vgl. BVerwG vom 22.2.1989 PersV 1989,199 f). Die Lohngestaltung innerhalb der Dienststelle betrifft die Festlegung abstrakt - genereller (d.h. kollektiver) Grundsätze für die Vergütungsfindung; es geht mithin um die Strukturformen des Entgelts einschließlich ihrer näheren Vollzugsformen und damit um die Angemessenheit und Durchsichtigkeit des Gefüges der Vergütungen innerhalb der Dienststelle. Gegenstand des Mitbestimmungsrechts können alle vermögenswerten Leistungen des Dienstherrn und damit die übertariflich gewährten Leistungen und Boni sein. Der Dienstherr ist frei in seiner Entscheidung darüber, ob er die Leistung erbringt, welche Mittel er hierfür zur Verfügung stellt, welchen Zweck er damit verfolgen will und wie der Personenkreis abstrakt bestimmt werden soll. Nur hinsichtlich der Kriterien für die Berechnung der Leistungen und ihrer Höhe im Verhältnis zueinander ist die Mitbestimmung des Personalrats geboten. Bei der Gewährung der Zulage für **-Projekte handelt es sich letztlich um eine Frage der individuellen Vergütungsgestaltung, nicht um einen kollektiven Tatbestand. Die Gewährung dieser Zulage steht nicht im Zusammenhang mit der Vergütung anderer Mitarbeiter, die nur an der Dienststelle des SVB tätig werden. Ein Zusammenhang könnte allenfalls dann bejaht werden, wenn Zahlungen erbracht werden, die auf Leistungsgesichtspunkten - aufgrund einer Bemessung der Qualität der Dienstleistung - beruhen. Die Zulagenregelung steht jedoch nicht in einem engen sachlichen Zusammenhang mit der Systematik der Vergütung für bestimmte Gruppen (in sog. Bändern). Der Einsatz für **-Projekte und damit die Gewährung der Zulage wird hier weitaus überwiegend durch die persönlichen Besonderheiten einzelner Dienstverhältnisse geprägt. Entscheidend für den Einsatz bei **-Projekten sind die berufliche Erfahrung, Eignung und Befähigung des Mitarbeiters in Abhängigkeit von Art und Bedeutung der zu leistenden Beratertätigkeit, die von der Projektleitung im Einzelfall angefordert wird. Maßgeblicher Ansatzpunkt für die Gewährung der Zulage ist damit die Auswahlentscheidung, die innerhalb der Organisation der Dienststelle des SVB getroffen wird. Dem Mitarbeiter wird kein anderer Arbeitsbereich zugewiesen, weil sich das Gesamtbild der bisherigen Tätigkeit nicht verändert. Nachdem Leistungsgesichtspunkte für den Einsatz bei **-Projekten primär nicht wesentlich sind, fehlt es an einem inneren Zusammenhang zur Entlohnung anderer Mitarbeiter. Im Beschwerdeverfahren sind außerdem keine Gesichtspunkte zu Tage getreten, dass die Zulage in unterschiedlicher Höhe aufgrund eines wertenden Leistungsvergleichs gewährt wird.

Liegt nach alledem keine bestimmungspflichtige Maßnahme im Sinne von Art. 75 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 BayPVG vor, so geht das Begehren, die Zustimmung des Personalrats gemäß Art. 70 Abs. 2 BayPVG zu beantragen, ins Leere.

Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, denn das Verfahren ist gerichtskostenfrei (Art. 81 Abs. 2 Satz 1 BayPVG, § 80 Abs. 1 ArbGG, § 2 Abs. 2 GKG, § 2 a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG) und außergerichtliche Kosten der Verfahrensbeteiligten werden nicht erstattet.

Die Entscheidung ist endgültig (§ 81 Abs. 2 Satz 2 BayPVG).

Ende der Entscheidung

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