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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 08.04.2008
Aktenzeichen: 18 P 06.3061
Rechtsgebiete: BPersVG, BPolG


Vorschriften:

BPersVG § 75 Abs. 3 Nr. 17
BPolG § 12 Abs. 3 Satz 2
BPolG § 12 Abs. 5 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

18 P 06.3061

Verkündet am 8. April 2008

In der Personalvertretungssache

wegen Mitbestimmung des Personalrats bei der Anwendung technischer Einrichtungen zur Überwachung des Verhaltens von Beschäftigten;

hier: Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 6. Juli 2006,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 18. Senat, - Fachsenat für Personalvertretungsrecht des Bundes -

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Zimniok, ehrenamtlicher Richter am VGH Brommer ehrenamtlicher Richter am VGH Baumgart ehrenamtlicher Richter am VGH Niebling ehrenamtlicher Richter am VGH Hilpert

aufgrund mündlicher Anhörung vom 8. April 2008

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

III. Der Gegenstandswert wird auf 4.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller war der Gesamtpersonalrat beim ehemaligen Bundespolizeiamt Schwandorf (jetzt Bundespolizeidirektion München). Die Dienststelle erhielt in der 10. Kalenderwoche des Jahres 2004 ein anonymes Schreiben, in dem u.a. gegen drei Mitglieder des Gesamtpersonalrats die Vorwürfe erhoben wurden, sie hätten für die Fahrten zu den Sitzungen des Gesamtpersonalrats im Bundespolizeiamt Schwandorf eine Fahrgemeinschaft gebildet, für diese Fahrten jedoch jeder für sich Reisekosten beantragt. Im Zusammenhang mit der Sitzung des Gesamtpersonalrats am 13./14. April 2004 stellte die Dienststelle fest, dass am 13. April 2004 nur der Pkw des Herrn ... auf dem Parkplatz der Dienststelle abgestellt wurde. Eine Observation und Videoaufzeichnung des Parkplatzes ergab dann am 14. April 2004, dass Herr ... als Fahrer und Herr ... als Beifahrer den Parkplatz mit dem Pkw verlassen haben.

Der Antragsteller beantragte im Februar 2005 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach:

1. Es wird festgestellt, dass der Dienststellenleiter des Bundesgrenzschutzamtes Schwandorf (Bundespolizeiamt Schwandorf) das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers nach § 75 Abs. 3 Ziffer 17 BPersVG verletzte, als er Videoüberwachungen im Zeitraum Februar 2004 bis einschließlich Mai 2004 gegenüber mehreren Mitgliedern des Antragstellers im Zusammenhang mit Sitzungen des Antragstellers anordnete und durchführen ließ, ohne das Mitbestimmungsverfahren gemäß § 75 Abs. 3 Ziffer 17 BPersVG i.V.m. § 69 ff BPersVG durchzuführen.

2. Dem Dienststellenleiter wird aufgegeben, den Antragsteller umfassend über die Art und Weise der durchgeführten Überwachung von Personalratsmitgliedern im Zeitraum Februar bis Mai 2004 zu unterrichten und alle hierbei gewonnenen Erkenntnisse offen zu legen und dem Antragsteller Einsicht in die gemachten Aufzeichnungen zu gewähren.

3. Dem Dienststellenleiter wird aufgegeben, den Antragsteller hinsichtlich der weiteren Behandlung der gewonnenen Erkenntnisse und der gemachten Aufzeichnungen, ihrer Verwertung bzw. Aufbewahrung oder Vernichtung unter Beachtung des Mitbestimmungsrechts des § 75 Abs. 3 Ziffer 17 BPersVG zu beteiligen.

Zur Begründung wurde ausgeführt: Die Dienststelle habe aufgrund eines anonymen Briefes gegen Personalratsmitglieder Videoaufzeichnungen von Besuchen der Mitglieder des Gesamtpersonalrats im Bürogebäude der Hauptstelle durchgeführt. Mangels Beteiligung könnten Einzelheiten dazu vom Personalrat nicht genannt werden. Damit seien technische Überwachungsmittel aufgrund eines vagen Verdachts eingesetzt worden, so dass zumindest sämtliche Gesamtpersonalratsmitglieder der Überwachung ausgesetzt gewesen seien. Es sei auch nicht auszuschließen, dass Besucher des Personalrats und Unbeteiligte erfasst worden seien. Es habe sich nicht um isolierte Einzelmaßnahmen gehandelt, sondern um Maßnahmen mit kollektivem Bezug.

Das Verwaltungsgericht wies mit Beschluss vom 6. Juli 2006 den Antrag ab. Es sei schon fraglich, ob die Videoüberwachung zur Überwachung des Verhaltens oder der Leistung von Beschäftigten im Sinn des § 75 Abs. 3 Ziffer 17 BPersVG durchgeführt worden sei, da nicht die Allgemeinheit der Beschäftigten in der Dienststelle davon betroffen gewesen sei, sondern nur einige wenige und genau bestimmte Personalratsmitglieder. Eine verdeckte Überwachung sei nur bei zwei Sitzungen des Gesamtpersonalrats im April und im Mai 2004 durchgeführt worden. Nur bei der ersten Sitzung im April 2004 habe die Dienststelle eine Videokamera eingesetzt, die ausschließlich auf den vor dem Bürogebäude abgestellten Pkw des Gesamtpersonalratsmitglieds ... gerichtet gewesen sei. Bei einer derartigen gezielten Überwachung aufgrund eines konkreten strafrechtlichen Verdachts sei nach Auffassung der Fachkammer schon das objektive Merkmal der Beschäftigten nach dieser Bestimmung nicht erfüllt. Abgesehen davon komme ein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers nach § 75 Abs. 3 Ziffer 17 BPersVG auch deshalb nicht in Betracht, weil die Maßnahmen von dem Dienststellenleiter nicht in seiner Eigenschaft als Dienststellenleiter und als Partner des Personalrats angeordnet worden seien. Vielmehr seien sie von dem zuständigen Beamten des (ehemaligen) Bundesgrenzschutzes, sei es der Dienststellenleiter, seien es andere nachgeordnete Beamte, in ihrer Eigenschaft als Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft angeordnet und durchgeführt worden (§ 152 GVG, § 12 Abs. 5 BPolG). Es handle sich ersichtlich um eine Aufklärungsmaßnahme der Polizei im ersten Zugriff, nachdem diese vom Betrugsverdacht Kenntnis erhalten habe.

Dagegen legte der Antragsteller Beschwerde ein und stellt folgenden Antrag:

Unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 6. Juli 2006 wird festgestellt, dass der Leiter des Bundesgrenzschutzamts (jetzt Bundespolizeiamts) Schwandorf das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers nach § 75 Abs. 3 Ziffer 17 BPersVG verletzte, als er Videoüberwachungen gegenüber mehreren Mitgliedern des Antragstellers im Zusammenhang mit Sitzungen des Antragstellers am 13./14. April 2004 anordnete und durchführen ließ, ohne das Mitbestimmungsverfahren gemäß § 75 Abs. 3 Ziffer 17 BPersVG i.V.m. § 69 ff BPersVG durchzuführen und damit auch gegen das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit nach § 2 Abs. 1 BPersVG verstieß.

Zur Begründung wird ausgeführt: Aufgrund der im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht gewonnenen Erkenntnisse würden die bisherigen Anträge zu Ziffern 2 und 3 nicht mehr weiter verfolgt. Für den Anwendungsbereich des Mitbestimmungstatbestands des § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG komme es nicht darauf an, ob nur einzelne oder sämtliche Beschäftigte einer Dienststelle überwacht würden. Die Mitglieder des Gesamtpersonalrats erfüllten das Merkmal der Beschäftigten im Sinn dieser Vorschrift. Der Dienststellenleiter hätte seinerzeit den Gesamtpersonalrat gemäß § 69 Abs. 2 BPersVG von den Überwachungsmaßnahmen unterrichten müssen. Es gebe nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür, dass die Mitglieder des Gesamtpersonalrats üblicherweise gegen die ihnen gesetzlich obliegende Geheimhaltungspflicht verstoßen würden. Die Anwendung des Mitbestimmungstatbestands scheitere auch nicht deshalb, weil die Überwachungsmaßnahme vom Dienststellenleiter nicht in seiner Eigenschaft als Dienststellenleiter und Partner des Personalrats angeordnet worden sei, sondern in seiner Eigenschaft als Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft. Die Bundespolizei sei für die Verfolgung allgemeiner Straftaten, wie sie vorliegend in Rede stünden, nicht zuständig. Aus § 12 Abs. 5 BPolG i.V.m. § 152 GVG ergebe sich nicht die Befugnis von Angehörigen der Bundespolizei, ohne die ansonsten erforderlichen Anordnungen der Staatsanwaltschaft Ermittlungshandlungen vorzunehmen. Vielmehr müsse die Bundespolizei nach § 12 Abs. 3 Satz 1 BPolG bei Straftaten, bei denen ihre Zuständigkeit nicht gegeben sei, die Sache unverzüglich an die Strafverfolgungsbehörde abgeben. Das anonyme Schreiben vom Februar 2004 sei Anfang März 2004 beim Bundespolizeiamt Schwandorf eingegangen. Eine interne Besprechung über den Inhalt dieses Schreibens habe ausweislich des bei den Akten befindlichen Aktenvermerks am 18. März 2004 stattgefunden. Nachdem die nächste Sitzung des Gesamtpersonalrats am 13./14. April 2004 abgehalten worden sei, hätte ohne Gefahr der Verdunkelung die zuständige Staatsanwaltschaft eingeschaltet werden können. Der Dienststellenleiter ging offensichtlich auch nicht davon aus, dass die Maßnahmen auf Grund von § 163 Abs. 1 StPO getroffen werden sollten. So würden die Maßnahmen im Schriftsatz des Bundespolizeiamtes Schwandorf vom 4. März 2005 als bloße interne Verwaltungsermittlung bezeichnet. Mithin sei die Videoüberwachung nicht der zuständigen Staatsanwaltschaft sondern dem Leiter des Bundespolizeiamts Schwandorf zuzurechnen.

Der Beteiligte zu 1) beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Zur Begründung würde ausgeführt: Der Anfangsverdacht einer Straftat habe erst dann vorgelegen, als die Dienststelle am 13. April 2004 festgestellt habe, dass nur einer der von den in Verdacht geratenen Mitgliedern des Gesamtpersonalrats gehaltenen Pkw auf dem Gelände des Bundespolizeiamts Schwandorf abgestellt wurde. Bereits aufgrund dieses Anfangverdachts und nicht erst aufgrund des Ergebnisses der Videoüberwachung sei zeitgleich ein Disziplinarverfahren gegen Herrn .... und Herrn ... eingeleitet worden.

Das wegen Beihilfe zum versuchten Betrug des Herrn ... eingeleitete strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen Herrn ... habe die Staatsanwaltschaft Amberg nach Zahlung eines Betrags von 400 Euro nach § 153 a StPO eingestellt. Das gegen Herrn ...eröffnete Verfahren habe noch nicht abgeschlossen werden können, nachdem dieser der Einstellung des Verfahrens wegen versuchten Betrugs gegen Zahlung einer Auflage von 400 Euro nicht zugestimmt habe.

Der Anfangsverdacht habe zwingend dazu geführt, dass zeitgleich und beweis- verwertbar sicher zu stellen gewesen sei, ob die verdächtigten Personen nach Ende der Gesamtpersonalratssitzung gemeinsam in einen Pkw einsteigen und mit diesem den Parkplatz verlassen würden. Da diese Tatsache jederzeit hätte passieren können, sei es erforderlich gewesen, den Pkw von Herrn ... sofort zu observieren. Die Observation sei daher eine keinen Aufschub gestattende Anordnung zur Verhütung der Verdunkelung der Sache gewesen. Hierzu sei das Bundespolizeiamt Schwandorf als Organisationseinheit der Bundespolizei gemäß § 12 Abs. 3 Satz 2 BPolG auch verpflichtet gewesen. Die zeugenschaftliche Observation des Pkws, die aufgrund eines Personalengpasses am 14. April 2004 nur während der Zeit von 12.00 Uhr bis 14.00 Uhr durch eine Videografierung unterbrochen gewesen sei, stelle daher in ihrer Gesamtheit eine unaufschiebbare Beweiserhebungsmaßnahme im Rahmen des ersten Zugriffs dar. Davon sei auch die zuständige Staatsanwaltschaft Amberg ausgegangen, die das Ergebnis dieser Beweiserhebung zur Grundlage ihrer rechtlichen Beurteilung gemacht habe. Gleichzeitig mit der Bejahung des Anfangsverdachts einer Straftat sei auch der Verdacht eines Dienstvergehens begründet.

Der Mitbestimmungstatbestand des § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG stelle auf den Persönlichkeitsschutz der Beschäftigten am Arbeitsplatz und damit auf diejenigen Dienststellenangehörigen ab, die nach dem Beschäftigtenbegriff des § 4 Abs. 1 BPersVG bei der Aufgabenerfüllung in Weisungsgebundenheit mitwirkten. Das sei bei den Mitgliedern des Gesamtpersonalrats Herrn ... und Herrn ... zur Zeit der Observation nicht der Fall gewesen, da sie nicht als weisungsabhängige Beschäftigte angesehen werden könnten.

Auf die Niederschrift über die mündliche Anhörung am 8. April 2008, die Gerichts- und beigezogenen Behördenakten wird Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Die von dem Leiter des damaligen Bundespolizeiamts Schwandorf durchgeführte Videoüberwachung am 14. April 2004 ist eine Maßnahme der Strafverfolgung und deshalb nicht mitbestimmungspflichtig nach § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG.

Mit der Auflösung des Bundespolizeiamts Schwandorf mit Wirkung vom 1. März 2008 und der Übertragung der Aufgaben auf die Bundespolizeidirektion München (vgl. Gesetz zur Änderung des Bundespolizeigesetzes und anderer Gesetze vom 26.2.2008, BGBl I S. 215 vom 26.2.2008 - Änderungsgesetz -) wurde der neue Dienststellenleiter an Stelle des bisherigen Dienststellenleiters Beteiligter des anhängigen Verfahrens (vgl. Ballerstedt/Schleicher/Faber, BayPVG, Stand: 1. Januar 2008, RdNr. 107 b zu Art. 81 m.w.N.). Der Gesamtpersonalrat des Bundespolizeiamts Schwandorf hat die mit dem Wegfall der Dienststelle verbundenen noch fortbestehenden Aufgaben abzuwickeln (vgl. Art. 13 § 2 Abs. 1 Nr. 6 Änderungsgesetz). Für dieses so genannte Restmandat bleibt auch der Antragsteller für das Beschlussverfahren beteiligungsfähig (vgl. BVerwG vom 3.10.1983 Buchholz 238.3 A § 83 Nr. 22; BayVGH vom 5.4.1995 PersR 1995, 436). Im vorliegenden Fall geht es um ein unabhängig von der Auflösung der Dienststelle für die Personalvertretung noch zu erledigendes Verfahren. Das Rechtschutzbedürfnis für den im Beschwerdeverfahren geltend gemachten Antrag ist zu bejahen, weil die Frage, ob eine technische Überwachungsmaßnahme bei Verdacht eines Dienstvergehens oder einer Straftat einzelner Beschäftigter dem Leiter der Dienststelle zuzurechnen ist, für den Bereich der Dienststelle auch in Zukunft von Bedeutung sein kann.

Nach § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG hat der Personalrat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, ggf. durch Abschluss von Dienstvereinbarungen mitzubestimmen über Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Beschäftigten zu überwachen. Mitbestimmungspflichtig nach dieser Vorschrift sind nur Maßnahmen der Dienststellenleitung. Durch die Mitbestimmung sollen die persönlichen Belange und der Schutz des Persönlichkeitsrechts der Beschäftigten sichergestellt, unnötige und übermäßige Kontrollen ausgeschlossen und es soll gewährleistet werden, dass das Ausmaß der Überwachung in einem angemessenen Verhältnis zu dem Erfordernis der Effektivität der Arbeit steht (vgl. BVerwG vom 23.9.1992 BVerwGE 91,45 = ZBR 1993,129 = PersV 1993, 225; BAG vom 15.5.1991 PersR 1992, 32). Die Voraussetzung für die Mitbestimmung des Gesamtpersonalrats sind auch dann gegeben, wenn durch die technische Überwachungseinrichtung, wie vorliegend unter Verwendung einer Videokamera, nicht sämtliche Beschäftigte der Dienststelle sondern nur Einzelne und auch nur einzelne Aspekte des Verhaltens bestimmter Beschäftigter überwacht werden sollen (vgl. BVerwG vom 31.8.1988 DVBl 1989, 200 f.; Ballerstedt/Schleicher/Faber, a.a.O., RdNr. 18 zu Art. 75 a).

Die im Erdgeschoss des Gebäudes des früheren Bundespolizeiamts Schwandorf angebrachte Videokamera ist zwar im Sinn des § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG geeignet, das Verhalten von Beschäftigten zu überwachen. Die Überwachung des auf dem Parkplatz vor dem Gebäude stehenden Pkw des Herrn ... durch die Videokamera ist aber keine personalvertretungsrechtlich erhebliche Maßnahme des Beteiligten zu 1) als Partner des Antragstellers, sondern als Maßnahme der Strafverfolgungsbehörden zu qualifizieren. Insoweit ist der Mitbestimmungstatbestand des § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG nicht gegeben. Die Mitbestimmung des Personalrats umfasst ausschließlich die dienststelleninterne Beteiligung an Maßnahmen der jeweiligen Dienststelle (§ 74 Abs. 1 BPersVG). Maßnahmen des Leiters der Dienststelle, die er als Strafverfolgungsbehörde durchführt, sind demgegenüber keine Maßnahmen der Dienststelle im personalvertretungsrechtlichen Sinn. Die Beantwortung der Frage, ob Mitglieder der Personalvertretung Beschäftigte im Sinn des Mitbestimmungstatbestands sind, kann deshalb dahingestellt bleiben.

Dass die Inbetriebnahme der verdeckt aufgestellten Videokamera zur Beobachtung des auf dem Parkplatz abgestellten Pkw eine Maßnahme der Strafverfolgungsbehörden ist, ergibt sich daraus, dass die Beamten der Bundespolizei als Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft gemäß § 12 Abs. 5 Satz 1 BPolG (§ 152 GVG) hätten handeln können und zudem nach § 163 Abs. 1 StPO alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen haben, um die Verdunkelung der Sache zu verhüten (§ 12 Abs. 3 Satz 2 BPolG).

Die Bundespolizei ist vorbehaltlich besonderer gesetzlicher Zuständigkeitsregelungen für die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung in bestimmten in § 12 Abs. 1 genannten Fällen örtlich zuständig, wenn die Straftat in ihrem räumlichen Zuständigkeitsbereich begangen wurde (§ 12 Abs. 2 Satz 1 BPolG). Bei Straftaten die, wie im vorliegenden Fall, nicht dem Absatz 1 der Vorschrift unterfallen, ist die Sache unverzüglich an die zuständige Strafverfolgungsbehörde abzugeben. Die Verpflichtung der Bundespolizei nach § 163 Abs. 1 StPO, alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, bleibt aber unberührt (§ 12 Abs. 3 Satz 1, 2 BPolG). Daraus ergibt sich, entgegen der Auffassung des Antragstellers, dass Maßnahmen der Bundespolizei nach § 163 Abs. 1 StPO auch in den Fällen zulässig sind, die nicht unter die speziellen polizeilichen Aufgaben der Bundespolizei nach Abs. 1 der Vorschrift fallen. Die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 Satz 2 BPolG sind vorliegend gegeben. Nach Erhalt des anonymen Schreibens vom Februar 2004 ordnete der Dienststellenleiter zunächst an, die Richtigkeit der in dem Schreiben gegen Mitglieder des Gesamtpersonalrats erhobenen Anschuldigungen zu überprüfen. Zu diesem Zweck wurde am 13. April 2004 die persönliche Beobachtung des Parkplatzes vor dem Dienststellengebäude ohne Einsatz der Videokamera durchgeführt. Als sich dabei herausstellte, das nur einer der Pkws von den in dem anonymen Schreiben angeschuldigten Gesamtpersonalratsmitgliedern auf dem Gelände des Bundespolizeiamtes Schwandorf abgestellt worden war, erfolgte erst am 14. April 2004 die Observation des Pkw des Herrn ... mit einer Videokamera. Der Leiter der Dienststelle war am 13. April 2004 zu Recht davon ausgegangen, dass aufgrund der Beobachtungen nunmehr von einem dringenden Tatverdacht einer Straftat oder Anfangsverdacht ausgegangen werden müsse mit der Folge, dass die Beobachtung am 14. April 2004 und die Aufnahmen mit der Videokamera Maßnahmen waren, die im Sinn der genannten Bestimmung keinen Aufschub gestatteten, um die Verdunkelung der Sache zu verhüten.

Haben die Beamten der Bundespolizeibehörden nach § 163 StPO das in dieser Vorschrift geregelte Recht des ersten Zugriffs (§ 12 Abs. 3 Satz 2 BPolG), wenn der Anfangsverdacht einer Straftat besteht, dürfen dagegen die Hilfspersonen der Staatsanwaltschaft aus eigener Initiative erst tätig werden, wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter denen sie auch von der Staatsanwaltschaft zu einem Ermittlungsverfahren hinzugezogen würden (vgl. BVerwG vom 31.8.1988 DVBl. 1989, 200/202). Auch diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall zu bejahen. Die Beamten im Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei sind nach § 12 Abs. 5 Satz 1 BPolG Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft (§ 152 GVG) und haben die Rechte und Pflichten der Polizeibeamten nach der Strafprozessordnung. Die Ermittlungspersonen stehen der Staatsanwaltschaft auch erst beim Vorliegen eines bereits personell konkretisierten Tatverdachts zur Seite, was im konkreten Fall zu bejahen ist. Für die Frage, ob die Videokamera zur Beobachtung des Pkw des Herrn ... hatte eingesetzt werden müssen, kommt es auf den Einwand des Antragstellers, ein Personalengpass habe am 14. April 2004 nicht bestanden und die Pkws der anderen Mitglieder des Gesamtpersonalrats seien möglicher Weise auf anderen Parkplätzen des Bundespolizeiamts abgestellt gewesen, nicht an. Für die Frage der Anwendung des Mitbestimmungstatbestands ist die Zuordnung der Maßnahme zum Bereich der Strafverfolgung entscheidend. Das war, wie ausgeführt wurde, der Fall.

Sind die Videoaufnahmen somit nicht dem Bereich der verwaltungsinternen Ermittlungen sondern der Strafverfolgung zuzurechnen, wurde der Mitbestimmungstatbestand des § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG nicht verletzt. Daraus folgt, das der Leiter der Dienststelle weder aus diesem Mitbestimmungstatbestand noch aufgrund des Grundsatzes der vertrauensvollen Zusammenarbeit im Sinn von § 2 Abs. 1 BPersVG zur Information der übrigen Mitglieder des Gesamtpersonalrats über die beabsichtigten Überwachungsmaßnahmen verpflichtet war.

Eine Kostenentscheidung erübrigt sich (§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 80 Abs. 1, § 2 a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG, § 2 Abs. 2 GKG.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG nicht vorliegen (§ 82 Abs. 2 BPersVG, § 92 a, § 92 Abs. 1, § 72 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 ArbGG).

Die Festsetzung des Gegenstandswerts ergibt sich aus § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG (vgl. BayVGH vom 5.10.2007 Az. 18 C 07.1215).

Ende der Entscheidung

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