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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 09.09.2009
Aktenzeichen: 19 BV 07.97
Rechtsgebiete: BJagdG, BayJG


Vorschriften:

BJagdG § 21 Abs. 2
BJagdG § 27
BayJG Art. 6 Abs. 4
Der Inhaber eines Eigenjagdreviers hat keinen Anspruch auf Zustimmung der Jagdbehörde zum Ruhen der Jagd oder auf Befreiung in sonstiger Weise von der Verpflichtung zu jagdlichen Maßnahmen, die von der Jagdbehörde auf gesetzlicher Grundlage im öffentlichen Interesse angeordnet werden. Der Schutz des Grundeigentums und der Schutz der religiösen Handlungsfreiheit durch das Grundgesetz und durch die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 einschließlich der Zusatzprotokolle stehen solchen Verpflichtungen nicht entgegen.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

19 BV 07.97

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Zustimmung zum Ruhen der Jagd

hier: Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 7. Dezember 2006,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 19. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Krodel, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Herrmann, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Mayer

ohne mündliche Verhandlung am 9. September 2009

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin und Berufungsführerin (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) ist Eigentümerin der zum Eigenjagdrevier T. gehörenden Grundstücksflächen. Alleinige Gesellschafterin der Klägerin ist die G.-GmbH, deren Zweck gemäß § 2 der Satzung in der "Schaffung von Lebensräumen für Tiere und Pflanzen durch Förderung des Tierschutzes, insbesondere der naturgemäßen Hege und Pflege von Tieren" besteht. Die Gesellschafter der G.-GmbH lehnen aus weltanschaulich-religiösen Gründen das Töten von Tieren und damit auch die Jagd ab; das selbe gilt für die Geschäftsführer der Klägerin.

1. Unter dem 15. März 2005 beantragte die Klägerin bei der zuständigen unteren Jagdbehörde, die Zustimmung zum Ruhen der Jagd in ihrem Eigenjagdrevier auf die Dauer von 10 Jahren in Anwendung des Art. 6 Abs. 4 S. 2 BayJG zu erteilen. Sie lehne unter Bezugnahme auf den Satzungszweck ihrer alleinigen Gesellschafterin und unter Berufung auf das Eigentumsrecht (Art. 14 GG) und auf ethische Gründe des Tierschutzes (Art. 4 GG) die Jagd ab. Die Erhaltung eines gesunden Wildbestandes, die Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen, die Vermeidung von Beeinträchtigungen der Forstwirtschaft und die Belange der Landschaftskultur, des Naturschutzes und der Landschaftspflege seien ohne die Jagd besser realisierbar. Auch renommierte Ökologen verträten die Auffassung, dass die bisherige Hege der Jäger nicht den Erfordernissen eines artenreichen Wildbestandes diene, sondern an der Fütterung und dem Abschuss trophäenträchtiger Wildarten orientiert sei. Auch bei den Verbissschäden durch Rehe sei die Jagd eher das Problem als die Lösung. Anerkannte Fachleute wiesen darauf hin, dass das Wild sich nur deshalb so häufig im Wald aufhalte, weil es vor der Jagd Deckung suche, und dass der Stress der Jagd besonderen Nahrungsbedarf auslöse. Jedenfalls sei eine Ausnahme der eigenen Grundstücke vom generellen Jagdzwang möglich, die - zumal sie nur zeitlich begrenzt beantragt werde - auch im Falle einer Rechtfertigung der Jagd mit der Notwendigkeit, den Wildbestand zu regulieren, das Gesamtsystem der Jagd nicht ins Wanken bringe.

Mit Bescheid vom 25. August 2005 lehnte es die Behörde ab, dem Ruhen der Jagd im Eigenjagdrevier der Klägerin zuzustimmen. Ohne den Abschuss von Schalenwild könne das Hegeziel nicht erreicht, insbesondere die natürliche Verjüngung des Waldes nicht vor Verbiss geschützt werden. Die öffentlichen Interessen überwögen die persönlichen Belange. Zu persönlichen Konflikten werde die Jagdausübung nicht führen, weil die Klägerin als juristische Person die Jagd nicht persönlich ausüben könne.

Zur Begründung ihres Widerspruchs vom 22. September 2005 führte die Klägerin aus, sie berufe sich nicht nur auf das Eigentumsrecht, sondern auch auf das Grundrecht des Art. 4 Abs. 1 GG, das ihr aufgrund des Satzungszwecks ihrer alleinigen Gesellschafterin und der ethischen Einstellung sämtlicher Gesellschafter (Erwerb von Feldern und Wiesen, um Lebensräume für Tiere und Pflanzen zu schaffen, in denen Tiere nicht getötet werden) sowie im Hinblick auf Art. 19 Abs. 3 GG auch zustehe. Ihre Gewissensfreiheit könne nur zur Wahrung öffentlicher Interessen mit Verfassungsrang eingeschränkt werden. Soweit die Jagd teilweise öffentlichen Interessen diene, kollidiere sie mit der durch Art. 20a GG aufgewerteten Gewissensentscheidung von Jagdgegnern. Im Wege der praktischen Konkordanz beider Verfassungsgüter und zur Beschränkung von Eingriffen auf das unbedingt Erforderliche sei das Eigenjagdrevier der Klägerin von der Jagd auszunehmen. Das Bundesjagdgesetz selbst halte Ausnahmen vom Jagdzwang für möglich, wie die Regelungen in §§ 6 S. 1, 10 Abs. 2 S. 1 BJagdG belegten. Dem Grundrecht aus Art. 4 GG stehe vorliegend nichts Gleichrangiges entgegen. Ein Ruhen der Jagd im Eigenjagdrevier der Klägerin spiele für die Lebensfähigkeit des gesamten Naturhaushalts kaum eine Rolle. Eine Zunahme von Wildschäden auf Nachbargrundstücken und insbesondere von Waldverbissschäden, hinsichtlich derer die Jagd ohnehin eher das Problem als die Lösung sei, sei nur in geringfügigem Umfang zu erwarten, weil Rehe standorttreu seien. Darüber hinaus könnten die Nachbarn ihre Grundstücke durch Zäunung schützen; hilfsweise könnten sie entschädigt werden. Auch sei eine Vorbeugung durch Erhöhung der Abschussquote in den Nachbarrevieren möglich, in denen ohnehin entweder überhaupt kein Wald oder nur Altbestände vorhanden seien, die nicht verbissen würden. Im Übrigen werde eine Regulierung des Rehwilds auf natürliche Weise sowie durch Verkehrseinwirkungen erfolgen; die Zahl der im Straßenverkehr getöteten Rehe habe im vergangenen Jagdjahr bei 25% der Jagdstrecke gelegen. Schließlich bestehe die Möglichkeit, die Reproduktion durch Immunkontrazeption - eine nichthormonelle Form von Empfängnisverhütung durch entsprechende Impfstoffe, die an Tieren bereits erprobt sei - zu kontrollieren. Die Bodenerosion sowie der Zustand des im Revier vorhandenen Naturdenkmals würden durch den Wildbestand nicht beeinflusst.

Mit Bescheid vom 3. März 2006 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die Voraussetzungen, von denen nach Art. 6 Abs. 4 BayJG die behördliche Zustimmung zum Ruhen der Jagd abhängig sei, lägen nicht vor. Die Klägerin räume ein, dass ein Ruhen der Jagd in ihrem Eigenjagdrevier mit den jagdrechtlichen Zielen nicht vereinbar sei, indem sie die Bewältigung entstehender Überpopulationen den Nachbarn aufbürde. Die Klägerin, die den Erwerb und die Betreuung von Grundeigentum betreibe, also wirtschaftlich tätig sei, könne sich auf Art. 4 GG nicht berufen. Ihre Alleingesellschafterin sei nicht verfahrensbeteiligt, deren ethische Haltung daher ohne Belang. Die gesetzliche Pflicht zur jagdlichen Nutzung der Eigenjagd trage den grundrechtlich geschützten Interessen Dritter vor übermäßigen Wildschäden sowie sonstigen Allgemeinwohlbelangen Rechnung.

2. Mit ihrer Klage vom 7. April 2006 verfolgte die Klägerin ihr Antragsbegehren weiter. Sie vertrat die Auffassung, die Jagd sei in erster Linie eine Freizeitbeschäftigung und dem öffentlichen Interesse nicht förderlich sondern schädlich. Der Jagdlust der Jäger stehe vielfaches tierisches Leiden gegenüber, aber auch der Tod von jährlich etwa 40 Menschen, der durch Unfälle oder Verbrechen mit Jagdwaffen herbeigeführt werde. Die Klägerin könne sich nicht nur auf Art. 14 GG, sondern auch auf Art. 4 GG berufen. Dieses Grundrecht schütze Verhaltensweisen, die weltanschaulich und religiös bedingt seien, auch wenn sie im Rahmen beruflicher Tätigkeiten und wirtschaftlicher Interessenlagen erfolgten; beispielsweise habe das Bundesverfassungsgericht dieses Grundrecht einem schächtenden muslimischen Metzger zuerkannt. Die alleinige Gesellschafterin der Klägerin sei eine Stiftung, die von Menschen gegründet worden sei, die im Rahmen ihrer gemeinsamen weltanschaulich-religiösen Zielsetzung das Töten von Tieren ablehnten. Die Klägerin halte und bewirtschafte land- und forstwirtschaftlich nutzbare Flächen unter Berücksichtigung dieser ethischen Gesichtspunkte. Die Voraussetzungen des Art. 19 Abs. 3 GG seien daher erfüllt. Da die Jagdpflicht den Grundstückseigentümer als Inhaber des Eigenjagdreviers treffe, sei die Klägerin in ihrem Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 GG auch unmittelbar betroffen. Da das Grundrecht aus Art. 4 GG vorbehaltlos gewährleistet sei, könne die Klägerin entgegen ihrer ethisch begründeten Entscheidung nur dann zur Jagd gezwungen werden, wenn dies zur Wahrung anderer mit Verfassungsrang ausgestatteter Gemeinschaftsinteressen oder Grundrechte Dritter erforderlich sei. Dies sei bei der Anwendung des Art. 6 Abs. 4 S. 2 BayJG zu berücksichtigen. Im Weiteren wiederholte die Klägerin ihre Auffassung, ihrem Grundrecht aus Art. 4 GG stehe vorliegend nichts Gleichrangiges entgegen. Sie verwahrte sich gegen die Annahme der Widerspruchsbehörde, die Klägerin wolle den Nachbarn die Bewältigung möglicher Schäden überbürden und dadurch eine Ungleichbehandlung herbeiführen; Revierinhaber, die aus Gewissensgründen die Jagd ablehnten, und solche, die keine Bedenken gegen die Jagd hätten, seien nicht vergleichbar.

Im Rahmen des weiteren Schriftsatzwechsels legte der Beklagte unter dem 24. November 2006 das im Rahmen der dreijährlichen Waldinventur erstellte Verbissgutachten vom 15. Oktober 2006 für die Hegegemeinschaft der Klägerin vor. Er führte aus, dieses Gutachten beziehe sich lediglich auf die Rehwildpopulation. Schäden an landwirtschaftlich genutzten Flächen aufgrund eines Ansteigens der Wildschweinpopulation würden von diesem Gutachten nicht erfasst.

Das Verbissgutachten vom 15. Oktober 2006 kommt zu dem Ergebnis, die Verbissbelastung habe seit 2003 mehr oder weniger deutlich zugenommen. Während sie sich zwischen 1994 und 2003 insgesamt auf einem weitgehend waldverträglichen Niveau gehalten habe, sei sie nunmehr zu hoch. Die Abschussvorgaben seien zu erhöhen, da bei der derzeitigen Rehwilddichte längerfristig eine Entwicklung der Bestände zu Lasten des wesentlich stärker verbissenen Edellaubholzes, der Eiche und des sonstigen Laubholzes zu befürchten sei. Regionale Verbissschwerpunkte hätten nicht festgestellt werden können.

Durch Urteil 7. Dezember 2006 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Das Jagdrecht gehe grundsätzlich von der Bejagung der Außenbereichsflächen aus; die engen Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 4 BayJG lägen nicht vor. Durch ein Ruhen der Jagd im Eigenjagdrevier der Klägerin würden die in Art. 1 Abs. 2 BayJG genannten jagdrechtlichen Zielsetzungen gefährdet, da infolge von Überpopulationen mit Schäden und Gefahren in zahlreichen Bereichen - auch zu Lasten des Wildes selbst - zu rechnen sei. Zu einer Selbstregulation werde es nicht kommen, wie die Entwicklung im schweizerischen Kanton Genf belege, in dem die Jagdausübung seit 1974 verboten sei. Eine Reduktion überhöhter Bestände mit Hilfe von Medikamenten werde schon aus ethischen und praktischen Gründen abgelehnt; insoweit wurde auf einen parlamentarischen Vorgang verwiesen. Das Ruhen der Jagd könne auch nicht mit der Begründung beansprucht werden, die Freistellung eines kleinen Gebietes von der Jagd könne die jagdrechtlichen Belange nicht gefährden. Ziel der jagdrechtlichen Gesetzgebung sei eine flächendeckende Wildbewirtschaftung; eine Zersplitterung der Jagdrechte solle gerade verhindert werden. Das Wild kümmere sich nicht um Grundstücksgrenzen. Die begehrte Freistellung hätte nicht hinnehmbare Beeinträchtigungen benachbarter Belange zur Folge. Bei der Inanspruchnahme der regulierenden Wirkung des Straßenverkehrs vernachlässige die Klägerin die mit Wildunfällen verbundene Lebensgefahr der Fahrzeuginsassen. Die Klägerin könne sich nicht auf Art. 4 Abs. 1 GG berufen. Sie sei keine natürliche Person und der Schwerpunkt ihrer Arbeit liege nicht im religiösen Bereich; überdies habe sie sich zielgerichtet in den Gewissensnotstand begeben, weil sie nach eigenem Vortrag die Grundstücke gerade zu dem Zweck erworben habe, ein Ruhen der Jagd zu erreichen. Jedenfalls sei die Jagd durch Art. 20a GG und Art. 14 Abs. 2 GG gedeckt. Eine Ungleichbehandlung großer und kleiner Grundstücksbesitzer, wie sie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seiner Entscheidung vom 29. April 1999 im Rahmen der Überprüfung des französischen Jagdrechts gerügt habe, nehme das deutsche Jagdrecht nicht vor. Auch Inhaber von Eigenjagdbezirken seien zur Jagd in Form der Hege mit der Büchse verpflichtet. Der Umstand, dass ein Richter der Kammer Jäger sei, begründe nicht die Besorgnis der Befangenheit. Die Zugehörigkeit zu einer gesellschaftlichen Gruppe sei ohne Hinzutreten weiterer Umstände befangenheitsrechtlich unerheblich. Zudem gehe es im Verfahren nicht um die ethische Rechtfertigung oder um die Abschaffung der Jagd. Die Klägerin habe deshalb auch nicht die Beantwortung der Frage beanspruchen können, ob Mitglieder der Kammer Jäger seien.

3. Zu ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung führt die Klägerin aus, für die Anwendung der Vorschrift des Art. 6 Abs. 4 BayJG komme es nicht darauf an, wie oft bisher die Zustimmung zum Ruhen der Jagd erteilt worden sei, sondern darauf, ob die gesetzlich festgelegten Jagdziele gefährdet seien. Die in der Jagdpflicht liegende Beschränkung des Grundstückseigentümers stelle eine Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG dar; sie benötige daher eine gemeinwohlbezogene Rechtfertigung und dürfe nicht unverhältnismäßig sein. Die Ausnahmeregelung des Art. 6 Abs. 4 BayJG sei daher anzuwenden, wenn diese Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht das Vorliegen dieser Voraussetzungen angenommen. Aufgrund der vorgetragenen Besonderheiten des Eigenjagdreviers der Klägerin und seiner Umgebung werde im Falle der Jagdruhe die Verbissbelastung nicht in einer Weise steigen, dass damit eine Beeinträchtigung einer ordnungsgemäßen forstwirtschaftlichen Nutzung einhergehe. Dies ergebe sich aus dem Forstgutachten, wonach der Abschuss der vergangenen Jahre dazu beigetragen habe, eine großteils waldbaulich tragbare Verbisssituation zu erhalten, und nun zumindest in gleicher Höhe beizubehalten sei, um das bisher Erreichte zu stabilisieren. Die Klägerin führt weiter aus, der Gesichtspunkt der Selbstregulierung sei nicht der zentrale Gesichtspunkt der Klagebegründung, sondern eine Komponente, die bei der Frage, ob eine 10-jährige Jagdruhe zu verantworten sei, neben anderen Komponenten eine Rolle spiele. Ihr Vorbringen betreffend die fehlende Erforderlichkeit einer Jagdausübung sei vom Verwaltungsgericht übergangen worden. Dieses habe auch verkannt, dass es vorliegend nicht um die Aufhebung des Reviersystems gehe, sondern um die ausnahmsweise Befreiung von der Jagdpflicht und um die Folgen einer solchen Befreiung. Wie die Ausnahmevorschrift zeige, halte es der Gesetzgeber für möglich, einzelne Jagdreviere von der Jagdpflicht zu befreien, ohne dass die Belange des Art. 1 Abs. 2 BayJG gefährdet werden. Mit ihrem Hinweis auf die Zahl der durch Verkehrseinwirkungen getöteten Rehe habe die Klägerin lediglich eine Bestandsaufnahme gemacht. Das Verwaltungsgericht habe sowohl dies als auch die ungleiche Lage anderer Revierinhaber verkannt, die die Jagd nicht ablehnten und die Möglichkeit einer Erhöhung der Abschusszahlen hätten. Entscheidend sei jedoch, dass Schäden dort gar nicht in Betracht kämen. Unter Bezugnahme auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und Literaturäußerungen wiederholt die Klägerin ihre Auffassung, ihr stehe das Grundrecht des Art. 4 Abs. 1 GG zu. Mit der Ausführung, infolge seiner generellen Bedeutung für sämtliche Grundeigentümer lasse das Jagdrecht keinen Raum für die Berücksichtigung individueller Glaubens- und Gewissensüberzeugungen, verkenne das Verwaltungsgericht die Verfassungslage. Der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. April 2005 (NVwZ 2006, 92 ff.) könne dies bereits deshalb nicht entnommen werden, weil diese auf die Klage eines Grundstückseigentümers hin ergangen sei, dessen Jagdausübungsrecht kraft Gesetzes einer Jagdgenossenschaft zugestanden habe. Der Inhaber eines Eigenjagdreviers sei unmittelbar von der Jagdpflicht betroffen. Das Klagebegehren sei daher auch an der Bekenntnisfreiheit zu messen, die im Vergleich zum Eigentumsrecht stärkeren Grundrechtsschutz genieße. Die Klägerin habe die Grundstücke nicht erworben, um ein Ruhen der Jagd auf ihnen zu erreichen; der Erwerb sei entsprechend der Zwecksetzung der Stiftung erfolgt, Lebensräume für Tiere und Pflanzen durch Förderung des Tierschutzes, insbesondere der naturgemäßen Hege und Pflege von Tieren, zu schaffen. Das Unterbleiben der Tiertötung sei zwar eine wesentliche, aber nur eine von mehreren Komponenten des Gesamtkonzepts. Konsequenten Tierfreunden und Jagdgegnern könne nicht angesonnen werden, auf Grundeigentum (auch an Feldern und Wäldern) zu verzichten; dies gehöre zur grundrechtlich geschützten Persönlichkeitsentfaltung. Im Weiteren führt die Klägerin ihre Auffassung näher aus, die Kollision zwischen den vom Beklagten geltend gemachten Verfassungswerten und ihrer Bekenntnisfreiheit, die durch Art. 20a GG unterstützt werde, sei abwägend im Wege der praktischen Konkordanz zu lösen, wobei ihrer Rechtsposition wegen der bloß punktuellen Wirkung des Ruhens der Jagd und des Fehlens nennenswerter nachteiliger Auswirkungen auf die Nachbarschaft der Vorrang zukomme. Vorliegend gehe es um die ethisch-religiöse, unter Berücksichtigung der neuesten zoologischen und ökologischen Erkenntnisse zu beantwortende Frage, ob die gesetzlichen Hegeziele eine Regulierung der Wildpopulationen durch Tiertötung erforderten (wie praktizierende Jäger in aller Regel meinten), oder ob sie dahingehend auszulegen seien, die Wildpopulationen weitgehend sich selbst zu überlassen. Die private Jagdausübung eines Richters - mehrere Mitglieder der Kammer seien Jäger, wie sich nun herausgestellt habe - stehe deshalb in einer Beziehung zum Gegenstand des Verfahrens, die ihm eine vorurteilsfreie Abwägung der zu entscheidenden Konflikte zumindest erschwere und deshalb die Befangenheitsbesorgnis begründe. Die Verfahrensweise des Gerichts betreffend die von der Klägerin in diesem Zusammenhang gestellten Anträge sei grob verfahrensfehlerhaft und willkürlich; das Gericht sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen. Rein vorsorglich werde deswegen eine Zurückverweisung gemäß § 130 VwGO beantragt. In der Sache beantragt die Klägerin:

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 7. Dezember 2006 wird aufgehoben.

II. Der Bescheid des Landratsamts Main-Spessart vom 25. August 2005 in der Form des Widerspruchsbescheides der Regierung von Unterfranken vom 3. März 2006 wird aufgehoben.

III. Der Beklagte wird verpflichtet, dem Antrag der Klägerin auf Zustimmung zum Ruhen der Jagd in ihrem Eigenjagdrevier T. auf die Dauer von 10 Jahren stattzugeben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 7. Dezember 2006 zurückzuweisen.

Er verweist hinsichtlich der Auffassung der Klägerin, die geforderte punktuelle Zustimmung zum Ruhen der Jagd könne die übergreifenden Ziele des Jagdrechts nicht gefährden, auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Dezember 2006, in der im Hinblick auf die Jagd von einer übergreifenden Ordnung der Eigentumsrechte die Rede sei, in der die partielle Einführung eines Parzellenjagdrechts befürchtet und in der festgestellt werde, die vom Gesetzgeber bezweckte Eigentums- und Hegeordnung gerate insgesamt in Gefahr. Dies sei bei der Anwendung des Art. 6 Abs. 4 BayJG zu berücksichtigen. Bei dem in der Berufungsbegründung zitierten, eine tragbare Verbisssituation bestätigenden Forstgutachten handele es sich um das Gutachten vom 30. September 2003. Das nachfolgende Gutachten vom 15. Oktober 2006 habe eine Trendwende zum Schlechteren festgestellt und empfohlen, den Abschuss von Rehwild zu erhöhen. Auch in älteren Waldbeständen sei der Wildverbiss relevant, denn auch bei ihnen sei eine natürliche Sukzession erwünscht. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, der Klägerin stehe der Grundrechtsschutz aus Art. 4 Abs. 1 GG nicht zu, werde durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bestätigt. Dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Dezember 2006 sei auch zu entnehmen, dass das Grundrecht aus Art. 4 GG nicht geeignet sei, eine Eigentumsposition aus Art. 14 GG zu verstärken.

Unter dem 2. Juli 2007 führte die Klägerin weiter aus, der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Dezember 2006 - der im Übrigen etlichen grundrechtsdogmatischen Einwänden begegne - sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. In diesem Beschluss sei es um die Zwangsmitgliedschaft in einer Jagdgenossenschaft gegangen, die eine bedeutend geringere Grundrechtsbeeinträchtigung mit sich bringe als die Inhaberschaft eines Eigenjagdreviers. Auch könne die Aufhebung der Zwangsmitgliedschaft in Jagdgenossenschaften in der Tat das Reviersystem insgesamt in Frage stellen; bei der Befreiung einzelner Revierinhaber von der Jagdpflicht könne hiervon aber keine Rede sein.

Unter dem 24. Juli 2007 entgegnete der Beklagte, erhebliche Unterschiede in der Grundrechtsbeeinträchtigung seien nicht ersichtlich. In beiden Fällen habe der Gesetzgeber die Entscheidung für die Jagd getroffen und müsse die Jagd nicht persönlich ausgeübt werden. Der Inhaber eines Eigenjagdreviers habe sogar mehr Freiheiten als das Mitglied einer Jagdgenossenschaft, das wegen des Mehrheitsprinzips seine Vorstellungen zur Jagdausübung nicht unbedingt durchsetzen könne. Mit der Befreiung von der Jagdpflicht werde zwar in der Tat nicht das Reviersystem in Frage gestellt, jedoch die dem Reviersystem übergeordnete Entscheidung des Gesetzgebers für die Jagd.

Unter dem 2. Juli 2008 verwies die Klägerin auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 10. Juli 2007 und vertrat die Auffassung, der Gerichtshof habe weder ökologische Gesichtspunkte noch die Aufrechterhaltung des Reviersystem als hinreichende Rechtfertigung dafür angesehen, einen Grundstückseigentümer zur Duldung der Jagd auf seinem Grund und Boden zu verpflichten. Auch in ihren Auffassungen, eine durchgehende Bejagung sei ökologisch nicht erforderlich und eine generelle Ablehnung der Jagdruhe unzulässig, sah sie sich durch diese Entscheidung des Gerichtshofs betätigt.

Unter dem 29. Juni 2009 führte die Klägerin aus, die Entscheidungen des Gerichtshofs vom 10. Juli 2007 und vom 29. April 1999 seien auf den hier vorliegenden Fall übertragbar, während die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. April 2005 und des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Dezember 2006 maßgeblich auf Kriterien abstellten, die im Falle der Kläger nicht vorlägen. Die Annahme des Gerichtshofs, durch den Jagdzwang werde in den Schutzbereich des Eigentums und der Gewissensfreiheit eingegriffen, sei unabhängig vom jeweiligen Jagdsystem. Weiterhin habe der Gerichtshof die Inpflichtnahme von Eigentümern, die sich aus ethischer Überzeugung gegen die Jagd wenden, mit Rücksicht auf die Geltung der Jagdpflicht nur in Teilen Frankreichs und auf die Ausnahmen von der Jagdpflicht in Luxemburg für unverhältnismäßig erklärt. Die deutschen Gerichte hätten die Übertragung dieses Gedankens auf das deutsche Jagdrecht mit dem Hinweis auf die hier geltende flächendeckende Jagdpflicht abgelehnt. Jedoch sei es in den deutschen Gerichtsentscheidungen um die Zwangsmitgliedschaft in Jagdgenossenschaften gegangen, während vorliegend die Jagdpflicht des Inhabers eines Eigenjagdreviers zu beurteilen sei. Die ausnahmslose und flächendeckende Bejagung gelte für deutsche Eigenjagdreviere nicht, wie die im Bundesjagdgesetz vorgesehene Befreiung von der Jagdpflicht sowie der landesrechtlich mögliche Jagdverzicht (§ 20 Abs. 2 BJagdG) in Naturschutz- und Wildschutzgebieten sowie in National- und Wildparken (mit wesentlich größeren Flächen als normalerweise von Eigenjagdrevieren umfasst) belegten. Anders als ein Jagdgenosse, der sich nach den deutschen Gerichtsentscheidungen nicht auf Art. 4 GG berufen könne, weil er wegen der Übertragung des Jagdrechts auf die Jagdgenossenschaft die Jagd auf seinem Boden nicht mehr durch eine eigene Entscheidung freigeben müsse, müsse der Inhaber eines Eigenjagdreviers zudem eigenverantwortlich entscheiden, ob er die Tiere selbst töte oder durch einen Jagdpächter in seinem Auftrag töten lasse. Der Gerichtshof gehe überdies nicht davon aus, dass Jagdgenossen wegen der Übertragung des Jagdrechts auf eine Jagdgenossenschaft die Berufung auf Art. 4 GG nicht mehr zustehe.

Unter dem 14. August 2009 hat der Senat den Beteiligten Gelegenheit gegeben, zur Möglichkeit einer Entscheidung nach § 130 a VwGO im Beschlussweg Stellung zu nehmen. Die Klägerin hat sich am 7. September 2009 dieser Verfahrensweise widersetzt.

Im Übrigen wird auf die von den Beteiligten vorgelegten Verwaltungsakten und Unterlagen sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.

Über die Berufung kann gemäß § 130 a VwGO nach Anhörung der Parteien ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entschieden werden, weil der Senat sie einstimmig für zulässig, aber unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Stellungnahme der Klägerin vom 7. September 2009 benennt keine Gesichtspunkte, die die Durchführung einer mündlichen Verhandlung als angezeigt erscheinen lassen; eine Zustimmung der Klägerin ist nicht erforderlich.

Der Senat hat selbst in der Sache zu entscheiden (§ 130 Abs. 1 VwGO). Der Zurückverweisungsgrund des § 130 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor, weil die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts über die Ablehnung von Gerichtspersonen nicht der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegen (§ 173 VwGO i.V.m. § 512 ZPO, § 146 Abs. 2 VwGO). Im Übrigen kommt eine Zurückverweisung dann nicht in Betracht, wenn sich - wie hier - die Abweisung der Klage durch das Verwaltungsgericht als richtig erweist (§ 144 Abs. 4 VwGO in entsprechender Anwendung; vgl. insoweit Happ in Eyermann, VwGO, 12. Auflage 2006, RdNr. 9 zu § 130).

Die Berufung der Klägerin, mit der sie erreichen möchte, dass auf den Grundstücken ihres Eigenjagdreviers für einen Zeitraum von 10 Jahren keine Jagdhandlungen stattfinden, bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 25. August 2005, mit dem der Beklagten die Erteilung einer Zustimmung zum Ruhen der Jagd im Eigenjagdrevier der Klägerin abgelehnt hat, und sein Widerspruchsbescheid vom 3. März 2006 haben Bestand.

Bei Würdigung aller einschlägigen Grund- und Konventionsrechte kann sich ein Grundstückseigentümer nur dann befugt weigern, eine Jagdhandlung auf seinem Grundstück vorzunehmen oder zu dulden, wenn diese nicht im öffentlichen Interesse ist (I.). Auf die Frage, ob alle Jagdhandlungen in Gemeinschaftsjagdrevieren (vgl. insoweit die Aussetzungsbeschlüsse des Senats vom heutigen Tage in den Verfahren 19 BV 09.2 und 19 BV 09.3) und in Eigenjagdrevieren, die den Rahmen der jagdrechtlichen Vorschriften nicht überschreiten, im öffentlichen Interesse sind, kommt es vorliegend nicht an. Der Klägerin als Inhaberin eines Eigenjagdreviers obliegen jagdrechtliche Verpflichtungen (auf Vornahme oder Unterlassung insbesondere von Abschüssen oder Hegemaßnahmen) nur insoweit, als sie im öffentlichen Interesse erforderlich sind (II.). Die Einwendungen der Klägerin sind nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit und Notwendigkeit gemeinwohlbegründeter und gesetzlich vorgesehener jagdrechtlicher Verpflichtungen betreffend ihr Eigenjagdrevier grundsätzlich in Zweifel zu ziehen (III.).

I. Alle in Frage kommenden Grundrechte und Konventionsbestimmungen berechtigen einen Grundstückseigentümer nur dann zur Weigerung, eine Jagdhandlung auf seinem Grundstück vorzunehmen oder zu dulden, wenn diese nicht im öffentlichen Interesse ist. Die Klägerin teilt (allerdings nicht durchgängig) diesen Ansatz, wenn sie in ihrer Berufungsbegründung eine gemeinwohlbezogene und verhältnismäßige Jagdpflicht für zulässig hält.

1. Hinsichtlich der Bestimmungen des Grundgesetzes ist dies der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu entnehmen. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist diese Rechtsprechung nicht nur für Jagdgenossen von Bedeutung.

a) Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Dezember 2006 (NVwZ 2007, 808) berühren jagdrechtliche Vorschriften zur Wahrung der Belange des Tierschutzes, zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der Natur sowie ordnungsgemäßer land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Nutzungen und zur Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten artenreichen und gesunden Wildbestandes (vgl. Art. 20a GG, § 1 Abs. 2 BJagdG) nicht den Kernbereich des Grundeigentums (Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG). Solche Vorschriften verfolgen legitime Ziele, sind erforderlich und beeinträchtigen nicht unverhältnismäßig das im Allgemeinen berechtigte Interesse des Eigentümers, andere von jeder Einwirkung auf sein Grundeigentum auszuschließen (BVerfG vom 13.12.2006 a.a.O., insbesondere Nr. II.1. b, bb -1 - der Gründe; hinsichtlich der gleichsinnigen Ausführungen zur allgemeinen Handlungsfreiheit - Art. 2 Abs. 1 GG -, in deren Rahmen das Bundesverfassungsgericht auf die Problematik der Zwangsmitgliedschaft des Beschwerdeführers in einer Jagdgenossenschaft eingeht, vgl. Nr. II.3 und Nr. II.4 dieser Gründe). In seiner Entscheidung vom 13. Dezember 2006 befasst sich das Bundesverfassungsgericht zwar zunächst mit der Organisation der Jagd unter Zuhilfenahme von Jagdgenossenschaften und der damit einhergehenden Verlagerung des Jagdrechts. Seine Ausführungen zur Rechtfertigung von Eigentumsbeschränkungen besitzen jedoch vor allem Bedeutung für die Rechtfertigung der Jagdausübung; deren Regelungen unterscheiden nicht nach Revierarten. Die Jagdgenossenschaft dient lediglich dazu, auch in den Bereichen kleinen Grundbesitzes eine geordnete Jagdausübung zu ermöglichen; ihre Rechtfertigung ist daher von der Rechtfertigung der Jagdausübung abhängig.

Eine Verpflichtung, die Tötung wilder Tiere sogar dann zu unterlassen, wenn sie aus den genannten Gründen erforderlich ist, ergibt sich nicht aus Art. 20a GG. Nach dieser Staatszielbestimmung, die keinen subjektiven Rechtsanspruch gewährt, jedoch bei der Auslegung einfacher Gesetze als Leitlinie zu beachten ist (Scholz in Maunz/Dürig, GG, RdNrn. 20 und 35 zu Art. 20a), schützt der Staat in Verantwortung für die künftigen Generationen - neben den natürlichen Lebensgrundlagen - auch die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung. Dieser nicht nur die Tierwelt als solche, sondern auch das einzelne Tier betreffende Schutz (Scholz a.a.O. RdNr. 67 ff.) beruht auf der Erkenntnis seiner Mitgeschöpflichkeit (vgl. insoweit auch Art. 141 Abs. 1 S. 2 BV) und zielt daher darauf ab, dem Tier "vermeidbare Leiden zu ersparen" (BT-Drs. 14/8860, S. 3). Die Vorschrift stellt ein ethisches Mindestmaß sicher, an dem die für eine Beeinträchtigung von Tieren angeführten Gründe zu messen sind (etwa bei Tierversuchen im Rahmen der Arzneimittelforschung); sie stärkt den einfachgesetzlich bereits normierten Tierschutz (BT-Drs. 14/8860 a. a. O.). Ebenso wie dieser verbietet Art. 20a GG die Zufügung von Schmerzen und die Tötung von Tieren jedoch nicht absolut; das Menschenbild des Grundgesetzes ist anthropozentrisch, also am Menschen im Zusammenhang mit seiner Biosphäre orientiert, nicht aber ökozentrisch (Scholz a.a.O RdNrn. 75 ff. mit Nachweisen zum Gesetzgebungsverfahren). Der Tierschutz findet seine Grundlage und seine Begrenzung letztlich im öffentlichen Interesse (BVerfG vom 2.10.1973 BVerfGE 36, 56, vom 20.6.1978 BVerfGE 48, 389 und vom 3.11.1982 BVerfGE 61, 307; im Ergebnis ebenso BVerfG vom 13. 12. 2006 a.a.O. Abschnitt II.1. b, bb -1- der Gründe).

b) Jagdrechtliche Vorschriften zur Wahrung der genannten Belange bringen keine ungerechtfertigte Beeinträchtigung der Gewissens- und Weltanschauungsfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG) der Klägerin mit sich.

Die religiöse Handlungsfreiheit der Klägerin wird durch eine im öffentlichen Interesse verfügte Abschlussverpflichtung betroffen. Anders als das Mitglied einer Jagdgenossenschaft, das nicht genötigt ist, die Jagd auf seinem Boden freizugeben, nachdem der Gesetzgeber das Jagdrecht bereits der Jagdgenossenschaft übertragen hat (vgl. BVerfG vom 13.12.2006 a.a.O. Nr. II.2 der Gründe), muss der Inhaber eines Eigenjagdreviers (bzw. der für ihn Handelnde, wenn der Inhaber eine juristische Person ist) im öffentlichen Interesse erforderliche Jagdhandlungen selbst in Auftrag geben, soweit er nicht das Risiko einer Verwaltungsvollstreckung eingehen will, und dem zuwiderlaufende weltanschauliche Überzeugungen zurückstellen. In den Schutzbereich der religiösen Handlungsfreiheit fällt grundsätzlich jedes religiös motivierte Verhalten (BVerfG vom 16.10.1968 BVerfGE 24, 236, 247 ff. - Aktion Rumpelkammer - und vom 15.1.2002 BVerfGE 104, 337, 348 - muslimischer Metzger) und somit auch die weltanschaulich begründete Weigerung, sich an der Tötung von Tieren zu beteiligen. Die Klägerin zu 1 als juristische Person des Privatrechts ist zwar nicht in der Lage, die in Art. 4 Abs. 1 GG ebenfalls genannte Glaubens- und Gewissensfreiheit wahrzunehmen; eine juristische Person des Privatrechts kann jedoch die religiöse Handlungsfreiheit in Anspruch nehmen (Art. 19 Abs. 3 GG; vgl. auch Herzog in Maunz/Dürig, GG, RdNr. 36 zu Art. 4). Die Gewinnorientierung der Klägerin steht ihrer Berufung auf Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG nicht entgegen. Die Wirtschaftsweise der Klägerin weicht ihrem Vortrag zufolge erheblich von der Wirtschaftsweise der meisten anderen land- und forstwirtschaftlichen Betriebe ab, weil die Klägerin in ihrem Betrieb Grundforderungen ihrer Weltanschauung verwirklicht (vgl. zu diesem Merkmal BVerfG vom 4.6.1985 BVerfGE 70, 140, 161). Zweifel an diesem Vorbringen der Klägerin hat der Beklagte nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich. Die Auffassung des Beklagten und des Verwaltungsgerichts, die Klägerin könne sich auf das Grundrecht in Art. 4 GG in keiner Weise berufen, ist nicht überzeugend. Die vom Beklagten herangezogene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. November 1981 (BVerwGE 64, 196) befasst sich nicht mit der religiösen Handlungsfreiheit. Die vom Verwaltungsgericht herangezogene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Februar 1977 (BVerfGE 44, 103, 104) ist von einer Beschwerdeführerin herbeigeführt worden, die eine weltanschauliche Prägung ihres Geschäftsgebarens nicht geltend gemacht hat.

Die mit einer (auf gesetzlicher Grundlage verfügten) Abschussanordnung verbundene Beschränkung der religiösen Handlungsfreiheit ist jedoch gerechtfertigt, weil mit der Rechtsposition der Klägerin kollidierenden gewichtigen Rechtsgütern mit Verfassungsrang der Vorrang zukommt (zur Beschränkung von Grundrechtspositionen aus Art. 4 GG durch kollidierendes Verfassungsrecht vgl. zuletzt BVerfG vom 21.7.2009 Az. 1 BvR 1358/09 - juris - Nr. III.1.a der Gründe m.w.N. zur verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung; zur Rechtfertigung einer Beschränkung von Rechtspositionen aus Art. 4 GG der Mitglieder von Jagdgenossenschaften - soweit sie diesen zustehen sollten - vgl. BVerfGE vom 13. 12. 2006 a.a.O. Nr. II.2 der Gründe).

Die Grundflächen einschließlich der darauf wachsenden Pflanzen und deren Früchte (vgl. §§ 94 Abs. 1, 99, 953 BGB) und alles andere Eigentum in Wald und Feld fallen in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG. Ein hoher Wildbestand gefährdet diese Rechtsgüter. Art. 20a GG schützt die natürlichen Lebensgrundlagen auch vor einem Ungleichgewicht des Wirkungsgefüges der Natur in Form von Überpopulationen. Schließlich gefährden Überpopulationen auch Leben und Gesundheit (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG), wie die zahlreichen Wildunfälle im Straßenverkehr belegen. Das Bekenntnis kann nicht zum Maßstab gültiger genereller Rechtsnormen oder ihrer Anwendung gemacht werden (BVerfG vom 18.4.1984 BVerfGE 67, 27, 36); dies gilt insbesondere dann, wenn solche Rechtsnormen dem Schutz gewichtiger Rechtsgüter mit Verfassungsrang dienen. Bei der Abwägung ist auch zu berücksichtigen, dass der Inhaber eines Eigenjagdreviers und die für ihn Handelnden die Jagd nicht höchstpersönlich ausüben müssen. Die jagdrechtlichen Vorschriften fordern ihnen - von der notfalls im Wege der Verwaltungsvollstreckung ersetzbaren Beauftragung eines Jägers abgesehen - ein bestimmtes Verhalten nicht ab (zur Überwindbarkeit von Beeinträchtigungen der Bekenntnisfreiheit mit geringer Intensität vgl. Herzog a.a.O. RdNr. 140 zu Art. 4, Fn. 124; Jarass, GG, 9. Aufl. 2007, RdNr. 50 zu Art. 4). Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der in einer (lediglich) organisatorischen und finanziellen Inanspruchnahme des Eigenjagdrevier-Inhabers liegende Unterschied zum passiven Jagdbeitrag des Jagdgenossen der Verschiedenheit der sozialen Pflichten entspricht, die mit großem und mit kleinem Grundbesitz verbunden sind. Ebenso wenig wie sich der Inhaber eines Unternehmens einer Inpflichtnahme hinsichtlich der Wahrung existenzieller Interessen der Arbeitnehmer oder hinsichtlich besonderer Bezüge des Unternehmensgegenstandes zum Gemeinwohl verweigern kann (Papier in Maunz/Dürig, GG, RdNrn. 349 und 350 zu Art. 14 GG unter Bezugnahme auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts), kann sich der Eigentümer großer Flächen im Außenbereich den Erfordernissen der öffentlichen Interessen hinsichtlich des Wildes entziehen, dessen Lebensraum der Außenbereich ist. Sonderbelastungen von Personen und Gruppen mit spezifischer Sachnähe zum normativen Eingriffszweck sind nicht grundrechtswidrig (Papier a.a.O.).

2. Die Abgrenzung der einem Grundstückseigentümer zumutbaren Jagdhandlungen anhand der Bestimmungen der Europäischen Konvention für Menschenrechte und der zugehörigen Protokolle führt zu keinem anderen Ergebnis.

a) Auch die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 29. April 1999 (NJW 1999, 3695) sowie vom 10. Juli 2007 (NuR 2008, 489) zum französischen und zum luxemburgischen Jagdrecht haben Zwangsvereinigungen zum Gegenstand und befassen sich deshalb nicht nur mit dem durch Art. 1 des (ersten) Zusatzprotokolls (BGBl 2002 II S.1072 - ZP Nr. 1) zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl 1952 II S. 685, 953 - EMRK) geschützten Eigentumsrecht (hinsichtlich der Gleichrangigkeit dieser Schutzbestimmung des Protokolls mit den Vorschriften der Konvention vgl. Art. 5 ZP Nr. 1), sondern auch mit der durch Art. 11 EMRK geschützten Vereinigungsfreiheit, um die es vorliegend nicht geht. Bei der Anwendung der beiden Bestimmungen folgt der Gerichtshof jedoch hinsichtlich der für das vorliegende Verfahren wesentlichen Gesichtspunkte (insbesondere hinsichtlich der Eingriffsrechtfertigung) den selben Grundsätzen. Seine Ausführungen zu einer Bestimmung sind daher auch für das Verständnis der Anwendung der jeweils anderen Bestimmung ergiebig und betreffen infolge ihrer Bezugnahme (auch) auf Art. 1 ZP Nr. 1 alle Eigentümer von Außenbereichsgrundstücken, unabhängig davon, ob sie einer Zwangsvereinigung zugeordnet sind oder nicht.

aa) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs stellt es einen Eingriff in die durch Art. 1 ZP Nr. 1 gewährleistete Ausübung der Rechte des Eigentümers dar, wenn dieser in seinem freien Nutzungsrecht dadurch eingeschränkt wird, dass er die Anwesenheit von Personen mit Waffen und von Jagdhunden auf seinem Land dulden muss (EGMR vom 29.4.1999 a.a.O. RdNr. 74 sowie vom 10.7.2007 a.a.O. RdNr. 44; zur Eingriffswirkung von Bestimmungen, die den Zusammenschluss zu einer Jagdvereinigung ohne Widerspruchsmöglichkeit vorsehen vgl. EGMR vom 29.4.1999 RdNrn. 97 ff. sowie vom 10.7.2007 RdNrn. 69 ff.). Die überzeugte Ablehnung der Jagd aus ethischen Gründen erreicht einen gewissen Grad von Entschiedenheit, Geschlossenheit und Wichtigkeit und verdient daher in einer demokratischen Gesellschaft Achtung (EGMR vom 29.4.1999 a. a. O. RdNr. 114 sowie vom 10.7.2007 a.a.O. RdNr. 80).

bb) Hinsichtlich der Eingriffsrechtfertigung ergibt sich aus den Entscheidungen des Gerichtshofs vom 29. April 1999 und vom 10. Juli 2007, dass der Gesetzgeber Menschen gegen ihren Willen in Vereinigungen mit dem Ziel einer Bejagung ihrer Grundstücke einbeziehen kann, wenn dies im öffentlichen Interesse erforderlich ist. Beide Entscheidungen, in denen er zu Verstoßfeststellungen gekommen ist, stützt der Gerichtshof auf die Überzeugung, dass das jeweilige Jagdsystem nicht hinreichend auf das öffentliche Interesse ausgerichtet ist.

Der Gerichtshof führt aus, Vorschriften mit dem Ziel, eine ungeordnete Jagdausübung zu vermeiden und eine vernünftige Hege und Pflege des Wildbestandes zu fördern, lägen unzweifelhaft im Allgemeininteresse (EGMR vom 29.4.1999 a.a.O. RdNr. 79 sowie vom 10.7.2007 a.a.O. RdNr. 46; in der Entscheidung vom 10.7.2007 - RdNr. 80 - fasst der Gerichtshof den Vortrag der französischen Regierung im Vorfeld seiner Entscheidung vom 29.4.1999 allerdings mit den Worten zusammen, die französische Zwangsvereinigung ziele auf den "Schutz der Rechte und Freiheiten der Jäger" ab). Der notwendige gerechte Ausgleich, der zwischen dem Schutz des Eigentums und den Anforderungen des Allgemeininteresses bestehen müsse, fehle jedoch, wenn nur kleine Eigentümer - und nur diejenigen in einzelnen Teilen des Landes - dazu verpflichtet würden, das Jagdrecht auf ihrem Land zu übertragen, damit Dritte davon einen Gebrauch machten, der den Überzeugungen der Eigentümer völlig widerspreche, die Eigentümer großen Grundbesitzes dagegen sich das Jagdrecht selbst vorbehielten, es anderen übertrügen, oder auch ungenutzt lassen könnten (EGMR vom 29.4.1999 a. a. O. RdNrn. 80 ff., insbesondere 85 und 92 bis 95; im gleichen Sinne EGMR vom 10.7.2007 a.a.O. RdNrn. 50, 51). Solche Regelungen belegen nach der Auffassung des Gerichtshofs, dass es zur Wahrung des ökologischen Gleichgewichts nicht erforderlich ist, die Gesamtheit des nicht verstädterten Gebietes der Ausübung des Jagdrechts zu unterwerfen (EGMR vom 10.7.2007 a.a.O. RdNr. 50; im gleichen Sinn EGMR vom 29.4.1999 a.a.O. RdNr. 92). Aus diesen Ausführungen sowie aus der Gründung beider Verstoßfeststellungen auf einen Verhältnismäßigkeitsmangel (EGMR vom 10.7.2007 a.a.O. RdNr. 51 sowie vom 29.4.1999 a.a.O. RdNr. 99), also nicht auf das vollständige Fehlen eines Gemeinwohlinteresses, ergibt sich die Überzeugung des Gerichtshofs, dass die geprüften Jagdsysteme - anders als von den nationalen Regierungen vorgetragen - nicht nur öffentlichen Interessen dienen. Die Auffassung, auch bei konsequenter Verfolgung öffentlicher Interessen sei eine Jagdausübung nicht gerechtfertigt (in ihrem Schriftsatz vom 2.7.2008 äußert sich die Klägerin in dieser Weise hinsichtlich ökologischer Erfordernisse), ergibt sich aus ihnen nicht.

Mit seiner Feststellung in der Entscheidung vom 10. Juli 2007, eine Maßnahme, durch die eine Einzelperson per Gesetz zu einer Mitgliedschaft (in einer Jagdgenossenschaft) gezwungen werde, die ihren eigenen Überzeugungen zutiefst entgegenstehe, und sie zu verpflichten, aufgrund dieser Mitgliedschaft das Grundstück, dessen Eigentümerin sie sei, einzubringen, damit die betreffende Vereinigung Ziele erreiche, die die Person ablehne, sei weder notwendig noch verhältnismäßig (RdNr. 82), erklärt der Gerichtshof nur scheinbar die gegen die Jagd gerichtete persönliche Überzeugung zum entscheidenden Kriterium. Diese Ausführung steht vielmehr in inhaltlichem Zusammenhang mit der vorherigen Erörterung der Frage, ob die streitige Jagdvereinigung öffentliche Interessen verfolgt. Die luxemburgische Regierung hatte neben dem Hinweis auf solche Interessen (zusätzlich zu den bereits erwähnten auch das Interesse der Wahrung der Eigentumsrechte von Land- und Forstwirten, vgl. EGMR vom 10.7.2007 a.a.O. RdNrn. 46, 50 und 80) den öffentlich-rechtlichen Charakter der Jagdgenossenschaften betont und zu dessen Begründung (u. a.) vorgetragen, die Jagdgenossenschaften verdankten ihre Existenz dem Willen des Gesetzgebers, seien ohne Gewinnerzielungsabsicht tätig und würden vom Innenministerium überwacht. Der Gerichtshof folgt jedoch auch hier der Beschwerdeführerin (die den öffentlich-rechtlichen Charakter bestreitet), ersichtlich an der ausführlichen Wiedergabe ihrer Ausführungen, die Genossenschaft diene lediglich dazu, die Ausübung einer Freizeitbeschäftigung einiger Jäger zu regeln (RdNr. 59), die Durchführung von Polizeijagden sei vorzuziehen, die dem alleinigen Zweck dienten, eine gesunde und ökologische Verwaltung des Wildbestandes sicherzustellen, und nicht der Befriedigung des Vergnügens eines Amateurjägers, Tiere zu töten (RdNr. 62). Der Gerichtshof hebt hervor, dass "die Genossenschaften aus Grundstückseigentümern, also aus Privatpersonen, gebildet werden, die sich regelmäßig treffen, um über die Versteigerung des Jagdrechts zu Gunsten einiger Jäger zu entscheiden, die entweder Ersteigerer oder ausscheidende Pächter sind", und stuft die streitgegenständlichen Jagdgenossenschaften als (nicht öffentlich-rechtliche) Vereinigungen im Sinne des Art. 11 EMRK ein (RdNr. 74). Ohne ausdrücklich darauf Bezug zu nehmen, setzt der Gerichtshof damit seine bisherige Rechtsprechung fort, wonach Art. 11 EMRK nur dann nicht auf Körperschaften anzuwenden ist, wenn sie durch ihren Ursprung, ihr Ziel und ihre Mittel als öffentlich-rechtliche gekennzeichnet sind (EGMR vom 23.6.1981 EuGRZ 1981, 551 RdNr. 64, 65). Auch die Entscheidung vom 10. Juli 2007 beruht somit auf der Überzeugung des Gerichtshofs, dass das luxemburgische Jagdrecht der Jagdgenossenschaft zwar Gemeinwohlziele setzt, in ihrem Rahmen jedoch auch die Verfolgung privatnütziger Ziele möglich ist und stattfindet. Im Falle einer alleinigen Maßgeblichkeit der ethischen Haltung des Grundstückseigentümers und Jagdgenossen hätte es einer solchen Überzeugungsbildung nicht bedurft. Die Auffassung, der Gerichtshof räume dem Grundstückseigentümer das Recht ein, jede Art von Jagd auf seinem Grundstück in freier Entscheidung abzulehnen, missachtet den Zusammenhang, in dem der in Bezug genommene Abschnitt der Entscheidungsbegründung steht, und ist ohne Grundlage.

cc) Die Entscheidungen entsprechen damit den Bestimmungen in Art. 11 Abs. 2 EMRK und in Art. 1 Abs. 2 ZP Nr. 1 über die Rechtfertigung von Eingriffen, die - unter Verwendung unterschiedlicher Formulierungen - jeweils das öffentliche Interesse zum entscheidenden Kriterium erklären. Nach Art. 1 Abs. 2 ZP Nr. 1 beeinträchtigt der in Abs. 1 der Vorschrift festgelegte Schutz des Eigentums nicht das Recht des Staates, diejenigen Gesetze anzuwenden, die er für die Regelung der Benutzung des Eigentums im Einklang mit dem Allgemeininteresse oder zur Sicherung der Zahlung der Steuern oder sonstiger Abgaben oder von Geldstrafen für erforderlich hält. In seiner Entscheidung vom 29. April 1999 (a.a.O. RdNr. 83) hebt der Gerichtshof den Ausnahme- und Zwangscharakter der Verlagerung des Jagdrechts auf der Grundlage von französischen Bestimmungen hervor, die in Gleichklang mit dem deutschen Recht das Eigentum als - vorbehaltlich gesetzlicher Verbote - unbeschränktes Nutzungs- und Verfügungsrecht definieren, aus dem das Jagdrecht fließt (in RdNr. 44 der Gründe seiner Entscheidung vom 10.7.2007 entnimmt der Gerichtshof auch dem luxemburgischen Recht, dass das hier geregelte Jagdrecht ein "an das Eigentum gebundenes Recht" ist).

Nach Art. 11 Abs. 2 S. 1 EMRK (S. 2 betrifft lediglich Staatsbedienstete) darf die Ausübung des in Art. 11 Abs. 1 EMRK festgelegten Vereinigungsrechts nur Einschränkungen unterworfen werden, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind für die nationale oder öffentliche Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der Ordnung oder zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.

Angesichts der Weite der in den zweiten Absätzen der beiden Bestimmungen des Konventionsrechte genannten öffentlichen Interessen, die auf dem insoweit bestehenden Beurteilungsspielraum der Konventionsstaaten (vgl. EGMR vom 23.11.2000 NJW 2002, 45 RdNr. 87) beruht, verzichtet der Gerichtshof darauf, die von den Regierungen geltend gemachten öffentlichen Interessen einzelnen der in Abs. 2 genannten Begriffe zuzuordnen.

b) Die von der französischen Beschwerdeführerin aufgeworfene Frage, ob die Verpflichtung eines die Jagd aus ethischen Gründen ablehnenden Grundeigentümers, Jagdhandlungen zu dulden, gegen die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit (Art. 9 EMRK) verstößt, hat der Gerichtshof offen gelassen, weil es wegen der bereits festgestellten Verstöße nicht mehr darauf ankam (EGMR vom 29.4.1999 a.a.O. RdNrn. 122 ff). Die Frage ist, soweit es - wie vorliegend - um gemeinwohlbedingte Jagdhandlungen geht, zu verneinen. Auch ein Eingriff in die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit ist gerechtfertigt, wenn er öffentlichen Interessen einschließlich der öffentlichen Ordnung oder dem Ausgleich mit konkurrierenden Konventionsrechten anderer dient (vgl. im einzelnen Art. 9 Abs. 2 EMRK). Der Umstand, dass dem Inhaber eines Eigenjagdreviers das Jagdrecht selbst zusteht und er deshalb (oder ein für ihn Handelnder) die Erfüllung der im öffentlichen Interesse erforderlichen jagdrechtlichen Verpflichtungen selbst veranlassen muss, steht der Rechtfertigung des Eingriffs in die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 2 EMRK aus denselben Gründen nicht entgegen, aus denen er den Eingriff in die Gewissens- und Weltanschauungsfreiheit des Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG nicht grundgesetzwidrig macht (vgl. Nr. II.1.b a. E.). Aus Art. 9 Abs. 1 EMRK folgt generell kein Recht, die Erfüllung allgemeiner Rechtspflichten unter Berufung auf Glaubens- und Gewissensgründe zu verweigern (Korioth in Maunz/Dürig, GG, RdNr. 15 zu Art. 140 GG < Art. 136 WRV >). Das öffentliche Interesse am Schutz der Gesundheit reicht aus, die Verpflichtung zum Tragen eines Motorradschutzhelms zu rechtfertigen, auch wenn diese staatliche Verpflichtung der religiösen und identitätsstiftenden Verpflichtung eines Sikhs zum Tragen eines Turbans entgegensteht (EKMR vom 12.7.1978 DR 14, S. 234 ff. - X gegen Vereinigtes Königreich; vgl. auch EGMR vom 13.11.2008 Nr. 24479/07: Foto mit unbedecktem Kopf zu dem Zweck, den Fahrer eines Kraftfahrzeugs identifizieren zu können). Für das Verhältnis der gewichtigen Gemeinwohlinteressen, die allein die jagdrechtliche Verpflichtung des Inhabers eines Eigenjagdreviers rechtfertigen können, zu den für die Erfüllung einer solchen jagdrechtlichen Verpflichtung erforderlichen begrenzten Organisationshandlungen kann nichts anderes gelten.

Insgesamt sind unterschiedliche Ausgangsannahmen oder Bewertungen des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte betreffend Jagdhandlungen zur Verwirklichung öffentlicher Interessen nicht zu erkennen (ebenso BVerfG vom 13.12.2006 a.a.O. Nr. II.1.b, bb -2- der Gründe; die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 1.2.2007 Az. 2 BvR 126/04 ist zwar ebenfalls von einem Jagdgenossen herbeigeführt worden, befasst sich jedoch nicht mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen einem Grundstückseigentümer unerwünschte Jagdhandlungen zumutbar sind). Auch bei der Qualifikation der Eigentumsbetroffenheit, die mit einer Verpflichtung zur Duldung oder zur Ausübung der Jagd verbunden ist, einerseits durch den Gerichtshof als "Eingriff" (vgl. NJW 1999 S. 3696 sowie NuR 2008, 492) und andererseits durch deutsche Gerichte als Inhalts- und Schrankenbestimmung (vgl. insbesondere BVerfG vom 13.12. 2006 a.a.O. Nr. II.1.a der Gründe) handelt es sich lediglich um eine scheinbare Divergenz. Das Wohl der Allgemeinheit ist nicht nur Grund, sondern auch Grenze für die mit der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums durch den Gesetzgeber gemäß Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG verbundenen Beschränkungen (BVerfG vom 13.12. 2006 a.a.O. unter Hinweis auf seine bisherige Rechtsprechung). Somit gilt hier kein anderer Maßstab als der in Art. 14 Abs. 2 S. 2 GG für Konkretisierungen der Sozialpflichtigkeit genannte (zur weitgehenden Identität der Voraussetzungen der beiden Grundgesetzbestimmungen vgl. Papier a.a.O. RdNrn. 305 ff. und 347 zu Art. 14). Das Konventionsrecht kennt keine Differenzierung einerseits in Maßnahmen, die Inhalt und Schranken des Eigentums festlegen, und andererseits in Maßnahmen, die in das vom Gesetzgeber gestaltete Eigentumsrecht eingreifen. Art. 1 Abs. 2 ZP Nr. 1 lässt durch den weiten Gesetzesvorbehalt betreffend "die Regelung der Benutzung des Eigentums" erkennen, dass die Vorschrift beide Varianten von Eigentumsmodifikationen erfasst. Die in den deutschen Veröffentlichungen mit "Eingriff" übersetzten Begriffe in den englischen und den französischen Entscheidungsfassungen (interference und ingérence) deuten ebenfalls darauf hin, dass der Gemeinwohlmaßstab des Art. 1 Abs. 2 ZP Nr. 1 bei jeder Form der Einflussnahme auf das Eigentum anzuwenden ist.

Angesichts der identischen Grenzziehungen kann vorliegend die schwierige Frage ungeklärt bleiben, wie im Falle unterschiedlicher Rechtsprechungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesverfassungsgerichts zum Spannungsverhältnis zwischen geschützten privaten Rechten und öffentlichen Interessen zu verfahren wäre (vgl. hierzu BVerfG vom 14. 10. 2004 BVerfGE 111, 307 - Görgülü - und das zu dieser Thematik vorliegende Schrifttum).

II. Die Bestimmungen des Jagdrechts, durch die oder aufgrund derer Jagdausübungsberechtigte konkreten jagdrechtlichen Verpflichtungen unterworfen werden, dienen ausschließlich öffentlichen Interessen. Hinsichtlich aller weiteren jagdlichen Maßnahmen ist der Inhaber des Eigenjagdreviers und Eigentümer der zugehörigen Grundstücke in seinen Entschlüssen frei; in diesem Bereich scheidet die Möglichkeit einer Beeinträchtigung seiner Rechte von vornherein aus. Jagdrechtliche Verpflichtungen kommen in erster Linie auf der Grundlage der Vorschriften über den Abschussplan (§ 21 Abs. 2 S. 6 und S. 7 BJagdG, Art. 32 BayJG) in Betracht. Eine behördliche Festsetzung des Abschussplans setzt voraus, dass öffentliche Interessen die festgelegte Bestandsreduzierung erfordern (vgl. § 21 Abs. 1 BJagdG, Art. 32 Abs. 1 S. 2 BayJG); für Abschussanordnungen aufgrund besonderer Umstände gilt nichts anderes (vgl. § 27 Abs. 1 BJagdG). Bestimmungen, aufgrund derer sie zu Jagdhandlungen veranlasst werden könnte, die nicht öffentlichen Interessen dienen, hat die Klägerin nicht genannt; solche Bestimmungen sind auch sonst nicht ersichtlich. Die Behörde hat die Gründe, aus denen sich das öffentliche Interesse ergibt, in ihrer Anordnung darzulegen (Art. 39 Abs. 1 VwVfG; hinsichtlich der Abschussplanfestsetzung vergleiche auch Nr. II.2.3 S. 2 Hs. 1 der Richtlinien für die Hege und Bejagung des Schalenwildes in Bayern vom 9.12.1988 AllMBl 1989 S. 73 i.d.F. von 23.3.2004 AllMBl S. 106). Aufgrund des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, der jedes staatliche Handeln bestimmt (Grzeszick in Maunz/Dürig, GG, RdNrn. VII.107 f. zu Art. 20), muss einer Abschussverpflichtung und deren Vollzug ein tragfähiges, insbesondere dem Gleichheitssatz genügendes Regulierungskonzept zu Grunde liegen. Die Klägerin kann die Einhaltung dieser Voraussetzungen durch Beschreiten des Verwaltungsrechtswegs sicherstellen. III. Das Vorbringen der Klägerin ist nicht geeignet, die Erforderlichkeit gemeinwohlbedingter Jagdhandlungen in ihrem Eigenjagdrevier grundsätzlich in Zweifel zu ziehen.

1. Die Klägerin meint, Grundlage der Jagd seien Jagdlust und Freizeitvergnügen. Bei Jagdhandlungen, die im öffentlichen Interesse erforderlich sind, trifft dies nicht zu. Wenn solche Jagdhandlungen ohne Auswirkung auf die Ausführung und das Ergebnis mit persönlichen Empfindungen vorgenommen werden, ist dies unerheblich. Ob - und gegebenenfalls inwieweit - das Vergnügen bei anderen Jagdhandlungen eine Rolle spielt, kann offen bleiben. Die Klägerin kann mangels entsprechender Rechtsgrundlagen zu anderen Jagdhandlungen als solchen im öffentlichen Interesse nicht angehalten werden.

2. Die Klägerin meint, die Jagd bedeute vielfaches tierisches Leid und habe auch den Tod von Menschen zur Folge. Hierbei handelt es sich um unbeabsichtigte Nebenerscheinungen, deren Eindämmung das Ziel von Rechtsvorschriften ist (vgl. u.a. § 15 Abs. 5 sowie §§ 17, 18, 22a BJagdG). Auch wenn hier Verbesserungsmöglichkeiten noch bestehen sollten (die Klägerin hat sich insoweit nicht konkret geäußert), wäre dieser Umstand nicht geeignet, das Unterlassen von gemeinwohlbedingten Jagdhandlungen und die in der Folge zu erwartenden weit größeren Schäden an Mensch und Natur zu rechtfertigen. Im Übrigen steht es der Klägerin frei, sich bei der Ausführung angeordneter Jagdhandlungen stärker um Vermeidung solcher negativer Begleiterscheinungen zu bemühen als von den gesetzlichen Vorschriften gefordert.

3. Die Klägerin meint unter Hinweis auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zum französischen Jagdrecht, der deutschen Rechtsordnung sei die Verzichtbarkeit der Jagd zu entnehmen, weil in den Vorschriften der §§ 6 S. 1 und 10 Abs. 2 S. 1 BJagdG Ausnahmen vom Jagdzwang vorgesehen seien und darüber hinaus in Naturschutz- und Wildschutzgebieten sowie in National- und Wildparks auf die Jagd verzichtet werden könne. Die von der Klägerin in Bezug genommenen Regelungen ermöglichen es zwar, bestimmte Bereiche von einer Bejagung freizuhalten. Eine Freistellung von gemeinwohlbegründeten Jagdhandlungen, wie sie der Klägerin einzig und allein abverlangt werden können, liegt hierin jedoch nicht. Vielmehr tragen diese Regelungen dem Umstand Rechnung, dass in den von der Klägerin genannten Bereichen aufgrund der dort bestehenden besonderen Bedingungen oder Zielsetzungen das öffentliche Interesse Jagdhandlungen gerade nicht erfordert oder sogar verbietet. Angesichts der Vorschriften, die es ermöglichen, (auch) Inhaber von Eigenjagdrevieren zu jagdlichen Maßnahmen zu verpflichten, besteht kein Zweifel daran, dass die jagdrechtlichen Vorschriften nicht nur in einigen Bereichen (z. B. in den Bereichen von Jagdgenossenschaften) öffentliche Interessen verfolgen, sondern in allen Bereichen, in denen diese öffentlichen Interessen jagdliche Maßnahmen erfordern.

4. Die Klägerin meint, ein Ruhen der Jagd in ihrem Eigenjagdrevier für einen Zeitraum von 10 Jahren werde sich nur punktuell auswirken und das Gesamtsystem nicht in Frage stellen. Diese Annahme trifft nicht zu. Denn Gleiches müsste einer unbestimmten Vielzahl anderer Grundeigentümer eingeräumt werden, die sich auf eine ernsthafte Gewissensentscheidung für den Tierschutz berufen, so dass die vom Gesetzgeber mit dem Bundesjagdgesetz bezweckte übergreifende Ordnung in Gefahr geriete (BVerfG vom 13.12.2006 a.a.O. Nr. II.2 der Gründe; BVerwG vom 14.4.2005 NVwZ 2005, 92 Nr. II.2.b -2- der Gründe); mangels objektiver Differenzierungskriterien wäre irgend eine Art von Grenzziehung nicht mehr zu begründen. Die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, aus denen sich ergibt, dass den Eigentümern kleiner (möglicherweise wenig jagdrelevanter) Grundstücke gemeinwohlbegründete Jagdhandlungen zugemutet werden können, sind nur auf der Grundlage der selben Überlegung verständlich. Die Klägerin begehrt die Zustimmung zum Ruhen der Jagd in ihrem gesamten Revier; es liegt auf der Hand, dass die vom Gesetzgeber bezweckte übergreifende Ordnung hierdurch noch stärker in Frage gestellt würde als durch die Jagdruhe in dem durch ein Einzelgrundstück repräsentierten Teil eines Gemeinschaftsjagdreviers. Im Übrigen liegt nicht nur - wie die Klägerin meint - "die Lebensfähigkeit des gesamten Naturhaushalts" im öffentlichen Interesse. Öffentlich-rechtliche Zielsetzungen sind stets insoweit zu verwirklichen, als nicht anderen öffentlich-rechtlichen Zielsetzungen oder individuellen Rechtspositionen der Vorrang zukommt. Es ist nicht ersichtlich, weshalb beispielsweise der natürlichen Waldverjüngung (vgl. Art. 1 Abs. 2 Nr. 3, Art. 32 Abs. 1 S. 2 BayJG) im Eigenjagdrevier der Klägerin eine geringere Bedeutung als in anderen Revieren zukommen sollte.

5. Die Klägerin bestreitet die Notwendigkeit insbesondere der Jagdhandlungen, die aus der in § 21 BJagdG festgelegten Verpflichtung zur Aufstellung und Einhaltung von Abschussplänen resultieren oder sich aus einer Abschussanordnung nach § 27 Abs. 1 BJagdG ergeben kann. Die Ausführungen der Klägerin greifen jedoch nicht durch. a) Die Klägerin meint, Wild reguliere sich natürlich. Dies trifft insoweit zu, als sich das Wild - wie jede Lebensform - in Wechselwirkung zu seinen Lebensbedingungen verhält, vermehrt und auch sonst entwickelt. Entscheidend ist jedoch, ob eine Selbstregulierung entsprechend den öffentlichen Interessen zu erwarten ist, insbesondere entsprechend den Naturschutzinteressen, dem Interesse am Schutz der Landwirtschaft und des Waldes und schließlich dem Interesse am Schutz von Leben und Gesundheit (zur Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit durch Überpopulationen vgl. unten Abschnitt III.5.e am Ende). Dies ist nicht der Fall. Nach den bayerischen Hegerichtlinien (Nr. II.2.b, aa) liegt die Reproduktionsrate des Rehwilds bei 80% bis 120% der weiblichen Tiere. Die Klägerin hat dieser Angabe von fachkundiger Seite nichts Durchgreifendes entgegengesetzt. Diese Angaben sind angesichts des fast vollständigen Fehlens großer Predatoren und angesichts der sonstigen Verbesserungen der Lebensbedingungen des Wildes (etwa infolge des nunmehr meist milderen Winters und der Nahrungsangebote der Kulturlandschaft) auch nachvollziehbar. Es liegt auf der Hand, dass die ungehinderte Vermehrung einer Wildart nicht ohne nachteilige Auswirkungen auf öffentliche Interessen bleibt. Es spricht viel dafür, dass die Zunahme der Waldverbissschäden in der das Eigenjagdrevier einschließenden Hegegemeinschaft in der Zeit zwischen den forstlichen Erhebungen in den Jahren 2003 und 2006 (deren Ergebnisse die Klägerin miteinander verwechselt) eine solche nachteilige Auswirkung darstellt. Die Klägerin hat keine Anhaltspunkte vorgetragen, die Zweifel an den Ergebnissen dieser Erhebungen wecken oder auf eine nunmehr tragbare Verbissbelastung hindeuten.

Insgesamt ist die Entscheidung des Gesetzgebers für eine Regulierung nicht fragwürdig (ebenso BVerwG vom 14.4.2005 a.a.O. Nr. II.2.b -2- der Gründe). Auch im Eigenjagdrevier der Klägerin sind Regulierungserfordernisse, denen im Falle des Ruhens der Jagd nicht mehr Rechnung getragen werden könnte, jedenfalls nicht ausgeschlossen. Eine verfügte Abschussverpflichtung kann im Verfahren um die Abschussplanfestsetzung oder um die sonstige Abschussanordnung einer Überprüfung unterzogen werden.

Auf die Frage, ob in anderen Regionen (und damit unter anderen Bedingungen) eine Selbstregulierung im Sinne der öffentlichen Interessen stattfindet, kommt es nicht an; den Beweisangeboten der Klägerin in dieser Richtung war daher nicht nachzugehen. Die weiteren Beweisangebote sind auf rechtliche Bewertungen gerichtet (etwa darauf, dass keine Beeinträchtigungen der Hegeziele eintreten werden) und hinsichtlich der Beweistatsachen unbestimmt; sie sind deshalb keine taugliche Grundlage für eine Beweiserhebung (vgl. Geiger in Eyermann, VwGO, 12. Auflage 2006, RdNrn. 27 und 34 zu § 86).

b) Die Klägerin meint, bei den Verbissschäden sei die Jagd eher das Problem als die Lösung. Anhaltspunkte dafür, dass das Rehwild ohne Bejagung, also trotz eines Anwachsens der Population, das in der Waldsukzession liegende Nahrungsangebot nicht nutzen würde, hat sie jedoch nicht genannt. Die Klägerin ist ihrer jagdlichen Gemeinwohlverpflichtungen auch dann nicht enthoben, wenn für die Verbissschäden Wildfütterungen mitursächlich sind (hinsichtlich der Zusammenhänge zwischen Wildfütterungen und Verbissschäden vgl. die Entscheidungen des Senats vom 7.4.2005 Az. 19 B 99.2193, vom 19.5.1998 BayVBl 1999, 499, vom 7.11.1996 Az. 19 B 93.956, vom 30.4.1992 BayVBl. 1993, 49 und vom 18.3.1992 Az. 19 B 91.1220). Eine behördliche Verpflichtung der Klägerin, eine Rehwild-Überpopulation durch Abschüsse zu reduzieren, die ganz oder teilweise auf Wildfütterung in anderen Revieren beruht, wäre allerdings rechtswidrig, insbesondere unverhältnismäßig, wenn die Jagdbehörde nicht gleichzeitig derartige aktive Maßnahmen zur Herbeiführung oder Verstärkung von Überpopulationen effektiv unterbindet (vgl. § 23a AVBayJG, insbesondere Abs. 2 S. 2 Nr. 2 der Vorschrift) und dadurch zumindest längerfristig den Umfang der Abschussverpflichtung auf das durch die natürliche Reproduktion bedingte Maß zurückführt.

c) Die Klägerin meint, das Rehwild könne durch Immunkontrazeption reguliert werden. Zu dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung und der Pflege der Natur gehört auch der Schutz der natürlichen Lebensbedingungen der wild lebenden Tiere (vgl. § 1 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 BJagdG sowie § 2 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 BNatSchG). Eine Regulierung mithilfe von Medikamenten, deren Wirkung zudem erfahrungsgemäß nicht auf das Beabsichtigte beschränkt bleibt, widerspräche diesem Ziel. Hinzu kommt der Applikationsvorgang, der angesichts der Anpassung dieser Tierart an eine Lebensweise in dichtem Unterholz (die sogar Versuche einer zahlenmäßigen Erfassung regelmäßig zum Misserfolg verurteilt, vgl. die Entscheidung des Senats vom 7.11.1996 a.a.O. Nr. 2.4 der Entscheidungsgründe) einen erheblichen Aufwand und erhebliche Eingriffe in die Natur mit sich brächte. Insgesamt stellt die Regulierung durch Abschüsse zwar nicht hinsichtlich des einzelnen Tieres, wohl aber mit Blick auf alle zu berücksichtigenden Aspekte des Naturhaushalts den geringeren Eingriff dar. Die Bundesregierung lehnt eine Regulierung durch Immunkontrazeption ab. Die "ethischen und praktischen Gründe", die sie in ihrer Antwort auf eine die Wildschwein-Regulierung betreffende Parlamentsanfrage (BT-Drs. 15/2728 S. 45) geltend macht, treffen für das Rehwild in gleicher Weise zu.

d) Die Klägerin meint, Rehe seien standorttreu. Sie unterstellt damit, auf die Auswirkungen einer Überpopulation im eigenen Revier komme es nicht an, und behauptet gleichzeitig, eine Rehwild-Überpopulation in ihrem Eigenjagdrevier werde sich auf Nachbarreviere nicht auswirken. Beides trifft nicht zu.

Der Klägerin steht es nicht frei, eine untragbare Überpopulation in ihrem Eigenjagdrevier hinzunehmen. Das öffentliche Interesse an der Erhaltung und der Verbesserung des Wirkungsgefüges der Natur, in dessen Rahmen die natürliche, aufgrund ihrer breiten Streuung durch Zäunung nicht schützbare Waldverjüngung eine gewichtige Rolle spielt, ist von forstwirtschaftlichen Schäden zu unterscheiden, die dem Eigentümer auch an einer naturfernen, beispielsweise monokulturellen Nachpflanzung entstehen können und die er durch Zäunung eindämmen oder auch in Kauf nehmen kann. Überpopulationen wirken sich auch auf Nachbarreviere aus. Selbst wenn das Rehwild seinen Einstand im Eigenjagdrevier der Klägerin beibehält, nimmt es nicht ausschließlich dort Nahrung auf. Darüber hinaus führen nicht nur die jahreszeitlichen Bedingungen, sondern vor allem auch die mit einer Überpopulation einhergehenden Beeinträchtigungen der Lebensverhältnisse (vor allem Stress und Überbeanspruchungen der Kraut- und Strauchschicht) dazu, dass das Rehwild seinen bisherigen Einstand aufgibt und im Bereich der günstigeren Verhältnissen nimmt (zur Notwendigkeit einer revierübergreifenden Regulierung vgl. die Entscheidung des Senats vom 19.5.1998 a.a.O. Nr. 2.2 der Entscheidungsgründe; vgl. insoweit auch § 10a BJagdG, Art. 13 BayJG, § 7 AVBayJG sowie Leonhardt, Jagdrecht, RdNr. 16 zu § 21 BJagdG). e) Die Argumente der Klägerin, mit denen sie sich sogar bei Schädigungen von Rechtsgütern der Allgemeinheit und Dritter durch eine (auch) in ihrem Eigenjagdrevier entstandene Überpopulation einer Abschussverpflichtung entziehen will, greifen ebenfalls nicht durch.

Entschädigungen, die den Eigentümern angrenzender Wälder geleistet werden, können einen durch Wildschäden verursachten Einnahmeverlust ausgleichen, nicht aber die mit einer Überpopulation einhergehende Beeinträchtigung zahlreicher Lebensformen und des Wirkungsgefüges der Natur. Die Ausführung der Klägerin, vorhandener alter Wald werde nicht verbissen, geht an der Problematik vorbei; die natürliche Waldverjüngung, die durch Verbiss beeinträchtigt wird, setzt die Existenz eines älteren Waldbestandes voraus. Schließlich kann sich die Klägerin ihrer Abschussverpflichtung auch nicht dadurch entledigen, dass sie die Reduktion einer (auch) in ihrem Revier entstandenen Rehwild-Überpopulation durch eine Erhöhung der Abschussquote in den Nachbarrevieren fordert. Die Verpflichtungen, die berechtigten Ansprüche auf Schutz vor Wildschäden voll zu wahren und die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu berücksichtigen (vgl. § 21 Abs. 1 S. 1 BJagdG), treffen jeden Revierinhaber, besonders aber denjenigen, der - wie die Klägerin - zur Entstehung der Überpopulation maßgeblich beiträgt. Die Klägerin verkennt, dass Abschussverpflichtungen auch für grundsätzlich jagdbereite Revierinhaber erhebliche Eingriffe darstellen. Der Hinweis der Klägerin auf die Zahl der im Straßenverkehr getöteten Rehe widerlegt ebenfalls nicht die Notwendigkeit von Jagdhandlungen im öffentlichen Interesse, sondern begründet sie. Die staatliche Verpflichtung zum Schutz von Leben und Gesundheit (vgl. Art 2 Abs. 2 S. 1 GG), die zu Vorkehrungen gegen Wildunfällen nötig, ist unter den öffentlichen Interessen von besonderem Gewicht. Die von der Klägerin genannten Zahlen (25% der Jagdstrecke durch Straßenverkehr) deuten das Ausmaß der Problematik an. Nach Angaben des DJV (www.jagd-online.de/datenfakten/?meta_id=255, rech. 8.9.2009) sind in der Zeit zwischen April 2007 und März 2008 bei einer Gesamtstrecke von 1.075.358 Rehen 18% dieser Tiere - zuzüglich einer unbekannten Dunkelziffer - im Straßenverkehr getötet worden; nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Fachserie 8 Reihe 7 S. 276) sind im Jahr 2008 bei Straßenverkehrsunfällen im Zusammenhang mit Wild auf der Fahrbahn (in aller Regel Rehwild) 3063 Personen zu Schaden gekommen, davon 27 zu Tode; nach Angaben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft wurden den Versicherern im Jahr 2007 fast 240.000 Wildunfälle gemeldet; sie zahlten für die hierdurch verursachten Schäden rund 490 Millionen € aus, was eine Steigerung um über 16% gegenüber dem Vorjahr bedeutet (Pressemeldung des GDV vom 17. 10. 2008). Dies ist bei der Abwägung und Konkretisierung der öffentlichen Interessen anhand der Verhältnisse des jeweiligen Lebensraums zu berücksichtigen, aus der sich das jeweilige konkrete Regulierungserfordernis ergibt.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung auf § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision gibt es nicht. Divergierende Entscheidungen im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegen nicht vor. Die Sache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Dass gewichtige öffentliche Interessen Beschränkungen (auch) der religiösen Handlungsfreiheit rechtfertigen, ist ein gesicherter Grundsatz des Verfassungs- und des Konventionsrechts. Durch seine Verstoßfeststellungen vom 29. April 1999 und vom 10. Juli 2007 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Konventionsbeschwerden von Mitgliedern jagdlicher Zwangsvereinigungen entsprochen, nicht aber von Grundstückseigentümern, die selbst Inhaber des Jagdrechts sind.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt (§§ 47 Abs. 2, 52 Abs. 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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