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Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 22.04.2008
Aktenzeichen: 19 ZB 08.489
Rechtsgebiete: VwGO, BayVwVfG


Vorschriften:

VwGO § 124
VwGO § 124a
BayVwVfG Art. 49 a Abs. 1 Satz 2
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1
Der Rückforderungsbescheid muss den Betrag der rechtsgrundlosen Leistung und die zu erstattende Summe enthalten; er darf keinerlei Zweifel daran aufkommen lassen, in welcher Höhe und zu welchem Fälligkeitszeitpunkt der geforderte Betrag zu entrichten ist.

Das Erfordernis hinreichender Bestimmtheit des Verwaltungsakts (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG) konkretisiert die Forderung nach der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und hat daher vor allem der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit zu dienen. Die Verwaltungsbehörde kann es deshalb ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage nicht der Hausbank des Schuldners überlassen, den geforderten Erstattungsbetrag zu berechnen; sie muss das Festsetzungsverfahren nach Art. 49 a Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG unter ihrer Kontrolle halten und darf es nicht aus der Hand geben.


Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

19 ZB 08.489

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Agrarinvestitionsförderprogramm;

hier: Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 10. Oktober 2007,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 19. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Krodel, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Herrmann, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Mayer

ohne mündliche Verhandlung am 22. April 2008

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 10. Oktober 2007 - M 18 K 06.2467 - wird insoweit zugelassen, als sie sich gegen Ziffer 1 des Bescheides vom 28. Dezember 2005 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 3. Juli 2007 richtet.

Im Übrigen (Ziffer 2 des Bescheides vom 28. Dezember 2005) wird der Zulassungsantrag abgelehnt.

II. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Kürzung einer im Rahmen des Agrarinvestitionsförderprogramms gewährten Zinsverbilligung für Kapitalmarktdarlehen.

Auf Antrag des Klägers vom 13. Oktober 1995 gewährte der Beklagte mit Zuwendungsbescheid vom 14. Oktober 1997 nach den Richtlinien des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten verschiedene Zuwendungen für landwirtschaftliche Investitionsmaßnahmen.

Im Jahre 2002 erhielt das zuständige Landwirtschaftsamt Weilheim des Beklagten Kenntnis davon, dass der Förderfall des Klägers durch die staatliche Rechnungsprüfung untersucht und in mehreren Punkten beanstandet worden war. Unter anderem habe der Kläger während der Bauphase Umsatzsteuererstattungen erhalten, die die Förderung minderten.

Nach vorangegangener Anhörung kürzte der Beklagte mit Bescheid vom 28. Dezember 2005 das mit Zuwendungsbescheid vom 14. Oktober 1997 bewilligte zinsverbilligte Kapitalmarktdarlehen in Höhe von 248.487,85 € rückwirkend ab Bewilligung um 45.377,15 € auf den Betrag von 203.110,70 € (Ziff. 1). In Ziffer 2 des Bescheides wurde verfügt, dass der Kläger den Rückzahlungsbetrag, der von der Hausbank noch zu berechnen sei, spätestens zum 13. Februar 2006 zurückzuzahlen habe.

Gegen diesen Bescheid erhob der Klägerbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 20. Januar 2006 Widerspruch. Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 26. Juni 2006 ließ der Kläger Untätigkeitsklage erheben. Nach Durchführung eines ersten Verhandlungstermins erließ der Beklagte unter dem 3. Juli 2007 einen Änderungsbescheid, mit dem die Ziffer 1 des Bescheides vom 28. Dezember 2005 folgende Fassung erhielt: Es wird festgestellt, dass sich das mit Zuwendungsbescheid vom 14. Oktober 1997 bewilligte zinsverbindliche Kapitalmarktdarlehen in Höhe von 248.487,85 € rückwirkend ab Bewilligung um 38.317,85 € auf den Betrag von 210.170,00 € vermindert. Nach weiterer mündlicher Verhandlung am 10. Oktober 2007 beantragte der Klägerbevollmächtigte, den Bescheid des Beklagten vom 28. Dezember 2005 unter Einbeziehung des Änderungsbescheids vom 3. Juli 2007 aufzuheben. Der Beklagte trat dem entgegen und beantragte Klageabweisung.

Mit Urteil vom 10. Oktober 2007 hob das Verwaltungsgericht München den Bescheid des Beklagten vom 28. Dezember 2005 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 3. Juli 2007 auf. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, die angefochtenen Bescheide erfüllten nicht die Anforderungen, die unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG) an einen solchen Verwaltungsakt zu stellen seien. Die Behörde könne die Entscheidung über eine den Bürger belastende Verpflichtung nicht einem Dritten überlassen. Sie dürfe sich zwar bei ihrer Entscheidung unter Beachtung gewisser Anforderungen Ausarbeitungen Dritter durch Einbeziehung zu eigen machen. Dabei müsse sie jedoch die sachliche und rechnerische Verantwortung hierfür übernehmen. Dies sei im vorliegenden Fall, in dem die Hausbank den Rückforderungsbetrag selbst ermitteln und festlegen solle, nicht gegeben.

Hiergegen richtet sich der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung vom 21. Februar 2008. Zur Begründung ist im Wesentlichen vorgetragen, an der Richtigkeit des Urteils bestünden ernstliche Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Darüber hinaus habe die Rechtssache auch grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Im Einzelnen wird Folgendes geltend gemacht:

1. Das Rückzahlungsverlangen in Ziffer 2 des Bescheides vom 28. Dezember 2005 sei nicht deshalb zu unbestimmt, weil insoweit auf eine noch zu erstellende Berechnung verwiesen und eine Summe nicht angegeben worden sei. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG verlange keine absolute, sondern lediglich eine hinreichende inhaltliche Bestimmtheit. "Hinreichend bestimmt" bedeute nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs "bestimmbar" (BayVGH vom 13.1.1993, Az. 23 B 90.144, BayVBl 1993, 345; vom 17.6.1993, Az. 23 B 91.1350, BayVBl 1994, 150; vom 10.1.1994, Az. 23 CS 93.2897, BayVBl 1995, 85). Auch das Bundesverwaltungsgericht habe etwa im Beschluss vom 25. März 1996 - 8 B 48.96 -, DVBl 1996, 1061 nur einen "Fall der objektiven Unbestimmbarkeit" als Fall der fehlenden hinreichenden Bestimmtheit angesehen. Damit stehe der Bestimmtheit des angefochtenen Verwaltungsaktes nicht entgegen, dass Dritte, hier die Hausbank oder die Bayerische Landesbank, hinzugezogen werden müssten, um den Rückforderungsbetrag zu konkretisieren.

2. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestünden auch insoweit, als der Bescheid vom 28. Dezember 2005 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 3. Juli 2007 insgesamt aufgehoben worden sei, obwohl das Verwaltungsgericht nur das in Ziffer 2 des Bescheides enthaltene Verlangen, den von der Hausbank noch zu berechnenden Rückforderungsbetrag zu entrichten, für zu unbestimmt erachtet habe. Ziffer 1 des Bescheides in der Fassung des Änderungsbescheides bleibe von der festgestellten Unbestimmtheit unberührt. Die Klage habe deshalb insoweit abgewiesen werden müssen.

3. Die Frage der hinreichenden Bestimmtheit eines noch zu berechnenden Rückzahlungsbetrages sei - soweit ersichtlich - weder obergerichtlich noch höchstrichterlich entschieden. Die Rechtssache habe deshalb auch grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Jedenfalls wirke die Entscheidung über den Einzelfall hinaus, da es ständige Verwaltungspraxis sei, bei Kürzungen zinsverbilligter Darlehensbeträge, insbesondere im Rahmen des Agrarinvestitionsförderprogramms, den konkret auszuzahlenden Betrag der Berechnung der Hausbank oder der Bayerischen Landesbank zu überlasen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zuzulassen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, die geltend gemachten Zulassungsgründe lägen nicht vor. Ziffer 2 des Bescheides des Beklagten sei mangels hinreichender Bestimmtheit rechtswidrig. Bei der Kürzung des Darlehensbetrages (Ziffer 1 des Bescheides) sei unberücksichtigt geblieben, dass die erhaltene Umsatzsteuererstattung in voller Höhe an das Finanzamt habe zurückgezahlt werden müssen. Insoweit sei Entreicherung eingetreten. Die Aufhebung auch der Ziffer 1 des Bescheides sei deshalb zu Recht erfolgt. Jedenfalls seien die im Rahmen eines Nachfinanzierungsantrages geltend gemachten Mehraufwendungen zu saldieren. Auch insoweit sei die Rückforderung unberechtigt.

Ergänzend wird Bezug genommen auf den gesamten Inhalt der beigezogenen Behördenakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen.

II.

1. Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg, soweit er die Ziffer 2 des Bescheides vom 28. Dezember 2005 - die Verpflichtung zur Zahlung eines Rückforderungsbetrages, der noch durch die Hausbank des Klägers zu berechnen ist - betrifft.

Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen insoweit nicht vor (§ 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO). An der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Ziffer 2 des Bescheides des Beklagten vom 28. Dezember 2005 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 3. Juli 2007 den an einen solchen Verwaltungsakt zu stellenden Bestimmtheitsanforderungen nicht genügt.

a) Rechtsgrundlage für die Festsetzung des Erstattungsanspruchs ist Art. 49 a Abs. 1 BayVwVfG i.V.m. Nr. 8.2.3 sowie Nr. 2.1 der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P). Danach sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden oder infolge des Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist. Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen (Art. 49 a Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG).

aa) Ein solcher Verwaltungsakt muss gemäß Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Das bedeutet zum einen, dass der Adressat in die Lage versetzt werden muss, zu erkennen, was von ihm gefordert wird. Zum anderen muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines solchen Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (vgl. BVerwGE 84, 335 [338]; 104, 301 [317]).

Aus der getroffenen Verfügung, d.h. dem Entscheidungssatz im Zusammenhang mit den Gründen und sonstigen bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen muss für die Beteiligten, vor allem für den Adressaten, die Regelung, die den Zweck, Sinn und Inhalt des Verwaltungsakts ausmacht, so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein, dass diese ihr Verhalten danach ausrichten können (vgl. OVG Münster, U.v. 11.6.1992 - 20 A 2485/89 -, NVwZ 1993, 1000).

Der Verwaltungsakt muss, da er zugleich Titel und damit Grundlage der Vollstreckung ist, aus sich heraus verständlich sein (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., 2008, § 37 RdNr. 12 m.w.N.). Von dem Betroffenen kann deshalb grundsätzlich nicht verlangt werden, dass er unter Hinzuziehung eines Dritten erforscht, was von ihm im Einzelnen verlangt wird (vgl. OVG Münster, U.v. 11.6.1992 - 20 A 2485/89 -, NVwZ 1993, 1000 [1001]).

Zulässig sind allenfalls Bezugnahmen auf gegenüber den Beteiligten früher ergangene Verwaltungsakte oder ihnen bekannte und ihnen vorliegende oder jederzeit zugängliche Unterlagen (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., 2008, § 37 RdNr. 7 m.w.N.). So kann beispielsweise zur Erläuterung einer Rückforderungssumme auf ein dem Bescheid beigefügtes Berechnungsblatt verwiesen werden; es muss jedoch für den Bescheidadressaten klar erkennbar sein, was von ihm gefordert wird.

bb) Ob ein Verwaltungsakt diesen Anforderungen genügt, ist durch Auslegung seines verfügenden Teils im Zusammenhang mit den Gründen und sonstigen den Betroffenen bekannten oder für sie ohne Weiteres erkennbaren Umständen festzustellen (vgl. BVerwGE 104, 301 [318] m.w.N.). Die Annahme einer Nichtigkeit wegen Unbestimmtheit scheidet aus, wenn die (vorrangige) Auslegung des Bescheids etwaige Zweifel an der Bestimmtheit beseitigt; dabei kommt es nicht darauf an, wie ein außenstehender Dritter, sondern wie der Betroffene selbst nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt des angefochtenen Bescheides unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen musste (vgl. BVerwGE 104, 301 [318] m.w.N.).

b) Unter Anlegung dieser Maßstäbe erweist sich die Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides vom 28. Dezember 2005 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 3. Juli 2007 (zumindest) als rechtswidrig, wenn nicht gar als nichtig.

aa) Der angefochtene Bescheid verweist in Ziffer 2 hinsichtlich des Erstattungsbetrages lediglich auf eine noch zu erstellende Berechnung. Eine Summe wird nicht genannt. Ebenso wenig ist eine Berechnung und Bezifferung des geschuldeten Betrages im Weg der Auslegung der Bescheidsgründe möglich. Für den Kläger als Adressat des Verwaltungsakts ist deshalb nicht erkennbar, in welchem Umfang er zur Rückerstattung verpflichtet ist. Vielmehr wird von ihm verlangt, unter Hinzuziehung eines Dritten - seiner Hausbank - zu ermitteln, was von ihm im Einzelnen gefordert wird. Dies ist unzulässig (vgl. OVG Münster, U.v. 11.6.1992 - 20 A 2485/89 -, NVwZ 1993, 1000 [1001]).

Der Rückforderungsbescheid muss den Betrag der rechtsgrundlosen Leistung und die zu erstattende Summe enthalten; er darf keinerlei Zweifel daran aufkommen lassen, in welcher Höhe und zu welchem Fälligkeitszeitpunkt der geforderte Betrag zu entrichten ist (vgl. BVerwG, U.v. 22.1.1993 - 8 C 57/91 -, NJW 1993, 1667 [1668]; B.v. 25.3.1996 - 8 B 48.96 -, DVBl 1996, 1061 [1062]).

Das Erfordernis hinreichender Bestimmtheit des Verwaltungsakts (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG) konkretisiert die Forderung nach der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und hat daher vor allem der Rechtsklarheit und der Rechtssicherheit zu dienen (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., 2008, § 37 RdNr. 2). Nach Art. 49a Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG ist die zu erstattende Leistung durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Diese Aufgabe ist ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage, die hier nicht vorliegt, einer materiellen Privatisierung nicht zugänglich (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., 2008, Einf. RdNr. 105 m.w.N.). Der Beklagte kann es deshalb nicht der Hausbank des Klägers überlassen, den geforderten Erstattungsbetrag zu berechnen; er muss das Festsetzungsverfahren nach Art. 49 a Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG unter seiner Kontrolle halten und darf es nicht aus der Hand geben. Letzteres ist jedoch der Fall, wenn der Beklagte die Berechnung durch die Hausbank durchführen lässt, statt diese nach entsprechender Überprüfung zum Bestandteil seines Bescheides zu machen.

Die Befugnis, eine Geldforderung durch Verwaltungsakt (Leistungsbescheid) festsetzen zu dürfen, ist ein von Gesetzes wegen eingeräumtes Privileg (Art. 49 a Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG), das die Verwaltungsbehörden von der ansonsten bestehenden Verpflichtung zur klageweisen Durchsetzung ihrer Forderungen entbindet. Eine entsprechende Leistungsklage müsste die bestimmte Angabe des Klagegegenstandes und des Klagegrundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten - bezifferten - (Klage-)Antrag enthalten (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Aufgrund des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 GG) können bei einer Geltendmachung durch Leistungsbescheid unter dem Gesichtspunkt hinreichender Bestimmtheit (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG) keine geringeren Anforderungen gelten.

bb) Dem kann der Beklagte die von ihm zitierte Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 13.1.1993 - 23 B 90.144, BayVBl 1993, 345; U.v. 17.6.1993 - 23 B 91.1350 -, BayVBl 1994, 150; B.v. 10.1.1994 - 23 CS 93.2897 -, BayVBl 1995, 85) nicht entgegen halten. In diesen Entscheidungen wird für den Fall des schriftlichen Abgabenbescheides vielmehr ausdrücklich hervorgehoben, dass die festgesetzten Abgaben nach Art und Betrag zu bezeichnen sind. Gleiches gilt im Übrigen auch für Steuerbescheide (§ 157 Abs. 1 Satz 2 AO).

cc) Da der Beklagte trotz des Hinweises des Verwaltungsgerichts in der mündlichen Verhandlung vom 10. Oktober 2007, der Erstattungsbescheid sei nicht hinreichend bestimmt, keinen "Klarstellungsbescheid" erlassen hat (vgl. hierzu VGH Kassel, U.v. 6.7.1995 - 5 UE 2132/90 -, NVwZ-RR 1996, 287 [289 ] a.E.; OVG Münster, U.v. 27.3.1995 - 1 A 2113/90 -, NWVBl 1996, 69 [70] a.E.), braucht vorliegend nicht abschließend entschieden zu werden, ob dies aufgrund des eklatanten Mangels der fehlenden Festlegung der Höhe des Rückforderungsbetrags überhaupt mit heilender Wirkung möglich gewesen wäre oder nicht vielmehr von der Nichtigkeit der Ziffer 2 des Bescheides ausgegangen werden muss (vgl. hierzu OVG Koblenz, B.v. 30.10.1989 - 12 B 86/89 - NVwZ 1990, 399; BayVGH, U.v. 10.2.1993 - 23 B 90.503 -, NVwZ-RR 1994, 113 f.). Jedenfalls hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass die Ziffer 2 des Erstattungsbescheides wegen fehlender Bestimmtheit (zumindest) rechtswidrig ist und deshalb der Aufhebung bedurfte.

2. Ohne Erfolg macht der Beklagte des Weiteren die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die grundlegenden Fragen zu den Anforderungen an die hinreichende Bestimmtheit eines Rückforderungsbescheides und zu dessen Auslegung sind durch die höchstrichterliche Rechtsprechung - wie oben dargestellt - bereits entschieden. Welche Anforderungen im Einzelnen an den jeweiligen Rückforderungsbescheid - hier an die Ziffer 2 des Bescheides vom 28. Dezember 2005 - zu stellen sind, hängt dagegen von den Umständen des Einzelfalles ab. Dies hat zum einen zur Folge, dass die an die Bestimmtheit von Rückforderungsbescheiden konkret zu stellenden Anforderungen regelmäßig nicht allgemein festgestellt werden können. Zum anderen führt diese Einzelfallbezogenheit dazu, dass Rechtsfragen in diesem Zusammenhang nur selten eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung haben. Hier hat der Beklagte keine im Interesse der Allgemeinheit klärungsbedürftigen Rechtsfragen aufgeworfen. Im Zeitalter des e-governments ist es auch der Bayerischen Landwirtschaftsverwaltung zuzumuten, ihre - bislang rechtswidrige - Verwaltungspraxis den oben genannten Anforderungen anzupassen und die Rückzahlungsbeträge mittels Einsatzes eines entsprechenden EDV-Programms selbst zu berechnen und in die Bescheide einzufügen oder sich zumindest von der Bayerischen Landesbank berechnen zu lassen und den Bescheiden in der Form eines Berechnungsblattes beizugeben.

3. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ergeben sich lediglich insoweit, als das Verwaltungsgericht die Rechtswidrigkeit der Ziffer 2 des Bescheides vom 28. Dezember 2005 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 3. Juli 2007 zugleich auch auf die Ziffer 1 des Bescheides erstreckt und diesen ohne jede Klärung der im Übrigen aufgeworfenen Rechtsfragen insgesamt und nicht lediglich beschränkt auf die Ziffer 2 des Bescheides aufgehoben hat. Insoweit war die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung zuzulassen.

Das Berufungsverfahren wird unter dem Az. 19 B 08.1098 weitergeführt.

4. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Nach § 152 Abs. 1 VwGO ist dieser Beschluss unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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