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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 02.04.2002
Aktenzeichen: 2 ZB 01.801
Rechtsgebiete: VwGO, BauGB


Vorschriften:

VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 2
BauGB § 34 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

2 ZB 01.801

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Bauvorbescheids;

hier: Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 7. Februar 2001,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 2. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Pongratz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Kiermeir, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Priegl

ohne mündliche Verhandlung am 2. April 2002

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren auf 15.338 Euro (entspricht 30.000 DM) festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg, weil keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe vorliegt.

1. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, das Vorhaben sei planungsrechtlich unzulässig, weil es sich nach seinem Standort - d.h. nach der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll - nicht in die Eigenart der näheren Umgebung i.S. von § 34 Abs. 1 BauGB einfüge, begegnet keinen ernstlichen Zweifeln an ihrer Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

a) Das Verwaltungsgericht hat nicht verkannt, dass bei der Bestimmung der näheren Umgebung i.S. des § 34 Abs. 1 BauGB, in deren Rahmen sich ein Vorhaben einfügen muss, nicht nur die Bebauung in der unmittelbaren Nachbarschaft des Vorhabens maßgeblich ist, sondern auch die Bebauung in der weiteren Umgebung des Grundstücks insoweit zu berücksichtigen ist, als auch sie noch prägend einwirkt. Dabei hat es unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des erkennenden Senats, dass bei einem inmitten eines Wohngebietes gelegenen Vorhaben als ein derartiger Bereich gegenseitiger Prägung in der Regel das Straßengeviert und die gegenüberliegende Straßenseite angesehen werden kann (vgl. BayVGH vom 25.11.1999 Az. 2 B 96.1941, S. 5 des Urteilsumdrucks), jedenfalls das von der P**********-, G*****-, U*****- und S*******straße gebildete Baugeviert als maßstabbildend erachtet. Für die außerhalb dieses Gevierts gelegene, sich nach Westen, Süden und Osten anschließende Bebauung hat es unter Würdigung der Pläne und des vorgelegten Luftbildes sowie des beim Augenschein gewonnenen Eindrucks eine das Baugrundstück prägende und beeinflussende Wirkung verneint. Gegen diese Einschätzung sind im Zulassungsverfahren keine Bedenken vorgetragen worden; vielmehr haben alle Verfahrensbeteiligten beim Augenschein darin übereingestimmt, dass die P********** Straße trennende Wirkung hat sowie der Bereich westlich der G*****straße, insbesondere das G*****gymnasium, der Bereich der St. F******kirche und der Bereich östlich der S*******straße zum Stadtpark hin nicht mit dem Baugeviert vergleichbar sind (vgl. Niederschrift vom 16.1.2001). Ob das Geviert nördlich der U*****straße (zwischen U*****-, G*****-, G******straße und T******-******-Straße) noch Teil der näheren Umgebung des Baugrundstücks ist, hat das Verwaltungsgericht als nicht abschließend klärungsbedürftig erachtet, weil es davon ausgegangen ist, dass selbst unter Einbeziehung dieses Nachbargevierts das Vorhaben der Klägerin sich nicht in den aus dieser Umgebung ableitbaren Rahmen einfügt. Es kann dahinstehen, ob die örtlichen Verhältnisse es hier rechtfertigen, über die nördlich der U*****straße gelegene Straßenrandbebauung hinaus die gesamte im Nachbargeviert gelegene Bebauung in die Bestimmung des für das Vorhaben maßgeblichen Umgriffs miteinzubeziehen. Denn selbst wenn man von einem solchen weiten Umgriff ausgeht, ist mit dem Verwaltungsgericht anzunehmen, dass die vorgesehene Hinterlandbebauung dort ohne Vorbild ist. Die weit in das Grundstück Fl.Nr. ****/26 (G******straße 4) reichende eingeschossige flache Bebauung, in der sich u.a. eine Garage befindet, bildet nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts eine bauliche Einheit mit dem an der Straße liegenden zweigeschossigen Wohn- und Ärztehaus und ist schon deshalb nicht mit dem streitgegenständlichen Vorhaben vergleichbar. Die Einbeziehung des nördlich der T******-******-Straße und östlich der G******straße gelegenen Gevierts, in dem sich auf den Grundstücken Fl.Nrn. ****/2 und ****/3 rückwärtige Wohnbebauung befindet, kommt nicht in Betracht. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass dieser Bebauung für das Grundstück der Klägerin wegen der großen räumlichen Entfernung, die einen Bezug zum Baugrundstück nicht mehr erkennen lässt, keine prägende Wirkung zukommt.

b) Dass die Zulassung des Vorhabens geeignet ist, Vorbildwirkung für benachbarte unbebaute Flächen zu entfalten und bodenrechtlich beachtliche Spannungen zu begründen, bedarf keiner weiteren Erörterung in einem Berufungsverfahren. Das Verwaltungsgericht hat dies unter Zugrundelegung der in der obergerichtlichen Rechtsprechung hierfür aufgestellten Grundsätze eingehend und überzeugend dargelegt. Im Übrigen wird selbst im streitgegenständlichen Vorbescheidsantrag und in der Widerspruchsbegründung vom 18. April 2000 eine als "städtebauliche Anregung" verstandene Hinterliegerbebauung auf den benachbarten Grundstücken FlNr. ****/2 und ****/3 dargestellt. Die daraus resultierende bauliche Verdichtung der bisherigen Ruhezone mit ihren negativen Auswirkungen, insbesondere hinsichtlich des mit einer rückwärtigen Bebauung verbundenen Zu- und Abfahrtsverkehrs, ist damit absehbar. Dass die im Lageplan dargestellte geschotterte Zufahrt offenbar bereits hergestellt ist, ist insoweit ohne Belang.

c) Auch der Hinweis der Klägerin auf besondere örtliche Gegebenheiten, insbesondere auf die Besonderheiten in der Baugeschichte des Grundstücks, wonach an dieser Stelle im rückwärtigen Grundstücksbereich früher die Gewächshäuser einer Gärtnerei standen, vermag die Richtigkeit der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht in Frage zu stellen. Nach den beim Augenschein getroffenen Feststellungen sind Hinweise auf die dort früher vorhandene Gärtnerei vor Ort nicht mehr feststellbar. Das Grundstück, auf dem das Betriebsgebäude mit Wohnung und Verkaufsgebäude stand, ist inzwischen mit einer mehrgeschossigen Wohnanlage bebaut. Für die hier streitgegenständliche Wohnbebauung im rückwärtigen Bereich lässt sich demnach aus der früheren gewerblichen Nutzung nichts (mehr) ableiten.

Nach all dem kann nicht die Rede davon sein, dass in der maßgeblichen näheren Umgebung "auch in den rückwärtigen Bereichen eine dichte Bebauung" vorhanden wäre. Die beim Augenschein getroffenen, im Protokoll festgehaltenen und durch Lichtbilder belegten Feststellungen des Verwaltungsgerichts belegen vielmehr das Gegenteil. Die beantragte Wohnbebauung ist in diesem Bereich ohne Vorbild. Sie überschreitet den vorgegebenen Rahmen und begründet bodenrechtliche Spannungen, weil dadurch erstmals in dem straßenfernen inneren Bereich des Bauquartiers eine bauliche Nutzung durch selbstständige Wohngebäude eröffnet würde. Dieser innere "Ruhebereich" hat aber - wie auch die beim Augenschein gefertigten Lichtbilder deutlich zeigen - für den Wohnwert der das Geviert begrenzenden, teilweise sehr massiven Bebauung eine wichtige Funktion.

2. Die Sache weist keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Die aufgeworfenen "Grundprobleme des Bauplanungsrechts" sind durch die obergerichtliche Rechtsprechung seit langem geklärt. Die Entscheidung über die Abgrenzung des Bereichs der näheren Umgebung im Sinne des § 34 BauGB und die Beurteilung des "Einfügens" gehören zu den verwaltungsgerichtlichen Standardproblemen auf dem Gebiet des Bauplanungsrechts. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Fragen aufgrund der hier gegebenen besonderen Verhältnisse rechtlich oder tatsächlich besonders schwierig zu beantworten wären. Vielmehr lassen sich die maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse aus den vorgelegten Planunterlagen, dem Luftbild sowie den vom Verwaltungsgericht beim Augenschein getroffenen Feststellungen ohne weiteres nachvollziehen.

Die Klägerin trägt die Kosten ihres erfolglosen Rechtsbehelfs (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1, § 14, § 73 Abs. 1 Satz 2 GKG.

Ende der Entscheidung

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