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Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 05.08.2003
Aktenzeichen: 22 B 00.2918
Rechtsgebiete: WHG, BayWG, BayWG 1907, VwZVG


Vorschriften:

WHG § 2 Abs. 1
WHG § 15 Abs. 1
WHG § 16 Abs. 1
WHG § 16 Abs. 2
WHG § 37 Abs. 2 Nr. 1
BayWG Art. 96 Abs. 1
BayWG 1907 Art. 207
VwZVG Art. 29 Abs. 3 Satz 2
VwZVG Art. 31 Abs. 2
1. Die Rechtmäßigkeit einer seit langem ausgeübten Gewässerbenutzung kann sich aus dem gewohnheitsrechtlich anerkannten Grundsatz der "unvordenklichen Verjährung" ergeben; hierdurch begründete Rechtspositionen blieben von den in Bayern vor Inkrafttreten des WHG geltenden Wassergesetzen grundsätzlich unberührt.

2. Nach den früheren Landeswassergesetzen "aufrechterhaltene" Altrechte bestehen unter der Geltung des WHG nur fort, wenn ihnen eine öffentlich-rechtliche Überprüfung in wasserwirtschaftlicher Hinsicht zugrunde liegt.

3. Nicht zum Wasserbuch angemeldete Altrechte können als "bekannte Rechte" nur dann Bestand haben, wenn die zur Führung des Wasserbuchs zuständige Behörde bis zum Ablauf der Anmeldungsfrist auch von der gebotenen wasserwirtschaftlichen Überprüfung hinreichende Kenntnis erlangt hat.


Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

22 B 00 2918

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Eintragung alter Rechte in das Wasserbuch;

hier: Berufung der Kläger gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 20. Juli 2000,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Konrad, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schenk, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Zöllner

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 31. Juli 2003

am 5. August 2003 folgendes Urteil:

Tenor:

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens zu je 1/5.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger betreiben am Premer Mühlbach (Landkreis Weilheim-Schongau) eine Reihe von Wassertriebwerken. Das dafür benötigte Wasser wird seit Jahrhunderten mittels eines in der Gemeinde Halblech, Ortsteil Küchele (Landkreis Ostallgäu), gelegenen Stauwehrs aus dem Halblech abgeleitet. Die mit den Triebwerksanlagen verbundenen Benutzungen des Premer Mühlbachs wurden in den Jahren 1964 und 1965 von den Klägern bzw. deren Rechtsvorgängern beim Landratsamt Weilheim (heute: LRA Weilheim-Schongau) als Altrechte angemeldet. Das Stauwehr am Halblech wurde dagegen weder von den Triebwerksbetreibern als Benutzungsanlage angemeldet noch vom damals zuständigen Landratsamt Füssen (heute: LRA Ostallgäu) von Amts wegen in das Wasserbuch eingetragen.

Nachdem das Landratsamt Füssen mit Schreiben vom 28. August und 14. Oktober 1968 sowie in einer Besprechung am 10. April 1969 darauf hingewiesen hatte, dass etwaige Altrechte zur Stauhaltung und Ableitung von Triebwerkswasser aus dem Halblech mangels fristgerechter Anmeldung in Zukunft nicht mehr fortbestünden, beantragten die Kläger bzw. deren Rechtsvorgänger am 7. Januar 1970 die Erteilung einer entsprechenden wasserrechtlichen Bewilligung gemäß § 16 Abs. 3 WHG. Im nachfolgenden Anhörungsverfahren wurden gegen das Stauwehr in seiner bisherigen Form insbesondere aus fischereifachlicher Sicht Bedenken erhoben. Daraufhin ließen die Kläger mit Schreiben vom 23. Oktober 1992 vortragen, ihr altes Benutzungsrecht hinsichtlich des Halblechs bestehe auch ohne vorangegangene Anmeldung fort. Nach den seinerzeit beim Königlichen Bezirksamt Schongau und beim Landratsamt Schongau angefallenen Unterlagen sei das bestehende Wehr den Behörden bekannt gewesen. Es sei bis zum maßgeblichen Stichtag auch nicht in genehmigungspflichtiger Weise baulich verändert worden. Daher werde um Eintragung der Altrechte in das Wasserbuch nach § 16 Abs. 1 WHG gebeten.

Mit Bescheid vom 28. Januar 1997 lehnte das Landratsamt Ostallgäu die Anträge der Kläger auf Eintragung von Altrechten hinsichtlich des Halblechs ab (I.) und verpflichtete die Kläger zur Vorlage bestimmter Unterlagen im wasserrechtlichen Verfahren (II.); für den Fall nicht fristgerechter Erfüllung wurde ein Zwangsgeld angedroht (III.). Altrechte im Sinne von § 15 Abs. 1 WHG bestünden schon deshalb nicht, weil zum maßgebenden Stichtag am 1. März 1965 wegen eines zuvor erfolgten genehmigungspflichtigen Umbaus keine rechtmäßige Anlage mehr bestanden habe. Darüber hinaus seien dem seinerzeit zuständigen Landratsamt Füssen etwaige Altrechte nicht bekannt geworden; nur auf die Kenntnis dieser Behörde komme es an. Selbst die dem benachbarten Landratsamt Weilheim vorliegenden Hinweise reichten aber nicht aus, um von aktenkundigen und damit eintragungsfähigen Altrechten der Kläger auszugehen.

Zur Begründung ihrer Widersprüche hiergegen ließen die Kläger Unterlagen vorlegen, aus denen sich ergebe, dass das zur Ableitung des Mühlbachs dienende Wehr schon seit mindestens 1763 bestanden habe und den zuständigen Behörden bekannt gewesen sei. Bei der 1961 durchgeführten Teilsanierung seien keine Veränderungen an abflussrelevanten Teilen vorgenommen worden; die damals u.a. vorgenommene Ersetzung des Holzgetriebes am Schützenzug durch ein Metallgetriebe stelle kein genehmigungspflichtiges Auswechseln von Hauptteilen dar.

Mit Bescheid vom 28. August 1998 wies die Regierung von Schwaben die Widersprüche zurück. Am 29. September 1998 ließen die Kläger beim Verwaltungsgericht Augsburg Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen erheben. Für das "Bekanntsein" alter Wasserbenutzungsrechte im Sinne des § 16 Abs. 1 WHG komme es nicht allein auf das Wissen des für das Wasserbuch zuständigen Landratsamts an; alle Wasserbehörden und Wasserwirtschaftsämter seien insoweit als Einheit zu betrachten.

Das Verwaltungsgericht wies die Klagen mit Urteil vom 20. Juli 2000 ab. Die Klage des durch Rechtsnachfolge in den Prozess eingetretenen Klägers zu 5 gegen Ziff. III des angegriffenen Bescheids sei bereits unzulässig, da die Zwangsgeldandrohung nicht auf ihn übergegangen sei. Im Übrigen seien die Klagen unbegründet, da die geltend gemachten Rechtspositionen nicht als eintragungsfähige Altrechte bekannt gewesen seien. Hierbei komme es aus Gründen der Rechtssicherheit ausschließlich auf das Bekanntsein bei der für die Führung des Wasserbuchs zuständigen Behörde an. Dem früheren Landratsamt Füssen seien keine hinreichenden Tatsachen für das Bestehen eines von Amts wegen einzutragenden Altrechts bekannt gewesen. Insoweit sei zu verlangen, dass das einzutragende Recht und der ihm zugrunde liegende Benutzungstatbestand zumindest in seinen Eckdaten bekannt sei (u.a. Stauhöhe, Ableitungsmenge). Dass die Details der Benutzung möglicherweise durch Rückschluss vom Inhalt der Triebwerksrechte hätten ermittelt werden können, begründe den geltend gemachten Eintragungsanspruch nicht.

Mit der vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung beantragen die Kläger,

das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landratsamts Ostallgäu vom 28. Januar 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Schwaben vom 28. August 1998 zu verpflichten, die alten Wasserbenutzungsrechte der Kläger zum Aufstauen des Halblechs bei Küchele (Gemeinde Halblech) und zum Ableiten von Triebwasser in den Premer Mühlbach in das Wasserbuch des Landratsamts Ostallgäu einzutragen.

Die Kenntnis der zuständigen Wasserbehörden von dem Stauwehr am Halblech und den damit verbundenen Altrechten ergebe sich auch aus den Unterlagen zu dem vom damaligen Landratsamt Schongau ab 1966 durchgeführten Bewilligungs- und Planfeststellungsverfahren zur Lechstaustufe 2. Inhalt und Umfang der Altrechte könnten anhand der vorliegenden Umstände hinreichend ermittelt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Umfang des behaupteten Altrechts lasse sich nicht in der gebotenen Genauigkeit aus den Akten erschließen. Auch die festgestellten Pläne zur Lechstaustufe 2 enthielten nur widersprüchliche Angaben zur Höhe der Wehrkrone.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Kläger hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Recht abgewiesen.

1. Soweit der als Erwerber eines Mühlengrundstücks nachträglich in das Klageverfahren eingetretene Kläger zu 5 die Aufhebung der im Bescheid des Landratsamts vom 28. Januar 1997 enthaltenen Zwangsgeldandrohung (Ziff. III) begehrt, ist seine Anfechtungsklage bereits unzulässig. Die gegen den ursprünglichen Rechtsinhaber gerichtete Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung war ihrer Zielsetzung nach an die Person des Adressaten gebunden und hatte dessen individuelle Verhältnisse zu berücksichtigen (Art. 29 Abs. 3 Satz 2; Art. 31 Abs. 2 VwZVG); sie konnte wegen dieses höchstpersönlichen Charakters nicht auf den Einzelrechtsnachfolger übergehen und dessen Klagebefugnis begründen (vgl. OVG NW vom 9. 3. 1979, NJW 1980, 415; BayVGH vom 11. 7. 2001, BayVBl 2002, 275/277).

2. Die im Übrigen zulässigen Klagen sind unbegründet. Den Klägern stehen die geltend gemachten Rechtspositionen hinsichtlich der Benutzung des Halblechs nicht zu, so dass die erstrebte Eintragung in das Wasserbuch zu Recht abgelehnt worden ist und auch die mit Zwangsgeldandrohung verbundene Aufforderung zur Fortführung des wasserrechtlichen Gestattungsverfahrens nicht zu beanstanden ist (§ 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO).

2.1. Die Kläger können vom Landratsamt Ostallgäu als der sachlich (Art. 88 Abs. 1 Satz 1 BayWG) und örtlich (Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG) zuständigen Behörde keine Eintragung von Altrechten verlangen (§ 37 Abs. 2 Nr. 1; § 16 Abs. 1 WHG). Zwar muss davon ausgegangen werden, dass ihren Rechtsvorgängern im Zusammenhang mit der Errichtung des Wehrs ein Recht zum fortwährenden Aufstauen des Halblechs und zum Ableiten des benötigten Triebwassers in den Premer Mühlbach verliehen worden ist (2.1.1.). Dies allein reichte jedoch nach Inkrafttreten des Wasserhaushaltsgesetzes nicht aus, um im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 1 WHG von einer auch künftig ohne weitere Gestattung zulässigen Benutzung der bestehenden Anlage ausgehen zu können (2.1.2.). Darüber hinaus erlangte die zuständige Wasserrechtsbehörde bis zum Ablauf der Anmeldungsfrist auch keine ausreichende Kenntnis vom Fortbestand etwaiger Altrechte, so dass diese mittlerweile jedenfalls nach § 16 Abs. 2 Satz 2 WHG erloschen sind (2.1.3.).

2.1.1. Die Anerkennung der geltend gemachten alten Rechte scheitert nicht bereits daran, dass die Kläger über keine Dokumente oder sonstigen Beweismittel verfügen, die das Entstehen sowie den Inhalt und Umfang der behaupteten Rechtspositionen unmittelbar belegen. Die Rechtmäßigkeit einer seit langem ausgeübten Nutzung kann auch auf den gewohnheitsrechtlich anerkannten Grundsatz der "unvordenklichen Verjährung" gestützt werden. Bei diesem Rechtsinstitut, dessen Geltung im Wasserrecht von jeher allgemein anerkannt ist (vgl. RGZ 111, 90; BGHZ 16, 234/238; OLG Celle, NJW 1966, 1758; Larenz, NJW 1955, 1786 f.; Stern, BayVBl 1958, 71/73), handelt es sich nicht um einen selbstständigen Erwerbsgrund, sondern um eine widerlegbare Vermutung dafür, dass zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt ein Recht entstanden ist (BayVGH vom 4. 4. 1974, VGH n.F. 28, 23/26; vom 23. 1. 1998, BayVBl 1998, 563/564 m.w.N.). Die Annahme einer unvordenklichen Verjährung setzt voraus, dass der bestehende (Besitz-) Zustand nach außen hin erkennbar seit sehr langer Zeit, in der Regel seit mindestens 40 Jahren, ununterbrochen fortdauert und weitere 40 Jahre vorher keine Erinnerungen an einen anderen Zustand bestanden haben (BayVGH, a.a.O.; Stern, a.a.O.; Gröpper, DVBl 1969, 945/947).

Im vorliegenden Fall lassen die vorgelegten Unterlagen, etwa das Protokoll über die beim Königlich Bayerischen Landgericht Schongau geführte Verhandlung vom 27. August 1812, mit hinreichender Gewissheit erkennen, dass das Stauwehr bei Küchele mindestens seit dem 18. Jahrhundert in funktionsfähiger Form bestanden und das erforderliche Wasser für die am Premer Mühlbach gelegenen Triebwerke geliefert hat. Aus dem räumlichen und funktionalen Zusammenhang mit der Wasserkraftnutzung kann zunächst geschlossen werden, dass die damaligen Mühlenbetreiber als Rechtsvorgänger der Kläger über Jahrzehnte hinweg für den notwendigen Unterhalt des Stauwehrs gesorgt haben. Die damit verbundenen, nur langfristig gewinnbringenden Aufwendungen wären jedoch kaum getätigt worden, wenn die Betreiber jederzeit mit der Beseitigung der Wehranlage und der damit verbundenen Trockenlegung des Mühlbachs hätten rechnen müssen. Die Nutzung und Unterhaltung der ausschließlich in ihrem Interesse fortbestehenden Anlage begründet daher zugleich die Vermutung, dass den Inhabern der Triebwerke seit Errichtung des Stauwehrs besondere Rechte zur Benutzung des Halblechs durch Aufstauen und Ableiten von Triebwasser zugestanden haben. Wassernutzungsrechte dieser Art an öffentlichen Gewässern konnten auch schon vor Inkrafttreten der ersten Wassergesetze in Bayern nur auf Grund einer obrigkeitlichen Verleihung entstehen (BayObLG vom 8. 7. 1971, BayVBl 1972, 246/247; BayVGH vom 19. 2. 1965, VGH n.F. 18, 33/35 ff.; Stern, a.a.O.). Nach den Grundsätzen der unvordenklichen Verjährung muss demnach auch ohne speziellen Nachweis eines titulierten Rechts von einem durch die seinerzeit zuständige Obrigkeit ausdrücklich oder stillschweigend erteilten Recht ausgegangen werden.

An dieser ursprünglichen Rechtslage haben die nachfolgenden Kodifikationen des Wasserrechts zunächst nichts geändert. Das bayerische Gesetz über die Benützung des Wassers vom 28. Mai 1852 (GBl. S. 489), das keine speziellen Regelungen über alte Gewässerbenutzungsrechte enthielt, ließ deren Fortbestand nach allgemeiner Auffassung unberührt (BayObLG, a.a.O., 247; Riederer/Sieder, Bayerisches Wassergesetz, Art. 207 RdNr. 10). Nach dem Bayerischen Wassergesetz vom 23. März 1907 (GVBl. S. 157) blieben die bei Inkrafttreten des Gesetzes bestehenden Nutzungsrechte an Gewässern sogar ausdrücklich aufrechterhalten (Art. 207 BayWG 1907); zu den "auf Privatrechtstiteln beruhenden Rechten" im Sinne dieser Vorschrift gehörten insbesondere die durch hoheitliche Verleihung erworbenen oder kraft unvordenklicher Verjährung anerkannten Sonderrechte (BayObLG, a.a.O., 247 m.w.N.; Stern, a.a.O., 74). Im vorliegenden Fall scheiterte die Aufrechterhaltung auch nicht daran, dass der Umfang der altrechtlichen Gestattung nicht näher bestimmt war. Mangels anderer Maßstäbe war hier von dem bisher üblichen und zum Betreiben der vorhandenen Wassertriebwerke notwendigen Benutzungsumfang auszugehen (vgl. BayObLG, a.a.O., 248 f. m.w.N.).

2.1.2. Nach Inkrafttreten des Wasserhaushaltsgesetzes am 1. März 1960 (§ 45 WHG i.d.F. des Gesetzes vom 19. Februar 1959, BGBl I S. 37) durfte die Benutzung des Halblechs mittels der vorhandenen Wehranlage allerdings nicht mehr ohne ausdrückliche wasserrechtliche Gestattung fortgeführt werden (§ 2 Abs. 1 WHG). Die bundesrechtliche Rahmenregelung über die Aufrechterhaltung von Altrechten nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 WHG kam den Rechtsvorgängern der Kläger nach den gegebenen Umständen, soweit sie aus den vorliegenden Akten erkennbar sind, nicht zugute.

Zwar galt ihre bis dahin unangefochten ausgeübte Rechtsstellung, die in die Zeit vor Beginn der eigentlichen Wassergesetzgebung in Bayern zurückreichte, formal als ein Recht im Sinne des damals geltenden Landeswassergesetzes vom 23. März 1907, wie die später erlassene Vorschrift des Art. 96 Abs. 1 Satz 2 BayWG 1963 (G. vom 26. Juli 1962, GVBl . S 143) bestätigt, die rückwirkend zum 1. März 1960 in Kraft getreten ist (Art. 104 S. 1 BayWG 1963). Das vom Bundesgesetzgeber aufgestellte Erfordernis, dass ein Altrecht durch die damaligen Landeswassergesetze "aufrechterhalten" worden sein muss, verlangt jedoch mehr als ein bloßes Unberührtlassen des alten Rechts. Eine solche Wasserbenutzung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG vom 22. 1. 1971, BVerwGE 37, 103/105 ff.; vom 13. 12. 1974, BayVBl 1975, 707 f.) nur dann gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 WHG weiterhin erlaubnis- und bewilligungsfrei, wenn sie aufgrund von Altrechten ausgeübt wird, bei deren Erteilung oder Aufrechterhaltung eine öffentlich-rechtliche Überprüfung der Benutzung in wasserwirtschaftlicher Hinsicht stattgefunden hat. Dieses auf systematischen, entstehungsgeschichtlichen und teleologischen Erwägungen beruhende restriktive Verständnis der Überleitungsvorschrift, dem sich der BayVGH in ständiger Rechtsprechung angeschlossen hat (BayVGH vom 27. 8. 1985, Az. 8 B 83 A.394; vom 1. 3. 2002, BayVBl 2002, 703; vom 8. 4. 2003, Az. 22 ZB 03.680; ebenso VGH BW v. 1. 7. 1994, NVwZ-RR 1995, 193; NdsOVG v. 6. 6. 1985 ZfW 1987, 111; offen BGH v. 15. 3. 2001, DÖV 2001, 644/645; krit. Dahme in: Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, § 15 RdNr. 5 a), knüpft die Anerkennung eines nach Landeswassergesetz "aufrechterhaltenen" Altrechts an den individuellen Nachweis eines behördlichen Bestätigungsakts. Ob hiervon bei "titulierten" Rechten generell eine Ausnahme gemacht werden kann, wie in der Kommentarliteratur verschiedentlich angenommen wird (Czychowski/Reinhardt, WHG, 8. Aufl., § 15 RdNr. 4; Pape in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. III, WHG, § 15 RdNr. 52), erscheint zweifelhaft, braucht aber nicht weiter geklärt zu werden. Jedenfalls bei Altrechten, deren Bestand sich wie hier nur auf das Rechtsinstitut der unvordenklichen Verjährung und damit nicht auf einen besonderen Titel stützt (vgl. Larenz, NJW 1955, 1786/1787), müssen die vom Bundesverwaltungsgericht angestellten Überlegungen uneingeschränkt zur Geltung kommen (vgl. OVG NW vom 2. 7. 1976, ZfW Schriftt. u. Rspr. 1976, 43).

Für das Recht der früheren Mühlenbetreiber zum Aufstauen des Halblechs und zum Ableiten des benötigten Triebwassers lässt sich die danach erforderliche nachträgliche Überprüfung in wasserwirtschaftlicher Hinsicht nicht feststellen. Auch wenn deren Ergebnis nicht ausdrücklich mitgeteilt werden müsste (so aber VGH BW vom 1. 7. 1994, NVwZ-RR 1995, 193), sondern schon eine stillschweigend erfolgte Billigung aus Anlass einer sonstigen wasserrechtlichen Entscheidung ausreichend wäre, fehlte es hier an einer über die bloße Duldung hinausgehenden inhaltlichen Bestätigung der Altrechte. Die bloß nachrichtlichen Hinweise im alten Wasserbuch des Königlichen Bezirksamts Schongau vom 16. November 1911 und vom 15. Januar 1915 auf die Existenz der den Triebwerken am Premer Mühlbach dienenden, jedoch im Nachbarbezirk gelegenen Stauanlage bei Küchele liefern keinen Beleg für eine inzidenter vorgenommene Prüfung der dortigen wasserwirtschaftlichen Verhältnisse durch die (ohnehin örtlich unzuständige) Behörde. Die von den Klägern vorgelegten Schreiben des Bezirksamts Füssen aus dem Jahr 1929 betreffen allein die Verpflichtung zur Räumung des Mühlkanals; auch sie befassen sich nicht einmal indirekt mit der Frage, ob die zur Benutzung dieses Gewässers notwendige Ableitung aus dem Halblech unter dem Blickwinkel einer vernünftigen Wasserbewirtschaftung weiterhin in vollem Umfang aufrechterhalten werden soll. Konkrete Anordnungen des kraft Belegenheit ausschließlich zuständigen früheren Bezirksamts und späteren Landratsamts Füssen im Hinblick auf die wasserwirtschaftlich gebotene Gestaltung des Stauwehrs sind für den gesamten Zeitraum bis zum Inkrafttreten des Wasserhaushaltsgesetzes nicht nachweisbar. Nur der vom Landrat Schongau anlässlich der Änderung einer Triebwerksanlage erlassene Beschluss vom 18. August 1942 enthält diesbezüglich eine (Teil-) Regelung in Gestalt der Auflage, das Wehr an der Entnahmestelle im Halblech so zu vervollkommnen und dauernd instandzuhalten ist, dass die Hochwässer des Halblechs nicht in den Triebwerkskanal gelangen können. Auch dies reicht jedoch als Beleg für eine vorangegangene vollständige wasserwirtschaftliche Prüfung nicht aus. Mit der genannten Auflage sollte erkennbar nur einer spezifischen Gefahr für den im Landkreis Schongau gelegenen Premer Mühlbach begegnet werden; eine Bewertung und Billigung auch der wasserwirtschaftlichen Situation am Halblech, für den allein die Nachbarbehörde die notwendige Zuständigkeit und Sachkunde besaß, war damit nicht verbunden.

2.1.3. Selbst wenn aber der letztgenannte Beschluss des Landrats Schongau als ein hinreichendes Indiz für eine vorangegangene Überprüfung des Altrechts bei zumindest einem der Triebwerksbetreiber angesehen werden könnte, wäre dieser rechtserhaltende Umstand der zuständigen Wasserrechtsbehörde nicht rechtzeitig bekannt geworden, so dass das zugrunde liegende Altrecht mittlerweile erloschen wäre.

Wie sich aus der Bestimmung des § 16 Abs. 2 Satz 2 WHG ergibt, blieb ein altes Gewässerbenutzungsrecht, das von seinem Inhaber nicht fristgerecht angemeldet worden war, nach Inkrafttreten des Wasserhaushaltsgesetzes nur dann dauerhaft bestehen, wenn es bis zum Ablauf der Anmeldungsfrist des § 16 Abs. 2 Satz 1 WHG "bekannt" geworden war. Hierzu musste das Altrecht in einer Weise aktenkundig werden, dass nach § 16 Abs. 1 WHG eine Eintragung von Amts wegen erfolgen konnte (vgl. Dahme, a.a.O., § 16 RdNr. 28 f.; Pape, a.a.O., § 16 RdNr. 41). Handelte es sich um ein Recht, das nicht erst unter der Geltung der damaligen Landeswassergesetze, sondern in noch früherer, vorkodifikatorischer Zeit erworben und nach den landesrechtlichen Bestimmungen lediglich "aufrechterhalten" worden war, so konnte vom hinreichenden "Bekanntsein" seines Fortbestands nur dann gesprochen werden, wenn die Behörde auch von der in solchen Fällen konstitutiven nachträglichen Überprüfung in wasserwirtschaftlicher Hinsicht ausreichende Kenntnis besaß. Zumindest daran fehlte es aber im vorliegenden Falle.

Nach einer bei den Behördenakten befindlichen Anfrage vom 4. April 1968 hatte das Landratsamt Füssen erst kurz zuvor von der Möglichkeit erfahren, dass im Beschluss des Landrats Schongau vom 18. August 1942 eine Teilregelung bezüglich des Stauwehrs im Halblech getroffen worden sein könnte (Bl. 6 d. A.). Eine Abschrift dieses Dokuments, das damals selbst beim Landratsamt Schongau nicht mehr auffindbar war (Bl. 7 d. A.), wurde der anfragenden Behörde, die hinsichtlich des Halblechs das Wasserbuch zu führen hatte, nachweislich erst mit Schreiben vom 10. Juni 1968 übermittelt (Bl. 8 ff. d. A.). Dieser Verfahrensablauf zeigt, dass die Auflage aus dem Jahr 1942, sofern man sie überhaupt als Beleg einer vorangegangenen wasserwirtschaftlichen Überprüfung zur Aufrechterhaltung des Altrechts ausreichen lässt, dem zuständigen Landratsamt in aktenkundiger Form erst zu einem Zeitpunkt bekannt wurde, als die durch Bekanntmachung im Bayerischen Staatsanzeiger vom 20. Dezember 1963, Nr. 51/52, S. 1 (vgl. MABl. 1964, 41) in Gang gesetzte dreijährige Anmeldungsfrist abgelaufen war.

Ob schon vor Ende dieser Frist andere Behörden, etwa das Wasserwirtschaftsamt Weilheim oder das damalige Landratsamt Schongau, von dem Bestehen und einer möglichen Überprüfung der strittigen Altrechte Kenntnis erlangt hatten, bedarf hier keiner weiteren Prüfung. Rechtserhaltende Wirkung im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 2 WHG kommt dem Bekanntwerden eines alten Wasserbenutzungsrechts nur dann zu, wenn das betreffende Recht (auch) derjenigen Behörde zur Kenntnis gelangt ist, die für die Führung des Wasserbuchs zuständig ist (HessVGH vom 29. 11. 1985, ZfW Schriftt. u. Rspr. 1986 Nr. 55; OLG München vom 7. 12. 1977, RdL 1977, 307/308; Czychowski/Reinhardt, a.a.O., § 16 RdNr. 2a; Kotulla, WHG, 2003, § 16 RdNr. 6; Drost, Das Wasserrecht in Bayern, WHG, § 16 RdNr. 8; Zimniok, Bayerisches Wasserrecht, 2. Aufl. 1971, WHG, § 16 Anm. 2.a) Die Gegenauffassung, die die Wasserbehörden insoweit als "Einheit" betrachten will (Dahme, a.a.O., § 16 RdNr. 9; Pape, a.a.O., § 16 RdNr. 19), vermag nicht zu überzeugen. Sie verkennt bereits den gesetzessystematischen Zusammenhang der für das Bekanntwerden geltenden Frist mit der in § 16 Abs. 1 WHG normierten Eintragungspflicht, die allein von der örtlich zuständigen Wasserrechtsbehörde zu erfüllen ist. Mit dem aufgebotsähnlichen Verfahren nach § 16 Abs. 2 WHG sollte die zur künftigen Bewirtschaftung erforderliche Rechtsklarheit über den Fortbestand von Altrechten an den einzelnen Gewässern geschaffen werden. Dieses Ziel würde jedoch weitgehend verfehlt, wenn schon die Kenntnis einer örtlich oder sachlich unzuständigen Stelle das Erlöschen nicht angemeldeter Rechte auf Dauer verhindern könnte. Mangels spezieller verwaltungsinterner Mitteilungspflichten liefern auch Vertrauensschutzerwägungen keinen hinreichenden Grund, das etwaige Wissen anderer Stellen jeweils der das Wasserbuch führenden Behörde zuzurechnen (vgl. BFH vom 6. April 1971, BFHE 102, 343).

2.2. Nachdem somit spätestens im Jahr 1973 (§ 16 Abs. 2 Satz 2 WHG) die geltend gemachten Altrechte zur Benutzung des Halblechs erloschen waren, konnte die Wasserrechtsbehörde von den Klägern als heutigen Inhabern des Stauwehrs gemäß Art. 77 Abs. 1 und 2 BayWG die Vorlage der erforderlichen Antragsunterlagen zur Fortführung des bereits eingeleiteten wasserrechtlichen Gestattungsverfahrens verlangen; die diesbezügliche Anordnung ist ebenso wie die mit ihr verbundene Zwangsgeldandrohung für den Fall nicht fristgerechter Erfüllung (Art. 29 Abs. 1 Nr. 1, Art. 31, Art. 36 BayVwZVG) rechtlich nicht zu beanstanden.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Beschluss:

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 20.000 Euro festgesetzt (§ 13 Abs. 1 GKG).

Ende der Entscheidung

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