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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 01.10.2008
Aktenzeichen: 22 B 08.1660
Rechtsgebiete: WHG, BayWG, VwGO


Vorschriften:

WHG § 6 Abs. 1
BayWG Art. 17
VwGO § 114
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

22 B 08.1660

In der Verwaltungsstreitsache

wegen wasserrechtlicher beschränkter Erlaubnis;

hier: Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 25. September 2006,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schenk, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Koch, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Eder

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 26. September 2008

am 1. Oktober 2008

folgendes Urteil: Tenor:

I. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 25. September 2006 wird geändert.

II. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids des Landratsamts Landshut vom 31. März 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Niederbayern vom 24. Juni 2004 verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über den Antrag auf Erteilung einer beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis für das Errichten zweier Grundwassermessstellen im Bereich der Grundstücke FlNrn. 1711 und 1712 Gemarkung B******** zu entscheiden.

III. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin betreibt auf den Grundstücken FlNrn. 1711 und 1712 Gemarkung B******** im Landkreis Landshut (Regierungsbezirk Niederbayern) ein Kieswerk mit Nassauskiesung im quartären Bereich (Abbautiefe 10 m). In ca. 500 m Entfernung westlich der Sempt auf dem Gebiet des Landkreises Freising (Regierungsbezirk Oberbayern) betreibt eine Konkurrentin der Klägerin ebenfalls Nassauskiesung, allerdings im tertiären Bereich. Hierfür hat das Landratsamt Freising letztmalig mit Bescheid vom 13. Juli 1993 für einen Baggersee I (Abbautiefe 40 m) die Abbaufrist bis zum 31. Dezember 2002 verlängert; mit Bescheid vom 7. August 1996 hat es die Herstellung eines Baggersees II (Abbautiefe 22 m) befristet bis zum 31. Dezember 2022 genehmigt.

Unter dem 17. Februar 2004 beantragte die Klägerin durch das Ingenieurbüro Dr. B**** - Dr. Ö******* die Erteilung einer behördlichen Erlaubnis nach Art. 15, 17 BayWG für die Errichtung von zwei Grundwassermessstellen. Zur Begründung wurde angegeben, es solle geprüft werden, ob die Kiese des Tertiärs bis zu einer Tiefe von 40 m für einen Abbau und eine wirtschaftliche Nutzung geeignet seien. Für die geologische und hydrogeologische Beurteilung der Untergrundverhältnisse sollten zwei Erkundungsbohrungen abgeteuft werden, deren Endteufe etwas tiefer liegen solle als das angestrebte Abbauziel. Es sei daher mit einer Endteufe von 50 m oder bis zu der ersten stauenden Schicht unterhalb 40 m unter Gelände zu rechnen.

Das Wasserwirtschaftsamt Landshut nahm zu dem Antrag mit Schreiben vom 5. März 2004 dahingehend Stellung, es bestünden Zweifel, ob hier überhaupt ein Erlaubnisverfahren eröffnet werden solle, da es im Falle einer fachlichen Begutachtung eines Kiesabbaus im Tertiär zu einer negativen Einschätzung käme. Im Talverlauf der Isar lägen über dem anstehenden Tertiär bis zu 10 m mächtige quartäre Talfüllungen unterschiedlicher Beschaffenheit (Kies, Sand, Schluffe, Tone). Sie bildeten den Aquifer für das quartäre Grundwasservorkommen. Die hydrogeologische Situation des Isartals sei somit gekennzeichnet durch das Auftreten von zwei weitreichend getrennten Grundwasserstockwerken (das Grundwasservorkommen innerhalb der quartären Talfüllung und die tertiären Tiefengrundwässer). Die Eigenständigkeit der beiden Grundwasservorkommen dokumentiere sich in den unterschiedlichen Druckpotenzialen, dem Chemismus und den Isotopengehalten der Grundwässer. Eine Vermischung von Tertiär- und Quartärwässern widerspreche der Zielsetzung des vorsorgenden Grundwasserschutzes für bestehende und künftige Trinkwassergewinnungsanlagen. Da einer Kiesausbeute im tertiären Bereich nicht zugestimmt werden könnte, sei auch die damit zusammenhängende Bohrung für die nähere Untersuchung der tertiären Kiese und des Grundwasserleiters nicht erforderlich.

Das Landratsamt Landshut lehnte nach Anhörung der Klägerin den Antrag mit Bescheid vom 31. März 2004 in Ausübung seines Bewirtschaftungsermessens ab, da der Kiesabbau selbst versagt werden würde.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Regierung von Niederbayern mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2004 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Ablehnung sei ermessensgerecht, da die Klägerin kein Sachbescheidungsinteresse für die Zulassung der Grundwassermessstellen habe, weil eine Kiesausbeute im Tertiär nicht zulassungsfähig wäre.

Die hiergegen erhobene Versagungsgegenklage blieb vor dem Verwaltungsgericht Regensburg erfolglos (Urteil vom 25.9.2006).

Mit der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung verfolgt die Klägerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter. Sie beantragt,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 25. September 2006 abzuändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landratsamts Landshut vom 31. März 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Niederbayern vom 24. Juni 2004 zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über den Antrag auf Erteilung einer beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis für das Errichten zweier Grundwassermessstellen im Bereich der Grundstücke FlNrn. 1711 und 1712 Gemarkung B******** zu entscheiden.

Zur Begründung führt die Klägerin aus, es dürfe vorliegend entgegen der Ansicht des Beklagten und des Verwaltungsgerichts ein Sachbescheidungsinteresse der Klägerin nicht verneint werden. Es sei unzulässig, den notwendigen Aufklärungsspielraum im vorliegenden Verfahren im Vertrauen auf ein späteres, für unzulässig erachtetes Hauptverfahren nicht auszuschöpfen und im Hinblick auf das Hauptverfahren auf ungesicherter Grundlage eine Beweiswürdigung vorzunehmen. Das Sachbescheidungsinteresse für die Entscheidung über einen Antrag könne nur in extremen Ausnahmefällen verneint werden, in denen von vornherein mit Händen greifbar sei, dass das angestrebte Ziel nicht umsetzbar sei. Eine solche Fallgestaltung liege nicht vor. Die Prüfprogramme für den gestellten Antrag auf Errichtung von Grundwassermessstellen und für den späteren Antrag auf Nassauskiesung seien verschieden. Der streitgegenständlichen Benutzung stehe schon wegen der Geringfügigkeit des Eingriffs das Wohl der Allgemeinheit nicht entgegen. Durch die konkret beantragte Bohrung komme es weder zu einer abstrakten noch zu einer konkreten Gefährdung des Tiefengrundwassers bzw. der Trinkwasserversorgung, das Gemeinwohl i.S. des § 6 WHG sei nicht ansatzweise tangiert.

Es sei vorliegend streitig, ob schon der oberste tertiäre Grundwasserleiter Tiefengrundwasser enthalte und zwischen diesem und dem Quartär eine Trennschicht bestehe, die die Beeinflussung des jeweiligen anderen Wassers verhindere. Letztlich werde die Auffassung der Klägerin, dass die oberste Schicht des Tertiärs noch kein Tiefengrundwasser enthalte, das für die Trinkwasserversorgung geschützt werden müsse, auch durch das Schreiben des Landesamts für Wasserwirtschaft vom 30. September 2004 bestätigt; dort werde ausgeführt, dass das tertiäre Wasser nach oben in die quartären Talschotter übergehe und letztlich zur Isar abströme, also eine Mischung der beiden Wässer stattfinde. Insgesamt werde auf die hydrogeologische Bewertung der B********* ************** GbR (in Folge: ***) vom 12. Februar 2007 und 11. Juli 2007 verwiesen, wonach man in diesem Bereich noch nicht von besonders schutzwürdigem Tiefengrundwasser sprechen könne.

Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Er führt aus, das Verwaltungsgericht habe zu Recht die Auffassung des Beklagten bestätigt, dass das Sachbescheidungsinteresse der Klägerin zu verneinen sei. Ziel der Klägerin sei, für das streitgegenständliche Gebiet eine Genehmigung der Vertiefung der bereits bestehenden Nassauskiesung zu erhalten. Die beantragten Grundwassermessstellen dienten nur der Vorbereitung des weiteren Antrags für den Kiesabbau, diese hätten keinen eigenständigen Selbstzweck. Die Fragen, ob sich der Kies für den gewerblichen Abbau eigne und wie die Untergrundverhältnisse seien, seien bedeutungslos, wenn im Ergebnis anhand der gegebenen Fakten schon feststehe, dass selbst bei einem günstigen Ergebnis der geplanten Bohrungen eine Nassauskiesung nicht genehmigt werden könne. Die Unzulässigkeit einer Vertiefung des Kiesabbaus ergebe sich daraus, dass gerade in der Region Landshut der Großteil der Trinkwasserversorgung mangels anderer Alternativen aus tertiären Sanden und Kiesen erfolgen müsse. Die noch nicht genutzten Grundwasservorräte in den tertiären Schichten müssten deshalb nach Auffassung des Landesamts für Wasserwirtschaft (vgl. Schreiben vom 30.9.2004 an die Regierung von Niederbayern) vor qualitativen und quantitativen Beeinträchtigungen bestmöglich geschützt werden. Hinzu komme, dass das tiefere Grundwasser als Wasserreserve für die Zukunft zu erhalten sei. Eine Aufklärungs- und Untersuchungspflicht im Rahmen eines Verfahrens bestehe nur hinsichtlich der entscheidungserheblichen Umstände, die für den Abschluss des Verfahrens erforderlich seien. Da nach dem o.g. Schreiben des Landesamts für Wasserwirtschaft davon auszugehen sei, dass sich die geologischen und hydrogeologischen Gegebenheiten rechts und links der Sempt nicht wesentlich voneinander unterscheiden, könnten zusätzliche Erkenntnisse aus den Grundwassermessstellen bzw. den Probebohrungen das schon feststehende Ergebnis, dass eine Vertiefung der Nassauskiesung zu versagen wäre, nicht in Frage stellen. Es sei nicht ermessensfehlerhaft, wenn im Fall nicht behebbarer Versagungsgründe für die Endentscheidung weitere Untersuchungen und Aufklärungsarbeiten nicht erlaubt würden. Ergänzend werde auf die Stellungnahme des Landesamts für Umwelt vom 15. September 2006 (wohl 2008) verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat Erfolg. Die Klägerin hat einen Anspruch dahingehend, dass über ihren Antrag auf Erteilung einer wasserrechtlichen beschränkten Erlaubnis für das Errichten zweier Grundwassermessstellen im Bereich der Grundstücke FlNrn. 1711 und 1712 Gemarkung B******** erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts entschieden wird (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO); der rechtswidrige Bescheid des Landratsamts Landshut vom 31. März 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Niederbayern vom 24. Juni 2004 war aufzuheben.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf eine fehlerfreie Ermessensentscheidung über die im pflichtgemäßen Ermessen der Wasserbehörde stehende Entscheidung über die Zulassung des beantragten Vorhabens, da ihrem Antrag auf Erteilung einer wasserrechtlichen beschränkten Erlaubnis gemäß Art. 17 BayWG für die Errichtung zweier Grundwassermessstellen das Fehlen des Sachbescheidungsinteresses nicht entgegensteht (1.), ein zwingender Versagungsgrund gemäß § 6 WHG nicht vorliegt (2.) und der Beklagte das ihm zustehende Bewirtschaftungsermessen bisher fehlerhaft ausgeübt hat (3.); insoweit hat der Beklagte erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über den Antrag der Klägerin zu entscheiden (4.).

1. Die Klägerin hat ein Sachbescheidungsinteresse dahingehend, dass über ihren Antrag auf Erteilung einer wasserrechtlichen beschränkten Erlaubnis zur Errichtung von zwei Grundwassermessstellen in der Sache entschieden wird. Entgegen der Ansicht des Beklagten und des Verwaltungsgerichts kann das Sachbescheidungsinteresse vorliegend nicht deshalb verneint werden, weil derzeit schon absehbar sei, dass über einen von ihr beabsichtigten Antrag auf Vertiefung der Nassauskiesung in den tertiären Bereich hinein durch die Wasserbehörde negativ entschieden werden würde.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist das Sachbescheidungsinteresse eine verwaltungsverfahrensrechtliche Voraussetzung dafür, dass die angegangene Behörde über einen bei ihr gestellten Antrag in der Sache entscheidet. Die Wasserbehörde ist nicht verpflichtet, in die Prüfung eines Genehmigungsantrags einzutreten, wenn der Antragsteller die Genehmigung zwar (möglicherweise) formal beanspruchen kann, jedoch klar ist, dass er aus Gründen außerhalb des Verfahrens an einer Verwertung der begehrten Genehmigung gehindert wäre und deshalb die Genehmigung ersichtlich nutzlos wäre (vgl. BVerwG vom 30.6.2004 NVwZ 2004, 1240 m.w.N.). Dies kann etwa der Fall sein, wenn die privat-rechtlichen Verhältnisse die Verwirklichung des Vorhabens nicht zulassen (vgl. z.B. BVerwG vom 12.8.1993 NVwZ-RR 1994, 381) oder die Verwirklichung des Vorhabens an im Verfahren selbst nicht zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften scheitert, etwa weil andere erforderliche Genehmigungen nicht erteilt werden können (vgl. z.B. BVerwG vom 24.10.1980 BVerwGE 61, 128, bezogen auf das Verhältnis einer Bebauungsgenehmigung zu vorhabenhinderlichen Vorschriften des Landesbaurechts). In jedem Fall ist jedoch Voraussetzung für die Verneinung eines Antragsinteresses (bzw. gegebenenfalls im sich etwa anschließenden Verwaltungsstreitverfahren des erforderlichen Rechtsschutzinteresses), dass sich das (rechtliche oder tatsächliche) Hindernis "schlechthin nicht ausräumen" lässt (vgl. BVerwG vom 24.10.1980 a.a.O., m.w.N.). Erforderlich für die Verneinung des Sachbescheidungsinteresses ist daher, dass außer Zweifel steht, dass der Verwertung einer beantragten Genehmigung rechtliche oder tatsächliche Hindernisse entgegenstehen (vgl. BVerwG vom 29.4.2004 DÖV 2004, 1004, zum Rechtsschutzbedürfnis).

Vorliegend ist unbestritten, dass die Klägerin die tatsächlich beantragte Erlaubnis zur Errichtung von Grundwassermessstellen auch ausnützen könnte, wenn ein späterer Antrag auf Vertiefung der Nassauskiesung in das Tertiär nicht gestattet werden könnte. Insoweit besteht kein Streit darüber, dass sie ihr unmittelbares Ziel, nämlich Grundwassermessstellen zu errichten, auf jeden Fall erreichen kann. Der Umstand, dass ihre Aufwendungen möglicherweise nutzlos sein könnten, nimmt ihr nicht das Sachbescheidungsinteresse, da die Entscheidung, eine wirtschaftlich riskante Investition zu tätigen, allein im Risikobereich eines Unternehmens liegt; seitens der Wasserbehörde ist es zur Abwehr möglicher Schadensersatzansprüche ausreichend, auf die Risiken hingewiesen zu haben. Streit besteht vorliegend aber darüber, ob die Klägerin die weiteren Zwecke , die sie mit der beantragten Erlaubnis verfolgt, mit Sicherheit nicht erreichen kann.

Zwar können unter Umständen auch mittelbar verfolgte Interessen, deren Erreichung ausgeschlossen ist, zu einer Verneinung des Sachbescheidungsinteresses führen (vgl. BVerwG vom 21.11.1996 UPR 1997, 251, bezogen auf eine denkmalschutzrechtliche Grabungsgenehmigung, mit der letztlich nicht verwirklichbare kommerzielle Interessen verfolgt werden sollten). Aber auch wenn man berücksichtigt, dass die Errichtung der Grundwassermessstellen nicht Selbstzweck ist, sondern dem Zweck dienen soll, Erkenntnisse für eine beabsichtigte Antragstellung auf Gestattung einer Kiesausbeute im tertiären Bereich zu gewinnen, kann nicht festgestellt werden, dass dieser Zweck mit Sicherheit nicht erreicht werden kann. Die Klägerin verspricht sich aus den Ergebnissen der Grundwassermessstellen eine Verbesserung ihrer Erkenntnislage sowohl in Bezug auf die Frage der Abbauwürdigkeit der auf ihren Grundstücken vorhandenen Kiese als auch in Bezug auf die dortigen hydrogeologischen Gegebenheiten. Es ist weder rechtlich noch tatsächlich ausgeschlossen, dass sie diese mittelbaren Ziele erreichen und damit ihre Verhandlungsposition im Rahmen eines späteren Antrags auf Gestattung einer Nassauskiesung im Tertiär verbessern kann. Zwar mag der zu erwartende Erkenntnisgewinn nur gering sein; das Sachbescheidungsinteresse entfällt deswegen aber nicht.

Soweit das Verwaltungsgericht und die Behörden angenommen haben, das Sachbescheidungsinteresse fehle deshalb, weil nach derzeitiger Erkenntnislage der spätere Antrag auf Vertiefung der Nassauskiesung abgelehnt werden würde, bezieht sich dieses Hindernis weder auf die Errichtung der Grundwassermessstellen an sich noch auf die hieraus möglicherweise zu gewinnenden Erkenntnisse, sondern auf ein derzeit nicht beantragtes Vorhaben, das weder tatsächlich noch rechtlich Voraussetzung für die Ausübung der unmittelbar beantragten Erlaubnis ist und über das somit vorliegend nicht zu entscheiden ist. Im Übrigen werden auch hier - bezogen auf die Bewertung der Erfolgsaussichten - die hohen Anforderungen an die Verneinung des Sachbescheidungsinteresses nicht beachtet. Es genügt nicht, dass nicht zu erwarten oder damit zu rechnen ist, dass der Kiesabbau genehmigt werden könne, oder dass für eine Genehmigungsfähigkeit keine hinreichende Wahrscheinlichkeit spricht (vgl. etwa die Formulierungen auf S. 6 ff. des Urteils des Verwaltungsgerichts); vielmehr müsste dieses Hindernis - wie bereits oben ausgeführt - schlechthin nicht ausräumbar sein. Es mag sein, dass der Beklagte derzeit nicht die Absicht hat, den Kiesabbau zu gestatten, etwa weil er nach derzeitiger Erkenntnislage prognostiziert, dass wegen des hohen Schutzguts der Schonung des Tiefengrundwassers und wegen des Angewiesenseins der Region 13 Landshut auf dieses Wasser das Wohl der Allgemeinheit einer solchen Gestattung entgegenstehen würde oder er jedenfalls das Bewirtschaftungsermessen in Richtung einer Ablehnung ausüben würde. Darauf kann es aber im vorliegenden Zusammenhang nicht ankommen. Vielmehr ist allein entscheidend, ob derzeit schon feststeht, dass die Erteilung der Erlaubnis für eine Kiesausbeute im Tertiär rechtlich ausgeschlossen wäre (vgl. BVerwG vom 17.10.1989 BVerwGE 84 11). Ein derartiger Grad an Gewissheit kann vorliegend bezogen auf den konkreten Nutzungskonflikt auf einem konkreten Grundstück nicht angenommen werden.

2. Ein zwingender Versagungsgrund für die streitgegenständliche Gewässerbenutzung besteht nicht (§ 6 Abs. 1 WHG).

Gemäß § 6 Abs. 1 WHG ist die Erlaubnis zu versagen, soweit von der beabsichtigten Benutzung eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere eine Gefährdung der öffentlichen Wasserversorgung, zu erwarten ist, die nicht durch Auflagen verhütet oder ausgeglichen wird. Dabei ist von einer konkreten Betrachtungsweise auszugehen (BVerwG vom 12.9.1980 DÖV 1981, 104/105). Danach ist ein zwingender Versagungsgrund zu verneinen.

Im Gegensatz zu (privaten) Tiefenbrunnen, die wegen der Entnahme von Tiefengrundwasser in der Regel gegen das Gebot größtmöglicher Schonung des Tiefengrundwassers verstoßen und damit eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit erwarten lassen (vgl. BayVGH vom 19.3.2008 - Az. 22 ZB 06.2431), ist dies bei Grundwassermessstellen nicht grundsätzlich der Fall. Da der Eingriff mangels Entnahme von Grundwasser - abgesehen von wenigen Pumpversuchen - wesentlich geringer ist als bei Tiefenbrunnen, stehen Gemeinwohlbelange wie das Bewirtschaftsungsziel des § 33 a WHG bzw. die Zielsetzungen des Landesentwicklungsprogramms Bayern vom 8. August 2006 (vgl. Teil B I 3.1.1.1 und 3.1.1.4) nicht strikt entgegen. Zwar weist das Landesamt für Umwelt in seiner Stellungnahme vom 15. September 2006 (richtig 2008) zu Recht darauf hin, dass auch bei (bloßen) Bohrungen und dem Bau von Grundwassermessstellen stets die Gefahr besteht, dass durch technisches Versagen, unsachgemäßes Arbeiten oder dergleichen eine nachteilige Veränderung des Grundwassers eintreten kann. Es handelt sich hierbei aber nicht um eine konkrete, sondern um eine abstrakte Betrachtungsweise. Abgesehen davon können heutzutage Grundwassermessstellen technisch so errichtet werden, dass sich solche Gefahren durch Auflagen i.S. des § 4 WHG, Art. 15 BayWG so minimieren lassen, dass eine etwaige Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit nicht mehr i.S. von § 6 Abs. 1 WHG zu erwarten ist. Derartige Auflagen, insbesondere die Einhaltung der DVGW-Richtlinie W 121, sind somit geeignet, jedenfalls den zwingenden Versagungsgrund nach § 6 Abs. 1 WHG auszuräumen. Dem Verwaltungsgerichtshof ist aus zahlreichen Normenkontrollverfahren zu Wasserschutzgebieten bekannt, dass bei Beachtung der einschlägigen fachlichen Grundlagen bei der Errichtung von Grundwassermessstellen eine Beeinträchtigung des Tiefengrundwassers selbst in Trinkwasserschutzgebieten nicht zu besorgen ist. Dies ist letztlich unter allen Beteiligten unstrittig und bedarf daher keiner weiteren Ausführungen.

3. Über die sonach im pflichtgemäßem Ermessen der Wasserbehörde stehende Zulassungsentscheidung (Knopp in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, RdNrn. 15 und 16 a zu § 6; Czychowski/Reinhardt, WHG, 9. Aufl. 2007, RdNr. 28 zu § 6, jeweils m.w.N.) wurde vom Beklagten in ermessensfehlerhafter Weise entschieden (§ 114 Satz 1 VwGO); eine Heilung im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist nicht erfolgt (§ 114 Satz 2 VwGO).

3.1. Im Bescheid des Landratsamts Landshut vom 31. März 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Niederbayern vom 24. Juni 2004 ist zwar das Ermessen angesprochen, insbesondere wird dort ausgeführt, die Ablehnung der beantragten Erlaubnis erfolge in Ausübung des Bewirtschaftungsermessens. Gleich im Anschluss hieran enthält aber insbesondere der Widerspruchsbescheid nur noch Ausführungen zum fehlenden Sachbescheidungsinteresse im Hinblick auf einen später abzulehnenden Antrag auf Genehmigung der Kiesausbeute im Tertiär. Eine Ablehnung des Antrags aus Gründen des Sachbescheidungsinteresses, das eine verfahrensrechtliche Rechtsvoraussetzung für die Entscheidung in der Sache selbst darstellt, ist jedoch keine im Rahmen der Ausübung des Bewirtschaftungsermessens statthafte Ermessenserwägung und im Übrigen - wie oben unter 1. ausgeführt -inhaltlich falsch. Insoweit leidet der Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids an einem gerichtlich überprüfbaren Ermessensfehler (§ 114 Satz 1 VwGO). Die tragende Erwägung, der Klägerin fehle das Sachbescheidungsinteresse für ihren streitgegenständlichen Antrag, ist nicht rechtmäßig; im Übrigen enthält der Bescheid keinerlei Ermessenserwägungen, die sich auf das konkret zur Beantragung gestellte Vorhaben beziehen, so dass die Entscheidung in jedem Fall defizitär ist.

3.2. Eine Heilung dieses Ermessensfehlers gemäß § 114 Satz 2 VwGO ist nicht erfolgt.

Dabei kann offen bleiben, ob eine Ergänzung der Ermessenserwägungen im Sinne dieser Vorschrift überhaupt möglich gewesen wäre. Dies erscheint deshalb fraglich, weil die Behörde ihr Ermessen zwar erkannt, aber letztlich wegen des (alleinigen) Verweises auf das Sachbescheidungsinteresse nicht ausgeübt haben könnte (vgl. BVerwG vom 14.1.1999 NJW 1999, 2912; Rennert in Eyermann, VwGO, 12. Aufl. 2006, RdNrn. 17 ff., 84 ff. zu § 114). Jedenfalls wurden (fehlerfreie) Ermessenserwägungen im Berufungsverfahren nicht nachgeschoben. Zwar werden in den Schriftsätzen, insbesondere im Schriftsatz der Regierung von Niederbayern vom 19. August 2008, und auch in den Protokollerklärungen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung immer wieder Argumente genannt, die - bezogen auf die konkret zur Beantragung gestellten Grundwassermessstellen - eine Ablehnung unter Ermessensgesichtspunkten rechtfertigen könnten. Diese Ausführungen dienten aber nicht mit der gebotenen Deutlichkeit dem Zweck, i.S. von § 114 Satz 2 VwGO die Ermessenserwägungen des streitgegenständlichen Bescheids zu ergänzen. Zwar ist die erforderliche Schriftform gewahrt. Es liegt aber keine prozessual eindeutige Erklärung dahingehend vor, dass es sich um mehr als reinen Sachvortrag handeln soll. Eine solche prozessual eindeutige Erklärung ist einerseits wegen der Bestimmtheit des (geänderten) Verwaltungsakts erforderlich, zum anderen auch aus Gründen der Waffengleichheit, weil die Klägerseite die Möglichkeit haben muss, auf eine Ermessensergänzung ihrerseits mit einer Prozesserklärung - sei es durch eine Erledigungserklärung, einen Vertagungsantrag oder einen Antrag auf Schriftsatzfrist - oder auch mit rechtlichen Gegenargumenten reagieren zu können (vgl. OVG LSA vom 21.9.2006 - Az. 2 L 168/05; juris RdNrn. 4 f.). Zum anderen ergibt sich aus dem Vortrag des Beklagten insgesamt und insbesondere auch aus dem Umstand, dass insoweit die Zulassung der Revision beantragt wurde, dass der Beklagte weiterhin maßgeblich auf das fehlende Sachbescheidungsinteresse abstellen wollte und gerade insofern an einer gerichtlichen Klärung interessiert war.

4. Bei der erneuten Ermessensentscheidung über den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer wasserrechtlichen beschränkten Erlaubnis zum Errichten von Grundwassermessstellen hat der Beklagte folgendes zu beachten:

Die Wasserbehörde darf das Sachbescheidungsinteresse in Bezug auf den konkret zur Entscheidung gestellten Antrag nicht verneinen. Die Behörde hat bezogen auf den konkreten Antrag ihr Bewirtschaftungsermessen auszuüben und dabei eine Abwägung vorzunehmen, die neben den öffentlichen Interessen auch das Interesse der Klägerin an der Errichtung der Grundwassermessstellen berücksichtigt. Sämtliche öffentlichen und privaten Belange in Bezug auf das konkrete Vorhaben sind durch die Wasserrechtsbehörde entsprechend dem Zweck der Ermächtigung abzuwägen. Klarstellend wird darauf hingewiesen, dass, auch wenn das Sachbescheidungsinteresse für den konkreten Antrag im Hinblick auf eine mögliche Entscheidung über einen späteren Antrag auf Gestattung der Nassauskiesung im Tertiär nicht verneint werden kann, die Behörde nicht gehindert ist, die Beurteilung der Erfolgsaussichten dieses letztlich von der Klägerin beabsichtigten Antrags in ihre Abwägung, insbesondere bei der Bewertung des wirtschaftlichen Interesses der Klägerin, mit einzustellen.

Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 1 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Nichtzulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO; insbesondere kommt der Rechtssache, da es sich um die Bewertung eines Einzelfalls handelt, der keine über das in der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Geklärte hinausgehende Fragen aufwirft, keine grundsätzliche Bedeutung zu.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG; wie Vorinstanz).

Ende der Entscheidung

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