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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 12.08.2004
Aktenzeichen: 22 BV 04.1203
Rechtsgebiete: VwGO, BayVwVfG, BImSchG


Vorschriften:

VwGO § 42 Abs. 1
VwGO § 43 Abs. 1
VwGO § 43 Abs. 2
VwGO § 113 Abs. 1 Satz 4
BayVwVfG Art. 43 Abs. 2
BImSchG § 18
BImSchG § 20 Abs. 2
Klagt ein Drittbetroffener auf die Feststellung, dass eine immissionsschutzrechtliche Anlagengenehmigung nachträglich weggefallen ist, so muss er sich die Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber einer möglichen Verpflichtungsklage entgegenhalten lassen, wenn das gegen den formell illegalen Betrieb erstrebte behördliche Einschreiten nach der Soll-Vorschrift des § 20 Abs. 2 BImSchG wegen besonderer Umstände ausnahmsweise weitere Ermessenserwägungen voraussetzt.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

22 BV 04.1203

In der Verwaltungsstreitsache

wegen immissionsschutzrechtlicher Genehmigung;

hier: Berufung der Beigeladenen gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 11. Dezember 2003,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Konrad, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Hösch, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Zöllner

ohne mündliche Verhandlung am 12. August 2004

folgendes Urteil:

Tenor:

1. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 11. Dezember 2003 wird in den Ziffern I. und II. abgeändert und erhält folgende Fassung:

I. Die Klagen werden abgewiesen.

II. Die Kläger tragen zu je 1/11 die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beklagten und der Beigeladenen.

2. Der Kläger zu 1 trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger zu 1 erstrebte mit seiner beim Verwaltungsgericht erhobenen Nachbarklage u.a. die Feststellung, dass die der Beigeladenen mit Bescheid vom 7. ebruar 2002 erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Asphaltmischanlage rechtswidrig gewesen sei, hilfsweise die Feststellung, dass die Genehmigung durch den Eintritt einer auflösenden Bedingung spätestens zum 14. April 2003 weggefallen sei. Zur Begründung trug er vor, er werde durch die von dem genehmigten Betrieb ausgehenden Immissionen als Eigentümer bzw. Bewohner nahe gelegener Grundstücke in seinen Rechten verletzt. Die angegriffene Genehmigung sei, was der Beklagte allerdings bestreite, mittlerweile vollständig erloschen, nachdem die Beigeladene in ihrem ortsgebundenen Betrieb (§ 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB) entgegen einem mit einer auflösenden Bedingung verknüpften Verbot auch Gesteinsmaterial aus anderen Abbaugebieten verarbeitet habe. Hinsichtlich des Hauptantrags ergebe sich das Feststellungsinteresse aus einer Wiederholungsgefahr, da die erneute Erteilung einer rechtswidrigen Genehmigung zu befürchten sei; an der hilfsweise beantragten Feststellung des Wegfalls der Genehmigung sei der Kläger zu 1 als immissionsbetroffener Nachbar im Hinblick auf die geltend gemachten Rechtsverletzungen interessiert.

Mit Urteil vom 11. Dezember 2003 stellte das Verwaltungsgericht auf die Klage des Klägers zu 1 hin fest, dass der Genehmigungsbescheid des Landratsamts Ebersberg vom 7. Februar 2002 spätestens zum 14. April 2003 weggefallen sei; im Übrigen wurden seine Klage und die der übrigen Kläger abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, die primär erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage des Klägers zu 1 sei zwar im Hinblick auf sein zum Teil innerhalb des Beurteilungsgebiets nach Nr. 2.6.2.2. Abs. 1 Satz 1 TA Luft 1986 gelegenes Waldgrundstück zulässig, mangels Rechtsverletzung aber unbegründet, da die durch den Bescheid zugelassenen Emissionen in Form von Luftschadstoffen den Vorgaben der TA Luft 1986 und sogar denen der damals noch nicht in Kraft befindlichen TA Luft 2002 genügt hätten. Die hilfsweise erhobene Feststellungsklage des Klägers zu 1 sei dagegen begründet, da die unstreitig erfolgte Verarbeitung von Fremdgestein zum Eintritt der dem Bescheid beigefügten auflösenden Bedingung geführt und so die Genehmigung zum Erlöschen gebracht habe; an dieser Feststellung habe der Kläger zu 1 im Hinblick auf ein künftiges behördliches Einschreiten nach § 20 Abs. 2 BImSchG ungeachtet gewisser Zweifel ein berechtigtes Interesse.

Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung beantragt die Beigeladene,

I. das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 11. Dezember 2003 aufzuheben, soweit auf die Klage des Klägers zu 1 festgestellt wurde, dass der Genehmigungsbescheid des Landratsamts Ebersberg vom 7. Februar 2002 spätestens zum 14. April 2003 weggefallen ist,

II. die Kostenentscheidung unter II. des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 11. Dezember 2003 aufzuheben und

III. die Kosten des Verfahrens den Klägern aufzuerlegen.

Im Falle der Erledigung eines Verwaltungsakts könne grundsätzlich nicht statt oder neben der dafür gesetzlich vorgesehenen Fortsetzungsfeststellungsklage eine entsprechende Feststellungsklage erhoben werden. Der Kläger zu 1 habe hierfür auch kein Feststellungsinteresse substantiiert vorgetragen. Er bedürfe der beantragten Feststellung nicht schon wegen seines möglichen Anspruchs aus § 20 Abs. 2 BImSchG, da er diesen vorrangig im Wege einer Verpflichtungsklage verfolgen müsse; ein Wegfall der Genehmigung führe unter den gegebenen Umständen noch nicht zwingend zu einem Einschreiten der Behörde. Im Übrigen sei die Feststellungsklage unbegründet, da die strittige Nebenbestimmung nicht als auflösende Bedingung zu verstehen sei.

Der Kläger zu 1 beantragt,

die Berufung der Beigeladenen zurückzuweisen.

Sein Feststellungsinteresse ergebe sich aus der in jedem Fall als nachbarschützend anzusehenden Vorschrift des § 20 Abs. 2 BImSchG. Der Berufung der Beigeladenen fehle hingegen das Rechtsschutzbedürfnis, da ihr mittlerweile mit Bescheid vom 27. Mai 2004 erneut eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung erteilt worden sei, die den Erstbescheid ersetzt habe.

Nach Mitteilung der Beigeladenen hat der Kläger zu 1 gegen die Genehmigung vom 27. Mai 2004 wiederum Klage erhoben, über die noch nicht entschieden worden ist.

Der Beklagte hat sich im Berufungsverfahren nicht zur Sache geäußert und auch keinen Antrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten, auch hinsichtlich des Verzichts der Beteiligten auf mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 1 VwGO), wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

1. Die Berufung der Beigeladenen ist zulässig. Die Beigeladene ist durch das dem Hilfsantrag stattgebende Feststellungsurteil, das ihr im Falle künftiger Auseinandersetzungen mit dem Kläger zu 1 und dem Beklagten die Berufung auf den Fortbestand der Genehmigung vom 7. Februar 2002 verwehrt, materiell beschwert (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl., RdNr 7 zu § 66; RdNr. 46 vor § 124). Diese Beschwer ist nicht dadurch entfallen, dass der Beigeladenen auf ihren Antrag hin mittlerweile für einen wenig geänderten Betrieb wiederum eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung erteilt worden ist.

1.1. Mit der neuen Genehmigung vom 27. Mai 2004 hat die Behörde die früher erteilte Genehmigung weder konkludent aufgehoben (§ 21 BImSchG; Art. 48 BayVwVfG) noch auf andere Weise für unwirksam erklärt oder ersetzt (vgl. Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG). Für die entgegengesetzte Annahme des Klägers zu 1 finden sich in dem neuen Bescheid keine hinreichenden Anhaltspunkte. Die umfangreiche Bescheidsbegründung lässt zwar an mehreren Stellen erkennen, dass das Landratsamt Ebersberg nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils, gegen das der Beklagte kein Rechtsmittel eingelegt hat, nunmehr ebenfalls von einem Wegfall der ursprünglich erteilten Genehmigung vom 7. Februar 2002 ausgeht (S. 28 unten; S. 29 Mitte; S. 34 unten). Gerade aufgrund dieser Rechtsauffassung bestand jedoch aus Sicht der Behörde kein Anlass, die Neuerteilung mit einer irgendwie gearteten Aufhebung des früheren Bescheids zu verbinden.

1.2. Die Erteilung der neuen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ließ die frühere Genehmigung, sofern sie bis dahin noch bestand, auch nicht kraft Gesetzes unwirksam werden. Zwar sind die Gründe, die zum Erlöschen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung führen können, in § 18 BImSchG nicht abschließend aufgezählt (Jarass, BImSchG, 5. Aufl., RdNr. 9 zu § 18; Hansmann, in: Landmann/Rohmer, BImSchG, RdNr. 8 zu § 18). Sie müssen sich aber, da sie einen Rechtsverlust bewirken, mit hinreichender Bestimmtheit zumindest aus anderen Vorschriften oder aus der Systematik des Bundes-Immissionsschutzgesetzes ableiten lassen (vgl. BVerwG vom 15. 12. 1989, NVwZ 1990, 464). Hiernach bestehen keine genügenden Anhaltspunkte für die Annahme, dass eine frühere Anlagengenehmigung unwirksam wird, sobald demselben Antragsteller für einen nicht völlig identischen Anlagenbetrieb am selben Standort erneut eine (Voll-) Genehmigung erteilt wird.

Da eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung nicht zur Ausführung des Vorhabens verpflichtet, muss es - wie im Baurecht - dem Antragsteller überlassen bleiben, welche der genehmigten Anlagen er verwirklichen will (vgl. OVG NRW vom 22.10. 1987, NVwZ 1988, 554/555; Lechner in: Simon/Busse, BayBO, RdNr. 94 zu Art. 72). Einem unerwünschten "Sammeln" von Genehmigungen kann die Behörde dabei durch Befristungen gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG vorbeugen (vgl. BT-Dr 7/179, S. 37; dazu Hansmann, a.a.O., RdNr. 2 zu § 18; Jarass, a.a.O., RdNr. 2 zu § 18). Erst wenn mit dem Vorhaben begonnen wird, muss der Betreiber aus Gründen der Rechtssicherheit und im Interesse einer wirksamen Überwachung (§ 52 BImSchG) zu erkennen geben, von welcher der erteilten Genehmigungen er künftig Gebrauch machen will. Einen endgültigen Verzicht auf die weiteren Genehmigungen, der nur durch eine ausdrückliche Erklärung erfolgen kann (BVerwG, a.a.O.), muss er dabei jedenfalls solange nicht erklären, als die tatsächlich ausgeübte Genehmigung noch nicht bestandskräftig geworden ist.

Nach diesen Maßstäben kann der Beigeladenen hier nicht entgegengehalten werden, dass die ursprüngliche Anlagengenehmigung spätestens mit Erlass des neuen Bescheids als unwirksam anzusehen sei. Da gegen diesen Genehmigungsbescheid ebenfalls Klage erhoben worden ist, der grundsätzlich aufschiebende Wirkung zukommt (§ 80 Abs. 1 VwGO), ist die Beigeladene für eine formell legale Weiterführung ihres bisherigen Betriebs derzeit sogar zwingend auf das (vorläufige) Fortbestehen der ursprünglichen Genehmigung angewiesen.

1.3. Angesichts dieser Interessenlage liegen hier auch nicht die Voraussetzungen vor, unter denen das Bundesverwaltungsgericht es (ausnahmsweise) für möglich gehalten hat, dass sich ein Verwaltungsakt allein aufgrund einer veränderten "Geschäftsgrundlage" im Sinne des Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG "auf andere Weise erledigt" (BVerwG vom 27. 3. 1998, NVwZ 1998, 729/730). Ein solches Obsoletwerden kommt nur in Betracht, wenn alle an dem Verwaltungsakt Beteiligten - sei es als Behörde, als Adressat oder als Drittbetroffener - übereinstimmend der ursprünglichen Regelung keine tatsächliche oder rechtliche Bedeutung mehr beimessen und sich damit bewusst auf eine neue, veränderte Sachlage einstellen, die sie ihrem weiteren Verhalten zugrunde legen (BVerwG a.a.O.). Von einem derartigen Konsens der Beteiligten kann aber im vorliegenden Verfahren keine Rede sein. Die Beigeladene hat den vom Verwaltungsgericht bestätigten Standpunkt des Klägers zu 1, dass der ursprüngliche Bescheid unwirksam geworden sei, bisher nicht übernommen, sondern ist ihm im Gerichtsverfahren ausdrücklich entgegengetreten. Ihr schon vor Bekanntgabe des erstinstanzlichen Urteils (§ 116 Abs. 3 VwGO) bei der Immissionsschutzbehörde gestellter Antrag vom 21. Januar 2004 auf Erteilung einer gänzlich neuen Genehmigung (statt einer bloßen Änderungsgenehmigung) lässt hiernach nicht die Deutung zu, dass sie sich bereits mit dem Wegfall der bisherigen Genehmigung abgefunden habe. Der Antrag ist vielmehr, soweit er neben den mittlerweile erfolgten Änderungen auch den früher genehmigten Betrieb umfasst, als verfahrensrechtliche Vorsorgemaßnahme zu verstehen für den Fall, dass die ursprünglich erteilte Genehmigung durch rechtskräftiges Urteil für unwirksam erklärt wird. Solange sich die Beigeladene einer solchen Feststellung prozessual widersetzt, kann nicht unterstellt werden, dass sie ihre möglichen Rechte aus der früheren Genehmigung nicht mehr ausüben will.

2. Die Berufung der Beigeladenen ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hätte dem Feststellungsbegehren des Klägers zu 1 nicht stattgeben dürfen, da die Klage unter den gegebenen Umständen bereits unzulässig war.

2.1. Grundsätzlich durfte allerdings die Feststellungsklage (§ 43 Abs. 1 VwGO) im Wege einer Eventualklagehäufung (§ 44 VwGO) neben der Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) erhoben werden. Es handelte sich insoweit entgegen der Auffassung der Beigeladenen um zwei unterschiedliche Klagebegehren. Bei der Fortsetzungsfeststellungsklage bilden die objektive Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsaktes und die daraus folgende subjektive Rechtsverletzung des Klägers den Streitgegenstand; bei der allgemeinen Feststellungsklage geht es dagegen um den Anspruch des Klägers auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines z.B. durch Verwaltungsakt begründeten Rechtsverhältnisses (Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl., RdNr. 8 u. 11 zu § 90).

Ob der angegriffene Verwaltungsakt weiter fortbesteht, ist freilich auch im Rahmen des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO eine im Rahmen der Statthaftigkeit zu prüfende Vorfrage (Kopp/Schenke, a.a.O., RdNr. 99 zu § 113 m.w.N.). Nur ein der Fortsetzungsfeststellungsklage stattgebendes Urteil stellt jedoch mit verbindlicher Wirkung fest, dass der für rechtswidrig erklärte Verwaltungsakt auch keine Regelungswirkung mehr entfaltet (BVerwGE 105, 370/373; 116,1/2 ff.). Wird die auf Feststellung der Rechtswidrigkeit zielende Klage dagegen wie im vorliegenden Fall als unbegründet abgewiesen, so ergeht in diesem (primären) Klageverfahren keine die Beteiligten bindende Entscheidung darüber, ob der streitgegenständliche Verwaltungsakt tatsächlich erledigt ist; diesbezüglich bleibt daher durchaus Raum für eine hilfsweise erhobene Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO.

2.2. Der hier gestellte Antrag auf Feststellung, dass die Genehmigung vom 7. Februar 2002 spätestens zum 14. April 2003 weggefallen sei, bezieht sich im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO auf das gegenwärtige Nichtbestehen eines konkreten Rechtsverhältnisses. Dass es sich dabei um ein (Dritt-) Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und der Beigeladenen handelt, steht der Zulässigkeit der Feststellungsklage nicht entgegen, da von dem behaupteten Wegfall der ursprünglich erteilten Anlagengenehmigung auch Rechte des Klägers zu 1 gegenüber der zuständigen Aufsichtsbehörde abhängen können (vgl. BVerwG vom 9. 10. 1984, NVwZ 1985, 112/113).

An der beantragten Feststellung besteht wohl derzeit auch - im Verhältnis zum Beklagten (vgl. BVerwG vom 27. 6. 1997, NJW 1997, 3257 f. m.w.N.) - ein berechtigtes Interesse. Der Kläger zu 1 ist zwar seiner diesbezüglichen Darlegungs- und Substantiierungspflicht (vgl. Sodan in: NK VwGO, RdNRn. 73 und 80 zu § 73) im erstinstanzlichen Verfahren nur unzureichend nachgekommen, denn der damalige Hinweis auf eine drohende Verletzung seiner materiellen Rechte begründete allein noch kein nachvollziehbares Interesse an der begehrten Feststellung der formellen Illegalität der Anlage. Im Berufungsverfahren hat er aber insoweit ergänzend auf die drittschützende Vorschrift des § 20 Abs. 2 BImSchG verwiesen, die den Bewohnern und Eigentümern der im Einwirkungsbereich der Anlage gelegenen Grundstücke bei fehlender Genehmigung grundsätzlich einen Anspruch auf Einschreiten gegenüber der Immissionsschutzbehörde vermittelt (vgl. Jarass, a.a.O., RdNr. 44 zu § 20 m.w.N.).

Das hieraus abgeleitete Interesse an einer gerichtlichen Feststellung des Eintritts der auflösenden Bedingung dürfte gegenwärtig nicht bereits durch die Tatsache entfallen sein, dass die zuständige Behörde sich den vom Verwaltungsgericht bestätigten Rechtsstandpunkt des Klägers zu 1 in der Begründung des neuen Bescheids vom 27. Mai 2004 zu eigen gemacht hat (vgl. oben, 1.1.). Grundsätzlich kann allerdings ein Kläger keine abstrakte Feststellung über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses verlangen, wenn darüber zwischen den Verfahrensbeteiligten keine greifbaren Meinungsverschiedenheiten (mehr) bestehen (vgl. BVerwGE 89, 327/330). Ob dieser Fall hier tatsächlich eingetreten ist, erscheint jedoch durchaus zweifelhaft. Der Beklagte hat im anhängigen Berufungsverfahren nicht mehr in der Sache Stellung genommen, sondern seine rechtliche Einschätzung wohl bewusst offen gelassen bzw. vom endgültigen Ausgang des laufenden Verfahrens abhängig gemacht. Dem Kläger zu 1 darf aus diesem abwartenden Verhalten seines Gegners kein prozessualer Nachteil erwachsen. Wenn ein konkretes Rechtsverhältnis in der Vergangenheit streitig war, kann die Behörde den in § 43 Abs. 1 VwGO begründeten Anspruch auf gerichtliche Klärung nicht einfach dadurch zunichte machen, dass sie sich im Verwaltungsgerichtsverfahren einer verbindlichen Stellungnahme enthält und zugleich durch außerprozessuale Äußerungen Zweifel am Fortbestehen des Feststellungsinteresses weckt (vgl. Pietzcker in: Schoch u.a., VwGO, RdNr. 20 zu § 43; Happ in: Eyermann, VwGO, 11. Aufl., RdNr. 33 zu § 43).

2.3. Die somit als grundsätzlich zulässig anzusehende Feststellungsklage scheitert jedoch an der in § 43 Abs. 2 VwGO normierten Subsidiaritätsklausel. Danach kann die gerichtliche Feststellung über das Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses nicht begehrt werden, wenn der Kläger zum Zeitpunkt der Klageerhebung (BVerwGE 54, 177/179) seine Rechte ebenso oder noch wirksamer durch eine Leistungsklage verfolgen kann. Dieser Ausschlussgrund greift hier ein, da das klägerische Interesse am Erlass von Maßnahmen nach § 20 Abs. 2 BImSchG letztlich nur mittels einer Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO) durchgesetzt werden kann.

Allerdings kommt der in § 43 Abs. 2 VwGO verankerte Subsidiaritätsgedanke nach höchstrichterlicher Rechtsprechung in der Regel nicht zur Anwendung, wenn die Feststellungsklage sich wie hier gegen eine öffentlich-rechtliche Körperschaft richtet, da bei einem solchen Beklagten die Respektierung von Gerichtsentscheidungen auch ohne den hinter Gestaltungsurteilen stehenden Vollstreckungsdruck erwartet werden darf (BVerwGE 36, 179/181; 40, 323/327; krit. Happ in: Eyermann, VwGO, 11. Aufl., RdNr. 43 zu § 43; Sodan, a.a.O., RdNr. 121 zu § 43 m.w.N.). Gleichen Rechtsschutz wie ein Verpflichtungsurteil kann jedoch das Feststellungsurteil auch in solchen Fällen nur bieten, wenn es die Behörde im gleichen Umfang auf die vom Kläger erstrebte Entscheidung festlegt. Davon kann jedoch im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden.

Wie das Vorbringen des Klägers zu 1 im bisherigen Verfahren zeigt, will er mit der erstrebten Feststellung des Wegfalls der ursprünglichen Genehmigung die zuständige Immissionsschutzbehörde nach der Soll-Vorschrift des § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG zum unmittelbaren Einschreiten gegenüber der Beigeladenen verpflichten. Er geht dabei erklärtermaßen davon aus, dass der Behörde nach einer entsprechenden gerichtlichen Feststellung keinerlei Ermessensspielraum hinsichtlich der prinzipiellen Entscheidung zum Eingreifen mehr verbleibt. Damit verkennt er jedoch die Besonderheiten des vorliegenden Falles.

Sollte die ursprüngliche Genehmigung, wofür tatsächlich Vieles spricht, aufgrund der unzulässigen Verarbeitung von Fremdgestein nachträglich entfallen sein, so handelte es sich bei dem danach stattfindenden formell illegalen Anlagenbetrieb aus der Sicht des § 20 Abs. 2 BImSchG eindeutig um einen atypischen Fall. Die genannte Vorschrift soll verhindern, dass das Erfordernis einer vorherigen Genehmigung durch die Schaffung vollendeter Tatsachen unterlaufen wird (BVerwG vom 9. 12. 1983, NVwZ 1984, 305). Dieser Schutzzweck läuft hier aber leer, da für die Anlage unstreitig vor Errichtung und Inbetriebnahme ein Genehmigungsverfahren durchgeführt wurde. Von dem dabei gefundenen Ergebnis der materiell-rechtlichen Unbedenklichkeit darf die Behörde bei ihrer Einschätzung des gegenwärtigen Anlagenbetriebs weiterhin ausgehen, selbst wenn die formelle Genehmigung in der Zwischenzeit weggefallen sein sollte. Die sachliche Richtigkeit ihrer früheren Zulassungsentscheidung wird hier sogar zusätzlich bestätigt durch die Abweisung der Fortsetzungsfeststellungsklage wegen fehlender Rechtsverletzung der Nachbarn und durch den positiven Ausgang des erneuten, im Wesentlichen die selbe Anlage betreffenden Genehmigungsverfahrens.

Angesichts dieser bereits mehrfach erfolgten behördlichen und gerichtlichen Feststellung der Unbedenklichkeit des Anlagenbetriebs rechtfertigt das alleinige Fehlen einer formellen Genehmigung, wie es der Kläger zu 1 mit seiner Feststellungsklage geltend macht, auch nach der strengen Sollvorschrift des § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG jedenfalls nicht ohne weitere Ermessenserwägungen die erstrebte Betriebsstilllegung (BVerwGE 84, 220/233; Jarass, a.a.O., RdNr. 39 zu § 20; Hansmann, a.a.O., RdNr. 50 zu § 20). Mit der nur auf das Vorliegen einer einzelnen Tatbestandsvoraussetzung gerichteten Feststellungsklage kann demnach der Kläger zu 1 sein Rechtsschutzziel, die Behörde zu einem Einschreiten zu bewegen, nicht mit gleicher Effektivität wie mit einer nach Ablehnung eines entsprechenden Antrags zulässigen Verpflichtungsklage erreichen. Aufgrund der Subsidiaritätsklausel des § 43 Abs. 2 VwGO muss er sich daher auf den Vorrang dieser rechtsschutzintensiveren Klageart verweisen lassen.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1, § 159, § 162 Abs. 3 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG).

Ende der Entscheidung

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