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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 10.07.2006
Aktenzeichen: 22 BV 05.457
Rechtsgebiete: VwGO, StGB, GG, Staatslotteriegesetz, BVerfGG, EGV


Vorschriften:

VwGO § 43 Abs. 1
VwGO § 43 Abs. 2
StGB § 284 Abs. 1
GG Art. 12 Abs. 1
Staatslotteriegesetz F. 29.04.1999 Art. 1 Abs. 1
Staatslotteriegesetz F. 29.04.1999 Art. 2 Abs. 1
Staatslotteriegesetz F. 29.04.1999 Art. 3 Abs. 1
BVerfGG § 31 Abs. 1
BVerfGG § 31 Abs. 2
BVerfGG § 35
EGV Art. 46
EGV Art. 49
EGV Art. 55
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Im Namen des Volkes

22 BV 05.457

In der Verwaltungsstreitsache

wegen

Vermittlung von Sportwetten;

hier: Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 20. Januar 2005,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Konrad, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schenk, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Koch

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 6. Juli 2006 am 10. Juli 2006 folgendes

Urteil:

Tenor:

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin meldete am 11. Dezember 2003 bei der Beklagten folgendes Gewerbe an: "Online-Service zur Vermittlung von Sportwetten". Betriebsstätte sollte das Anwesen **************** ** in W******* sein.

Mit Schreiben vom 8. April 2004 forderte die Beklagte die Klägerin auf, ihren Betrieb umgehend, spätestens jedoch bis zum 23. April 2004, zu schließen. Die Klägerin kam dieser Aufforderung nicht nach.

Mit Schreiben vom 19. Mai 2004 teilte die Klägerin der Beklagten mit, sie vermittle Sportwetten an die Firma H**** ***Ltd. in London. Diese verfügt über ein Bookmaker's Permit der Stadt London vom 10. April 2003, gültig bis zum 31. Mai 2006. Zwischen der Firma H**** ***Ltd. in London und der Klägerin wurde ein nicht datierter Geschäftsbesorgungsvertrag geschlossen. Darin ist ausgeführt, dass das Bookmaker's Permit vom 10. April 2003 die Firma H**** ***Ltd. berechtige, weltweit Verträge mit Wettkunden abzuschließen. Die Klägerin verpflichtete sich darin, als selbstständige Handelsvertreterin in ihren Räumlichkeiten ihren Kunden die Möglichkeit zu gewähren, online Zugang zum Wettangebot der Firma H**** ***Ltd. zu erhalten. Der Wettvertrag sollte zwischen den Kunden und der Firma H**** ***Ltd. nach deren Wettbestimmungen zustande kommen. Die Klägerin sollte eine Umsatzprovision von 15 % erhalten. Sportwetten auf eigene Rechnung anzubieten, war der Klägerin durch den Vertrag untersagt.

Die Klägerin teilte mit Schreiben vom 19. Mai 2004 der Beklagten weiter mit, ihre Kunden könnten bei ihr aufgrund einer Begrenzung der Einsätze nicht mehr als 20 Euro einsetzen und verlieren. Es sei zudem eine Verlusthöhenbegrenzung von 2.500 Euro vorgesehen. Die Klägerin verwies auch hierzu auf den genannten Geschäftsbesorgungsvertrag. Die Klägerin verpflichtete sich darin dazu, die Annahme von Wetten auf Einsätze von maximal 60 Euro zu begrenzen und zu gewährleisten, dass Einsätze und Ausschüttungen per Saldo zu keinem Zeitpunkt einen Gesamtverlust von 2.500 Euro überschreiten.

Einem Aktenvermerk der Beklagten vom 17. August 2004 zufolge wurde der Betrieb der Klägerin von der Kriminalpolizei W******* in Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft W******* vorübergehend geschlossen. Eine andere private Sportwettenvermittlung in W******* blieb zunächst unbehelligt, wurde aber einem Aktenvermerk der Beklagten vom 23. August 2004 zufolge am 19. August 2004 ebenfalls von der Polizei vorübergehend geschlossen. Wie die Klägerin in der Klagebegründung vom 11. August 2004 mitteilte, leitete die Staatsanwaltschaft W******* ein Ermittlungsverfahren ein (Az.: 811 Js 9311/04). Gemäß Beschluss des Amtsgerichts W******* vom 10. Mai 2004 wurden die Geschäftsräume der Klägerin durchsucht und dabei verschiedene Gegenstände beschlagnahmt. Nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft W******* vom 9. Juni 2006 muss in dem Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin wegen gewerbsmäßigen unerlaubten Veranstaltens eines Glücksspiels in zwei selbstständigen Fällen damit gerechnet werden, dass die Klägerin auch für die Zeit vor dem 28. März 2006 strafrechtlich nach § 284 StGB belangt wird. Nach Mitteilung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz an die Landesanwaltschaft Bayern entspricht dies der Auffassung aller bayerischen Staatsanwaltschaften (Schriftsatz der Landesanwaltschaft Bayern vom 26.6.2006).

Die Beklagte erließ gegen die Klägerin zunächst keine sicherheitsrechtliche Verfügung zur Untersagung der Annahme, Vermittlung und Veranstaltung von Sportwetten ohne die erforderliche Erlaubnis (vgl. Aktenvermerk vom 17.8.2004 a.E.).

Am 18. August 2004 erhob die Klägerin Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg. Sie beantragte,

1. festzustellen, dass die Klägerin berechtigt ist, ohne eine behördliche Erlaubnis Sportwetten entgegenzunehmen und an die Firma H**** ***Ltd. in London im Rahmen des mit ihr geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrags weiterzuleiten.

2. hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, eine Erlaubnis zur Entgegennahme und Weiterleitung von Sportwetten zu erteilen.

Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab (Urteil vom 20.1.2005). Zur Begründung führte es aus, dass die Klägerin Glücksspiele im Sinn des § 284 StGB vermittle. Eine Geringfügigkeitsschwelle (Bagatellgrenze) sei in diesem Straftatbestand nicht enthalten und auch nicht durch teleologische Reduktion zu begründen. Die Klägerin sei als mittäterschaftliche Veranstalterin im Sinn des § 284 StGB anzusehen; zumindest leiste sie Beihilfe im Sinn des § 27 Abs. 1 StGB. Das Bookmaker's Permit der Firma H**** ***Ltd. gelte in Bayern nicht, weil hier ein staatliches Monopol errichtet worden sei. Aus Gemeinschaftsrecht ergebe sich nichts Gegenteiliges. § 284 StGB verbiete lediglich die Veranstaltung von Glücksspielen ohne behördliche Erlaubnis, lasse eine Konzessionierung nach anderen Vorschriften aber grundsätzlich zu. Allenfalls die landesrechtlichen Vorschriften, die eine Konzessionierung privater Gewerbetreibender nicht zuließen, könnten gemeinschaftsrechtswidrig sein, wenn die Erzielung von Einnahmen für den Staat mehr als nur eine (erfreuliche) Nebenfolge sei. Dies sei hier aber nicht der Fall. Die Werbemaßnahmen der staatlichen Lotterieverwaltung dienten primär dem Zweck, das Abwandern der Kunden zu illegalen bzw. nicht näher kontrollierbaren privaten Veranstaltern zu verhindern. Art. 12 Abs. 1 GG gewähre der Klägerin unter diesen Umständen keinen Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis zur Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten.

Die Klägerin hat die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt.

Während des Berufungsverfahrens hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 16. Juni 2005 mitgeteilt, sie vermittle nun nicht mehr an die Firma H**** ***Ltd. in London, sondern an die Firma H**** ************** **** in Klagenfurt. Diese verfügt über eine Buchmacherbewilligung der Kärntner Landesregierung vom 27. Januar 2005. Die Bewilligung betrifft den gewerbsmäßigen Abschluss von Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen und die gewerbsmäßige Vermittlung solcher Wetten. Die Bewilligung gilt bis zum 31. Dezember 2007. Gemäß Geschäftsbesorgungsvertrag vom 1. Mai 2005, gültig bis zum 30. April 2008, verschafft die Klägerin in ihren Räumlichkeiten ihren Kunden die Möglichkeit, online Zugang zu dem Wettangebot der Firma H**** ************** **** zu erhalten. Dafür erhält die Klägerin eine Aufwandsentschädigung bzw. eine Verkaufsprovision von 80 % des Rohertrags und 50 % der Ticketgebühren. Die Sportwetten sollen nach den Wettbestimmungen der Firma H**** ************** **** abgeschlossen werden. Der Wettvertrag soll zwischen den Kunden und der Firma H**** ************** **** zustande kommen. Die Klägerin darf dem Geschäftsbesorgungsvertrag zufolge keine Wetten selbst oder für andere halten oder vermitteln; sie ist verpflichtet, ausschließlich für die Firma H**** ************** **** Sportwetten zu vermitteln. Letztere sichert dem Geschäftsbesorgungsvertrag zufolge das Vorliegen sämtlicher staatlicher Konzessionen zu, die für den weltweiten Abschluss von Wettverträgen an ihrem Firmensitz erforderlich sind. Der Geschäftsbesorgungsvertrag enthält keinerlei Beschränkungen des Wetteinsatzes und des Wettverlusts.

Die Klägerin beantragt zuletzt

1. die Aufhebung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 20. Januar 2005,

2. die Feststellung, dass die Klägerin seit dem 1. Januar 2004 berechtigt ist, ohne eine behördliche Erlaubnis Sportwetten entgegenzunehmen und an die Firmen H**** ***Ltd. in London sowie H**** ************** **** in Klagenfurt im Rahmen der mit diesen Firmen geschlossenen Geschäftsbesorgungsverträge weiterzuleiten,

3. hilfsweise die Verpflichtung der Beklagten, eine Erlaubnis zur Entgegennahme und Weiterleitung von Sportwetten an die genannten Firmen zu erteilen.

Die Klägerin stellt klar, dass sie eine verwaltungsgerichtliche Klärung der verwaltungsrechtlichen Vorfrage, ob ihre gewerbliche Tätigkeit überhaupt verboten sei, auch für die Vergangenheit erstrebe, da ihr nicht zumutbar sei, diese Klärung erst künftig "auf der Anklagebank" zu erleben.

Zur Begründung führt die Klägerin weiter folgendes aus: Der Glücksspielbegriff des § 284 StGB sei wegen Unterschreitens der Geringfügigkeitsschwelle nicht erfüllt. Es entspreche der herrschenden Meinung im Strafrecht, dass strafrechtlich relevant nur Glücksspiele seien, bei denen der Einsatz des Spielers einen nicht ganz unerheblichen Vermögenswert darstelle.

Die gemeinschaftsrechtlichen Grenzen von Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit seien nicht eingehalten. Nationale Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit müssten nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 6.11.2003, Rs C 243/01-Gambelli) tatsächlich dem Ziel dienen, die Gelegenheit zum Glücksspiel zu vermindern; nur dieses Ziel könne diese Beschränkungen rechtfertigen. Sie dürften nicht außer Verhältnis zu diesem Ziel stehen (Rdnr. 75 des Gambelli-Urteils). Die Beschränkungen müssten kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeit beitragen (Rdnr. 67 des Gambelli-Urteils). Die Strafbarkeit der Durchführung von Wetten über das Internet mit einem in einem anderen Mitgliedsstaat der EG ansässigen Buchmacher stelle eine unverhältnismäßige Sanktion dar, wenn diese Wetten von zugelassenen nationalen Einrichtungen organisiert würden (Rdnr. 72 des Gambelli-Urteils). Beschränkungen seien dann nicht durch die öffentliche Sozialordnung zu rechtfertigen, wenn die Behörden eines Mitgliedsstaates Verbraucher zur Teilnahme an Wetten anreizen und ermuntern würden (Rdnr. 69 des Gambelli-Urteils). Die Erzielung von Einnahmen für den Staat dürfe nur eine (erfreuliche) Nebenfolge sein, nicht aber der eigentliche Grund der betriebenen restriktiven Politik (Rdnr. 62 des Gambelli-Urteils). Die nationalen Gerichte hätten dies zu überprüfen.

Das flächendeckende Vertriebssystem und die umfangreiche Werbung der staatlichen Lotterieverwaltung in Bayern für die staatlichen Sportwetten schlössen eine Rechtfertigung des Staatsmonopols in Bayern aus. Die Erzielung von Einnahmen sei vor dem 28. März 2006 nicht nur eine (erfreuliche) Nebenfolge gewesen; vielmehr habe es sich um den eigentlichen Grund des Staatsmonopols gehandelt. Daran habe sich bis heute nichts geändert.

Nach wie vor gehöre nach § 7 Nr. 15 der Verordnung über die Geschäftsverteilung der Bayerischen Staatsregierung das Wettwesen zu den Finanzangelegenheiten des Staates und sei daher dem Geschäftsbereich des Staatsministeriums der Finanzen zugeordnet. § 1 Nr. 3 des Lotteriestaatsvertrags sehe nach wie vor den Ausschluss der Ausnutzung des Spieltriebs nur zu privaten oder gewerblichen Gewinnzwecken vor, nicht aber zum Zwecke der Erzielung von Einnahmen für den Staat. Die Werbung der staatlichen Lotterieverwaltung habe sich vor dem 28. März 2006 gerade auch an bisher nicht an Sportwetten Interessierte gewendet. Neue Kunden seien niederschwellig angesprochen und so erstmals an Sportwetten interessiert worden. Es treffe nicht zu, dass die Kunden privater Anbieter für die staatliche Lotterieverwaltung durch Werbung erreichbar gewesen seien, weil private Anbieter den von ihnen gewonnenen Kunden attraktivere Wettquoten angeboten hätten. Private Anbieter seien konkurrenzfähiger gewesen, da Abschöpfungen zugunsten des Staatshaushalts unterblieben seien. Trotz der vom Freistaat Bayern im Frühjahr 2006 ergriffenen Maßnahmen habe sich daran nichts Entscheidendes geändert. Bei der Werbung für die Lotterien seien keinerlei Beschränkungen angekündigt worden. Die Werbeaussagen, die sich auf die gesamte Produktpalette der staatlichen Lotterieverwaltung bezögen, seien erhalten geblieben.

Abgesehen davon sei nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 13.11.2003, Rs C 42/02-Lindman) eine wissenschaftliche Untersuchung der Gefahren der Teilnahme deutscher Staatsangehöriger an Glücksspielen in anderen EG-Mitgliedsstaaten erforderlich, um gesetzliche Beschränkungen rechtfertigen zu können. Diese Voraussetzung sei hier ebenfalls nicht erfüllt.

Im Übrigen müssten das Bookmaker's Permit der Firma H**** ***Ltd. und die Bewilligung der Firma H**** ************** **** als behördliche Erlaubnisse im Sinn des § 284 StGB gewertet werden. Dies allein entspreche dem gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung und Berücksichtigung von Erlaubnissen. Für eine im Bestimmungsstaat erlaubnispflichtige Tätigkeit dürfe solange keine Erlaubnis verlangt werden, wie eine Erlaubnis im Herkunftsstaat vorhanden sei, die unter vergleichbaren Voraussetzungen erteilt worden sei. Es treffe zwar zu, dass im nationalen Recht schärfere Anforderungen gestellt werden könnten. Dies sei in Bayern aber gerade nicht geschehen; den Staatsmonopolvorschriften fehle jedwede Restriktion des Sportwettbetriebs. Da die staatliche Lotterieverwaltung in Bayern ihren Kunden keinen besseren Schutz vor den Gefahren des Glücksspiels biete als Großbritannien und Österreich mit ihrem Konzessionssystem für private Anbieter, müssten britische und österreichische Erlaubnisse für private Anbieter als wirksam anerkannt werden. Hervorzuheben sei, dass private Wettanbieter im eigenen Interesse sogar besser auf Manipulationen achten und darauf reagieren würden; die staatliche Lotterieverwaltung nehme Wetten anonym entgegen und zahle anonym per Barscheck aus.

Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses beantragt ebenfalls die Zurückweisung der Berufung.

Das Bundesverfassungsgericht entschied am 28. März 2006 folgendes: 1. Es ist nach Maßgabe der Gründe mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar, dass nach dem Gesetz über die vom Freistaat Bayern veranstalteten Lotterien und Wetten (Staatslotteriegesetz) vom 29. April 1999 (GVBl S. 226) in Bayern Sportwetten nur vom Freistaat Bayern veranstaltet und nur derartige Wetten gewerblich vermittelt werden dürfen, ohne das Monopol konsequent am Ziel der Bekämpfung der Suchtgefahren auszurichten. 2. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten zur Beachtung der sich aus den Gründen ergebenden verfassungsrechtlichen Vorgaben bis zum 31. Dezember 2007 neu zu regeln. 3. Bis zu einer Neuregelung darf das Staatslotteriegesetz nach Maßgabe der Gründe weiter angewendet werden.

Die staatliche Lotterieverwaltung teilte mit Schreiben vom 16. Juni 2006 der Beklagten mit, folgende Maßnahmen im Hinblick auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 veranlasst zu haben: Einführung einer Kundenkartenpflicht ab Herbst 2006, Einführung der Schufa Alters- und Adressverifikation am 15. Mai 2006 für alle Online-Kunden (Neu- und Bestandskunden), Ausschluss Minderjähriger von der Spielteilnahme seit Juli 2004, Überwachung der Annahmestellen durch eine Detektei seit Juli 2005, Ausschluss von bekannt gewordenen Spielsüchtigen von der Spielteilnahme, Angebot eines Selbsttests zur Spielsuchtprävention auf der Homepage der staatlichen Lotterieverwaltung seit 6. April 2006, Verpflichtung von Neukunden zur Kenntnisnahme der Hinweise zur Suchtprävention seit April 2006, Spieleinsatzlimits im Internet, Vorbereitung von Spieleinsatzlimits pro Spielteilnehmer und Woche im terrestrischen Vertrieb, Möglichkeit zur Selbstbegrenzung oder Selbstsperre des Spielteilnehmers, Integration des Suchthinweises in alle neuen Unterlagen der staatlichen Lotterieverwaltung zum Sportwettbetrieb, Überwachung der Einhaltung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts durch die Außenrevision der staatlichen Lotterieverwaltung seit 31. März 2006, Ausschluss einer SMS-Spielteilnahme seit dem 12. April 2006, Ausschluss von Halbzeitwetten und Life-Wetten seit dem 29. März 2006, Entfernung der Wettterminals im Stadion seit dem 28. März 2006, Ausschluss von Bandenwerbung, Trikotwerbung und nationaler TV-Werbung, Umgestaltung der Rundfunkwerbung, keine Nutzung der der staatlichen Lotterieverwaltung überlassenen Werbebanden während der Fußballweltmeisterschaft 2006, keine Möglichkeit zur Teilnahme an staatlich veranstalteten Sportwetten an Verkaufsständen in und um Stadien der Fußballweltmeisterschaft 2006. Diese Angaben wurden von der Landesanwaltschaft Bayern mit Schriftsatz vom 26. Juni 2006 bestätigt. Darin wurde ferner auf weitere Wett- und Werbeeinschränkungen in der Kooperation mit bayerischen Sportvereinen hingewiesen. Die Klägerin legte dazu in der mündlichen Verhandlung vom 6. Juli 2006 einen Schriftsatz vom 30. Juni 2006 vor, in dem sie auf Lücken und Umsetzungsmängel im Konzept der staatlichen Lotterieverwaltung hinwies.

Die Beklagte erließ mit Bescheid vom 2. Mai 2006 eine Verfügung, mit der sie nach über zwei Jahren der Duldung die Annahme, Vermittlung und Veranstaltung von Sportwetten ohne die erforderliche Erlaubnis sofort vollziehbar untersagte und ein Zwangsgeld von 10.000 Euro für den Fall der Nichteinstellung der untersagten Tätigkeit androhte. Die Klägerin hat Widerspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden worden ist. Sie hat Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg gestellt und gegen die ablehnende Entscheidung dieses Gerichts Beschwerde zum Verwaltungsgerichtshof eingelegt (Az.: 24 CS 06.1485). Eine Beschwerdeentscheidung liegt noch nicht vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Der als Hauptantrag gestellte Feststellungsantrag ist nach § 43 VwGO zulässig.

1. Zwischen den Beteiligten besteht seit dem 1. Januar 2004 ein konkretes Rechtsverhältnis i.S. des § 43 Abs. 1 VwGO. Ein solches kann entstehen, wenn sich eine Behörde berühmt hat, aufgrund des von ihr eingenommenen Rechtsstandpunkts ein bestimmtes Unterlassen von dem betroffenen Bürger verlangen zu können (vgl. BVerwG vom 23.1.1992, BVerwGE 89, 327/330). Insofern ist auf das Schreiben der Beklagten vom 8. April 2004 zu verweisen. Daran hat sich bis zur Gegenwart nichts geändert. Die Beklagte hat ihren Rechtsstandpunkt vielmehr durch den Erlass der Verfügung vom 2. Mai 2006 bekräftigt.

2. Die Klägerin hat hinsichtlich des gesamten Zeitraums seit dem 1. Januar 2004 ein berechtigtes Interesse an der von ihr begehrten Feststellung. Es geht um die Beseitigung von Rechtsunsicherheit, um die Wiederherstellung der Dispositionssicherheit sowie um die Vermeidung oder möglichst rasche Beendigung belastender strafprozessualer Verfahren. Solange die Rechtslage zwischen den Beteiligten nicht geklärt ist, darf die Klägerin entweder ein Recht, das ihr ihrer Meinung nach zusteht, nicht ausüben, oder sie muss sich der Gefahr behördlicher Eingriffe in den dann bereits eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb oder gar der Gefahr einer Strafverfolgung aussetzen. Dies ist ihr nicht zuzumuten (BVerwG vom 17.1.1972, BVerwGE 39, 247/249). Die Gefahr behördlicher Eingriffe bestand bereits beim Beginn der strittigen gewerblichen Betätigung der Klägerin; sie hat sich durch den Erlass der Verfügung vom 2. Mai 2006 konkretisiert. In strafrechtlicher Hinsicht war die Klägerin von Anfang an mit staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen und Eingriffen, wie z.B. Beschlagnahmen, konfrontiert. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 - Az. 1 BvR 1054/01 hat daran nichts geändert (vgl. Mitteilung der Staatsanwaltschaft W******* vom 9.6.2006). Die Klägerin hat ein schutzwürdiges Interesse daran, dass sie die Klärung der Meinungsverschiedenheit mit der Beklagten in einem verwaltungsgerichtlichen Streitverfahren und nicht auf der Anklagebank erlebt. Dabei spielt es keine Rolle, dass die Entscheidung der Verwaltungsgerichte für die Strafgerichte nicht bindend ist. Schon der Einfluss, den eine der Klägerin günstige Entscheidung der Verwaltungsgerichte auf die Beurteilung der strafrechtlichen Schuldfrage ausüben kann, rechtfertigt das Feststellungsbegehren (BVerwG vom 13.1.1969, Buchholz 310, Nr. 31 zu § 43 VwGO; BayVGH vom 30.8.2000, GewArch 2001, 65).

3. § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO steht der Zulässigkeit der Feststellungsklage der Klägerin nicht entgegen. Gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist die Feststellungsklage subsidiär. Die Subsidiaritätsklausel verfolgt den Zweck, den erforderlichen Rechtsschutz auf ein einziges gerichtliches Verfahren zu konzentrieren (BVerwG vom 12.7.2000, BVerwGE 111, 306/308). Hier wäre daran zu denken, dass die Klägerin auch Anfechtungsklage erheben könnte; dies gilt insbesondere seit dem Erlass der Verfügung der Beklagten vom 2. Mai 2006. Letztlich greift dieses Bedenken aber nicht durch.

Die Anfechtungsklage verschließt den Weg zur Feststellungsklage dann nicht, wenn das Klageziel durch Anfechtung nicht erreicht werden kann (Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Rdnr. 47 zu § 43). Die Spezialität der Anfechtungsklage tritt nur hervor, wenn sich die Feststellungsklage unmittelbar gegen den angefochtenen Verwaltungsakt richtet. Sie kommt dagegen nicht zum Tragen, wo eine Frage, die im Anfechtungsstreit nur Vorfrage wäre, zum Gegenstand einer Feststellungsklage gemacht wird. Insoweit sind nur Gesichtspunkte der Umgehung der Vorschriften der Anfechtungsklage von Bedeutung (Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Rdnr. 47 zu § 43). Danach scheitert die Feststellungsklage der Klägerin nicht an § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Das berechtigte Interesse der Klägerin, die Rechtsunsicherheit zu beseitigen, die Dispositionssicherheit wieder herzustellen, hätte durch die Anfechtung eventueller künftiger Untersagungsbescheide nicht gleichermaßen befriedigt werden können. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte seinerzeit in der Schwebe ließ, ob und gegebenenfalls wann sie eine Untersagungsverfügung erlassen würde (vgl. Aktenvermerk vom 17.8.2004 a.E.). Daran hat sich nach dem Erlass der Verfügung der Beklagten vom 2. Mai 2006 während des Berufungsverfahrens nichts geändert. In einem Anfechtungsstreit um diese Verfügung wäre das verfahrensgegenständliche Rechtsverhältnis nur Vorfrage. Streitgegenstand der Klage auf Aufhebung der Untersagungsverfügung vom 2. Mai 2006 wäre die Rechtsbehauptung der Klägerin, durch diese Untersagungsverfügung in ihren Rechten verletzt zu sein. Durch die Aufhebung der Untersagungsverfügung würde festgestellt, dass die Klägerin dadurch in ihren Rechten verletzt ist. Die zwischen den Beteiligten strittige Frage, ob die Veranstaltung und die Vermittlung der von der Klägerin vorgesehenen Sportwetten ohne behördliche Erlaubnis verboten ist, wäre dagegen nicht notwendig Gegenstand der materiellen Rechtskraft des Urteils (vgl. dazu auch BVerwG vom 17.1.1972, BVerwG 39, 247/249). Die Klägerin hat zudem zu keinem Zeitpunkt das Ziel verfolgt, die Vorschriften über die Anfechtungsklage zu umgehen. Abgesehen davon sprechen gewichtige Gründe dafür, dass die einmal erhobene Feststellungsklage zulässig bleibt, wenn erst nachträglich die Möglichkeit einer Gestaltungsklage entsteht (BVerwG vom 13.7.1977, BVerwGE 54, 177/179). Dass die Klägerin jetzt die Früchte einer bereits langwierigen und umfangreichen Prozessführung nicht verlieren möchte, leuchtet ein.

II.

Der als Hauptantrag gestellte Feststellungsantrag ist unbegründet. Es besteht keine Berechtigung der Klägerin, seit dem 1. Januar 2004 ohne eine behördliche Erlaubnis Sportwetten entgegen zu nehmen und an die Firmen H**** ***Ltd. in London sowie H**** ************** **** in Klagenfurt im Rahmen der mit diesen Firmen geschlossenen Geschäftsbesorgungsverträge weiter zu leiten.

1. Die behördlich nicht erlaubte Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten ist in der Zeit nach dem 1. Januar 2004 bis zur Gegenwart gesetzlich verboten gewesen. Zwar enthalten die Gewerbeordnung und die landesrechtlichen Vorschriften keine eigenständigen Verbote. Jedoch ist der Wille des Bundes- und des Landesgesetzgebers erkennbar, es insofern bei dem grundsätzlichen Verbot des § 284 StGB zu belassen. § 284 i.V.m. § 27 StGB ist ein entsprechendes Verbot zu entnehmen (BVerwG vom 28.3.2001, BVerwGE 114, 92; BayVGH vom 30.8.2000, GewArch 2001, 65). In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass es sich bei Sportwetten, wie sie die Klägerin vermitteln will, grundsätzlich um Glücksspiele im Sinn von § 284 Abs. 1 StGB handelt. Die Klägerin möchte diese Glücksspiele (mit)veranstalten oder dazu Hilfe leisten, jedenfalls die Einrichtungen hierzu bereitstellen. Sie begeht damit Tathandlungen im Sinn von § 284, § 27 StGB. Dies bedarf hier keiner weiteren Erörterung.

a) Die Klägerin meint zwar, die von ihr vermittelten Sportwetten würden eine von der strafrechtlichen Rechtsprechung und Literatur angenommene Bagatellgrenze in § 284 StGB unterschreiten (vgl. z.B. Leipziger Kommentar zum StGB, 10. Aufl. 1988, Rdnr. 6 zu § 284, m.w.N.). Dies trifft jedoch nicht zu. Was den nach dem Betriebskonzept der Klägerin derzeit maßgeblichen Geschäftsbesorgungsvertrag mit der Firma H**** ************** **** angeht, so sieht dieser gemäß den für die Klägerin verbindlichen Wettbedingungen dieser Gesellschaft ohnehin keinerlei Begrenzung der Spieleinsätze und der Wettverluste nach oben vor. Der bis Juni 2005 maßgebliche Geschäftsbesorgungsvertrag mit der Firma H**** ***Ltd enthielt zwar eine Begrenzung der Spieleinsätze auf 60 Euro (nicht, wie von der Klägerin vorgetragen, 20 Euro) und eine Begrenzung der Wettverluste auf insgesamt 2.500 Euro gemäß den für die Klägerin verbindlichen Wettbedingungen der Firma H**** ***Ltd (§ 2 Nrn. 7 und 8 des Geschäftsbesorgungsvertrags). Von Geringfügigkeit oder Bagatellcharakter kann gleichwohl nicht gesprochen werden, weil die Zahl der möglichen Sportwetten je Zeiteinheit nicht limitiert ist und auch die Gewinnhöhe pro Wette nicht begrenzt ist, was in diesem Zusammenhang von großer Bedeutung ist (vgl. zum Spielrecht § 13 Nrn. 3 und 4 SpielV). Wie die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung selbst ausgeführt hat, können auch Sportwetten mit niedrigem Einsatz, die aber auf unabsehbare Zeit in beliebiger Zahl abgeschlossen werden können, einen Anreiz und eine Ermunterung für die Entwicklung eines übermäßigen Spieltriebs darstellen.

b) Die von der Klägerin vorgelegten beiden Konzessionen der Stadt London und der Kärntner Landesregierung sind im vorliegenden Fall nicht als behördliche Erlaubnisse im Sinn von § 284 Abs. 1 StGB entscheidungserheblich. § 284 Abs. 1 StGB erfasst nur innerstaatliche behördliche Erlaubnisse. Aus Gemeinschaftsrecht ergibt sich nichts anderes, so dass eine gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung hier nicht veranlasst ist. Das Bookmaker's Permit war bis zum Sommer 2005 zwar noch gültig; die Bewilligung der Kärntner Landesregierung ist auch derzeit noch gültig. Bei der Bewilligung der Kärntner Landesregierung ist allerdings davon auszugehen, dass sie nach österreichischem Recht zwar die Entgegennahme von Wetten aus Bayern über das Internet erfasst, nicht aber die Eröffnung und den Betrieb von Wettbüros in Bayern, um von dort aus Sportwetten abschließen zu lassen. In dieser Hinsicht sind die österreichischen Buchmacherbewilligungen auf das jeweilige österreichische Bundesland beschränkt (Schriftsatz der Landesanwaltschaft Bayern vom 30.6.2006 unter Bezugnahme auf Rechtsauskünfte von einigen österreichischen Länderregierungen gegenüber dem Bayerischen Staatsministerium des Innern). Dieses Verständnis wird in den genannten Rechtsauskünften nachvollziehbar dargelegt, so dass es bereits deshalb keiner Begutachtung durch einen Sachverständigen bedarf. Abgesehen davon kommt derartigen Konzessionen schon deshalb keine Bedeutung zu, weil das Glücksspielrecht auf der Sekundärrechtsebene nicht harmonisiert wurde und weil den einzelnen Mitgliedsstaaten auf der Primärrechtsebene ein Ermessensspielraum zur Gestaltung ihrer Glücksspielpolitik eingeräumt ist (EuGH vom 6.11.2003, Rs C 243/01 - Gambelli, Nr. 63, GewArch 2004, 30/31). Daraus ergibt sich eine Absage an eine unmittelbare Geltung von Erlaubnissen eines Mitgliedstaats in anderen Mitgliedstaaten im Glücksspielbereich (Nds. OVG vom 17.3.2005, GewArch 2005, 282/284; VG München vom 7.6.2006 - Az. M 16 K 04.6138, m.w.N.). Die Achtung vor diesem Ermessensspielraum lässt es auch nicht zu, danach zu differenzieren, inwieweit die in einem bestimmten Mitgliedstaat erteilte Erlaubnis ein objektiv höheres Schutzniveau gewährleistet als in dem anderen Mitgliedstaat, in dem von ihr Gebrauch gemacht werden soll und in dem ein staatliches Monopol besteht. Die Bewertung der besseren oder schlechteren Qualität eines Schutzkonzepts ist grundsätzlich Sache der Mitgliedstaaten.

2. Art. 12 Abs. 1 GG steht dieser rechtlichen Beurteilung nicht entgegen. Es trifft zwar zu, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 28.3.2006 - Az. 1 BvR 1054/01) ein staatliches Monopol für Sportwetten mit Art. 12 Abs. 1 GG nur dann vereinbar ist, wenn es konsequent am Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren ausgerichtet ist, und dass dies durch das bayerische Staatslotteriegesetz vom 29. April 1999 (GVBl 1999, S. 226) in seiner gegenwärtigen rechtlichen Ausgestaltung und seiner tatsächlichen Anwendung nicht hinreichend gewährleistet wird. Dies bedeutet aber nicht, dass seit dem 1. Januar 2004 die Veranstaltung und die Vermittlung von Sportwetten erlaubnisfrei gestattet gewesen wäre. Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass das Staatslotteriegesetz bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts anwendbar war und bis zu einer Neuregelung, längstens bis zum 31. Dezember 2007, weiterhin nach Maßgabe der Gründe des genannten Urteils des Bundesverfassungsgerichts angewandt werden darf. Zum anderen hat das Bundesverfassungsgericht ohnehin nur hinsichtlich des bayerischen Staatslotteriegesetzes die Unvereinbarkeit mit Art. 12 Abs. 1 GG festgestellt, § 284 StGB in diesem Zusammenhang aber nicht erwähnt. Dies bedeutet, dass die behördlich nicht erlaubte Veranstaltung und die behördlich nicht erlaubte Vermittlung von Sportwetten durch private Gewerbetreibende sowohl vor dem Erlass des Urteils vom 28. März 2006 als auch danach nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts als verboten angesehen werden dürfen. Die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. März 2001 (BVerwGE 114, 92) und des Verwaltungsgerichtshofs vom 30. August 2000 (GewArch 2001, 65) sind vom Bundesverfassungsgericht nicht aufgehoben worden, sondern im Hinblick darauf gebilligt worden, dass das Staatslotteriegesetz für die Zeit bis zu einer Neuregelung weiter anzuwenden ist. Das Urteil vom 28. März 2006 lässt klar erkennen, dass es auch für die Übergangszeit von einer behördlichen Unterbindung der Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten durch private Gewerbetreibende ausgeht. Nur vor diesem Hintergrund machen die Maßgaben des Urteils vom 28. März 2006 für die staatliche Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten für die Übergangszeit Sinn. Ein ungehinderter Marktzugang für private Gewerbetreibende samt uneingeschränkter Möglichkeit der Werbung passt nicht zu einer strikten Beschränkung der staatlichen Anbieter zum Zwecke der Spielsuchtprävention. Die Folge wäre ansonsten nicht eine verbesserte Spielsuchtprävention, sondern eine weitere Verdrängung der staatlichen Sportwettangebote vom Markt durch private Gewerbetreibende, die keinerlei Einschränkung unterliegen. Der Verwaltungsgerichtshof ist an diese Beurteilung gebunden (§ 31 Abs. 1 BVerfGG).

3. Entgegen der Auffassung der Klägerin verhelfen Art. 49 ff. EGV ihrer Feststellungsklage nicht zum Erfolg. Denn der in Art. 55 EGV in Bezug genommene Art. 46 EGV lässt Beschränkungen zu, wenn diese durch Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gerechtfertigt sind. Die Eindämmung des Spieltriebs und der Schutz vor Kriminalität sind derartige Gründe. Sie können nationale Rechtsvorschriften rechtfertigen, die die Vermittlung von Sportwetten verbieten oder bestimmten staatlichen Einrichtungen vorbehalten. Nationale Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit müssen nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 6.11.2003, Rs C 243/01 - Gambelli, GewArch 2004, 30) tatsächlich dem Ziel dienen, die Gelegenheit zum Glücksspiel zu vermindern, und kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeit beitragen (Rdnrn. 67 und 75 des Gambelli-Urteils). Beschränkungen wären vor allem dann nicht durch die öffentliche Sozialordnung zu rechtfertigen, wenn die Behörden eines Mitgliedsstaats Verbraucher zur Teilnahme an Wetten anreizen und ermuntern würden (Rdnr. 69 des Gambelli-Urteils). Die Erzielung von Einnahmen für den Staat darf nur eine erfreuliche Nebenfolge, nicht aber der eigentliche Grund der betriebenen restriktiven Politik sein (Rdnr. 62 des Gambelli-Urteils). Außerdem muss ein Rechtfertigungsgrund für eine nationale Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit wie z. B. eine Gefährdung deutscher Staatsangehöriger durch Teilnahme am Glücksspiel in anderen EG-Mitgliedstaaten von einer Untersuchung zur Zweckmäßigkeit und zur Verhältnismäßigkeit dieser Beschränkung begleitet sein (EuGH vom 13.11.2003 - Rs C 42/02 - Lindman, Slg 2003 I - 13519, Rdnr. 25). Auch diese gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen vermögen der Feststellungsklage der Klägerin nicht zum Erfolg zu verhelfen.

a) Dies ergibt sich zum einen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006. Richtig ist zwar, dass das Bundesverfassungsgericht nicht ausdrücklich darüber entschieden hat, ob gegen das Verbot der behördlich nicht erlaubten Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten gemeinschaftsrechtliche Bedenken bestehen. Gemeinschaftsrecht war für das Bundesverfassungsgericht nicht Prüfungsmaßstab. Das Bundesverfassungsgericht hat aber seinen Prüfungsmaßstab, namentlich den des Art. 12 Abs. 1 GG, so ausgelegt, dass die Auslegung den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben nicht widerspricht. Das Bundesverfassungsgericht bezieht sich ausdrücklich auf das erwähnte Urteil des EuGH vom 6. November 2003 (Gambelli) und weist auf eine insofern bestehende Parallelität hin. Darüber, ob diese gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung des Art. 12 Abs. 1 GG den Maßstäben des Gemeinschaftsrechts in vollem Umfang genügt, mag damit zwar noch nicht das letzte Wort gesprochen sein, weil insofern letztlich die Rechtsauffassung des EuGH maßgeblich ist. Von daher mag deutschen Gerichten auch nicht die Möglichkeit genommen sein, ein Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 EGV herbeizuführen, weil hierfür eine Rechtsgrundlage im Gemeinschaftsrecht besteht. Eine Bindungswirkung nach § 31 Abs. 1 BVerfGG kann es insofern nicht geben (unklar insofern Schmid, GewArch 2006, 177/179). Ungeachtet dessen hat der Verwaltungsgerichtshof aber keinen Grund zu der Annahme, dass die gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung des Art. 12 Abs. 1 GG durch das Bundesverfassungsgericht den Maßstäben des Gemeinschaftsrechts nicht genügt. Er sieht auch keinen Grund für eine Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 234 EGV.

b) Nach der Rechtsprechung des EuGH (Nr. 66 des Gambelli-Urteils) ist es Sache der nationalen Gerichte, die Vereinbarkeit des nationalen Glücksspielrechts mit dem Gemeinschaftsrecht zu überprüfen. Wie ausgeführt, ist dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 eine solche Überprüfung zu entnehmen, die den Intentionen der Rechtsprechung des EuGH entspricht. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher auf der Grundlage des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 davon aus, dass im hier strittigen Zeitraum nach dem 1. Januar 2004 keine gemeinschaftsrechtlichen Bedenken gegen ein nationales Verbot der ohne behördliche Erlaubnis erfolgten Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten durch private Gewerbetreibende bestanden haben. Dies gilt namentlich für den von der Feststellung der Unvereinbarkeit mit Art. 12 Abs. 1 GG unberührt gebliebenen § 284 StGB sowie für alle sonstigen Vorschriften, aus denen sich ein derartiges Verbot möglicherweise ebenfalls ableiten lässt. c) Auch der Beschluss der 2. Kammer des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 27. April 2005 (Az. 1 BvR 223/05) rechtfertigt in dieser Hinsicht keine gemeinschaftsrechtlichen Bedenken. Darin heißt es zwar, dass erhebliche Zweifel an der gemeinschaftsrechtlichen Vereinbarkeit und damit der Anwendbarkeit des § 284 StGB nicht ohne Verstoß gegen das Willkürverbot ausgeschlossen werden könnten und dass die Konformität der deutschen Rechtslage mit Gemeinschaftsrecht kaum ohne Vorlage an den EuGH festgestellt werden könnte. Einer etwaigen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit kommt nach dieser Rechtsprechung etwa unter dem Gesichtspunkt des Art. 19 Abs. 4 GG oder des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verfassungsrechtliche Bedeutung zu. Diese Aussagen sind aber durch die weitere Entwicklung überholt. Die vom Bundesverfassungsgericht angestrebte grundsätzliche Klärung der Rechtslage ist mittlerweile erfolgt. Dies kommt auch in einem zwischenzeitlich ergangenen weiteren Beschluss der 2. Kammer des 1. Senats zum Ausdruck (Beschluss vom 31.3.2006 - Az.: 1 BvR 1840/05). Es steht nunmehr verbindlich fest (§ 31 Abs. 2 BVerfGG), dass zwar Landesrecht, das die Erlaubniserteilung an private Gewerbetreibende ausschließt, unter den vor dem 28. März 2006 bestehenden tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten mit gemeinschaftsrechtskonform ausgelegtem Verfassungsrecht unvereinbar war. Dies gilt aber gerade nicht für § 284 StGB als Verbotsnorm für die behördlich nicht erlaubte Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten oder für sonstige Vorschriften, aus denen sich ein solches Verbot möglicherweise ableiten lässt, wie bereits erwähnt. Insofern ist das Bundesverfassungsgericht uneingeschränkt von der Durchsetzbarkeit von Untersagungsverfügungen gegen private Sportwettenanbieter ausgegangen. In Gemeinschaftsrechtsverstößen gründende verfassungsrechtliche Zweifel klingen nicht mehr an.

d) Abgesehen davon geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass eine Rechtsnorm, die selbst keine Entscheidung darüber trifft, ob und inwieweit privaten Gewerbetreibenden als Veranstaltern von Sportwetten eine Erlaubnis erteilt werden kann, sondern lediglich die Veranstaltung von Sportwetten ohne Erlaubnis untersagt, keine gemeinschaftsrechtlich unzulässige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit darstellt. Da dies bei § 284 StGB zutrifft, wäre eine etwaige Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des davon zu unterscheidenden staatlichen Sportwettenmonopols für die Anwendbarkeit des § 284 StGB mit dem dort normierten Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ohne Bedeutung (BGH vom 14.3.2002, NJW 2002, 2175/2176; BGH vom 1.4.2004, GewArch 2004, 336/337; BayVGH vom 29.9.2004, GewArch 2005, 78/82, im Ergebnis bestätigt durch BVerwG vom 22.6.2006 - Az. 6 C 19.06, vgl. dazu Pressemitteilung des BVerwG Nr. 34/2006, die Entscheidungsgründe liegen noch nicht vor; VG München vom 7.6.2006, Az. M 16 K 04.6188). Dass ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt im vorliegenden Fall zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (Spielsuchtprävention) gerechtfertigt ist, ja geradezu das Minimum dessen darstellt, was hier an Beschränkungen vorstellbar ist, leuchtet ein. Nach der Rechtsprechung des EuGH steht es im Ermessen der Mitgliedstaaten, Glücksspiele auch vollständig zu verbieten (EuGH vom 21.10.1999 - Rs C 67.98 - Zenatti, GewArch 2000, 19/21, Rdnr. 33).

e) Die vom EuGH im Urteil vom 6. November 2003, Rs C 243/01 - Gambelli geäußerten Zweifel, die Strafbarkeit der Durchführung von Wetten über das Internet mit einem in einem anderen Mitgliedstaat der EG ansässigen Buchmacher könne eine unverhältnismäßige Sanktion darstellen, wenn diese Wetten von zugelassenen nationalen Einrichtungen organisiert würden (Rdnr. 72 des Gambelli-Urteils), führen nicht dazu, dass § 284 StGB als Verbotsnorm nicht mehr anwendbar ist. Allerdings könnte die Strafandrohung in bestimmten Fällen mit Auslandsberührung unter bestimmten Voraussetzungen wegen gemeinschaftsrechtlicher Schranken nicht zur Anwendung kommen. Dies gilt erst recht dann, wenn die Rechtmäßigkeit des staatlichen Monopols bei Sportwetten fraglich geworden ist, wie es in Deutschland vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 der Fall war. Selbst wenn der Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts danach der Verhängung von Kriminalstrafen in bestimmten Fällen entgegenstünde, würde er sich doch nicht auf § 284 StGB als Verbotsnorm beziehen. Das Bundesverfassungsgericht hat im Urteil vom 28. März 2006 insofern differenziert. Es hat einerseits ausgeführt, dass die Veranstaltung und die Vermittlung von Sportwetten durch private Gewerbetreibende weiterhin als verboten angesehen und ordnungsrechtlich unterbunden werden dürfen. Es hat zum andern ausgeführt, dass die Frage, ob in der Übergangszeit eine Strafbarkeit nach § 284 StGB gegeben sei, der Entscheidung der Strafgerichte unterliege, sich insofern also jeglicher Andeutung enthalten. Auch dem Verwaltungsgerichtshof erscheint es fraglich, ob ein Verstoß gegen eine verfassungsrechtlich zu beanstandende, aber übergangsweise hinzunehmende Freiheitsbeschränkung als kriminelles Unrecht geahndet werden darf; dem Verbotensein einer solchen Handlung tut dies allerdings keinen Abbruch (vgl. auch OVG NW vom 28.6.2006 - Az. 4 B 961/06).

III.

Auch der Hilfsantrag der Klägerin hat keinen Erfolg. Insofern ist maßgeblich, ob der Klägerin nach dem derzeit geltenden Übergangsrecht die begehrte Erlaubnis erteilt werden kann. Dies ist jedoch derzeit nicht der Fall. Weder das Staatslotteriegesetz noch der Lotteriestaatsvertrag lassen die Erteilung von Erlaubnissen zum Veranstalten und zum Vermitteln von Sportwetten an private Gewerbetreibende zu. Das Staatslotteriegesetz vom 29. April 1999 (GVBl 1999, S. 226) regelt dazu nichts (Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1), lässt aber erkennen, dass der Gesetzgeber es insofern bei dem grundsätzlichen gesetzlichen Verbot des § 284 StGB belassen wollte (BayVGH vom 30.8.2000, GewArch 2001, 65). § 5 Abs. 4 des am 1. Juli 2004 in Kraft getretenen Staatsvertrags (vgl. die Bekanntmachung in GVBl 2004, S. 236) legt fest, dass anderen als den in Abs. 2 Genannten (Länder, juristische Personen des öffentlichen Rechts, privatrechtliche Gesellschaften, an denen juristische Personen des öffentlichen Rechts unmittelbar oder mittelbar maßgeblich beteiligt sind) keine anderen Glücksspiele als bestimmte Lotterien und Ausspielungen gestattet werden dürfen. Verfassungsrechtlich ist dies nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 für eine Übergangszeit längstens bis zum 31. Dezember 2007 nicht zu beanstanden (BVerfG vom 31.3.2006 - Az.: 1 BvR 1840/05). Das Bundesverfassungsgericht hat diese Festlegung nicht an Geltungsbedingungen irgendwelcher Art geknüpft. Dafür gelten aber verbindliche Maßgaben für das Handeln der staatlichen Lotterieverwaltung. Gemeinschaftsrecht steht dem nicht entgegen.

Angesichts des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs vor allem die Frage zu beantworten, ob die Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts für ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht einerseits und der tatsächlichen Ausübung des Staatsmonopols andererseits als gesetzesvertretendes Übergangsrecht für die Übergangszeit längstens bis zum 31. Dezember 2007 auch aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht ausreichen. Hiervon geht das Bundesverfassungsgericht aus. Die von der Klägerin vorgetragenen gemeinschaftsrechtlichen Bedenken greifen nicht durch.

Besagte Maßgaben genügen als gesetzesvertretendes Übergangsrecht für die Übergangszeit längstens bis zum 31. Dezember 2007 den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben namentlich des Urteils des EuGH vom 6. November 2003 - Rs C 245/01 - Gambelli, aber auch des Urteils des EuGH vom 13. November 2003 - Rs C 92/02 - Lindman. Das Bundesverfassungsgericht hat hier quasi als Ersatzgesetzgeber von seiner auf § 35 BVerfGG beruhenden Notkompetenz zur Durchsetzung der Verfassungsbindung und mittelbar auch zur Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts Gebrauch gemacht (vgl. Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, Rdnr. 29 zu § 35).

Richtig ist zwar, dass dieses Übergangsrecht hinter dem zurückbleibt, was das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG auf die Dauer für erforderlich hält. Das Bundesverfassungsgericht hat den Widerspruch der bayerischen Gesetzeslage zu Art. 12 Abs. 1 GG nicht allein aus dem tatsächlichen Vollzug der gesetzlichen Bestimmungen, sondern aus Defiziten der gesetzlichen Regelung selbst hergeleitet. In den Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts sind aber keine Gesetzes- und Verordnungsänderungen angesprochen (vgl. OVG NW vom 28.6.2006 - Az. 4 B 961/06). Dies stellt indes keine Inkonsequenz dar, sondern ist Ausdruck der Erkenntnis, dass ein normatives Defizit zwar auf die Dauer inakzeptabel, für eine Übergangszeit aber kompensierbar ist. Das Bundesverfassungsgericht hat bewusst gerade im Bereich der Normsetzung keine Sofortmaßnahmen verlangt, sondern dem Normgeber die notwendige Zeit für eine durchdachte normative Neugestaltung lassen wollen. Ein Verstoß gegen Vorgaben des Gemeinschaftsrechts liegt hierin nicht. Das Bundesverfassungsgericht hat sich bei der Festlegung der sog. Maßgaben daher auf sofort oder kurzfristig durchführbare praktische Maßnahmen konzentriert, die auch geeignet sind, das vom EuGH im Urteil vom 6. November 2003 geforderte kohärente und systematische Konzept zur Begrenzung der Wetttätigkeit darzustellen (Rdnr. 67 des Gambelli-Urteils). Die Werbung darf nicht über sachliche Informationen über die Art und Weise der Wettmöglichkeit hinausgehen und nicht gezielt zum Wetten auffordern. Der staatliche Anbieter muss aktiv über die Gefahren des Wettens aufklären. Durch diese Maßgaben wird insbesondere ausgeschlossen, dass die staatliche Lotterieverwaltung Verbraucher zur Teilnahme an Sportwetten anreizt und ermuntert, was sich nach der Rechtsprechung des EuGH mit einem staatlichen Sportwettmonopol nicht vertragen würde (Rdnr. 69 des Gambelli-Urteils). Dies genügt den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts. Festzuhalten ist, dass nicht alles, was das Bundesverfassungsgericht an Anforderungen an eine Dauerlösung stellt, kraft Gemeinschaftsrechts sofort umgesetzt werden muss. Gemeinschaftsrechtlich existiert kein zwingender Maßgabenkatalog, sondern es sind allgemeine Gesichtspunkte gemäß der Rechtsprechung des EuGH umzusetzen, wobei den Mitgliedstaaten ein Ermessensspielraum zugebilligt wird (Rdnrn. 63 und 66 des Gambelli-Urteils). Dem hat das Bundesverfassungsgericht ebenfalls Rechnung getragen.

Aus dem Gemeinschaftsrecht lassen sich keine weiteren, im hier anzuwendenden Übergangsrecht nicht angelegten Anforderungen ableiten, ohne deren sofortige Umsetzung der Ausschluss privater Gewerbetreibender von der Erteilung von Sportwetterlaubnissen zu missbilligen wäre. Wie ausgeführt, existiert gemeinschaftsrechtlich kein zwingender Maßgabenkatalog, auch nicht in dem Sinn, dass die Glücksspielpolitik insgesamt einheitlich sein müsste und z.B. das Lotteriewesen gesetzlich und tatsächlich genauso ausgestaltet sein müsste wie der Bereich der Sportwetten, wenn auch die zu beachtenden gemeinschaftsrechtlichen Gesichtspunkte vergleichbar sind. Dies schließt nicht aus, dass im System des Übergangsrechts da und dort noch Verbesserungsbedarf bestehen könnte. So könnte die Werbung für die gesamte Produktpalette der staatlichen Lotterieverwaltung noch darauf überprüft werden, ob von ihr Ermunterungs- bzw. Anreizwirkungen zur Betätigung des Spieltriebs im Sportwettenbereich ausgehen könnten oder ob von der Ausgestaltung der staatlich betriebenen Lotterien Wirkungen ausgehen, die die Bemühungen im Bereich der Sportwetten konterkarieren. Dies ändert jedoch nichts daran, dass gemeinschaftsrechtlich ein zutreffender Ansatz vorliegt und das erforderliche Mindestmaß an Spielsuchtprävention fürs erste erreicht worden ist. Aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich auch, dass es wissenschaftliche Publikationen zum Problem der Prävention problematischen Spielverhaltens herangezogen und ausgewertet hat, so dass seine Aussagen auch die wissenschaftliche Fundierung haben, die gemeinschaftsrechtlich geboten sein mag (vgl. Urteil des EuGH vom 13.11.2003 - Rs C 92/02 - Lindman-; Rdnr. 25). Dass das vom Freistaat Bayern entwickelte Programm zur Umsetzung der Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts den Intentionen dieses Gerichts entspricht, kommt im Beschluss vom 31. März 2006 zum Ausdruck (Az.: 1 BvR 1840/05).

Soweit die Klägerin auf Vollzugsdefizite bei der Umsetzung des Übergangsrechts durch die staatliche Lotterieverwaltung hinweist, führt auch dies nicht zur Feststellung eines Verstoßes gegen Gemeinschaftsrecht. Diese Vollzugsdefizite könnten zwar durchaus entscheidungserheblich werden, die Rechtsprechung des EuGH stellt maßgeblich nicht nur auf die Rechtslage, sondern auch auf die tatsächliche Rechtswirklichkeit ab. Maßgeblich sind auch die konkreten Anwendungsmodalitäten (Rdnr. 75 des Gambelli-Urteils). Dies kann aber nicht bedeuten, dass alle im Vollzug auftretenden Defizite und Missstände automatisch dazu führen, dass das Übergangsrecht gegen Gemeinschaftsrecht verstößt. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Übergangsrecht - wie hier - erst seit drei Monaten existiert und praktische Anlaufschwierigkeiten, Widerstände und Überwachungsdefizite typischerweise vorkommen. Von daher hält der Verwaltungsgerichtshof das diesbezügliche Vorbringen der Klägerin im Schriftsatz vom 30. Juni 2006, übergeben in der mündlichen Verhandlung vom 6. Juli 2006, zwar für plausibel und glaubhaft, aber (derzeit) nicht für entscheidungserheblich. Hervorzuheben ist, dass Werbung für staatlich veranstaltete Sportwetten durch das Bundesverfassungsgericht nicht schlechthin verboten ist, so dass nicht jede Feststellung derartiger Werbung durch die Klägerin auf Missstände schließen lässt (S. 28 des Schriftsatzes). Hervorzuheben ist weiter, dass die notwendige Beschränkung der Werbung auf sachliche Angaben ebenfalls der Umsetzung im Einzelfall bedarf und dass die Abgrenzung zwischen erlaubter und unerlaubter Werbung mitunter schwierig ist. Es kann nicht erwartet werden, dass jede unzulässige Formulierung bereits nach drei Monaten erkannt und aus dem Verkehr gezogen werden konnte. Mit Überwachungsdefiziten z.B. beim Minderjährigenschutz (S. 46 des Schriftsatzes) ist ebenfalls derzeit noch im Einzelfall zu rechnen. Die staatliche Lotterieverwaltung hat diesbezüglich in ihrer Mitteilung vom 16. Juni 2006 eine Überwachung durch die Außenrevision der staatlichen Lotterieverwaltung zugesagt, die bei konsequenter Durchführung etwaige Missstände zunehmend unterbinden kann. Derzeit ist eine solche Erwartung berechtigt.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Nichtzulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung schriftlich einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht muss sich jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Das gilt auch für die Einlegung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision. Abweichend davon können sich juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.000 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG; wie Vorinstanz).



Ende der Entscheidung

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