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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 19.02.2009
Aktenzeichen: 22 BV 08.1164
Rechtsgebiete: BImSchG


Vorschriften:

BImSchG § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
BImSchG § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
BImSchG § 7 Abs. 1
BImSchG § 12 Abs. 1 Satz 1
BImSchG § 16 Abs. 1 Satz 1
BImSchG § 26 ff.
Eine immissionsschutzrechtliche Nebenbestimmung, die dem Anlagenbetreiber eine Eigenüberwachung durch turnusmäßige Überprüfung des laufenden Betriebs an Hand sämtlicher rechtlicher Anforderungen durch einen externen privaten Sachverständigen auferlegt, ist rechtswidrig.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Im Namen des Volkes

22 BV 08.1164

In der Verwaltungsstreitsache

wegen

Nebenbestimmung zu immissionsschutzrechtlicher Genehmigung;

hier: Berufung der Beteiligten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 4. März 2008,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schenk, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Koch, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Eder aufgrund mündlicher Verhandlung vom 12. Februar 2009 am 19. Februar 2009 folgendes Urteil:

Tenor:

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beteiligte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin betreibt im Stadtgebiet der Beklagten eine mit Bescheid vom 23. Juli 1970 genehmigte Asphaltmischanlage. Sie beantragte mit Schreiben vom 7. September 2006 die Genehmigung zur Änderung der bestehenden Anlage für den Einsatz von Braunkohlestaub als Brennstoff und die Errichtung eines Braunkohlenstaub-Silos.

Mit Bescheid vom 26. Juli 2007 erteilte die Beklagte antragsgemäß die Genehmigung zur Änderung der bestehenden Asphaltmischanlage. Dabei wurde der Klägerin ergänzend unter Ziff. III.1.4 der Nebenbestimmungen als "Betriebliche Eigenüberwachung gemäß § 5 BImSchG" auferlegt, die Asphaltmischanlage mit Nebeneinrichtungen durch einen externen privaten Gutachter überwachen zu lassen. Hierzu wurden nähere Regelungen zur Auswahl eines Gutachters, zu Art und Umfang der Eigenüberwachung, zu den Beurteilungsgrundlagen, dem Überwachungsbericht und der Prüfungshäufigkeit getroffen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, die Bayerische Staatsregierung habe am 28. Juni 2005 beschlossen, die Eigenüberwachung für nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigungspflichtige Anlagen durch Einbindung externer privater Sachverständiger zu stärken und dafür die behördliche Regelüberwachung vor Ort zurückzunehmen. Die angeordnete betriebliche Eigenüberwachung konkretisiere die Anforderungen an die grundsätzlichen Betreiberpflichten des § 5 Abs. 1 BImSchG. Danach sei der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage verpflichtet, diese entsprechend den zu beachtenden Anforderungen zu betreiben. Im Rahmen seiner Eigenüberwachung habe sich der Betreiber zu versichern, dass er die beim Betrieb der Anlage zu beachtenden Anforderungen jederzeit einhalte. Die angeordnete Eigenüberwachung sei auch unter Berücksichtigung der entstehenden Kosten ermessensgerecht, da der Betreiber auch bei behördlicher Überprüfung mit Hilfe eines externen Sachverständigen dessen Kosten tragen müsse. Die erteilte Änderungsgenehmigung könne nach § 12 BImSchG mit dieser Auflage versehen werden.

Auf die hiergegen erhobene Klage hob das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 4. März 2008 die Ziff. III.1.4 des Bescheids der Beklagten vom 26. Juli 2007 auf. Die Verpflichtung zu einer Eigenüberwachung durch externe Sachverständige entbehre einer rechtlichen Grundlage. Zwar sei der immissionsschutzrechtlichen Vorsorgepflicht auch eine Pflicht zur Eigenüberwachung immanent. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts habe sich ein Betreiber darüber Klarheit zu verschaffen, ob von seiner Anlage schädliche Umwelteinwirkungen verursacht würden, um diesen zu begegnen. Es obliege dem Betreiber, seine Anlage zu überwachen und zu kontrollieren. Jedoch könne dieser allgemeinen Pflicht des Anlagenbetreibers zur Eigenüberwachung nicht die Verpflichtung zur Überprüfung durch externe Privatgutachter entnommen werden. Durch die Auflage werde dem Anlagenbetreiber eine nach Art und Umfang über die allgemein bestehende Pflicht der Eigenüberwachung hinausgehende Verpflichtung auferlegt, indem es nicht seiner Verantwortung überlassen bleibe, durch geeignete Maßnahmen Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen zu treffen. Für die Auflage fehle es an einer ausreichenden, hinreichend bestimmten Rechtsgrundlage. Auch die Ermächtigung in § 7 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 BImSchG zur Regelung von Emissions- und Immissionsmessungen sowie sicherheitstechnischen Prüfungen durch Rechtsverordnung zeige, dass es zur Konkretisierung der abstrakt bestehenden Betreiberpflicht der Eigenüberwachung einer Umsetzung durch gesetzliche Regelungen bedürfe und eine Konkretisierung durch bloßen Verwaltungsakt nicht möglich sei. Hierfür spreche auch die Gesetzessystematik. Die Vorschriften der §§ 26 ff. BImSchG zur Eigenüberwachung wären obsolet, wenn sich eine Pflicht zur Eigenüberwachung bereits aus den allgemeinen Betreiberpflichten nach § 5 Abs. 1 BImSchG ergäbe. Selbst wenn man aber die §§ 26 ff. BImSchG nicht als abschließende Regelung zur Eigenüberwachung verstehen würde, ließen sich nur punktuell weitergehende Anforderungen rechtfertigen, nicht aber eine Regelung dahingehend, dem Anlagenbetreiber ein völlig eigenständiges und umfassendes Überwachungssystem in Form der Eigenüberwachung aufzuerlegen. Ferner sei problematisch, ob die angeordnete Eigenüberwachung durch den Betreiber mit den Regelungen zur behördlichen Überwachung nach § 52 BImSchG vereinbar sei. Die streitgegenständliche Auflage sei im Grundsatz auch mit einem nach allgemeinen sicherheitsrechtlichen Grundsätzen unzulässigen Gefahrerforschungseingriff vergleichbar. Auch der Vergleich mit anderen spezialgesetzlichen Regelungen zeige, dass der Gesetzgeber für die Auferlegung einer Eigenüberwachung abschließende Eingriffsbefugnisse vorgesehen habe.

Die Beteiligte hat form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Sie beantragt,

die Klage unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 4. März 2008 abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, § 12 BImSchG könne in Verbindung mit § 5 Abs. 1 BImSchG als Rechtsgrundlage für die vorgenommene Anordnung der betrieblichen Eigenüberwachung herangezogen werden. Der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage sei für deren ordnungsgemäßen und sicheren Betrieb verantwortlich. Er habe die Anlage stets im Einklang mit den Umweltvorschriften zu betreiben. Zu seinen Grundpflichten gehöre auch die Selbstkontrolle. Er müsse sich laufend und in geeigneter Weise darüber informieren, ob von seiner Anlage schädliche Umwelteinwirkungen verursacht würden. Hierzu benötige er die Unterstützung durch fachlich kompetente, unabhängige Gutachter. Eine externe Begutachtung sei auch wegen einer Gefahrgewöhnung des Anlagenbetreibers selbst erforderlich. Gerade was Sicherheitsaspekte wie Brand- oder Explosionsgefahren betreffe, sei von einem Kontrollierenden ein Fachwissen zu verlangen, über welches der Anlagenbetreiber selbst in den seltensten Fällen verfüge. Die Pflicht zur verlässlichen Selbstkontrolle dürfe von der zuständigen Behörde näher konkretisiert werden. Auch der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. April 2007 (BayVBl 2007, 665) lasse sich die Zulässigkeit einer Konkretisierung von Grundpflichten aus § 5 Abs. 1 BImSchG entnehmen. In der genannten Entscheidung habe das Bundesverwaltungsgericht der Vorsorgepflicht des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG die zulässige Festsetzung von sog. Kontrollwerten unterhalb der normierten Grenzwerte entnommen. Auch die in der angefochtenen Nebenbestimmung vorgenommene nähere Ausgestaltung der betrieblichen Eigenüberwachung sei nicht zu beanstanden. Das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Ermächtigung zum Erlass von Verordnungen, in denen auch eine betriebliche Eigenüberwachung geregelt werden könne, die Auferlegung von weiteren Überwachungen durch Einzelfallregelungen wie hier verbiete. Die vom Gesetzgeber getroffenen Regelungen zur Eigenüberwachung stellten keine abschließende Regelung dar, sondern ließen darüber hinaus Einzelanordnungen zu. Aus dem Fehlen einer "Eigenüberwachungs-Verordnung" im Immissionsschutzrecht lasse sich gerade nicht im Gegenschluss ableiten, dass in der generalklauselartigen Vorschrift des § 5 Abs. 1 BImSchG keine Pflicht zur Eigenüberwachung enthalten sei und dass es verboten sei, diese durch Einzelanordnung zu konkretisieren.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie führt aus, ein Anlagenbetreiber sei bei Errichtung und Betrieb einer Anlage unmittelbar an Grundpflichten aus § 5 Abs. 1 BImSchG gebunden und habe für ihre Erfüllung Sorge zu tragen. Die Pflicht zur Erfüllung der Grundpflichten stelle aber ihrerseits keine eigenständige Grundpflicht dar, sei vielmehr akzessorisch zu den materiell-rechtlichen Grundpflichten. Die hieraus erwachsende abstrakte Betreiberpflicht zur Eigenüberwachung könne nicht durch eine Anordnung konkretisiert werden. Die Notwendigkeit einer umweltschutzsichernden Betriebsorganisation sei immanenter Bestandteil der Eigenverantwortung des Anlagenbetreibers. Normative Vorgaben für die inhaltliche Ausgestaltung dieser Betriebsorganisation bestünden beispielsweise für die Bestellung von Immissionsschutzbeauftragten oder Störfallbeauftragten. Eine Eigenüberwachungspflicht sei durch die Regelungen der §§ 26 ff. BImSchG begründet. Die Vorschriften zur Eigenüberwachung der §§ 26 bis 29 a BImSchG stellten eine abschließende Regelung dar, die einen Rückgriff auf § 5 Abs. 1 BImSchG für weitergehende Eigenüberwachungsanordnungen sperrten. Aus der in der Berufungsbegründung angeführten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. April 2007 ergebe sich keineswegs, dass eine Konkretisierung der betrieblichen Überwachungspflichten auf § 5 Abs. 1 BImSchG gestützt werden könne. Die dort gebilligte Festlegung von Kontrollwerten weit unterhalb der gesetzlich normierten Emissionsgrenzwerte diene lediglich der Überprüfung der bescheidsgemäßen Funktion der Anlage, wie sie der Anlagenbetreiber zur Genehmigung gestellt habe. Die vorgesehene Reduzierung der Emissionen gegenüber den gesetzlich zulässigen Werten beruhten auf der Vorsorgeentscheidung des Anlagenbetreibers selbst.

Die Beklagte stellt keinen Antrag, vertritt aber die Auffassung, dass für die strittige Nebenbestimmung keine Rechtsgrundlage besteht.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die angegriffene Nebenbestimmung aufgehoben, da sie rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Auflage in Ziff. III.1.4 des Bescheids vom 26. Juli 2007, die genehmigte Anlage im Rahmen der betrieblichen Eigenüberwachung durch turnusmäßige Überprüfung des laufenden Betriebs anhand sämtlicher rechtlicher Anforderungen durch einen externen privaten Gutachter überwachen zu lassen, bedarf als die Klägerin belastende Nebenbestimmung einer gesetzlichen Ermächtigung. Als Befugnisnorm kann nicht § 12 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 BImSchG herangezogen werden.

Die angegriffene Nebenbestimmung sieht vor, dass die genehmigte Anlage in regelmäßigen Abständen durch einen externen privaten Gutachter vor Ort auf die Übereinstimmung mit den Anforderungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und den hierzu erlassenen Verordnungen, den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen, den genehmigten Antragsunterlagen, Anzeigen nach § 15 BImSchG und zugrunde liegenden Unterlagen sowie nach § 17 BImSchG nachträglich ergangenen Anordnungen zu überprüfen ist.

Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BImSchG kann eine Genehmigung mit Auflagen verbunden werden, soweit es erforderlich ist, um die Erfüllung der in § 6 BImSchG genannten Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ist die Genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und einer aufgrund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden. Die angegriffene Auflage ist nicht erforderlich, um die Erfüllung derartiger Pflichten sicherzustellen.

Eine Rechtsverordnung zur Regelung der allgemeinen betreibereigenen Überwachung gibt es nicht. Den allgemeinen Grundpflichten des § 5 Abs. 1 BImSchG (Schutz- und Vorsorgepflichten) lässt sich keine Verpflichtung zu einer Eigenüberwachung anhand sämtlicher rechtlicher Anforderungen durch externe private Sachverständige entnehmen, die der turnusgemäßen Überprüfung des laufenden Betriebs dient. Zum einen enthalten diese Grundpflichten diesbezüglich keine strukturierenden Vorgaben, auch keine solchen, die den unbestimmten Rechtsbegriffen in § 3 BImSchG vergleichbar wären, die einer Konkretisierung durch Verwaltungsakt noch zugänglich sind. Sie sind vielmehr zunächst auf eigenverantwortliche Erfüllung durch den Anlagenbetreiber angelegt. Dies kommt z.B. in § 52 a BImSchG deutlich zum Ausdruck, der Mitteilungspflichten zur umweltschutzsichernden Betriebsorganisation begründet, diesbezüglich aber selbst keine Ausgestaltungsvorschriften enthält. Zudem hält das Bundes-Immissionsschutzgesetz umfangreiche, detaillierte Regelungen zur betrieblichen Eigenüberwachung bereit, die grundsätzlich eine abschließende Kodifikation darstellen und allenfalls im Verordnungswege weiter ausgeformt werden können. Dadurch sind die zuständigen Landesbehörden gehindert, darüber hinaus derart weitgehende Anforderungen zur betrieblichen Eigenüberwachung im Wege von Einzelanordnungen festzusetzen, wie dies hier geschehen ist.

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist zwar anerkannt, dass die immissionsschutzrechtlichen Grundpflichten des § 5 Abs. 1 BImSchG jeden Anlagenbetreiber verpflichten, sich darüber Klarheit zu verschaffen, ob von seiner Anlage schädliche Umwelteinwirkungen verursacht werden, um diesen begegnen zu können (BVerwG vom 27.5.1983 NVwZ 1984, 724; vom 13.2.1997 NVwZ 1997, 998). In beiden genannten Entscheidungen wird diese Betreiberpflicht zur Eigenüberwachung den Grundpflichten des § 5 Abs. 1 BImSchG entnommen. Für Maßnahmen zur Konkretisierung dieser Pflicht zur Eigenüberwachung wird jedoch in beiden Entscheidungen auf spezielle gesetzliche Regelungen abgestellt, so auf § 26 BImSchG und auf § 31 Satz 2 BImSchG; hierauf waren auch die behördlichen Anordnungen jeweils unmittelbar gestützt. Diesen Entscheidungen lässt sich keine aus § 12 BImSchG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 BImSchG abgeleitete Befugnis zu konkreten Anordnungen entnehmen.

Im Bundes-Immissionsschutzgesetz hat diese Betreiberpflicht zur Eigenüberwachung verschiedentlich Ausdruck gefunden. Es enthält eine Vielzahl von Regelungen, die die betriebliche Eigenüberwachung und die Anleitung hierzu näher konkretisieren. So sieht § 15 Abs. 1 Satz 1 BImSchG eine Anzeigepflicht bei Änderungen einer genehmigungsbedürftigen Anlage vor; die §§ 26, 28 und 29 BImSchG regeln die Befugnis, den Betreiber Emissionen und Immissionen durch externe Stellen ermitteln zu lassen; nach § 27 BImSchG kann der Betreiber zu einer Emissionserklärung verpflichtet werden, wobei er Angaben über die Art, Menge, räumliche und zeitliche Verteilung von Luftverunreinigungen sowie deren Austrittsbedingungen zu machen hat; nach § 29 a BImSchG kann der Betreiber verpflichtet werden, einen von der zuständigen Behörde bekannt gegebenen Sachverständigen mit bestimmten sicherheitstechnischen Prüfungen zu beauftragen; nach § 52 a BImSchG bestehen Mitteilungspflichten zur Organisation des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage; nach § 53 und § 58 a BImSchG i.V. mit der Fünften Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über Immissionsschutz- und Störfallbeauftragte - 5. BImSchV) haben Betreiber genehmigungsbedürftiger Anlagen unter bestimmten Voraussetzungen die Pflicht, Immissionsschutz- und Störfallbeauftragte zu bestellen, die gegenüber dem Betreiber u.a. auch betriebsinterne Kontrollfunktion haben. Der Gesetzgeber regelt dabei auch, dass in bestimmten Fällen Ermittlungen durch den Immissionsschutzbeauftragten des Betriebs anstelle eines externen privaten Sachverständigen durchgeführt werden dürfen (§ 28 Satz 2 BImSchG). Er trifft abgestufte Regelungen dahingehend, dass für bestimmte Anlagen nicht generell Immissionsschutzbeauftragte zu bestellen sind (§ 53 Abs. 1 BImSchG, Anhang I zur 5. BImSchV); dies gilt auch für Asphaltmischanlagen nach Nr. 2.15 Spalte 2 des Anhangs zur 4. BImSchV, um die es im vorliegenden Fall geht.

Daneben finden sich in den aufgrund von § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnungen weitere Regelungen zur Eigenüberwachung durch bestimmte Messungen. § 7 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 BImSchG ermächtigen die Bundesregierung u.a., dass die Betreiber von Anlagen Messungen von Emissionen und Immissionen vorzunehmen haben oder vornehmen lassen müssen und bestimmte sicherheitstechnische Prüfungen sowie bestimmte Prüfungen von sicherheitstechnischen Unterlagen durch einen Sachverständigen nach § 29 a BImSchG vornehmen lassen müssen. Darauf gestützte Regelungen finden sich beispielsweise in §§ 14, 15 und 17 a der 1. BImSchV, §§ 11 und 12 der 2. BImSchV, § 3 der 11. BImSchV, §§ 13 ff. der 13. BImSchV, § 9 ff., insbesondere § 13 der 17. BImSchV, §§ 8 und 9 der 20. BImSchV, §§ 5 und 6 der 21. BImSchV, § 5 Satz 3 der 26. BImSchV, §§ 7 ff. der 27. BImSchV, §§ 8 ff. der 30. BImSchV, §§ 5 und 6 der 31. BImSchV.

Diese Zusammenstellung über Anforderungen an die betriebliche Eigenüberwachung zeigt ein sehr ausdifferenziertes Regelungssystem, das den Schluss auf eine abschließende gesetzliche Kodifikation für Eigenüberwachungsanordnungen nahelegt (vgl. auch Dolde/Vetter, Überwachung immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftiger Anlagen - Möglichkeiten der Länder bei Gesetzgebung und Vollzug im Hinblick auf die Umwelt-Audit-Verordnung, NVwZ 1995, 943/947; so wohl auch BVerwG vom 13.2.1997 a.a.O.: danach geben die gesetzlichen Ermächtigungen "der Behörde Mittel an die Hand, den Anlagenbetreiber zur Eigenüberwachung anzuhalten").

Diese Bewertung wird durch einen Blick auf den Willen des historischen Gesetzgebers gestützt. Mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des Bundes-Immissionsschutz-gesetzes vom 11. Mai 1990 (BGBl I S. 870) sollten zur Verbesserung des Systems der Prüfung und Überwachung von genehmigungsbedürftigen Anlagen die Voraussetzungen zum Erlass sicherheitstechnischer Regeln, zur verstärkten Durchführung sicherheitstechnischer Prüfungen durch Sachverständige, zur Bestellung eines Störfallbeauftragten u.a. geschaffen werden (BT-Drs. 11/4909, Vorblatt B.). Nach Ziff. I.1. der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung (S. 13 der Drucksache) sollte das Überwachungssystem in folgenden Bereichen konkretisiert und ergänzt werden: Ergänzung der Verordnungsermächtigung in § 7 um die betreibereigene Überwachung, insbesondere zum Erlass von Regelungen, unter welchen Voraussetzungen vom Betreiber verlangt werden kann, sicherheitstechnische Prüfungen durch Sachverständige durchführen zu lassen; Einfügung des § 29 a, mit dem vom Betreiber die Durchführung bestimmter sicherheitstechnischer Prüfungen durch einen Sachverständigen verlangt werden kann. Unter Ziff. II. der Begründung (S. 16 der Drucksache) ist im Einzelnen weiter ausgeführt, warum Anforderungen an die betreibereigene Überwachung durch Rechtsverordnung näher konkretisiert werden sollen. Schadensereignisse der letzten Jahre hätten gezeigt, dass das Überwachungssystem zur Verhinderung von Vorkommnissen lückenhaft sei und der Verbesserung bedürfe. Verbesserungen ließen sich durch eine verstärkte hoheitliche Überwachung nur in begrenztem Umfang erzielen. Entscheidende Verbesserungen könnten jedoch durch die Verstärkung der betreibereigenen Überwachung erzielt werden. Diese Anforderungen könnten nunmehr in Verordnungen festgelegt werden. Dabei könnte dem Anlagenbetreiber nunmehr aufgegeben werden, bestimmte sicherheitstechnische Prüfungen durch einen Sachverständigen vornehmen zu lassen. Nach dem (neuen) § 29 a (S. 19 der Drucksache) könnten bestimmte sicherheitstechnische Prüfungen durch Sachverständige nicht nur aufgrund einer Rechtsverordnung, sondern auch im Einzelfall verlangt werden. Hierdurch werde den zuständigen Behörden ein umfassendes Instrumentarium an die Hand gegeben, um die notwendigen sicherheitstechnischen Prüfungen auch dann anordnen zu können, wenn und soweit solche nicht bereits aufgrund einer Rechtsverordnung vorgenommen werden müssten. Daneben bleibe die Verantwortung der zuständigen Behörde zur Überwachung der Anlage (§ 52) durch die Beauftragung eines Sachverständigen unberührt. In der Erwiderung der Bundesregierung auf Vorschläge des Bundesrats zu §§ 26, 28 und 29 a (S. 43 der Drucksache) wird ausgeführt, die Ermittlung von Emissionen und Immissionen betreffe einen überschaubaren, klar abgegrenzten Aufgabenbereich. Anders verhalte es sich bei sicherheitstechnischen Prüfungen, hier solle eine komponentenübergreifende integrative Sicherheitsbetrachtung stattfinden. Für eine solche Sicherheitsbetrachtung sei ein eigenständiges Anlagensicherheitskonzept erforderlich. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung enthalte dieses Anlagensicherheitskonzept. Dazu wurde nochmals auf § 7 (Ergänzung um Vorschriften über die betreibereigene Überwachung), § 29 a (Befugnis, vom Betreiber bestimmte sicherheitstechnische Prüfungen durch einen Sachverständigen zu verlangen), § 51 a und § 31 a (Störfallkommission und technischer Ausschuss für Anlagensicherheit) sowie §§ 58 a ff. (Bestellung eines Störfallbeauftragten) hingewiesen. All dies zeigt den Willen der den Gesetzentwurf einbringenden Bundesregierung zu einer abschließenden Regelung der Betreiberpflichten im Rahmen einer Eigenüberwachung. Der Gesetzgeber hat dieses Anlagensicherheitskonzept so übernommen.

In der Kommentarliteratur wird zum Teil diskutiert, ob über §§ 26, 28 und 29 BImSchG hinaus weitergehende Messungsanordnungen im Genehmigungsbescheid festgelegt werden können, weil die §§ 26, 28 und 29 BImSchG nur für nachträgliche Anordnungen einschlägig seien (bejahend Jarass, BImSchG, 7. Aufl. 2007, RdNrn. 5 und 6 zu § 26, sofern dies zur Sicherstellung der Genehmigungsvoraussetzungen erforderlich sei; allerdings müssten weitergehende Anforderungen in einer Nebenbestimmung durch besondere Umstände des konkreten Falls bedingt sein; ähnlich GK-BImSchG-Lechelt, Stand Dezember 2007, RdNr. 23 vor §§ 26 bis 31: zulässig als sog. Nachweisermittlungen, wenn dem Anlagenbetreiber in der Genehmigung die Einhaltung bestimmter Emissions- oder Immissionswerte vorgeschrieben worden sei; Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht I, Stand August 2008, RdNr. 9 vor § 26 BImSchG; a.A. Sellner in Landmann/Rohmer, a.a.O., RdNr. 134 zu § 12 BImSchG, wonach die Behörde die Ungewissheit über die mögliche Erfüllung von Genehmigungsvoraussetzungen nicht zum Anlass nehmen dürfe, dass dem Antragsteller durch eine Auflage aufgegeben werde, durch ein Sachverständigengutachten die Einhaltung bestimmter Immissionswerte nachzuweisen; Feldhaus, BImSchR, Kommentar, Stand Oktober 2008, RdNr. 9 zu §§ 26 bis 31, wonach Messungsauflagen nach § 12 Abs. 1 BImSchG die differenzierte Regelung der §§ 26 ff. BImSchG nicht unterlaufen dürften, und deshalb nur antizipierend Anordnungen nach §§ 28 und 29 BImSchG mit der Genehmigung verbunden werden könnten). Diese Diskussion wird aber ersichtlich nur zu weitergehenden Messungsanordnungen, nicht aber einer sonstigen Ausweitung einer Eigenüberwachung geführt, und schon gar nicht zu einer turnusgemäßen Überprüfung des laufenden Betriebs an Hand sämtlicher rechtlicher Anforderungen durch einen externen privaten Sachverständigen, wie sie die angegriffene Nebenbestimmung vorsieht.

Auch eine an Sinn und Zweck des Gesetzes orientierte teleologische Auslegung gebietet keine allgemeine Eigenüberwachungspflicht durch externe private Sachverständige, wie sie die angegriffene Nebenbestimmung vorsieht. Ganz wesentliche Indikatoren für den ordnungsgemäßen Betrieb von genehmigungsbedürftigen Anlagen sind die hiervon ausgehenden Emissionen bzw. in der Umgebung festzustellende Immissionen. Solange die normativ oder durch die Anlagengenehmigung vorgegebenen Grenzwerte oder Kontrollwerte im Sinn des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. April 2007 (BayVBl 2007, 665) eingehalten werden, spricht viel dafür, dass die Anlage auch ordnungsgemäß überwacht und betrieben wird und der Schutzzweck des § 1 Abs. 1 BImSchG eingehalten wird. Diese Emissionen bzw. Immissionen können durch eine Vielzahl verschiedener Messungen, die das Gesetz und die hierzu erlassenen Verordnungen vorsehen, überprüft werden. Ein zwingender Grund, eine turnusgemäße Überprüfung des laufenden Betriebs an Hand sämtlicher rechtlicher Anforderungen durch einen externen privaten Sachverständigen vorzuschreiben, besteht nach den Zweckbestimmungen des § 1 BImSchG nicht. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung hierzu darauf hingewiesen, dass aus ihrer Sicht einerseits der Eigenverantwortung der Anlagenbetreiber mehr Raum gelassen werden könne und dass es auch von Vorteil sein könne, wenn die technischen Bediensteten der Immissionsschutzbehörden sich ihre Detailkenntnis der gefährlichen Anlagen in ihrem Zuständigkeitsbereich durch Kontrollen vor Ort erhalten würden. Im Übrigen können nach § 29 a BImSchG bestimmte sicherheitstechnische Überprüfungen durch Sachverständige für bestimmte Zeitpunkte, in regelmäßigen Abständen oder auch beim Vorliegen besonderer Anhaltspunkte angeordnet werden. Der Gesetzgeber legt hierbei allerdings Wert darauf, dass es sich um konkret bestimmte Überprüfungen handeln muss und dass ein Bezug zu den Voraussetzungen des Absatzes 2 der Vorschrift besteht. Daneben stehen die weiteren oben aufgeführten Melde- und Überwachungspflichten des Betreibers. Neben der betreibereigenen Überwachung sieht das Bundes-Immissionsschutzgesetz zudem in § 52 Abs. 1 Satz 1 BImSchG die Überwachung durch die zuständige Behörde vor, die sie durch eigene Bedienstete oder durch Beauftragte vornehmen kann. Eine aus der ratio legis heraus zwingend zu schließende Lücke im Bereich der gesetzlichen Eingriffsbefugnisse besteht daher nicht.

Dem Freistaat Bayern bleibt es grundsätzlich unbenommen, sich aus fiskalischem Interesse an einer Verminderung behördlicher Überwachung mit dem Ziel einer Einsparung von Personal gegen die Überwachungsform des § 52 BImSchG und für die Überwachungsform der Anleitung zu betreibereigener Überwachung zu entscheiden. Von welcher der beiden Überwachungsformen die Behörde Gebrauch macht, steht ihr grundsätzlich frei (BVerwG vom 13.2.1997 a.a.O.). Sie muss sich dabei aber an deren gesetzliche Grenzen halten.

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aufgrund der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. April 2007 (BayVBl 2007, 665). Das Bundesverwaltungsgericht hat in dieser Entscheidung die Festsetzung von sog. Kontrollwerten weit unterhalb der Grenzwerte der 17. BImSchV als zulässig angesehen.

Allerdings könne mit derartigen Kontrollwerten in einer Anlagengenehmigung nicht im Einzelfall ein verbindlicher Immissionsgrenzwert - hier der 17. BImSchV - verschärft werden, der normativ insoweit die Vorsorgepflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG abschließend konkretisiere. Die Festlegung herabgesetzter Kontrollwerte sei jedoch zulässig, da hiermit eine Kontrolle des ordnungsgemäßen Betriebs der Anlage, sowie sie vom Betreiber beantragt und von der Behörde genehmigt worden sei, erfolgen könne. Die Überschreitung der Kontrollwerte könne ein Indiz dafür sein, dass die Anlage nicht mehr genehmigungskonform betrieben werde, und Maßnahmen nach § 16 Abs. 1 Satz 3 der 17. BImSchV auslösen. In diesem Fall ließ sich der Kontrollwert aus den zur Genehmigung gestellten und zum Genehmigungsinhalt gewordenen Antragsunterlagen ableiten. Keinesfalls ergibt sich aus dieser Entscheidung aber die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts, dass eine weitergehende Eigenüberwachung über die speziellen Befugnisnormen insbesondere für Messungen durch den Betreiber hinaus legitimiert werden sollte.

Sonstige Rechtsgrundlagen für die angefochtene Nebenbestimmung sind nicht ersichtlich. Damit ist die Berufung zurückzuweisen.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Nichtzulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG).



Ende der Entscheidung

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