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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 23.02.2005
Aktenzeichen: 22 ZB 05.134
Rechtsgebiete: BayWG, WHG, KommZG


Vorschriften:

BayWG Art. 41 b Abs. 1
BayWG Art. 41 e Abs. 2
BayWG Art. 68 Abs. 3
WHG § 18 a Abs. 1
WHG § 18 a Abs. 2 Satz 1
WHG § 18 a Abs. 2 Satz 3
KommZG Art. 1 Abs. 2
KommZG Art. 7 Abs. 2
KommZG Art. 7 Abs. 3
KommZG Art. 8 Abs. 2
KommZG Art. 10 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

22 ZB 05.134

In der Verwaltungsstreitsache

wegen wasserrechtlicher Anordnung;

hier: Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 23. November 2004,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Konrad, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schenk, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Zöllner

ohne mündliche Verhandlung am 23. Februar 2005 folgenden

Beschluss:

Tenor:

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 250.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger leitete ursprünglich seine kommunalen Abwässer gemäß wasserrechtlicher Bewilligung vom 13. Mai 1968 und Ergänzungsbescheid vom 16. Dezember 1969 in den Steingraben und in den Main ein.

Der Kläger und der Beigeladene schlossen am 30. April 1984 eine Vereinbarung über die Einleitung der kommunalen Abwässer des Klägers in die Anlagen des Beigeladenen. Seinerzeit errichtete der Beigeladene zur abwassermäßigen Entsorgung seiner Verbandsmitglieder u.a. Verbindungskanäle (Zubringer), Sonderbauwerke und eine mechanisch-biologische Kläranlage, letztere auf dem Gemeindegebiet des Klägers südlich der Staatsstraße 2418. Es wurde vereinbart, dass der Kläger nicht Mitglied des Beigeladenen wird, gleichwohl aber "seine sämtlichen Abwässer in die Anlagen des Beigeladenen" einleitet, "sobald dies technisch möglich ist" (Nr. 1 Abs. 3, Nr. 2). Der Kläger leistete einen Beitrag zu den Investitionskosten und verpflichtete sich zur Beteiligung an den Jahreskosten für die Dauer von 20 Jahren zu einem festen Satz von 73.400 DM (zuzüglich Anpassungen). Für die Folgezeit war vorgesehen, dass sich der Anteil des Klägers nach der Höhe des Beitrags bemessen soll, den er als satzungsgemäßes Vollmitglied als Umlage zu entrichten hätte (Nrn. 3 a und b). Für künftige Änderungen und Erweiterungen an den Anlagen des Beigeladenen ab der Einleitungsstelle Winterhausen sollte sich der Anteil des Klägers nach den Bestimmungen für satzungsgemäße Mitglieder richten (Nr. 3 c). Nummer 5 der Vereinbarung lautete folgendermaßen: "Die Planungen (des Klägers) für seine Abwasserbeseitigungsanlagen sind entsprechend den Auflagen des Wasserwirtschaftsamtes unverzüglich zu überarbeiten und mit (dem Beigeladenen) abzustimmen". Nummer 11 der Vereinbarung hatte folgenden Inhalt: "Über die Einzelheiten der Einleitung der Abwässer (des Klägers), insbesondere Fragen technischer Art, ist im Vollzug dieser Vereinbarung noch ein gesonderter Vertrag zu schließen".

Daraufhin leitete der Kläger seine sämtlichen Abwässer in die Anlagen des Beigeladenen ein. Die in Nummer 11 der Vereinbarung angesprochene weitere Vereinbarung existiert aber lediglich als Entwurf, der vom Kläger nicht unterschrieben wurde. Im Amtsblatt des Klägers vom 5. November 1987 ist dazu folgende Information enthalten: "Gegen den technischen Einleitungsvertrag bestehen aus fachtechnischer Sicht keine Einwendungen, wenngleich sich die Gemeinde verpflichten muss, im Bedarfsfall die Regenwasserbehandlung zu übernehmen". In einem Schreiben an das Landratsamt vom 11. Januar 1988 teilte der Kläger mit, dass dem technischen Einleitungsvertrag in der vorgelegten Fassung zugestimmt werde, in der Hoffnung, dass die Ergänzungsvereinbarung und der technische Einleitungsvertrag nunmehr zum Abschluss gebracht werden könnten. Nummer 2 des Entwurfs der technischen Einleitungsvereinbarung lautete folgendermaßen: "(Der Beigeladene) übernimmt nach dieser Vereinbarung die gesamten Abwässer aus dem Bereich (des Klägers) zur Ableitung und Reinigung unter den folgenden Bedingungen: Die Schmutzfracht des Trockenwetterabflusses darf höchstens 1.950 Einwohnergleichwerten entsprechen. Die Abwässer werden an der Übergabestelle vom (Beigeladenen) übernommen, über den Verbandshauptsammler abgeleitet, in der Kläranlage Winterhausen zusammen mit dem sonstigen Abwasser aus dem Verbandsgebiet, ggf. weiteren Entwässerungsgebieten, gereinigt und sodann in den Main eingeleitet. Bei Auslastung des Kanalsystems durch den Verband verpflichtet sich (der Kläger), die Regenwasserbehandlung zu übernehmen, so dass in diesem Falle nur zwei QTW dem Verbandssammler zugeführt werden". Des weiteren war vorgesehen, dass die Herstellung und Unterhaltung der Übergabestellen dem Kläger obliegen (Nr. 3) und dass die Übergabestelle samt Einrichtung und Ausstattung, ggf. die entsprechenden Anlagen samt Zubehör vor der Übergabestelle, sowie das Ortsnetz des Klägers mit allen Bestandteilen und allen Nebenanlagen Eigentum des Klägers bleiben bzw. werden. Die Hoheitsrechte des Klägers (Satzungsrecht) sowie die Rechte an den in Nummer 4 genannten Anlagenteilen sollten durch diese Vereinbarung nicht betroffen werden, von einigen näher bezeichneten Ausnahmen abgesehen.

Das Landratsamt Würzburg erließ in der Folgezeit diesbezüglich folgende wasserrechtlichen Bescheide: Mit Bescheid vom 13. Mai 1994 erteilte es dem Beigeladenen die wasserrechtliche gehobene Erlaubnis für das Einleiten des in der Kläranlage des Beigeladenen behandelten Abwassers in den Main. Die Kläranlage des Beigeladenen sollte danach auf eine BSB-5-Fracht (roh) von 2.760 kg pro Tag = 46.000 Einwohnergleichwerte ausgelegt sein. Diesbezüglich wurde eine Reduzierung des Mischwasserabflusses in den Main von 3.360 m³/h auf 1.095 m³/h ab dem 1. Juni 1998 gefordert. Die Erlaubnis ist befristet bis zum 30. Juni 2014. Mit Bescheid vom 8. Juli 1996 erteilte das Landratsamt dem Kläger die wasserrechtliche gehobene Erlaubnis für das Einleiten gesammelter Mischwasser aus den Regenentlastungsbauwerken in den Steingraben und in den Main (höchstens 2.490 l/s zuzüglich 685 l/s). Die Erlaubnis ist befristet bis zum 31. Dezember 2005. Die Regenentlastungsbauwerke des Klägers bestanden aus einer Mischwasserkanalisation mit einem Messschacht, zwei Regenüberlaufbauwerken und zwei Einleitungsbauwerken. Der Kläger hatte diesbezüglich mit Schreiben vom 20. Mai 1985 selbst die Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis beantragt. Der Kläger wurde in der Nebenbestimmung Nr. 3.4.2 verpflichtet, das bei Trockenwetter in der Mischkanalisation abfließende Wasser unvermindert der Kläranlage zuzuführen und dort zu behandeln. Bei Regenwetter sollte ein Zulauf bis zu 493 l/s behandelt werden. Die Restmenge sollte in Main und Steingraben eingeleitet werden dürfen.

In der Folge wurde im Juni 1994 bzw. im August 1997 im Auftrag des Beigeladenen, des Zweckverbands Marktbreit und des Klägers als der Vorhabensträger eine Mischwassersanierungsplanung erstellt; diese wurde u.a. auch vom ersten Bürgermeister des Klägers unterzeichnet. Der Gemeinderat des Klägers hatte am 31. Juli 1992 einer Kostenbeteiligung des Klägers zugestimmt.

Das Landratsamt änderte mit Bescheid vom 22. November 2000 die dem Beigeladenen erteilte wasserrechtliche gehobene Erlaubnis. Es wurde eine Reduzierung des Mischwasserabflusses in den Main von 3.350 m³/h auf 1.200 m³/h ab dem 1. Januar 2002 gefordert. Zur Mischwasserbehandlung und zur Begrenzung des Mischwasserzuflusses zur Kläranlage wurden bauliche Ergänzungen des Kanalnetzes bis zum 31. Dezember 2001 gefordert. Mit Bescheid vom 22. Juli 2003 wurden die Fristen neu festgesetzt. Der Mischwasserabfluss sollte weiterhin bis zu 3.350 m³/h betragen dürfen. Erst nach dem Abschluss der vorgesehenen Maßnahmen des Klägers (voraussichtlich bis zum 1.1.2005), jedoch spätestens nach deren Inbetriebnahme, sollte der Mischwasserabfluss nurmehr bis zu 1.200 m³/h betragen dürfen.

Mit Bescheid vom 22. Juli 2003 ordnete das Landratsamt gegenüber dem Kläger folgendes an: (Der Kläger) hat durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass gemäß der Mischwassersanierungsplanung für das Gesamteinzugsgebiet der Verbandskläranlage in Winterhausen, in die der Kläger sein Abwasser einleitet, der festgelegte Mischwasserabfluss von 1.200 m³/h von der Kläranlage gesichert eingehalten wird. Dazu wurde folgender Hinweis gegeben: "Die Planungsgrundlage für den Bescheid vom 8. Juli 1996 für die Einleitung aus den zwei Regenentlastungsbauwerken (des Klägers) hat sich dahingehend geändert, dass eine Mischwasserbehandlung ... des bis zur Kläranlage abgeleiteten Mischwassers (des Klägers im Sammler des Beigeladenen) im ursprünglich vorgesehenen Umfang aus heutiger Sicht und entsprechend der oben genannten Mischwassersanierungsplanung nicht mehr möglich ist. (Der Kläger) hat durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass eine ausreichende und regelgerechte Mischwasserbehandlung seiner Abwässer gegeben ist. Dies kann durch die Errichtung eigener Speicherräume (Regenüberlaufbecken/Stauraumkanäle) oder durch einen gesteuerten Zufluss in den Sammler und Nutzung eines reduzierten Speicherraums erzielt werden". Mit Bescheid vom 11. August 2003 wurde festgelegt, dass die geplanten Maßnahmen bis zum 31. Dezember 2005 durchzuführen sind.

Das Wasserwirtschaftsamt Würzburg nahm dazu im Widerspruchsverfahren unter dem 28. Oktober 2003 fachlich Stellung: Bei der derzeitigen Betriebsweise im Bereich des Klägers, der Vorentlastung über zwei Regenüberläufe und der Zuleitung von ca. 500 l/s, würden speziell bei längeren Regenereignissen die Speicherräume wesentlich reduziert, so dass grundsätzlich die Gefahr bestehe, dass vorbelastetes (stark verschmutztes) Mischwasser über die Notentlastungen des Kläranlagenzulaufsammlers in den Main abgeschlagen würde. Aus Gründen des Gewässerschutzes sei diese Betriebsweise nicht länger hinnehmbar. Zum Funktionieren des Mischwassergesamtkonzepts und für eine regelrechte Abwassersammlung, -ableitung und -reinigung sei zwingend und kurzfristig die Durchführung einer der genannten Alternativen durch den Kläger erforderlich. Nur so lasse sich ein Betrieb der Abwasseranlagen im Gesamteinzugsgebiet der Verbandskläranlage entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik sicherstellen, wobei dies aufgrund der Abwasseranlagen und des Einzugsgebiets für den Main von großer wasserwirtschaftlicher Bedeutung sei. Aufgrund der nicht mehr vorhandenen Reserven im Zulaufkanal zur Kläranlage sei derzeit eine ausreichende Mischwasserbehandlung für das Abwasser des Klägers nicht sichergestellt.

Widerspruch und Klage des Klägers blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid der Regierung von Unterfranken vom 12.1.2004, Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 23.11.2004).

Der Kläger hat die Zulassung der Berufung beantragt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Würdigung des insoweit maßgeblichen Vorbringens des Klägers (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO) keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung. Besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten bestehen ebenfalls nicht, was die hier allein strittige Frage des zutreffenden Bescheidsadressaten angeht. Bei aller Komplexität des Sachverhalts lässt sich diese Frage doch klar beantworten. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 VwGO).

1. Nicht nachvollziehbar ist zum einen, dass es nur dem Beigeladenen, nicht aber dem Kläger tatsächlich möglich sein soll, den Mischwasserabfluss aus der Kläranlage des Beigeladenen in den Main auf 1.200 m³/h zu beschränken. Dieses Ziel ist vielmehr - nach Abschluss der anderweitigen Sanierungsarbeiten - dadurch erreichbar, dass der Kläger eine von den Maßnahmen an den in seinem Eigentum stehenden Anlagen vor der Einleitungsstelle durchführt, wie sie vom Wasserwirtschaftsamt in seinem Schreiben vom 28. Oktober 2003 im Widerspruchsverfahren präzisiert worden sind, welches dem Widerspruchsbescheid der Regierung von Unterfranken vom 12. Januar 2004 zugrunde liegt. Dass der Kläger hierzu tatsächlich und rechtlich in der Lage ist, ist nicht zweifelhaft. Über das, was der Kläger zu tun hat, bestehen nach den konkreten Umständen des Falls keinerlei Zweifel. Dass es für den Kläger weniger belastende fachliche Alternativen dazu geben könnte, hat der Kläger nicht dargelegt und ist auch sonst nicht ersichtlich.

2. Es bestehen auch keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass das Landratsamt nach Art. 68 Abs. 3 Satz 1 BayWG befugt war, die Durchführung einer der genannten Maßnahmen vom Kläger zu verlangen, um damit die Erfüllung wasserrechtlicher Verpflichtungen durchzusetzen (Art. 68 Abs. 1 BayWG). Nach § 18 b Abs. 1 WHG sind Abwasseranlagen so zu errichten und zu betreiben, dass die Anforderungen an das Einleiten von Abwasser insbesondere nach § 7 a WHG sowie die allgemein anerkannten Regeln der Technik eingehalten werden. Entsprechen vorhandene Anlagen nicht den Vorschriften des § 18 b Abs. 1 WHG, so stellen die Länder sicher, dass die erforderlichen Maßnahmen in angemessenen Fristen durchgeführt werden (§ 18 b Abs. 2 WHG i.V.m. § 7 a Abs. 3 WHG). Entsprechen vorhandene Abwasseranlagen nicht den Anforderungen des § 18 b Abs. 1 WHG, so hat der Unternehmer die erforderlichen Anpassungsmaßnahmen innerhalb einer angemessenen Frist durchzuführen (Art. 41 e Abs. 2 BayWG).

Das Landratsamt durfte die Anordnung an den Kläger richten. Art. 41 b Abs. 1 Satz 1 BayWG bestimmt, dass zur Abwasserbeseitigung grundsätzlich die Gemeinden verpflichtet sind. Es handelt sich um eine im eigenen Wirkungskreis wahrgenommene Pflichtaufgabe (Art. 41 b Abs. 1 Satz 2 BayWG). Durch die Bestimmung der Gemeinden als zur Abwasserbeseitigung Verpflichtete werden diese den wasserrechtlichen Vorschriften mit der Folge unterworfen, dass bei Nichterfüllung dieser Pflichten Anordnungen nach Art. 68 Abs. 2 BayWG gegen sie ergehen können (Sieder-Zeitler, BayWG, RdNr. 7 zu Art. 41 b).

Die Pflicht des Klägers, diese Aufgabe zu erfüllen, ist nicht auf den Beigeladenen übergegangen. Ein solcher Übergang wäre zum einen möglich gewesen, wenn der Kläger Mitglied des Beigeladenen als eines Zweckverbands geworden wäre (Art. 22 Abs. 1 KommZG), was nicht geschehen ist (Nr. 1 Abs. 3 der Vereinbarung vom 30.4.1984). Ein solcher Übergang hätte zum anderen aufgrund einer Zweckvereinbarung stattfinden können (Art. 7 Abs. 2 KommZG). Hiervon scheint der Kläger auszugehen. Rechtlich wäre dies grundsätzlich möglich gewesen. Eine Gemeinde und ein Zweckverband können grundsätzlich Beteiligte einer Zweckvereinbarung sein (Art. 1 Abs. 2 Satz 1, Art. 7 Abs. 5 KommZG; zu den Grenzen vgl. Knemeyer, BayVBl 2003, 257/259 und Schulz, BayVBl 2003, 520/522). Regelungsgegenstand einer Zweckvereinbarung kann auch die Übertragung von Aufgaben auf einen der Vertragspartner sein; dabei kann auch die Mitbenutzung von dessen Einrichtungen vereinbart werden (Art. 7 Abs. 2 KommZG). Die Aufgabenübertragung im Fall des Art 7 Abs. 2 KommZG hat bei Pflichtaufgaben wie hier im Fall des Art. 41 b Abs. 1 BayWG die Folge, dass die gesetzliche Verpflichtung zur Aufgabenerfüllung kraft Gesetzes auf die übernehmende Körperschaft übergeht. In dem Umfang, in dem Pflichtaufgaben übergehen, wird die übertragende Körperschaft von ihrer gesetzlichen Pflicht befreit (Art. 8 Abs. 2 KommZG). Die Rechts- und Fachaufsicht kann sich folglich, um die Erfüllung der Pflicht durchzusetzen, grundsätzlich nurmehr an die übernehmende Körperschaft wenden (Schulz, KommZG, Anm. 3 zu Art. 8). Eine solche rechtliche Konstruktion ist als Problemlösung aber keineswegs zwingend. Ebenso möglich sind sog. Gemeinschaftsvereinbarungen (Art. 7 Abs. 3 KommZG) oder "einfache" Mitbenutzungsvereinbarungen (Schulz, KommZG, Anm. 2 zu Art. 10; Knemeyer, BayVBl 2003, 257/259). Die Aufgaben werden gemeinschaftlich erfüllt, jeder Beteiligte bleibt aber Aufgabenträger (Schulz, KommZG, Anm. 4 zu Art. 7). Die verpflichtete Gemeinde würde sich dann nach § 18 b Abs. 2 Satz 3 WHG zur Erfüllung ihrer Pflichten eines Dritten bedienen. Letzteres trifft auf die Vereinbarung vom 30. April 1984 zu.

Eine Übertragungsvereinbarung kommt hier nicht in Betracht. Eine solche müsste eindeutig zum Ausdruck bringen, dass eine Übertragung der Aufgabe der Abwasserbeseitigung gewollt ist. Dies ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 KommZG und aus allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen. Weil die bestehende gesetzliche Zuständigkeitsordnung geändert wird, ist es aus rechtsstaatlichen Gründen notwendig, die übertragenen Aufgaben und Befugnisse letztlich mit den für die Normsetzung geltenden Anforderungen an Klarheit, Verständlichkeit und Widerspruchsfreiheit zu bezeichnen (Schulz, KommZG, Anm. 2 zu Art. 10). Dies ist hier nicht geschehen. Die Vereinbarung vom 30.4.1984 erfüllt diese Voraussetzungen nicht, unabhängig davon, wie die vom Beigeladenen übernommenen Verpflichtungen im Einzelnen ausgelegt werden. Indiz hierfür ist zum einen, dass der Begriff der Zweckvereinbarung zur Übertragung von Aufgaben nirgends auftaucht, obwohl die Vereinbarung 1984 zwischen Körperschaften des öffentlichen Rechts abgeschlossen wurde und auf der Grundlage eines Entwurfs des Landratsamts zustande kam. Das Recht zur Einleitung "sämtlicher Abwässer" in Nummer 2 der Vereinbarung wird zudem nicht vorbehaltlos begründet, sondern nur "sobald dies technisch möglich ist". Überhaupt stellt die Vereinbarung vom 30. April 1984 lediglich einen Rahmen dar. Die Vertragspartner gingen davon aus, dass über Einzelheiten der Einleitung der Abwässer des Klägers noch ein gesonderter Vertrag geschlossen werden müsse (Nr. 11 der Vereinbarung), dass also zwischen Kläger und Beigeladenem weiter verhandelt werden müsse. Daran hat sich im Grunde bis heute nichts geändert; die Verhandlungen sind nie zu einem erfolgreichen Abschluss gelangt, wenn auch ein solcher mitunter greifbar nahe erschien.

Selbst wenn man von einer Übertragungsvereinbarung ausginge, würden sich die von dem Beigeladenen übernommenen Aufgaben nicht auf die Mischwasserbehandlung für die Abwässer des Klägers vor der Einleitungsstelle beziehen. Insoweit würde es erst recht an der nötigen Klarheit fehlen. Nummer 3 der Vereinbarung betrifft lediglich die Anlagen des Beigeladenen ab der Einleitungsstelle Winterhausen (Nr. 3 c); nur insofern wird die Beteiligung des Klägers an Investitions- und Jahreskosten des Beigeladenen geregelt. Die Anlagen vor der Einleitungsstelle sind von der Vereinbarung nicht unmittelbar betroffen. Solche Anlagen gibt es aber. Der Begriff der Abwasseranlage beschränkt sich nicht auf Anlagen zur Behandlung der Abwässer, sondern umfasst jede Anlage, die der Abwasserbeseitigung im Sinn von § 18 a Abs. 1 Satz 3 WHG dient, z.B. Sammelkanäle (Sieder-Zeitler-Dahme, WHG, § 18, RdNr. 6). Nummer 5 regelt hinsichtlich dieser Anlagen lediglich eine Überarbeitungs- und Abstimmungspflicht des Klägers entsprechend den Auflagen des Wasserwirtschaftsamts. Dies wird auch vom Kläger nicht in Abrede gestellt. Demgemäß ist eine aus wasserwirtschaftlicher Sicht etwa erforderliche Mischwasserbehandlung der Abwässer des Klägers vor der Überleitung in die Anlagen des Beigeladenen nicht mit der nötigen Klarheit zur Aufgabe des Beigeladenen geworden. Die Vereinbarung vom 30. April 1984 ist insofern allerdings lückenhaft und auf Ergänzung angelegt. Dies zeigt Nummer 11 dieser Vereinbarung. Dieser gesonderte Vertrag kam zwar nie zustande, doch zeigte sich in der Folge, dass beide Vertragspartner übereinstimmend davon ausgingen, dass der Kläger bei seinen kommunalen Abwässern weiterhin zuständiger Aufgabenträger für das Einleiten von Mischwasser aus Regenentlastungsbauwerken in den Steingraben und in den Main sein sollte. Demgemäß beantragte und erhielt er hierfür eine wasserrechtliche gehobene Erlaubnis (Bescheid vom 8.7.1996). Demgemäß beteiligte sich der Kläger auch an der vom Wasserwirtschaftsamt geforderten Mischwassersanierungsplanung. Er trat insofern neben dem Beigeladenen und dem Zweckverband Marktbreit als Vorhabensträger auf und beteiligte sich auch an den Planungskosten.

Eine einseitige Inpflichtnahme des Klägers liegt insofern nicht vor. Führt er die ihm auferlegte Maßnahme durch, trifft den Beigeladenen aus dem ihm erteilten Bescheid vom 22. November 2000/22. Juli 2003 die Verpflichtung, den Mischwasserabfluss in den Main auf 1200 m³/h zu verringern.

Kosten: § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Streitwert: § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 3 GKG.



Ende der Entscheidung

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