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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 24.07.2008
Aktenzeichen: 22 ZB 07.1938
Rechtsgebiete: AEG, GG, BImSchG, 16. BImSchV, StVO


Vorschriften:

AEG § 5
AEG § 5 a Abs. 1
AEG § 5 a Abs. 2
GG Art. 2 Abs. 2 Satz 1
BImSchG § 41 Abs. 1
16. BImSchV § 1
16. BImSchV § 2
16. BImSchV § 3
StVO § 45 Abs. 2 S. 3
1. Zu den Voraussetzungen für einen Anspruch eines Dritten auf aufsichtliches Einschreiten gegen Eisenbahnunternehmen des Bundes.

2. Allein aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG lässt sich im Regelfall kein Abwehrrecht gegen vereinzelt auftretende Pfeiftöne von Lokomotiven ableiten, die zur Nachtzeit einen Innenraumspitzenpegel in Schlafräumen von 45 dB(A) bei geschlossenen Fenstern verursachen.

3. Ein Anspruch auf aufsichtliches Einschreiten im Hinblick auf Sicherungseinrichtungen von Bahnübergängen (Halbschranken und Lichtzeichenanlagen) kommt nicht in Betracht, wenn diese durch einen wirksamen Planfeststellungsbeschluss festgesetzt sind.


Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

22 ZB 07.1938

In der Verwaltungsstreitsache

wegen eisenbahnaufsichtlichen Einschreitens;

hier: Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 25. Mai 2007,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schenk, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Hösch, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Koch

ohne mündliche Verhandlung am 24. Juli 2008

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Kläger tragen die Kosten des Antragsverfahrens je zur Hälfte. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 20.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Kläger begehren unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids die Verpflichtung der Beklagten, gegen die Beigeladene zu 1 als dem für die Regionalbahn Fürth-Cadolzburg (sog. Rangaubahn) zuständigen Infrastrukturunternehmen einzuschreiten. Sie empfinden (Warn-) Pfeifsignale als zu laut, die die Zugführer aufgrund einer am ca. 290 m von ihrem Anwesen entfernten Haltepunkt Fürth-Westervorstadt angebrachten Pfeiftafel bei Fahrten in Richtung Cadolzburg zur Sicherung eines dort befindlichen unbeschrankten Bahnübergangs abgeben müssen. Außerdem stören sie sich an Sicherungseinrichtungen (Halbschranken mit Lichtzeichenanlagen), die am Bahnübergang bei km 1,891 an der P***straße und der H*******straße, in deren Verlängerung die Kläger wohnen, angebracht sind und die bei Betrieb der Bahnübergangssicherung auch die Bahngleise nicht querende Kraftfahrzeuge am Einfahren in den dortigen Kreuzungsbereich hindern. Die Beklagte hat ein Einschreiten abgelehnt (Bescheid des Eisenbahnbundesamts vom 1.10.2004 und Widerspruchsbescheid derselben Behörde vom 10.5.2005). Die von den Klägern zum Verwaltungsgericht erhobene Klage blieb ohne Erfolg (Urteil vom 25.5.2007).

Die Kläger haben die Zulassung der Berufung beantragt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die insofern maßgeblichen Darlegungen der Kläger (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO) rechtfertigen die Zulassung der Berufung nicht. Die geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nrn. 1 bzw. 3 VwGO) liegen nicht vor bzw. sind nicht hinreichend dargelegt worden.

Das Verwaltungsgericht ist nicht darauf eingegangen, nach welcher Rechtsgrundlage es der Beklagten überhaupt möglich wäre, gegen den Bahnbetrieb in der bestehenden Form einzuschreiten. Grundvoraussetzung für einen Anspruch der Kläger auf ein Einschreiten der Beklagten gegenüber der Beigeladenen zu 1 als juristischer Person des Privatrechts ist jedoch, dass hierfür eine gesetzliche Grundlage vorhanden ist. Dies folgt aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG), auch wenn sich die Beigeladene zu 1 als ein zu 100% in staatlichem Eigentum befindliches Unternehmen nur auf einfachrechtliche Rechtspositionen und nicht auf Grundrechte berufen kann (vgl. Hermes/Schweinsberg in Hermes/Sellner, AEG Kommentar, 1. Aufl. 2006, RdNr. 2 zu § 5 a). Die Kläger tragen nichts dafür vor, was - bezogen auf den zweiten Streitgegenstand - eine nachträgliche Ergänzung des ergangenen Planfeststellungsbeschlusses gemäß § 75 Abs. 2 Sätze 2 und 3 VwVfG oder einen (Teil-)Widerruf dieses Planfeststellungsbeschlusses gemäß § 49 VwVfG rechtfertigen könnte; beides wäre nur unter bestimmten engen Voraussetzungen möglich, die ersichtlich nicht vorliegen (vgl. BVerwG vom 10.10.2003 NVwZ 2004, 97). Deshalb kommt als Befugnisnorm nur § 5 a Abs. 2 AEG in Betracht (vgl. auch Bescheid vom 1.10.2004 S. 3, 5 f. und Widerspruchsbescheid vom 10.5.2005 S. 6). Danach können die Eisenbahnaufsichtsbehörden - dies ist für die Beigeladene zu 1 als Unternehmen des Bundes das Eisenbahnbundesamt (§ 5 Abs. 1 a Nr. 1 a, Abs. 2 AEG i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BEVVG) - in Wahrnehmung ihrer Aufgaben u.a. gegenüber Eisenbahninfrastrukturunternehmen wie der Beigeladenen zu 1 (vgl. § 2 Abs. 2 und 3 a AEG) die Maßnahmen treffen, die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und zur Verhütung künftiger Verstöße gegen die in § 5 Abs. 1 AEG genannten Vorschriften, insbesondere die des Allgemeinen Eisenbahngesetzes oder der darauf beruhenden Verordnungen, erforderlich sind. Dabei handelt die Aufsichtsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen (vgl. Hermes/Schweinsberg a.a.O. RdNr. 36 zu § 5 a). Grundvoraussetzung für die Möglichkeit des Eisenbahnbundesamts, gegen das Bahnunternehmen aufsichtlich einzuschreiten, ist somit ein objektiv vorliegender Verstoß gegen die in § 5 Abs. 1 AEG genannten Vorschriften; insoweit handelt es sich um eine reine Rechtskontrolle (vgl. BVerwG vom 25.10.2007 DVBl 2008, 380; Hermes/Schweinsberg a.a.O. RdNr. 4 zu § 5 a). Soweit - wie hier - Dritte das Einschreiten der Aufsichtsbehörde oder jedenfalls eine ermessensgerechte Entscheidung hierzu erzwingen wollen, ist es nicht ausreichend, dass womöglich objektiv-rechtlich ein Einschreiten seitens der Aufsichtsbehörde möglich wäre. Denn einer behördlichen Einschreitensermächtigung entspricht ein Anspruch Dritter auf eine fehlerfreie Ermessensausübung oder - im Einzelfall bei einer Ermessensreduzierung auf Null - auf direktes Einschreiten nur dann, wenn die Einschreitensermächtigung zumindest auch dem Interesse des Begünstigten zu dienen bestimmt ist (vgl. BVerwG vom 22.2.1980 DÖV 1980, 516 m.w.N.). Da aufsichtliche Befugnisse grundsätzlich nur im öffentlichen Interesse bestehen, kommt ein Anspruch eines Dritten auf Einschreiten bzw. ermessensgerechte Entscheidung hierüber nur in Betracht, wenn der Dritte durch den objektiv rechtswidrigen Zustand in eigenen Rechten - Grundrechten oder auch seinem Schutz dienenden öffentlich-rechtlichen Normen des einfachen Rechts - verletzt ist (vgl. z.B. BayVGH vom 3.4.2008 - Az. 1 ZB 07.3115 in Bezug auf einen Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten).

1. Hinsichtlich des ersten Streitgegenstands, nämlich des Begehrens der Kläger, die Beklagte zu verpflichten, die Beigeladene zu 1 als Betreiberin der Regionalbahn Fürth-Cadolzburg anzuhalten, im Bereich des Haltepunktes Fürth-Westvorstadt die Grenzwerte der Ziff. 6.1 der TA Lärm einzuhalten, machen die Kläger Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 VwGO geltend.

Sie meinen, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestünden jedenfalls deshalb, weil ihr Begehren unter dem Gesichtspunkt des verfassungsrechtlichen Gesundheitsschutzes (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) Erfolg hätte haben müssen. Nicht mehr angegriffen wird demgegenüber die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, dass die Pfeifgeräusche als (Schienen-)Verkehrslärm i.S. von §§ 41, 43 BImSchG i.V. mit der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) zu qualifizieren sind, aber hieraus Ansprüche der Kläger schon deshalb nicht abgeleitet werden können, weil mangels Vorliegens des Baus oder einer wesentlichen Änderung des Schienenwegs i.S. von § 1 der 16. BImSchV deren Anwendungsbereich nicht eröffnet ist.

Die Auffassung der Kläger, ihr verfassungsrechtlicher Anspruch aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG müsse zum Erfolg der Klage führen, ist nicht zutreffend. Fraglich ist bereits, ob die Annahme des Verwaltungsgerichts richtig ist, dass die Kläger auch außerhalb von (durchzuführenden) Planfeststellungsverfahren Ansprüche aus Grundrechten (Art. 14 Abs. 1 GG bzw. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) gegenüber dem Eisenbahnbundesamt als Aufsichtsbehörde geltend machen können. Dass solche Ansprüche im Rahmen von Planfeststellungsverfahren vom Eisenbahnbundesamt zu berücksichtigen sind und gegebenenfalls im Wege der Planergänzung gegenüber ihm als planfeststellender Behörde auch eingeklagt werden können, ist unbestritten (vgl. z.B. BVerwG vom 17.11.1999 BVerwGE 110, 81); gleiches gilt, wenn ein Bahnunternehmen ohne erforderliche Planfeststellung oder Genehmigung tätig wird (vgl. BVerwG vom 22.2.1980 a.a.O., vom 13.10.1994 NVwZ 1995, 379). Ob demgegenüber auf Grundrechte gestützte Ansprüche außerhalb von erforderlichen Planfeststellungsverfahren und außerhalb von § 75 Abs. 2 und 3 VwVfG im Rahmen des Begehrens aufsichtlichen Einschreitens verfolgt werden können, erscheint fraglich. Denn nach § 5 a Abs. 1 AEG ist Aufgabe des Eisenbahnbundesamts als Aufsichtsbehörde nur, die Einhaltung der Vorschriften des Allgemeinen Eisenbahngesetzes u.ä. durch die privatisierten Bahnunternehmen zu überwachen. Insoweit handelt es sich um Überwachungsaufgaben, die sich nur auf die genannten einfachgesetzlichen öffentlich-rechtlichen Vorschriften beziehen. Dies würde bedeuten, dass außerhalb solcher Vorschriften allein auf Grundrechte gestützte Ansprüche gegen die privatisierten Bahnunternehmen allenfalls auf dem ordentlichen Rechtsweg verfolgt werden könnten. Dies braucht jedoch nicht näher vertieft zu werden. Denn jedenfalls hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass den Klägern auch aus Grundrechten vorliegend Lärmschutzansprüche, die ein Einschreiten auslösen könnten, nicht zukommen können.

Das Verwaltungsgericht ist dabei von einer Belastung der Kläger mit Schallpegeln in Höhe von 80 dB(A) durch die Pfeifgeräusche ausgegangen, wie sie von den Klägern außerhalb ihres Wohnhauses nach ihren Angaben gemessen worden sind.

Bei der Beurteilung einer möglichen Gesundheitsgefährdung durch die Pfeifgeräusche ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei diesen nur um selten auftretende kurzzeitige Geräuschspitzen (mit einer Dauer von ca. 3 Sekunden) handelt, die - gemittelt über die entsprechenden Tag- und Nachtzeiträume - als Dauerschallpegel kaum mehr relevant ins Gewicht fallen würden (vgl. Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Bd. 4, RdNr. 26 f. zu Nr. 6 der TA Lärm). Betrachtet man die Spitzenpegel an sich, so sind nach Nr. 6.1 Abs. 2 der TA Lärm in einem allgemeinen Wohngebiet, in dem die Kläger nach ihren Angaben wohnen, tags Spitzenpegel von 85 dB(A) (55 plus 30 dB(A)) und nachts von 60 dB(A) (40 plus 20 dB(A)) zulässig. Insoweit liegt der Tagwert der auf das Anwesen der Kläger einwirkenden Pfeifgeräusche schon unter der Zumutbarkeitsschwelle nach der TA Lärm und damit erst recht unter dem nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG unbedingt einzuhaltenden Wert; denn die Richtwerte der TA Lärm liegen genau wie jede fachplanungsrechtliche Zumutbarkeitsgrenze unterhalb der Schwelle der Gesundheitsgefährdung, die durch das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG markiert wird (vgl. BVerwG vom 21.1.2004 NVwZ 2004, 618; BayVGH vom 23.2.2007 ZUR 2007, 540, juris RdNr. 49). Was den Nachtwert betrifft, der die nach der TA Lärm zulässige Schwelle für Spitzenpegel um ca. 20 dB(A) überschreitet, aber nach unbestrittenen Angaben nur bei fünf Zugfahrten bei Nacht auftritt, hat das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der danach fünfmal pro Nacht auftretende Innenraumspitzenpegel von 45 dB(A) in den Schlafräumen der Kläger die Schwelle zur verfassungsrechtlich relevanten Gesundheitsgefährdung überschreiten könnte, nicht vorliegen.

Entgegen der Ansicht der Kläger können bei der Bestimmung der verfassungsrechtlichen (und der planungsrechtlichen) Zumutbarkeitsschwelle individuelle Lärmempfindlichkeiten, gesundheitliche Indispositionen oder andere persönliche Eigenarten nicht berücksichtigt werden (vgl. BVerwG vom 23.5.1991 BRS 52 Nr. 190, vom 5.10.2005 BRS 69 Nr. 14 m.w.N.). Das Verwaltungsgericht hat zu Recht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 16.3.2006 BVerwGE 125, 116, juris RdNrn. 287 ff.) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Urteil vom 23.2.2007 ZUR 207, 540, juris RdNrn. 43 ff.) festgestellt, dass zwar gesicherte Erkenntnisse darüber, ab welcher Höhe oder Häufigkeit die unter dem verfassungsrechtlichen Aspekt des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG allein maßgeblichen Innenraumspitzenpegel (vgl. BVerwG vom 17.11.1999 BVerwGE 110, 81) bei Schienenverkehrslärm die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung überschreiten, nicht vorliegen. Es hat ferner zutreffend erkannt, dass der hier fünfmal pro Nacht auftretende Innenraumspitzenpegel von 45 dB(A) aber nicht im strittigen Grenzbereich liegt. Diese Beurteilung wird schon durch den Hinweis des Verwaltungsgerichts bestätigt, das Bundesverwaltungsgericht habe in seiner Entscheidung vom 16. März 2006 (a.a.O. juris RdNr. 294) nächtliche Innenraum-Maximalpegel von 53 dB(A), soweit sie nicht häufiger als 13 mal überschritten werden, oder von 55 dB(A), soweit sie nicht mehr als sechsmal überschritten werden, als zumutbar angesehen, zumal diese Werte die Erheblichkeitsschwelle des § 9 Abs. 2 LuftVG betreffen, die im Vorfeld dessen liegt, was der grundrechtliche Eigentums- oder Gesundheitsschutz erfordert (vgl. BayVGH vom 23.2.2007 a.a.O., juris RdNr. 51); die Schwelle zur verfassungsrechtlich relevanten Gesundheitsgefährdung müsste demgegenüber höher angesetzt werden. Dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass nach der wertenden Entscheidung des Normgebers bei Schienenverkehrslärm wegen dessen geringerer Störwirkung von den eigentlich zu errechnenden Werten (vgl. § 3 der 16. BImSchV; vgl. auch BVerwG vom 31.8.1995 BVerwGE 99, 166) ein Abschlag von 5 dB(A) (Schienenbonus) zu machen wäre und insoweit gegenüber den vom Bundesverwaltungsgericht für das Fachplanungsrecht genannten Werten um 5 db(A) erhöhte Werte für Bahnlärm als zumutbar angesehen werden müssten (vgl. BayVGH vom 23.2.2007 a.a.O., juris RdNr. 53 f.). Soweit die Kläger demgegenüber bereits Werte von über 30 db(A) nachts als bedenklich ansehen und auf Publikationen u.a. des Umweltbundesamtes verweisen, verkennen sie, dass es sich dabei nicht nur um vereinzelt auftretende Spitzenpegel, sondern um Dauerschallpegel in Schlafräumen handelt; im Übrigen sind Grenzwerte, die aus präventivmedizinischer Perspektive eingehalten werden sollten, nicht im Rahmen der staatlichen Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG zu berücksichtigen (vgl. BayVGH vom 23.2.2007 a.a.O. m.w.N., juris RdNr. 52).

Soweit die Kläger monieren, das Verwaltungsgericht habe bei der Ermittlung der sie treffenden nächtlichen Immissionen auf ein in den Schlafräumen geschlossenes Fenster (mit dem von ihnen selbst angegebenen Dämmmaß von 35 dB(A)) abgestellt und sei nur deshalb auf den von ihm angesetzten nächtlichen Maximalpegel von 45 dB(A) gekommen, ist dies ebenfalls nicht durchgreifend. Denn es ist nicht ersichtlich, dass zu dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ein Anspruch auf ein Schlafen bei (teilweise oder gelegentlich) geöffnetem Fenster gehört (vgl. BVerwG vom 21.1.2004 NVwZ 2004, 618; BayVGH vom 23.2.2007 a.a.O., juris RdNrn. 48 ff.). Die von den Klägern angeführte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass bei Planungen zu den zu berücksichtigenden Schutzgütern auch die "angemessene Befriedigung der Wohnbedürfnisse" gehöre, wozu auch die Möglichkeit des Schlafens bei gekipptem Fenster gehöre (vgl. z.B. BVerwG vom 21.9.2006 NVwZ 2007, 219), bezieht sich auf das Fachplanungsrecht und ist nicht ohne weiteres auf die vorliegende Fallgestaltung, bei der es um die Schwelle zur verfassungsrechtlich relevanten Gesundheitsgefährdung geht, übertragbar. Die Kläger haben auch nicht vorgetragen, dass in ihrem konkreten Fall etwa des Raumklimas wegen eine ausreichende Belüftung der Schlafräume erforderlich wäre; im Übrigen ist die Herstellung einer ausreichenden Luftzufuhr - gegebenenfalls auch im Wege der architektonischen Selbsthilfe - durch Einbau von technischen Belüftungseinrichtungen ohne wieteres möglich.

Nachdem schon nicht ersichtlich ist, dass eine Rechtsverletzung der Kläger durch die Pfeiftöne vorliegt, kommt es nach den eingangs genannten Grundsätzen auf die Frauge der Verhältnismäßigkeit der ablehnenden Entscheidung der Beklagten oder das Vorhandensein eventueller gleich geeigneter, für die Kläger milderer Mittel, den Bahnübergang zu sichern, nicht an.

Wie sich aus den o.g. Ausführungen ergibt, liegt auch die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung nicht vor (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die Frage, inwieweit insbesondere durch Schienenfahrzeuge ausgelöster Verkehrslärm Grenzwerte einzuhalten hat, ergibt sich ohne weiteres aus dem Gesetz, nämlich aus § 41 BImSchG i.V. mit der Verkehrslärmschutzverordnung. Soweit angeführt wird, normative Grenzwerte lägen insoweit nicht vor, ist auf die Grenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung zu verweisen; soweit damit gemeint sein sollte, dass im Hinblick auf Spitzenpegel Grenzwerte nicht vorliegen, ist auch dies in dieser Form nicht richtig. Denn nach gefestigter Rechtsprechung ist dadurch, dass § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV Grenzwerte ausschließlich als energieäquävalente Dauerschallpegel ansetzt, normativ entschieden, dass die Maximalpegel, denen allerdings erheblicher Einfluss auf die Höhe des Dauerschallpegels zukommt, außer Betracht zu bleiben haben (vgl. BayVGH vom 23.2.2007 a.a.O., juris RdNr. 43). Darüber hinausgehenden Klärungsbedarf haben die Kläger nicht aufgezeigt.

2. Hinsichtlich des zweiten Streitgegenstands, nämlich des Begehrens der Kläger, die Beklagte zu verpflichten, der Beigeladenen zu 1 aufzugeben, den Kreuzungsbereich Regionalbahn/P***straße in Fürth so umzugestalten, dass ein ungehindertes Einfahren (ohne BÜ-bedingten Halt) aus der H*******straße in die P***straße bzw. aus der P***straße in die H*******straße ermöglicht werde, machen die Kläger ausschließlich ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend. Solche Zweifel liegen nicht vor, da das Verwaltungsgericht eine Pflicht zum Einschreiten der Beklagten gegenüber der Beigeladenen zu 1 im Ergebnis zu Recht verneint hat.

Das Verwaltungsgericht lässt es offen, ob die auf den östlich der Bahnlinie gelegenen Straßen aufgestellten Verkehrszeichen (Blinkanlagen und Halbschranken), die der Sicherung des Bahnübergangs dienen und die Kläger an einer ungehinderten Weiterfahrt beim Betrieb der Bahnübergangssicherung hindern, auch wenn sie den Bahnübergang nicht queren wollen, aufgrund des in den Akten befindlichen Planfeststellungsbeschlusses vom 3. März 1980 errichtet worden sind und dieser Planfeststellungsbeschluss den Klägern gegenüber in Bestandskraft erwachsen ist. Es ist schon nicht ersichtlich, warum der Planfeststellungsbeschluss vom 3. März 1980, der nach dem darin als Bestandteil ausgewiesenen Lageplan vom 6. Dezember 1978 die streitgegenständlichen Halbschranken und die Blinklichtanlagen an der P***- und H*******straße östlich der Bahnlinie umfasst, und darüber hinaus ausdrücklich darauf hinweist, dass auch die H*******straße durch eigene Signale und Halbschranke in die Bahnübergangsicherung miteinbezogen werden musste, nicht gegenüber den Klägern in Bestandskraft erwachsen sein sollte, sei es wegen einer (auch fiktiven) Zustellung des Plans an die Vorgänger (vgl. § 74 Abs. 4 Satz 3 VwVfG) oder wegen einer möglichen Verfristung nach § 58 Abs. 2 VwGO oder wegen Verwirkung eines Anfechtungsrechts aufgrund des langjährigen Bestehens der Anlage und Kenntnis derselben; für einen solchen Fall der Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses wären Ansprüche der Kläger auf Unterlassung des Vorhabens, auf Beseitigung oder - wie hier gewollt - auf Änderung der Anlagen schon gemäß § 75 Abs. 2 Satz 1 VwVfG ausgeschlossen.

Aber selbst wenn man annimmt, die Kläger könnten den Planfeststellungsbeschluss noch anfechten, änderte dies nichts daran, dass dieser wirksam geworden wäre (§ 43 Abs. 1 VwVfG) und zudem nicht angefochten ist, somit Genehmigungswirkung entfalten würde, mit der die Zulässigkeit des Vorhabens im Hinblick auf alle von ihm berührten öffentlichen Belange festgestellt ist (vgl. § 75 Abs. 1 Halbsatz 1 VwVfG; vgl. Vallendar in Hermes/Sellner, AEG Kommentar, 2006, RdNr. 23 zu § 18). Aufgrund dieser Genehmigungswirkung, die keine Bestandskraft gegenüber den Klägern voraussetzt, steht zwischen Eisenbahnbundesamt und Beigeladener zu 1 fest, dass die Errichtung der Verkehrszeichen entsprechend dem Planfeststellungsbeschluss vom 3. März 1980 nicht gegen Vorschriften des Allgemeinen Eisenbahngesetzes und darauf beruhender Verordnungen verstößt. Damit fehlt es mangels eines objektiv rechtswidrigen Zustands von vornherein an einer Befugnis des Eisenbahnbundesamts, gegenüber der Beigeladenen zu 1 aufsichtlich in Bezug auf diese Verkehrszeichen einzuschreiten.

Abgesehen davon hat das Verwaltungsgericht - ohne dass dies von den Klägern angegriffen wird - festgestellt, dass die Verkehrszeichen (von der damaligen Bundesbahn) in rechtmäßiger Weise gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 StVO i.V. mit § 11 EBO aufgestellt worden sind und jederzeit wieder (von der Beigeladenen zu 1) in dieser Wiese rechtmäßig aufgestellt werden könnten (Urteilsabdruck S. 18 f.). Schon dies schließt es aus, dass die Aufsichtsbehörde, die auf eine reine Rechtskontrolle beschränkt ist, gegenüber der Beigeladenen zu 1 insoweit einschreitet.

Darauf, ob den Klägern als bloßen Anwohnern der Straße ein qualifiziertes Interesse zustünde, das im Rahmen der Ermessensentscheidung der Beigeladenen zu 1 nach § 45 Abs. 2 Satz 3 StVO zu berücksichtigen wäre, kommt es nicht mehr an.

Kosten: § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1, § 162 Abs. 3 VwGO.

Streitwert: § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG; wie Vorinstanz.

Ende der Entscheidung

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