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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 08.09.2006
Aktenzeichen: 24 C 06.1974
Rechtsgebiete: VwGO, ZPO


Vorschriften:

VwGO § 166
ZPO § 114
Die Unerfahrenheit der Recht suchenden Partei spielt bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten eines Rechtsbehelfs gemäß § 114 Satz 1 ZPO keine Rolle, sondern erst bei der Prüfung, ob eine anwaltliche Vertretung erforderlich erscheint (§ 121 Abs. 2 ZPO).
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

24 C 06.1974

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Verlängerung des Reisedokuments; (Antrag auf Prozesskostenhilfe);

hier: Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 7. Juli 2006,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 24. Senat,

durch den Richter am Verwaltungsgerichtshof Simmon als Vorsitzender, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Eich, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Müller

ohne mündliche Verhandlung am 8. September 2006

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe:

I.

Im Mai 2006 beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin die Verlängerung ihres Reisedokumentes für eine Fahrt mit ihrer Schulklasse am 19. Juni 2006 nach Österreich.

Den Eltern der Antragstellerin war zuvor in einem Verfahren gegen den Freistaat Bayern (Au 1 E 06.117) ein Schreiben der Antragsgegnerin vom 7. Februar 2006 übermittelt worden, in dem darauf hingewiesen worden war, dass die Teilnahme an Schülerreisen ins benachbarte europäische Ausland aufgrund der Schülersammellisten in Betracht komme (Bl. 26 der Akte des Verwaltungsgerichts Augsburg Au 1 E 06.117).

Mit Schreiben vom 26. Mai 2006 beantragte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung, mit der sinngemäß verlangt wurde, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr Reisedokument zu verlängern. Der Eilantrag wurde am 13. Juni 2006 zurückgenommen, nachdem die Antragstellerin in die Schülersammelliste aufgenommen worden war.

Der mit dem Eilantrag gleichzeitig gestellte Antrag, der Antragstellerin für das Eilverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 7. Juli 2006 abgelehnt. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten. Für den Eilantrag habe das Rechtsschutzbedürfnis gefehlt, da die Antragstellerin - wie ihr seit Februar 2006 bekannt gewesen sei - aufgrund der Aufnahme in die Schülersammelliste die Reise ins Ausland ohne Verlängerung des Reisedokuments hätte durchführen können.

Gegen diesen Beschluss ließ die Antragstellerin durch ihre Eltern "Widerspruch" erheben und dazu vortragen, wenn ihr die Ausländerbehörden oder andere Behörden etwas von der Schülersammelliste gesagt hätten, hätten sie nicht bei Gericht geklagt. Niemand habe ihnen gesagt, dass die Schüler auch mit Schülersammellisten ins Schullandheim ins Ausland fahren könnten.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die beigezogenen Behördenakten und auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde bleibt erfolglos, weil das Verwaltungsgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Eilverfahren zu Recht abgelehnt hat. Das Eilverfahren hatte von Anfang an keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 166 VwGO, § 114 ZPO).

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend dargelegt, dass die Antragstellerin ihr Rechtsschutzziel, an dem Auslandsaufenthalt ihrer Schulklasse teilnehmen zu können, leichter dadurch hätte erreichen können, dass sie bei der Schule darum ersucht, in die Schülersammelliste aufgenommen zu werden. Der Eilantrag war daher unnötig und somit unzulässig.

Mit der als "Widerspruch" bezeichneten Beschwerde wird geltend gemacht, der Eilantrag wäre nicht gestellt worden, wenn die Antragstellerin von der Möglichkeit gewusst hätten, dass sie in die Schülersammelliste aufgenommen werden und damit ins Ausland reisen kann. Die Beschwerde geht jedoch nicht darauf ein, dass das Verwaltungsgericht der Antragstellerin bzw. deren gesetzlichen Vertretern gerade vorhält, sie hätten aufgrund der Mitteilung der Antragsgegnerin vom 7. Februar 2006 von der Möglichkeit der Aufnahme der Antragstellerin in die Schülersammelliste sehr wohl gewusst.

Die Antragstellerin (bzw. deren Eltern) war offenkundig mit dem ausländerrechtlichen Problem überfordert, wie sich auch in dem gegen den Freistaat Bayern gerichteten Verfahren (Az.: Au 1 E 06.117) gezeigt hat, als die Antragstellerin ihr Anliegen dem Gericht nicht genügend deutlich hatte machen können. Sie hatte damals erkennbar auch nicht verstanden, dass das ihr übermittelte Schreiben der Stadt Augsburg vom 7. Februar 2006 die Lösung ihres Problems darstellte, nämlich ihre Aufnahme in die Schülersammelliste, wodurch ihr ein Auslandsaufenthalt ermöglicht werden konnte. Die Unerfahrenheit der Antragstellerin (bzw. ihrer gesetzlichen Vertreter) spielt jedoch bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten gemäß § 114 Satz 1 ZPO keine Rolle. Diesem Umstand kommt erst bei der Prüfung der Frage Bedeutung zu, ob eine anwaltliche Vertretung erforderlich erscheint (§ 121 Abs. 2 ZPO) und setzt eine hinreichende Erfolgsaussicht des Rechtsbehelfs voraus.

Es hätte sich der Antragstellerin (bzw. deren gesetzlichen Vertretern) aufdrängen müssen, dass sie angesichts ihrer Unerfahrenheit bei der Schule oder bei der Ausländerbehörde um Rat und Hilfe nachfragt, bevor sie unnötigerweise das Gericht um Rechtsschutz anruft.

Auf die Frage, ob es der Antragstellerin zumutbar gewesen wäre, sich beim türkischen Konsulat um die Verlängerung ihres Passes zu bemühen, wird hier nicht weiter eingegangen, weil sie in diesem Verfahren keine Rolle spielt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Eine Streitwertentscheidung ist entbehrlich, da für die erfolglose Beschwerde eine Festgebühr von 50 Euro nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (§ 3 GKG) anfällt.

Ende der Entscheidung

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