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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 23.08.2007
Aktenzeichen: 25 B 04.506
Rechtsgebiete: BauGB, BImSchG, BayBO 1998


Vorschriften:

BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 5
BauGB § 35 Abs. 3
BImSchG § 69 Abs. 9 Satz 3
BayBO 1998 Art. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

25 B 04.506

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Baugenehmigung (Windkraftanlage);

hier: Berufung der Kläger gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 15. Januar 2004,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 25. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schechinger, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Petz, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Krieger

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 20. August 2007

am 23. August 2007

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Gegenstand des Rechtsstreits ist die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung einer Windkraftanlage mit Informations- und Ausstellungsräumen auf dem Grundstück Fl.Nr. **** der Gemarkung **********.

Mit Bescheid vom 29. Mai 2002 lehnte das Landratsamt Main-Spessart einen entsprechenden Antrag der Kläger ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Windkraftanlage mit einer Nabenhöhe von 150 m, einem Rotordurchmesser von 70,5 m, einer Gesamthöhe von 185,25 m und einer Nennleistung von 1,5 MW sei bauplanungsrechtlich unzulässig. Das Vorhaben sei zwar privilegiert, ihm stünden aber öffentliche Belange entgegen. Das Baugrundstück liege im Außenbereich und innerhalb der Schutzzone des Landschaftsschutzgebietes "Spessart". Das als überörtlich raumbedeutsam einzustufende Vorhaben widerspreche den Zielen der Raumordnung und verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Es beeinträchtige die auf den Nachbargrundstücken befindlichen Sendeanlagen von Richtfunk-, Rundfunk- und Mobilfunkbetreibern. Das Interesse der Betreiber an einem ungestörten Betrieb der Sendeanlagen wie auch das Interesse der Allgemeinheit an der Sicherstellung eines flächendeckenden Mobilfunknetzes wiege schwerer als das Interesse der Bauherren an der Verwirklichung des Vorhabens. Naturschutzfachliche Belange stünden dem Bauvorhaben ebenfalls entgegen. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Landschaftsschutzgebiets-Verordnung sei eine naturschutzrechtliche Erlaubnis erforderlich. Aus naturschutzrechtlicher Sicht sei die Windkraftanlage nicht genehmigungsfähig.

Der Widerspruch der Kläger wurde mit Widerspruchsbescheid der Regierung von Unterfranken vom 20. Januar 2003 zurückgewiesen.

Die daraufhin erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 15. Januar 2004 ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dem Vorhaben stünden Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege entgegen. Die geplante Windkraftanlage widerspreche der geltenden Landschaftsschutzverordnung. Nach § 5 dieser Verordnung sei es im Landschaftsschutzgebiet verboten, Veränderungen vorzunehmen, die geeignet seien, die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes zu vermindern, den Naturgenuss zu beeinträchtigen oder das Landschaftsbild zu verunstalten. Die Voraussetzungen für eine Erlaubnis zur Errichtung, Erweiterung oder wesentlichen Veränderung einer baulichen Anlage nach § 6 der Verordnung lägen nicht vor. Bei einer Realisierung des Bauvorhabens würde das Landschaftsbild verunstaltet. Am höchsten Punkt des Spessarts, dem ******berg, würde eine neue Dominante entstehen. Auch wegen der ständig in Bewegung befindlichen Rotorblätter erscheine die Zulassung des Vorhabens dem schutzwürdigen Landschaftsbild des ******bergs und seiner Umgebung in jeder Hinsicht unangemessen. Die Anlage widerspreche der naturgemäßen Nutzungsweise der Landschaft und erscheine am vorgesehenen Standort wesensfremd. Zwar sei der geplante Standort durch bereits vorhandene Anlagen in nicht unerheblichem Umfang vorbelastet, die vorgefundene Landschaft werde jedoch ihrer natürlichen Funktion insgesamt noch gerecht. Die Zulassung der Anlage würde dem Gebäudekonglomerat auf dem ******berg eine völlig neue Dimension geben und die bereits vorhandene Störung in erheblichem Umfang intensivieren. Schon von der Höhe her würde die Windkraftanlage die bestehenden Sendemasten um über 60 m überragen. Das Gewicht, das der Gesetzgeber der Privilegierung von Windkraftanlagen im Außenbereich zugemessen habe, erreiche im vorliegenden Fall ersichtlich nicht die Bedeutung, die dem Natur- und Landschaftsschutz eingeräumt werden solle. Abgesehen davon sei das Baugrundstück von FFH- und SPA-Gebieten umgeben. Für diese gelte das sog. Verschlechterungsverbot des Art. 13 c Abs. 2 BayNatSchG. Die Vorschrift finde gleichermaßen Anwendung für Projekte, die von solchen Gebieten quasi umschlossen seien. Es liege auf der Hand, dass sich die dauernden Bewegungen der Rotoren mit den dadurch verursachten Luftgeräuschen und den damit verbundenen Licht- und Schatteneffekten negativ auf die Fauna der Umgebung auswirken würden. Das raumbedeutsame Vorhaben widerspreche darüber hinaus auch den Zielen der Raumordnung im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB, wobei auch die in Aufstellung befindlichen Ziele der Raumordnung Berücksichtigung fänden. Vorliegend habe die Verbandsversammlung des Regionalen Planungsverbands Würzburg am 27. November 2003 die "4. Änderung des Regionalplans der Region Würzburg - Errichtung von Windenergieanlagen" beschlossen. Danach seien in den Schutzzonen der Naturparke Spessart und Steigerwald überörtlich raumbedeutsame Vorhaben zur Windenergienutzung in der Regel ausgeschlossen. Etwas anderes solle nur gelten, wenn im Einzelfall nachgewiesen werde, dass das öffentliche Interesse an der Erzeugung regenerativen Stroms größer sei als das öffentliche Interesse an der Einhaltung des in den Naturparkverordnungen festgelegten Schutzzwecks. Eine solche Ausnahmesituation sei vorliegend nicht gegeben. Zum Ausgleich erkläre der Änderungsentwurf des Regionalplans die Errichtung von Windkraftanlagen im Rahmen der seit 1. Januar 1997 gültigen bauplanungsrechtlichen Privilegierung in den übrigen Gebieten der Region für möglich.

Mit der vom Senat zugelassenen Berufung beantragen die Kläger,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 15. Januar 2004 sowie den Bescheid des Landratsamts Main-Spessart vom 29. Mai 2002 und den Widerspruchsbescheid der Regierung von Unterfranken vom 20. Januar 2003 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Klägern die beantragte Genehmigung für die Errichtung einer Windkraftanlage auf dem Grundstück Fl.Nr. **** der Gemarkung ************ Forst zu erteilen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, die geplante Anlage sei genehmigungsfähig. Sie sei im Außenbereich privilegiert zulässig. Es handle sich nicht um ein raumbedeutsames Vorhaben, da die Anlage keinerlei Raum in Anspruch nehme und von ihr keine erheblichen raumbeeinflussenden Auswirkungen ausgingen. Im Übrigen widerspreche sie ohnehin nicht den Zielen der Raumordnung. Die Regelung im Regionalplan der Region Würzburg, wonach in den Schutzzonen der Naturparke Spessart und Steigerwald überörtlich raumbedeutsame Vorhaben zur Windenergienutzung in der Regel ausgeschlossen seien, sei nichtig. Es handle sich um eine reine Negativausweisung ohne jede positive Komponente. Im Übrigen erfülle die streitgegenständliche Anlage die Voraussetzungen für eine Ausnahme, da das öffentliche Interesse an der Erzeugung regenerativen Stroms größer sei als das öffentliche Interesse an der Einhaltung des in der Naturparkverordnung festgelegten Schutzzwecks. Dies ergebe sich aus der erheblichen Vorbelastung des Standorts. Damit sei das öffentliche Interesse an der Freihaltung der Naturparke von Bebauung als unbedeutend einzustufen. Bei den übrigen die Windkraft betreffenden Regelungen handle es sich nicht um Ziele, sondern um Grundsätze der Raumordnung. Auch werde das Landschaftsbild durch die geplante Anlage nicht verunstaltet. Weder sei die Umgebung besonders schutzwürdig, noch liege ein besonders grober Eingriff in das Landschaftsbild vor. Das Landschaftsbild sei bereits durch zahlreiche technische Einrichtungen, welche die Dimension der geplanten Windkraftanlage bei weitem überschritten, vorbelastet. Da keine Verunstaltung vorliege, sei die erforderliche Erlaubnis nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 der Landschaftsschutzverordnung zu erteilen. Auch wirke sich das Vorhaben auf die lediglich in der Nähe befindlichen FFH- und SPA-Gebiete nicht negativ aus. Das Vorhaben beeinträchtige auch nicht den Mobilfunkbetrieb. Nach § 35 Abs. 3 Nr. 8 BauGB liege zwar eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange dann vor, wenn ein Vorhaben die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen störe. Wegen der Privilegierung der Windkraftanlage sei aber eine bloße Störung nicht geeignet, die Genehmigungsfähigkeit auszuschließen. Zudem diene die Vorschrift nur dem Schutz der militärischen und zivilen Luftfahrt. Mobilfunkmasten seien wegen ihrer deutlich geringeren öffentlichen Bedeutung hiervon nicht umfasst.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Vorhaben sei nicht genehmigungsfähig. Es widerspreche insbesondere dem Regionalplan der Region Würzburg (2), dessen 4. Änderung am 20. Mai 2005 in Kraft getreten sei. Die geplante Anlage erweise sich angesichts ihrer vertikalen Ausdehnung als raumbedeutsam. Die Festlegung, dass in den Schutzzonen der Naturparke Spessart und Steigerwald überörtlich raumbedeutsame Vorhaben zur Windenergienutzung in der Regel ausgeschlossen seien, sofern nicht im Einzelfall nachgewiesen sei, dass das öffentliche Interesse an der Erzeugung regenerativen Stroms größer sei als das öffentliche Interesse an der Erhaltung des in den Naturparkverordnungen festgelegten Schutzzweck erfasse das streitgegenständliche Vorhaben und stehe ihm als verbindliches Ziel entgegen. Das Vorhaben beeinträchtige auch die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege. Von Windkraftanlagen gingen Wirkungen wie von Gebäuden aus, so dass Abstandsflächen einzuhalten seien. Bei der Ermittlung der Abstandsflächentiefe sei auf die absolute Höhe der Anlage abzustellen.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Behördenakten sowie auf das Augenscheinsprotokoll vom 18. April 2007 und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. Die Berufung ist zulässig (§ 124 Abs. 1, § 124 a Abs. 5 und 6 VwGO). Insbesondere ist das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis der Kläger nicht durch die seit 1. Juli 2005 geltenden Neuregelungen des Immissionsschutzrechts entfallen. Nach Nr. 1.6 des Anhangs der 4. BImSchV (geändert durch Art. 1 der Verordnung zur Änderung der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen und zur Änderung der Anlage 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 20.6.2005 BGBl I S. 1687) bedürfen zwar alle Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 m einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Eine Baugenehmigung kann generell nicht mehr erteilt werden. Auf den vorliegenden Streitfall wirkt sich diese Rechtsänderung jedoch nicht aus. Denn nach der Übergangsvorschrift in § 67 Abs. 9 Satz 3 BImSchG werden Verfahren auf Erteilung einer Baugenehmigung für Windkraftanlagen, die vor dem 1. Juli 2005 rechtshängig geworden sind, nach den bis zum 30. Juni 2005 geltenden Vorschriften abgeschlossen.

2. Die Berufung ist aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Dem geplanten Vorhaben stehen im Baugenehmigungsverfahren zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften des Bauordnungsrechts entgegen (Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayBO in der bis 31.12.2007 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 4.8.1997, GVBl S. 433, zuletzt geändert durch Gesetz vom 10.3.2006, GVBl S. 120; im Folgenden: BayBO 1998). Ob das Vorhaben bauplanungsrechtlich zulässig ist, war nicht entscheidungserheblich und musste daher auch nicht abschließend geklärt werden. Da die Baugenehmigungsbehörden und ihnen folgend das Verwaltungsgericht ihre angefochtenen Entscheidungen aber ausschließlich auf bauplanungsrechtliche Vorschriften gestützt haben, war gleichwohl auf die entsprechenden im Berufungsverfahren von den Beteiligten erörterten Fragen einzugehen.

Für die Prüfung der Sach- und Rechtslage ist auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung und somit auf die mündliche Verhandlung vor dem Senat abzustellen (vgl. Jörg Schmidt in Eyermann, VwGO, 12. Aufl. 2006, RdNr. 53 zu § 113). Die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich daher nach den Vorschriften des Baugesetzbuches in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 2004 (BGBl I S. 2414, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 21.12.2006 BGBl I S. 3316).

a) Bei der geplanten Windkraftanlage handelt es sich unstreitig um ein nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegiert im Außenbereich zulässiges Vorhaben. Offen bleiben kann, ob die ebenfalls im Genehmigungsantrag enthaltenen, in ihrer konkreten Ausgestaltung nicht näher beschriebenen Informations- und Ausstellungsräume vom Privilegierungstatbestand miterfasst sind. Dies wäre nur dann der Fall, wenn ihnen ebenfalls eine hinsichtlich der Erzeugung, Erforschung und Entwicklung der Windenergie dienende Funktion zukäme (Jäde in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, 5. Aufl., RdNr. 81 zu § 35). Die Frage bedarf aber keiner Entscheidung, da schon das privilegierte Vorhaben selbst nicht genehmigungsfähig ist.

aa) Es spricht vieles dafür, dass von dem Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB, § 3 Abs. 1 und 2 BImSchG ausgehen. Nach dem vorgelegten Lageplan sind die Gebäude auf den benachbarten Grundstücken nur zwischen ca. 80 und 140 m vom geplanten Standort entfernt. Auf dem Baugrundstück selbst befinden sich Gebäude in einer Entfernung von ca. 40 bzw. 55 m zur geplanten Anlage. In einer vom Landratsamt erstellten Stellungnahme vom 18. Juni 1999 werden sowohl die zu erwartenden Lärm- als auch die Schattenimmissionen als problematisch angesehen. Eine abschließende Bewertung der zu erwartenden Umwelteinwirkungen ist allerdings nicht möglich, da sich die genannte Stellungnahme nur auf den ursprünglich beantragten Anlagentyp bezieht und die Kläger selbst Immissionsprognosen weder für diesen noch für den streitgegenständlichen Anlagentyp vorgelegt haben.

bb) Im Gegensatz zum Verwaltungsgericht geht der Senat nicht davon aus, dass dem geplanten Vorhaben Belange des Landschaftsschutzes im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegenstehen. Zwar befindet sich das Baugrundstück im Landschaftsschutzgebiet "Spessart". Belange des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB können einem privilegierten Vorhaben auch dann entgegenstehen, wenn es in nicht durch Ausnahmegenehmigung oder Befreiung zu behebender Weise in Widerspruch zu einer gültigen Landschaftsschutzverordnung steht (BVerwG vom 2.2.2000 ZfBR 2000, 428 m.w.N.). Diese Einschränkungen liegen hier aber nicht vor. Nach § 6 Abs. 1 der Verordnung des Bezirks Unterfranken über das Landschaftsschutzgebiet "Spessart" in der Fassung der Bekanntmachung vom 3.12.2001 (Amtsblatt der Regierung von Unterfranken Nr. 23/2001, S. 321) bedarf u. a. derjenige, der beabsichtigt, im Landschaftsschutzgebiet eine bauliche Anlage im Sinne der Bayerischen Bauordnung zu errichten, einer naturschutzrechtlichen Erlaubnis. Nach § 6 Abs. 2 der Verordnung ist die Erlaubnis zu erteilen, wenn das Vorhaben keine der in § 5 genannten Wirkungen hervorrufen kann oder diese Wirkungen durch Nebenbestimmungen ausgeglichen werden können. Nach § 5 der Verordnung ist es verboten, Veränderungen vorzunehmen, die geeignet sind, die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts zu vermindern, den Naturgenuss zu beeinträchtigen oder das Landschaftsbild zu verunstalten. Nach dem Ergebnis des vom Senat eingenommenen Augenscheins würde die Errichtung der geplanten Anlage nicht zu einer Verunstaltung des Landschaftsbilds führen. Denn eine solche Verunstaltung liegt nur dann vor, wenn das jeweilige Vorhaben dem Landschaftsbild in ästhetischer Hinsicht grob unangemessen ist und auch von einem für ästhetische Eindrücke offenen Betrachter als belastend empfunden wird (vgl. BVerwG vom 18.3.2003 BauR 2004, 295 m.w.N.). Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Obgleich der konkrete Standort im Landschaftsschutzgebiet liegt, erweist er sich nicht als besonders schutzwürdig. Das Baugrundstück und die Nachbargrundstücke sind durch bereits vorhandene Gebäude und vor allem durch den Rundfunksender und andere dominante Antennenmasten sehr stark vorbelastet. Die nähere Umgebung des Baugrundstücks wird durch diese Anlagen maßgeblich geprägt und in ihrem landschaftsästhetischen Erscheinungsbild völlig entwertet. Selbst bei Berücksichtigung des ständigen Drehens der Rotorblätter und des Umstands, dass das geplante Vorhaben die vorhandenen Sendemasten noch um ca. 60 m überragen würde, kann nicht von einer entscheidenden Verschlechterung der bestehenden Situation durch die Errichtung einer Windkraftanlage gesprochen werden. Im Nahbereich wäre die Anlage zwar optisch wahrnehmbar, würde aber die vorhandene Störung kaum verstärken. Im Fernbereich wäre die Anlage wegen ihrer in einem dicht bewaldeteten Gebiet nur von einem kurzen Teilstück der Autobahn (A 3) aus wahrzunehmen. Allerdings ist von dort aus auch die bereits vorhandene Vorbelastung durch die Großsendeanlage deutlich erkennbar. Andere Standorte, insbesondere solche, die einen für das Landschaftsbild besonders ungünstigen Blick auf das geplante Vorhaben erlauben würden, konnten die Beklagtenvertreter trotz Aufforderung durch den Senat nicht benennen. Aus den beschriebenen Gründen ist die Errichtung der Windkraftanlage am geplanten Standort auch nicht geeignet, den Naturgenuss zu beeinträchtigen. Zwar ist durchaus zu erwarten, dass der ******berg von Wanderern und Spaziergängern aufgesucht wird, dem Baugrundstück und seiner näheren Umgebung kommt aber wegen der beschriebenen Vorbelastung keinerlei Erholungsfunktion zu. Da auch keine Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass das geplante Vorhaben geeignet ist, die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts zu vermindern, sind die Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis nach § 6 Abs. 2 der Landschaftsschutzverordnung gegeben.

cc) Ob dem Vorhaben Belange des Naturschutzes im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB, insbesondere des Vogelschutzes, entgegenstehen, hat der Senat angesichts der sich aus anderen Gründen ergebenden fehlenden Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens nicht aufgeklärt. Ebenso dahin stehen kann, ob die Errichtung der Anlage auch naturschutzrechtlich unzulässig ist (vgl. zur Eigenständigkeit dieser Prüfung: BVerwG vom 13.12.2001 BayVBl. 2002, 739).

dd) Nicht entscheidungserheblich ist auch, ob das geplante Vorhaben die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen in einer dem Vorhaben entgegenstehenden Weise stört (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 BauGB). Es kommt daher nicht darauf an, ob dieser Belang neben dem Schutz der Flugsicherheit auch dem Schutz sonstiger Einrichtungen der Nachrichtentechnik dient (vgl. Krautzberger in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 10. Aufl. 2007, RdNr. 68 zu § 35).

ee) Ziele der Raumordnung im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 oder Satz 2 Halbsatz 1 BauGB stehen dem Vorhaben nicht entgegen. Dabei ist unerheblich, ob es sich bei der streitgegenständlichen Windkraftanlage überhaupt um ein raumbedeutsames Vorhaben handelt (vgl. BayVGH vom 22.5.2002 Az. 26 B 01.2234, wo dies für eine Anlage mit einer Höhe von knapp 100 m angenommen wurde, bestätigt durch BVerwG vom 2.8.2002 BauR 2003, 837).

Eine Ausweisung an anderer Stelle als Ziel der Raumordnung im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB sieht der Regionalplan der Region Würzburg (2) für Windkraftanlagen nicht vor. Ein solcher Planungsvorbehalt setzt voraus, dass die Planung Ausdruck eines schlüssigen gesamträumlichen Planungskonzepts ist und sicherstellt, dass sich die betroffenen Vorhaben an anderer Stelle gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzen (BVerwG vom 13.3.2003 NVwZ 2003, 738 und vom 12.12.2002 NVwZ 2003, 733). Die seit 20. Mai 2005 verbindliche 4. Änderung des Regionalplans der Region Würzburg (2) bestimmt unter "Ziel B X 3.2" für Windeenergieanlagen folgendes:

"In den Schutzzonen der Naturparke Spessart und Steigerwald sind überörtlich raumbedeutsame Vorhaben zur Windenergienutzung in der Regel ausgeschlossen, sofern nicht im Einzelfall nachgewiesen wird, dass das öffentliche Interesse an der Erzeugung regenerativen Stroms größer ist als das öffentliche Interesse an der Einhaltung des in den Naturparkverordnungen festgelegten Schutzzwecks."

Damit schließt die Regelung Windenergieanlagen in den dort bezeichneten Gebieten aus, ohne aber Festlegungen über die Konzentration solcher Anlagen an anderen Standorten zu enthalten. Für die übrigen Gebiete der Region ist lediglich der Begründung der Änderungsfassung zu entnehmen, dass dort die Errichtung von Windenergieanlagen im Rahmen der seit dem 1. Juli 1997 gültigen bauplanungsrechtlichen Privilegierung möglich sein soll. Dies reicht aber nicht aus, um die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zu begründen. Denn durch einen bloßen Verweis auf die gesetzliche Regelung ist nicht sichergestellt, dass sich die Windenergienutzung in diesen Gebieten gegenüber konkurrierenden Nutzungen tatsächlich durchsetzen kann.

Die vorliegende Festsetzung von Ausschlussgebieten stellt auch kein Ziel der Raumordnung im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 BauGB dar. Ob ein solches Ziel vorliegt, richtet sich nicht nach der Bezeichnung der Planaussage, sondern nach ihrem materiellen Gehalt (BVerwG vom 18.9.2003 BVerwGE 119, 54). Ziele der Raumordnung sind verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums (§ 3 Nr. 2 ROG). Diese Voraussetzungen erfüllt die vorliegende Planaussage nicht. Dabei ist es zwar grundsätzlich unschädlich, dass die Bestimmung eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweist (BVerwG vom 18.9.2003 a.a.O.). Zielqualität kommt ihr aber deshalb nicht zu, weil der Plangeber die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Ausnahmefalls nicht mit der hinreichenden tatbestandlichen Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit abschließend festgelegt, sondern von einer Abwägung im Einzelfall abhängig gemacht hat, die nicht vom Planungsträger selbst, sondern von anderer Stelle vorgenommen wird.

Im Übrigen sind hier ohnehin die Voraussetzungen eines solchen Ausnahmefalls gegeben. Nach der Begründung der 4. Änderung des vorliegenden Regionalplans soll mit der Festlegung des genannten "Ziels" vor allem das typische Landschaftsbild der Naturparkzonen bewahrt werden. Wie bereits ausgeführt, kommt aber diesem Belang am geplanten Standort der Anlage wegen der dort bereits vorhandenen Vorbelastung und der umgebenden dichten Bewaldung kein besonderes Gewicht zu, so dass eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Bewahrung des Landschaftsbildes und dem öffentlichen Interesse an der Erzeugung regenerativen Stroms zugunsten des zuletzt genannten Belangs ausfallen müsste.

Auch die Planaussage unter B X 3.1 des Regionalplans stellt kein Ziel der Raumordnung im Sinnes § 35 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 BauGB dar. Die Bestimmung hat folgenden Wortlaut:

"Bei der Errichtung von überörtlich raumbedeutsamen Windenergieanlagen soll durch eine vorausschauende Standortplanung vor allem darauf geachtet werden, dass der Naturhaushalt, das Landschaftsbild und die Erholungsfunktion der Landschaft nicht erheblich oder nachhaltig beeinträchtigt werden und dass unzumutbare Belästigungen der Bevölkerung durch optische und akustische Einwirkungen der Anlagen vermieden werden."

Ein Ziel der Raumordnung im genannten Sinne setzt einen in der Sache über die Anforderungen des § 35 Abs. 2 und 3 BauGB hinausgehenden Regelungsgehalt voraus (BVerwG vom 20.1.1984 BVerwGE 68, 319). Solche Anforderungen enthält die genannte Festlegung nicht. Eine eigenständige Bedeutung kommt ihr daher nicht zu.

b) Die Erteilung der begehrten Baugenehmigung scheitert aber daran, dass die geplante Windkraftanlage nicht mit den Abstandsflächenvorschriften des Art. 6 BayBO 1998 zu vereinbaren ist.

aa) Unmittelbar gelten diese Regelungen nur für Gebäude (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 BayBO 1998), also für selbständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können (Art. 2 Abs. 2 BayBO 1998). Nachdem hier zunächst eine Baugenehmigung für eine Anlage mit Stahl- bzw. Betonturm und Innenaufstieg, deren Turm jedenfalls ohne weiteres als Gebäude im Sinne der Bayerischen Bauordnung anzusehen ist, beantragt war, haben die Kläger mit Schreiben vom 16. November 2001 ihren Bauantrag geändert und die streitgegenständliche Anlage, deren Turm aus einem Gittermast besteht, zur Genehmigung gestellt. Der Gittermast nimmt ausweislich der vorgelegten Skizze des Herstellers am Boden eine Fläche von 25,5 m x 25, 5 m in Anspruch. Die Nabenhöhe der Anlage beträgt 150 m, der Rotordurchmesser 70,5 m; insgesamt hat die Anlage damit eine Höhe von 185,25 m. Da von Anlagen dieser Dimension gebäudegleiche Wirkungen ausgehen, gelten gemäß Art. 6 Abs. 9 BayBO 1998 die Abstandsflächenvorschriften sinngemäß (BayVGH vom 12.3.1999 BayVBl. 2000, 630 m.w.N.; vgl. auch OVG MV vom 20.6.2006 NordÖR 2007, 78 und vom 30.5.2000 NVwZ 2001, 454; NdsOVG vom 13.8.2001 NVwZ-RR 2002, 334; OVG NRW vom 29.8.1997 NVwZ 1998, 978; SächsOVG vom 16.9.2003 SächsVBl 2004, 106). Die streitgegenständlichen Anlage hat damit Abstandsflächen einzuhalten, die grundsätzlich auf dem Baugrundstück selbst liegen müssen (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO 1998).

Nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO 1998 bemisst sich die Tiefe der Abstandsfläche nach der Wandhöhe. Ob für die Berechnung der maßgeblichen Wandhöhe H (Art. 6 Abs. 3 Satz 6 BayBO 1998) bei Windkraftanlagen vom Abstand der Geländeoberfläche bis zur Höhe der Achse des Rotors oder bis zum höchsten Punkt der vom Rotor bestrichenen Fläche (Gesamthöhe) auszugehen ist (so OVG MV vom 20.6.2006 a.a.O. und vom 30.5.2000 a.a.O.; NdsOVG vom 13.8.2001 a.a.O.; OVG NRW vom 29.8.1997 a.a.O.; SächsOVG vom 16.9.2003 a.a.O.; offen gelassen BayVGH vom 12.3.1999 a.a.O.) muss hier nicht entschieden werden. Ebenfalls unerheblich ist es im vorliegenden Fall, ob die Abstandsfläche vom Fuß des Mastes oder im Hinblick auf die Rotorbewegungen vom Rand eines dieser Bewegung entsprechenden auf die Geländeoberfläche projizierten Kreises aus zu berechnen ist (so wohl SächsOVG vom 2.2.2007 SächsVBl 2007, 132), und in welcher Weise der Rotor in das System der Abstandsflächen eingefügt werden kann. Schließlich kann auch offen bleiben, ob Windkraftanlagen grundsätzlich das 16-m-Privileg (Art. 6 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO 1998) in Anspruch nehmen können (dafür: NdsOVG vom 13.8.2001 a.a.O.; dagegen: OVG NRW vom 29.8.1997 a.a.O.) und auch auf welche "Wandlänge" ggf. abzustellen ist (vgl. OVG MV vom 20.6.2006 a.a.O. und vom 30.5.2000 a.a.O.; OVG NRW vom 29.8.1997 a.a.O., die durchgängig den Rotordurchmesser zugrunde legen). Denn nach dem vorgelegten Lageplan beträgt der vom Mittelpunkt des geplanten Standorts kreisförmig beschriebene Abstand zu den benachbarten Grundstücksgrenzen zwischen 41,2 m und 143 m. Damit kann das Vorhaben schon in Bezug auf den Turm selbst zu keiner Grundstückgrenze hin einen Abstand einhalten, der annähernd dem Abstand zwischen der Geländeoberfläche und der Rotorachse entspricht. Hinzu kommt, dass sich auf dem Baugrundstück zwei Gebäude befinden, deren Abstandsflächen sich in nicht zulässiger Weise mit denen der geplanten Anlage überdecken würden (Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayBO 1998).

bb) Die Voraussetzungen für eine Abweichung nach Art. 70 Abs. 1 BayBO 1998 liegen - insbesondere im Hinblick auf die auf den Nachbargrundstücken mit den Fl.Nrn. **** und **** vorhandene Bebauung - offensichtlich nicht vor.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 ff. ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Beschluss:

In Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 15. Januar 2004 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf je 75.000 Euro festgesetzt (§§ 25 Abs. 2 Satz 2, 13 Abs. 1 GKG a.F, § 72 Nr. 1 GKG n.F.).

Ende der Entscheidung

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