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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 24.10.2005
Aktenzeichen: 3 B 03.3367
Rechtsgebiete: GG, BayVwVfG, BRRG, BBVAnpG 99


Vorschriften:

GG Art. 2 Abs. 1
GG Art 20 Abs. 3
GG Art. 33 Abs. 5
BayVwVfG Art. 32
BRRG § 126 Abs. 3
BBVAnpG 99 Art. 9 § 1 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

3 B 03.3367

In der Verwaltungsstreitsache

wegen amtsangemessener Alimentation;

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 06. November 2003,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 3. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Thomas, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. Burger-Veigl, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Weber

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 19. Oktober 2005 am 24. Oktober 2005 folgendes Urteil:

Tenor:

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 6. November 2003 wird aufgehoben.

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom 14. Juni 2002 verpflichtet, dem Kläger für das am 5. Juli 1982 geborene Kind die erhöhten amtsangemessenen familienbezogenen Gehaltsbestandteile entsprechend den Vorgaben in Art. 9 § 1 BBVAnpG für die Zeit ab dem 1. Januar 1991 bis zum 31. Dezember 1998 in Höhe von 8.456,99 Euro (entspricht 16.540,44 DM) nebst Zinsen von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu gewähren.

II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist seit 2. Januar 1990 Steueramtmann im Dienst des Beklagten. Er hat drei in den Jahren 1975 bis 1982 geborene Kinder.

Im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Entscheidung vom 22.3.1990, BVerfGE 81, 363 ff.) zur Höhe der familienbezogenen Anteile der Alimentation der Beamten für den Zeitraum vom 1. Januar 1977 bis zum 31. Januar 1981 und ihrer möglichen Auswirkungen aus damaliger Sicht für die Zukunft erließ das Bayerische Staatsministerium der Finanzen (StMF) ein Schreiben vom 21. Dezember 1990 (künftig: FMS), das unter anderem an die Staatskanzlei, die Staatsministerien sowie die nachgeordneten Behörden des eigenen Ressorts gerichtet war. Der einleitende Absatz und der nachfolgende Abschnitt lauten wie folgt (wobei die zur Verbesserung der Zitierfähigkeit eingefügten Nummerierung der Absätze und Sätze im Original nicht enthalten ist):

"Zu den Bundesverfassungsgerichtsbeschlüssen vom 22.3.1990 - 2 BvL 1/86 - und vom 29.5.1990 - 1 BvL 20/84, 25/84, 4/86 - wird auf folgendes hingewiesen:

I. Verfassungswidrigkeit der kinderbezogenen Teile des Ortszuschlags

[1] Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass Art. I § 1 Nr. 8 i.V.m. Anlage 2 sowie Art. VIII § 4 Abs. 1 des Siebenten Gesetzes über die Erhöhung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern vom 20. März 1979 mit Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes nicht vereinbar ist, soweit der Gesetzgeber es unterlassen hat, die kinderbezogenen Gehaltsbestandteile bei verheirateten Beamten der Besoldungsgruppe A 11 mit mehr als 2 Kindern zum 1. Januar 1977 in einer dem Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation entsprechenden Höhe festzusetzen.

[2] 1 Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22.3.1990 beschränkt sich auf einen konkreten Fall, d. h. auf einen konkreten Zeitraum vom 1.1.1977 bis 31.1.1981. 2 Zum damaligen Zeitpunkt gab es nur einen einheitlichen Familienlastenausgleich, d. h. es wurde ein vom Elterneinkommen unabhängig gestaffeltes Kindergeld gezahlt, aber kein Kinderfreibetrag gewährt. 3 Zudem wurde in der Zeit vom 1.3.1978 bis 31.12.1978 der kinderbezogene Teil nur in den Stufen 5 und höher des Ortszuschlags erhöht. 4 Für das dritte Kind (Stufe 5) wurde der Ortszuschlag im Vergleich zur vorangegangenen Regelung von DM 37,75 auf DM 90, für das vierte und fünfte Kind von je DM 71,55 auf DM 110 etc. erhöht. 5 Heute dagegen gilt wieder das duale System, d.h. es werden Kinderfreibeträge (zur Zeit in Höhe von DM 3.024) und Kindergeld nebeneinander gewährt. 6 Zusätzlich wurden 1985 einheitliche Kinderanteile im Ortszuschlag (zur Zeit in Höhe von DM 126,44 pro Kind) eingeführt.

[3] 1 Die Besoldungsrechtslage nach dem 31.1.1981 war nicht entscheidungserheblich. 2 Es wurde dem Gesetzgeber aber in dem Beschluss nahe gelegt, dass die Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung vorgelegten Vorschriften nicht ohne Folgen für spätere Regelungen bleiben kann. 3 Hierbei geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass eine allgemeine Korrektur der für verfassungswidrig erklärten Regelung nur für den Zeitraum in Betracht kommt, der mit dem Haushaltsjahr beginnt, in dem durch die verfassungsgerichtliche Entscheidung die Verfassungswidrigkeit festgestellt worden ist, d. h. ab dem Jahr 1990 (vgl. S. 30).

[4] Insoweit müssen weder Anträge gestellt noch Widersprüche eingelegt werden.

[5] 1 In Besprechungen zwischen dem Bundesminister des Innern und den Ländern wird demnächst geklärt, ob die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts auch auf die heutige Rechtslage zutreffen. 2 Zu berücksichtigen ist hierbei insbesondere, dass bei der Bedarfsfeststellung bezüglich der entsprechenden familiengerechten Besoldung betragsmäßig auch die an alle gewährten staatlichen Sozialleistungen, wie Kindergeld und die im Steuerrecht gewährten Kinderfreibeträge mitberücksichtigt werden dürfen. 3 Demgemäß muss erst abgewartet werden, welche Regelung der Gesetzgeber hinsichtlich der Bundesverfassungsgerichtsbeschlüsse vom 29.5.1990 zum Kindergeld und Kindergeldfreibetrag trifft.

[6] 1 Für den Zeitraum 1.1.1982 bis 31.12.1989 muss ebenfalls erst geklärt werden, ob und vor allem welche Korrektur der kinderbezogenen Ortszuschlagsregelung sich als notwendig erweist. 2 Eine besoldungsrechtliche Komponente ist hierbei ab 1983 abhängig von den rückwirkenden Änderungen beim Kinderfreibetrag und Kindergeld. 3 Eine Korrektur kann sich hierbei laut Bundesverfassungsgericht (vgl. S. 30) auf "diejenigen Beamten beschränken, welche den ihnen von Verfassung wegen zustehenden Anspruch auf amtsangemessene Alimentation zeitnah, also während des jeweils laufenden Haushaltsjahres gerichtlich geltend gemacht haben, ohne dass über ihren Anspruch schon abschließend entschieden worden ist. 4 Die gesetzliche Regelung des Bundesbesoldungsgesetzes gilt daher für alle Beamten, die ihre Ansprüche nicht gerichtlich geltend gemacht haben.

[7] Wegen der unklaren Rechtslage - es könnten weitere Entscheidungen des BVerfG für diesen Zeitraum ergehen bzw. es sind die politischen Erwägungen des Gesetzgebers nicht absehbar -, wird auf die Einrede des Eintritts der Verjährung gemäß § 197 BGB zum 31.12.1990 aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung verzichtet.

[8] Alle Entscheidungen über gestellte Anträge und eingelegte Widersprüche sind bis zur Entscheidung des Gesetzgebers zurückzustellen und die Beamten entsprechend zu unterrichten."

Das FMS wurde vom Bayerischen Beamtenbund in seinen BBB-Nachrichten 1/2/1991 im Rahmen eines Artikels mit der Überschrift "Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Familienlastenausgleich und die Folgen" vollständig abgedruckt. Diesem Text ist nach einigen Ausführungen des Verfassers des Beitrags, der hinsichtlich der vorliegend verfahrensgegenständlichen Besoldung für Beamte mit zwei (richtig: drei) oder mehr Kindern Hinweise zur Anspruchsverjährung gibt, folgender Absatz vorangestellt:

"Möglicherweise hat diese Einleitung mehr verwirrt als geklärt. Es war zumindest der Versuch, die dahinter stehende Rechtsproblematik aufzuzeigen. Wie die Handhabung der Verwaltung - auch zur Vermeidung ungezählter Einsprüche und sonstiger Rechtsbehelfe - vor sich gehen soll, ergibt sich aus den vorzitierten Rundschreiben des Finanzministeriums vom 21.12.1990, das wie folgt lautet:"

Der Kläger stellte mit Schreiben vom 16. April 2002 bei der Bezirksfinanzdirektion A. (künftig: BFD) einen "Antrag auf amtsangemessene Alimentierung für den Zeitraum 1990 bis 1998", in dem bei ihm drei Kinder zu berücksichtigen gewesen seien. Er habe aus dem FMS, das unter anderem in den BBB-Nachrichten 1/2/1991 abgedruckt worden sei, abgeleitet bzw. herausgelesen, dass eine allgemeine Korrektur der Bezüge erst ab 1990 in Betracht komme, "insoweit aber weder Anträge gestellt noch Widersprüche eingelegt werden müssten". Auf Grund dieser Ausführungen habe er keinen Grund zum Handeln gesehen und sich auf die automatische Anpassung an die verfassungsrechtlichen Vorgaben verlassen. Er bitte um Nachzahlung der entsprechenden Beträge für den Zeitraum 1990 bis 1998.

Die BFD wertete diesen Antrag als Widerspruch und wies ihn mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2002 als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, nach Art. 9 § 1 BBVAnpG 99 erhielten u.a. Kläger und Widerspruchsführer für den Zeitraum vom 1. Januar 1988 bis 31. Dezember 1998 für das dritte und jedes weitere in ihrem Ortszuschlag bzw. Familienzuschlag zu berücksichtigende Kind monatliche Erhöhungsbeträge, wenn sie ihren Anspruch innerhalb des genannten Zeitraums geltend gemacht hätten, ohne dass hierüber schon abschließend entschieden worden sei. Auch das Bundesverwaltungsgericht habe mit Urteil vom 28. Juni 2001 (Az. 2 C 46.00- BVerwGE 114, 350 ff.) nichts anderes festgestellt. Der Kläger habe aber vor dem 1. Januar 1999 seine Besoldung nicht im Hinblick auf die Zahl seiner Kinder als verfassungswidrig beanstandet und deshalb höheren Familienzuschlag beantragt. Ob er von einem solchen Antrag tatsächlich durch das FMS, das im Übrigen für die eingetretene Entwicklung der Gesetzgebung keinen Vertrauensschutz biete, abgehalten worden sei, könne dahingestellt bleiben. Für den Anspruch auf Erhöhungsbeträge komme es nämlich ausschließlich auf die Stellung eines solchen Antrags beziehungsweise die Erhebung eines Widerspruchs an.

Der Kläger erhob rechtzeitig Klage zum Verwaltungsgericht. Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, das FMS sei ihm inhaltlich bekannt und aufgrund der darin enthaltenen eindeutigen Aussage seines obersten Dienstvorgesetzten dafür ursächlich gewesen, dass er vor dem 16. April 2002 keinen Antrag auf Nachzahlung gestellt habe. Ihm stehe auf Grund des Antrags vom 16. April 2002 ein Anspruch auf Nachzahlung unmittelbar aus dem Bundesbesoldungs- und versorgungsanpassungsgesetz 1999 zu.

Der Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2002 habe sich in seiner Ablehnung auch auf etwaige Schadensersatzansprüche des Klägers bezogen, wie sich aus einem Schreiben des Beklagten vom 29. Juli 2002 ergebe.

Der Kläger beantragte zuletzt,

den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 14. Juni 2002 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, für das am 5. Juli 1982 geborene Kind amtsangemessene Alimentation entsprechend den Vorgaben in Art. 9 § 1 BBVAnpG 99 ab dem 1. Januar 1991 bis zum 31. Dezember 1998 in Höhe von 8.456,99 Euro (entspricht 16.540,44 DM) nebst Zinsen ab Rechtshängigkeit, deren Höhe 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB beträgt, an den Kläger zu gewähren.

Der Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verwies er namentlich auf die mit der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung im Einklang stehende Gesetzeslage. Zu berücksichtigen sei auch, dass das FMS an die nachgeordneten Behörden des eigenen und die obersten Dienstbehörden der anderen Ressorts gerichtet und nicht zur Weitergabe an die Beamten oder zur Veröffentlichung bestimmt gewesen sei. Das Ministerium habe lediglich angeordnet, dass Beamte, die einen Antrag gestellt bzw. Widerspruch erhoben hätten, über die Zurückstellung der Entscheidung zu unterrichten seien. Dementsprechend mache der Kläger nicht geltend, dass ihm seine Besoldungsstelle das Schreiben zur Kenntnis gebracht habe. Auch die Tatsache, dass er eine höhere Besoldung erst im Jahr 2002 gefordert habe, spreche dafür, dass er nicht durch das FMS von der Antragstellung abgehalten worden sei, denn er habe allen Grund gehabt, die Umsetzung der verfassungsgerichtlichen Entscheidung vom 22. März 1990 durch den Gesetzgeber zu beobachten. Anzunehmen sei, dass er erst durch die Veröffentlichungen des Bayerischen Beamtenbundes im Frühjahr 2002 veranlasst worden sei, einen Anspruch geltend zu machen.

Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 6. November 2003 ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus:

Der Kläger könne den geforderten Betrag nach Art. 9 § 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 BBVAnpG 99 (eine Regelung, die mit den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts vom 22.3. 1990, Az. 2 BvL 1/86 - BVerfGE 81,363 - und vom 24.11.1998, Az. 2 BvL 26/91 u. a. - BVerfGE 99,300 - in Übereinstimmung stehe) für den von ihm geltend gemachten Zeitraum nicht beanspruchen, denn er gehöre nicht zu dem im Gesetz als anspruchsberechtigt genannten Personenkreis. Dieser umfasse nur Kläger und Widerspruchsführer, die ihren - in der Vergangenheit nicht erfüllten - Anspruch auf amtsangemessene Besoldung auch hinsichtlich des dritten Kindes (und weitere Kinder) in dem jeweiligen Haushaltsjahr als Kläger und Widerspruchsführer geltend gemacht hätten, ohne dass darüber schon abschließend entschieden worden sei. An dieser Voraussetzung habe auch das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 28. Juni 2001 (BVerwGE 114,3 150) festgehalten und lediglich entschieden, dass Schreiben, mit denen ein Beamter seine Besoldung unter Hinweis auf die Zahl seiner Kinder als zu niedrig beanstandet habe, ungeachtet ihrer Bezeichnung als Widerspruch auszulegen seien und es eines (zusätzlichen) vorgeschalteten Antragsverfahrens nicht bedurft habe.

Der Beklagte habe seine Fürsorgepflicht gegenüber dem Kläger durch das FMS nicht verletzt. Dies würde voraussetzen, dass der Kläger durch den Beklagten falsch informiert worden sei. Der Kläger sei jedoch nicht durch den Beklagten über den Inhalt des FMS informiert worden, sondern durch die Veröffentlichung des Bayerischen Beamtenbundes in den BBB-Nachrichten 1/2/1991, obwohl es dazu vom Beklagten nicht vorgesehen gewesen sei. Zur damaligen Zeit sei offenkundig auch der Bayerische Beamtenbund, der das FMS nicht auf offiziellem Wege erhalten habe, der Auffassung gewesen, dass es sich dabei um ein behördeninternes Schreiben handele. Dem Abdruck in den BBB-Nachrichten sei nämlich der erläuternde Satz des Inhalts vorangestellt gewesen, wie die Handhabung der Verwaltung ... vor sich gehen solle, ergebe sich aus dem vorzitierten FMS. Hinzu komme, dass der Verfasser des Artikels in den BBB-Nachrichten zwar im Grundsatz zutreffend davon ausgehe, dass "auch die Nachfolgegesetze etwa für Beamte mit zwei und mehr Kindern im kinderbezogenen Teil des Ortszuschlags verfassungswidrig sind", dann aber den unzutreffenden Schluss ziehe, Anträge auf Zahlung verfassungsgemäßer, also höherer Bezüge müssten nicht gestellt werden, weil das StMF mit dem FMS auf die Einrede der Verjährung verzichtet habe. Zudem spreche der Umstand, dass der Beamte den Nachzahlungsanspruch erst fast eineinhalb Jahre nach dem Erlass des Bundesbesoldungs- und versorgungsanpassungsgesetzes 1999 geltend gemacht habe, dafür, dass er sich zuvor nicht um seine amtsangemessene, familiengerechte Alimentation bemüht habe.

Der Kläger legte gegen dieses Urteil die vom Senat zugelassene Berufung ein. Er wiederholte und vertiefte in ihrer Begründung sein erstinstanzliches Vorbringen und ergänzte insbesondere, dass sich die Höhe seines Anspruchs auf Besoldung an den Vorgaben des Art. 9 § 1 BBVAnpG 99 orientiere. Der Kläger sei vom unmittelbaren Wortlaut dieser Vorschrift allerdings nicht erfasst. Doch müsse er so gestellt werden, als ob er einen Antrag gestellt hätte, der die in dieser Vorschrift aufgestellten Bedingungen erfülle. Das FMS sei nämlich die Hauptursache dafür, dass es an einem solchen Antrag fehle. Zum Zeitpunkt der Entstehung des - anhand des Empfängerhorizonts auszulegenden - FMS sei man auf Seiten des Dienstherrn ausweislich eines Vermerks der Oberfinanzdirektion N. vom 28. Januar 1991 selber davon ausgegangen, dass eine generelle gesetzliche Regelung ohnehin erfolgen werde und alle betroffenen Beamten auf dieser Basis Nachzahlungen erhalten würden. Richtigerweise hätte der Beklagte den Kläger an Hand der seinerzeitigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf die Notwendigkeit eines ausdrücklichen Antrags auf Nachzahlungen hinweisen müssen, wie dies beispielsweise das Präsidium der Bayerischen Grenzpolizei mit Schreiben vom 14. Februar 1991 (vom Kläger als Anlage zu seiner Begründung auf Zulassung der Berufung vorgelegt) für den ihr nachgeordneten Bereich getan habe. Demgegenüber sei der Kläger durch seine vorgesetzten Dienststellen davon abgehalten worden, die von ihm ursprünglich beabsichtigten, erforderlichen rechtlichen Schritte durchzuführen.

Daran ändere nichts der Umstand, dass das FMS nicht zur Weiterleitung an die Beamten gedacht gewesen sei. Doch habe sein Inhalt nicht lediglich als Arbeitsgrundlage im Ministerium dienen sollen, sondern das FMS sei zur Information, d.h. mit Außenwirkung, in Umlauf gebracht worden. Deshalb müsse sich der Dienstherr am Inhalt, gleichgültig, wie er dem Kläger bekannt geworden sei, festhalten lassen. Danach habe man dem Kläger abgeraten, die Bezügeerhöhung zeitnah zu beantragen.

Der Kläger habe auch hilfsweise einen Schadensersatzanspruch aus der Verletzung der im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis wurzelnden Verbindlichkeiten (analog § 280 BGB). Spätestens mit dem Inkrafttreten des Dienstrechtsreformgesetzes 1997 hätte der Dienstherr die falsche Information durch eine klarstellende Formulierung korrigieren müssen.

Das StMF habe in einem Schreiben vom 21. Januar 2000 an den damaligen Vorsitzenden des Bayerischen Beamtenbundes (das dem Senat in Abdruck vorgelegt wurde) ausgeführt, eine weitergehende besoldungsrechtliche Rückwirkung, die auch Beamte und Versorgungsempfänger mit einbeziehe, die einen entsprechenden besoldungsrechtlichen Anspruch in einer anderen Weise als durch Klage oder Widerspruch geltend gemacht hätten, sehe das Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1999 nicht vor.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils wie folgt zu entscheiden:

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 14. Juni 2002 DM verpflichtet, dem Kläger für das am 5. Juli 1982 geborene Kind amtsangemessene Alimentation entsprechend den Vorgaben in Art. 9 § 1 BBVAnpG 99 ab dem 1. Januar 1991 bis zum 31. Dezember 1998 in Höhe von 8. 456,99 Euro (das entspricht 16.540,44 DM) nebst Zinsen ab Rechtshängigkeit, deren Höhe fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz beträgt, zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er begründet dies im Wesentlichen entsprechend seiner bisherigen Argumentation unter Verteidigung der erstinstanzlichen Entscheidung und ergänzt im Wesentlichen wie folgt:

Der Kläger gehe nach seinem Zulassungsantrag davon aus, dass in dem FMS das Wort "insoweit" (weder Anträge gestellt noch Widersprüche eingelegt werden müssen) als ein "deshalb" ausgelegt werden müsse. Die darin liegende Umdeutung liege aber nicht nahe; der Begriff "insoweit" beziehe sich nach zutreffender Auslegung vielmehr auf eine gesetzliche Neuregelung mit Wirkung ex nunc und stehe im Einklang mit der Regelung, das sich Besoldungsansprüche der Beamten allein aus dem Gesetz ergäben. Hätte der Kläger seinerzeit tatsächlich beabsichtigt gehabt, rechtliche Schritte wegen der von ihm zu gering angesehenen Alimentation einzuleiten, hätte er sich durch eine Zusicherung absichern können, dass ihm durch das Absehen von einer Antragstellung keine rechtlichen Nachteile entstünden.

Vertrete man die Auffassung, das FMS spreche für die Argumentation des Klägers, so könne es diesem dennoch nicht zur Durchsetzung seines Anspruchs verhelfen. Es sei nämlich nicht ersichtlich, ob bzw. wann der Kläger davon Kenntnis genommen habe. Es habe sich gerade nicht an die Beamten, sondern an die nachgeordneten Behörden gewandt. Wenn es von Berufsverbänden veröffentlicht worden sei, so trügen diese zudem die Verantwortung dafür, dass die Betroffenen hieraus keine falschen Schlüsse zögen.

Ein Anspruch auf Schadensersatz sei bereits im Hinblick auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts unter Berücksichtigung der so genannten Kollegialgerichtsrichtlinie zu verneinen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat Erfolg. Der Kläger hat einen Anspruch darauf, dass der Beklagte ihm die erhöhten familienbezogenen Gehaltsbestandteile für sein drittes Kind für den Zeitraum vom 1. Januar 1991 bis zum 31. Dezember 1998 - gemäß den im Bundesbesoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetz 1999 festgesetzten monatlichen Erhöhungsbeträgen - in Höhe von 8456,99 Euro (entspricht 16.540,44 DM) nebst Prozesszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit gewährt.

Nach Art. 9 § 1 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BBVAnpG 99 erhalten die Kläger und Widerspruchsführer, die ihren Anspruch innerhalb des Zeitraums vom 1. Januar 1988 bis 31. Dezember 1998 geltend gemacht haben, ohne dass über ihren Anspruch schon abschließend entschieden worden ist, für das dritte und jedes weitere in ihrem Ortszuschlag bzw. Familienzuschlag zu berücksichtigende Kind monatliche Erhöhungsbeträge, die sich auf der Grundlage von 115 vom 100 des jeweiligen durchschnittlichen sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs eines Kindes der in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. November 1998 (Az. BvL 26/91 u.a., BVerfGE 99, 300) bestimmten Maßgaben errechnen. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

Der Kläger war in der Zeit vom 1. Januar 1991 bis zum 31. Dezember 1998 als Steueramtmann im Dienst des Beklagten. Seine drei Kinder wurden in den Jahren 1975 bis 1982 geboren. Der Kläger war für sie während des gesamten Zeitraums - auch unter Berücksichtigung von Ausbildungsverhältnissen - kindergeldberechtigt. Somit waren die familienbezogenen Voraussetzungen für die Erhöhung des verfahrensgegenständlichen Gehaltsbestandteils ab dem 1. April 1993 und bis zum Ablauf des Jahres 1998 gegeben.

Erfüllt ist auch die weitere Voraussetzung der genannten Vorschrift, wonach über den Anspruch des Klägers nicht schon abschließend entschieden worden sein darf. Dienstbezüge von Beamten müssen in der Regel nicht in Form von Verwaltungsakten festgesetzt werden (vgl. die Senatsentscheidung vom 19.10.2005 Az. 3 B 03.2888). Ihre Höhe ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. So haben die "Gehaltsmitteilungen", die der Dienstherr seinen Bediensteten (insbesondere bei Änderungen) zukommen lässt, nur nachrichtlichen Charakter. Die Qualität eines Verwaltungsakts hat in der Regel erst ein auf Einwendungen des Beamten gegen die Höhe der ihm mitgeteilten Bezüge ergehender Widerspruchsbescheid, wie ihn die Behörde auf Grund eines Widerspruchs gemäß § 126 Abs. 3 BRRG in einem ggf. in eine Leistungsklage mündenden Verfahren erlässt. Vorliegend ergriff allerdings der Kläger (nach einer langen Wartezeit) die Initiative, teilte der BFD mit Schreiben vom 16. April 2002 mit, dass er aus dem FMS (abgedruckt u. a. in den BBB-Nachrichten 1-2/1991) herausgelesen habe, dass hinsichtlich der (erst ab 1990 in Betracht kommenden) allgemeinen Korrektur der Bezüge "insoweit aber weder Anträge gestellt noch Widersprüche eingelegt werden müssten", und dass er aufgrund dieser Ausführungen keinen Grund zum Handeln gesehen und sich auf die automatische Anpassung an die verfassungsrechtlichen Vorgaben verlassen habe. Er bitte, die entsprechenden Beträge für den Zeitraum 1990 bis 1998 nachzuzahlen. Daraufhin erließ die BFD am 14. Juni 2002 einen entsprechenden, mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Widerspruchsbescheid, in dem der Leistungsanspruch als unbegründet zurückgewiesen wurde. Dagegen legte der Kläger fristgerecht Klage ein. Sie ist Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens.

Zu Unrecht sieht der Beklagte die außerdem bestehende tatbestandsmäßige Voraussetzung für eine Leistung nach Art. 9 § 1 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BBVAnpG 99 als nicht gegeben an, wonach der Kläger seinen Anspruch innerhalb des maßgeblichen Zeitraums - vorliegend also innerhalb der Haushaltsjahre 1991 bis 1998 - geltend gemacht haben muss.

Allerdings hat der Kläger während dieser Zeit davon abgesehen, sich mit einem entsprechenden Begehren bzw. einem förmlichen Antrag und gegebenenfalls bei deren Ablehnung mit entsprechenden Rechtsbehelfen an seinen Dienstherrn zu wenden. Doch wird dieser Umstand dadurch geheilt, dass dem Kläger hinsichtlich der Frist, innerhalb welcher der Anspruch geltend zu machen war, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist und zwar gemäß Art. 32 BayVwVfG (sofern man darauf abstellen will, dass der "Widerspruch" als Klagevoraussetzung nicht in § 68 VwGO, sondern in § 126 Abs. 3 BRRG statuiert wird; im Folgenden wird die Problematik an Hand des Art. 32 BayVwVfG abgehandelt) bzw. gemäß der dieser Norm - soweit entscheidungserheblich - inhaltsgleichen Vorschrift des § 60 VwGO (sofern man die Verweisung in § 70 Abs. 3 VwGO betonen möchte). Der Kläger war nämlich ohne Verschulden verhindert, die gesetzliche Frist nach Art. 9 § 1 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 BBVAnpG 99 einzuhalten, wobei ihm auch infolge höherer Gewalt die Einhaltung der Jahresfrist des Art. 32 Abs. 3 BayVwVfG nicht möglich war. Er hat auch mit seinem Schriftsatz vom 16. April 2002 innerhalb der Antragsfrist die versäumte Rechtshandlung nachgeholt, indem er die ihm seiner Meinung nach zustehenden, aber wider Erwarten ausgebliebenen Nachzahlungen anmahnte. Somit ist ihm hinsichtlich des genannten Zeitraums, innerhalb dessen er seinen Anspruch geltend machen musste, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß Art. 32 Abs. 2 Satz 4 VwGO von Amts wegen zu gewähren, da alle dafür tatbestandsmäßigen Voraussetzungen gegeben und auch vom Kläger glaubhaft gemacht worden sind. Darüber hinaus lässt sich dessen Schriftsatz vom 16. April 2002 auch als - zulässiger und begründeter - Wiedereinsetzungsantrag i.S.d. Art. 32 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG auslegen.

Damit verlieren die vom Verwaltungsgericht angeführten Erwägungen zu dem Gesichtspunkt, dass der Kläger bei Ausfall des Rechtsgrunds des Art. 9 § 1 Abs. 1 Satz 3 BBVAnpG 99 einen Nachzahlungsanspruch weder auf das FMS unmittelbar (Grundsätze des Gesetzesvorbehalts und des Gesetzesvorrangs) noch auf den Gesichtspunkt der Leistung von Schadensersatz unter dem Aspekt einer Verletzung der Fürsorgepflicht durch den Dienstherrn stützen kann, für den Ausgang des Verwaltungsstreitverfahrens ihre Relevanz.

Im Einzelnen gilt folgendes:

Der Kläger machte mit dem von ihm selbst bei der BFD eingereichten Antragsschreiben vom 16. April 2002 geltend, dass er aus dem FMS (abgedruckt u. a. in den BBB-Nachrichten 1-2/1991) herausgelesen habe, dass für die maßgeblichen Zeiträume zur Erhaltung der Ansprüche auf Erhöhung der Besoldung weder Anträge gestellt noch Widersprüche eingelegt werden müssten. Deshalb sei er untätig geblieben und bitte um Nachzahlung.

Die vom Kläger geschilderte Situation und seine darauf gegründete Erwartungshaltung als Ursache für die lange Untätigkeit sind glaubhaft.

Allerdings ist das FMS nicht dem Kläger vom Dienstherrn bekannt gegeben worden. Der Sachverhalt entspricht auch nicht demjenigen, der den Senatsentscheidungen vom 24. Oktober 2005, Az. 3 B 02.3061 und Az. 3 B 03.1481, zu Grunde liegt. In diesen Fällen hatte der Dienstherr in Gestalt der Oberfinanzdirektion N. mit Datum vom 28. Januar 1991 eine Verfügung erlassen, die das FMS wörtlich zitierte und den im Geschäftsbereich der Oberfinanzdirektion tätigen Beamten, darunter auch den dortigen Klägern, gegen Unterschrift zur Kenntnisnahme gegeben worden war.

Dennoch beruft sich der Beklagte zu Unrecht darauf, dass das FMS - abgesehen von den Fällen einer ausdrücklichen Bekanntgabe an Beamte - nur eine behördeninterne Funktion gehabt habe, deshalb zur Information der Beamten nicht bestimmt und somit für eine darauf gegründete Vertrauensbildung ungeeignet gewesen sei. Nach der Adressatenliste wurde das FMS nicht nur an die Staatskanzlei, die Staatsministerien sowie die dem StMF nachgeordneten Behörden, sondern z. B. auch Körperschaften des öffentlichen Rechts wie etwa dem Bayerischen Roten Kreuz, dem Bayerischen Bauernverband oder dem Bayerischen Gemeindetag zugeleitet. Außerdem wurde am Ende des Schreibens ausdrücklich gebeten, die als solche bezeichneten "Hinweise" auch den nachgeordneten Dienststellen und von ihnen beaufsichtigten Anstalten, Stiftungen und öffentlich-rechtlichen Körperschaften bekannt zu geben. Der somit erkennbar ins Auge gefasste Empfängerkreis schloss eine ganze Reihe von Behörden und Einrichtungen ein, die in der einschlägigen besoldungsrechtlichen Materie nicht zur Entscheidung befugt sind und von denen auch nicht entsprechende behördeninterne, etwa vorbereitende, Maßnahmen erwartet wurden. Es lag deshalb nahe, die Hinweise als Argumentationshilfe für die angesprochenen Behörden und Einrichtungen zur Beantwortung von einschlägigen Fragen aus dem Kreis der betroffenen Beamten zu verstehen. Das Beispiel der den Beamten gegen Unterschrift zur Kenntnis gegebenen Verfügung der Oberfinanzdirektion N. vom 28. Januar 1991 zeigt, dass dies auch so verstanden worden ist. Dies umsomehr als gerade der Passus "insoweit müssen weder Anträge gestellt noch Widersprüche eingelegt werden" seinen erkennbaren, unnötige Belastungen der Bürokratie vermeidenden Zweck nur erreichen kann, wenn der in Betracht kommende Personenkreis entsprechend informiert ist. Hätte das StMF vermeiden wollen, dass das FMS bzw. sein Inhalt den betroffenen Beamten als authentische und somit verlässliche Äußerung der nach § 7 Nr. 7 der Verordnung über die Geschäftsverteilung der Bayerischen Staatsregierung (BayRS 1102-2-S) für das Recht des öffentlichen Dienstes, u.a. für Beamten-, Besoldungs-, Versorgungs- und Tarifrecht zuständigen obersten Landesbehörde zur Kenntnis gelangt, so hätte das Staatsministerium unter den gegebenen Umständen in geeigneter Weise ausdrücklich darauf hinweisen müssen, dass es sich - jedenfalls gegenüber den betroffenen Beamten - am Inhalt nicht festhalten lassen wollte.

Bei dieser Sachlage ist es auch ohne Bedeutung, ob der Kläger vorliegend die von ihm dargelegte Kenntnis vom Inhalt des FMS nachweisen kann. Es ist nämlich wortgetreu in der Zeitschrift des Bayerischen Beamtenbundes "BBB-Nachrichten" in Heft 1/2 1991, also einer - auch nach Kenntnis des Dienstherrn - weit verbreiteten und seriösen Publikation eines großen Berufsverbands des betroffenen Personenkreises, unter der Überschrift "Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Familienlastenausgleich und die Folgen - Finanzministerium gibt zusammenfassenden Hinweis" veröffentlicht worden. Ob das FMS dem Bayerischen Beamtenbund mit oder ohne Wollen des StMF zur Kenntnis gelangt ist, hat dabei keine Bedeutung. Der Begleittext in der Veröffentlichung ist nicht geeignet, dem Beamten Unstimmigkeiten im Verständnis aufzuzeigen; dies gilt namentlich für die Ausführungen zu dem Verzicht, die Einrede der Verjährung geltend zu machen.

Auf der andere Seite wäre es die aus dem wechselseitigen beamtenrechtlichen Treueverhältnis erwachsende Pflicht des Dienstherrn gewesen, dieser auch ihm zur Kenntnis gelangten Veröffentlichung, die den Text des FMS korrekt wiedergibt, umgehend in geeigneter Weise entgegenzutreten, sofern er sich von ihrem Inhalt tatsächlich hätte distanzieren wollen. Seine Fürsorgepflicht gegenüber den von ihm beschäftigten Bediensteten hätte es geboten, einen falschen Rechtsschein zu beseitigen.

Des Weiteren muss der Dienstherr berücksichtigen, dass er es dem einzelnen Beamten, der von ihm nicht individuell über derart bedeutsame Umstände informiert wird, sondern auf die Publikationen seiner Berufsvereinigung angewiesen ist, praktisch unmöglich macht, später zu beweisen, dass er persönlich von dem Vorgang Kenntnis erlangt hat. Es kann dann nicht angehen, die Beweislast für den Kausalzusammenhang gleichwohl dem Betroffenen aufzubürden. Vielmehr muss bei Veröffentlichungen dieser Art unterstellt werden, dass die Nachricht diejenigen, die es angeht, tatsächlich erreicht hat. Beruft sich der Beamte auf die Veröffentlichung und einen dadurch begründeten Vertrauensschutz, so kann ihm fehlende Kausalität nur entgegengehalten werden, wenn sich nachweisen lässt, dass der Verzicht auf eine entsprechende Geltendmachung der Rechte in seinem konkreten Fall nicht durch die Veröffentlichung veranlasst war. Entsprechende Erwägungen zu einem - insofern - vergleichbaren Fall stellt auch die Entscheidung des BSG vom 25. März 2003 (Az. B 1 KR 36/01 R, BSGE 91, 39 ff., hier zitiert nach Juris) an. In dem dort zu beurteilenden Sachverhalt war gegenüber den Mitgliedern einer Krankenkasse (anders als im vorliegenden Fall: durch Bescheide, was aber für die hier zu behandelnde Problematik ohne Bedeutung ist) Krankengeld in einer nach zunächst umstrittener Auffassung zu niedrigen Höhe festgesetzt worden. In einer Presseerklärung sagten die Sozialpartner und die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung Leistungen für den Fall einer grundsätzlichen gerichtlichen Klärung und ggf. einer entsprechenden Reaktion des Gesetzgebers zugunsten der betroffenen Versicherten auch für den Fall zu, dass sie zur Wahrung ihrer Rechte keine Rechtsmittel einlegen würden. Die Anwendung der vom BSG hierzu angestellten Erwägungen auf den vorliegend zu entscheidenden Sachverhalt hindert - entgegen der Auffassung des Beklagten und im Hinblick auf die obigen Ausführungen - nicht der Umstand, dass das FMS in dem Organ eines Berufsverbands, die Zusage hinsichtlich der Festsetzung des Krankengeldes aber durch die Sozialpartner und die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung veröffentlicht worden sind. Gegenüber der Entscheidung des BSG ist vorliegend sogar ein Gedankenschritt weniger notwendig, nämlich der, dass die umstrittene Erklärung nicht von der dortigen Beklagten, sondern von deren Spitzenorganisation stammte, der Beklagten aber zugerechnet wurde. Das - in den BBB-Nachrichten veröffentlichte - FMS hingegen stammte unmittelbar vom beklagten Dienstherrn.

Das FMS war inhaltlich geeignet, beim Kläger den Eindruck zu erwecken, er könne vorerst untätig bleiben, ohne sich der Gefahr eines Rechtsverlustes auszusetzen. Maßgeblich für den Inhalt einer behördlichen Erklärung ist nämlich nicht das von der Behörde Gewollte, sondern der Erklärungsinhalt, wie ihn der Adressat bei objektiver Würdigung verstehen durfte, wobei Unklarheiten zu Lasten der Verwaltung gehen (vgl. zutreffend etwa OVG Münster vom 30.6. 2004, NVwZ-RR 2005, 451). Inhalt, Intention und Wirkung des FMS stellen sich in den verfahrensrelevanten Passagen bei unbefangener Betrachtungsweise aus dem insofern maßgeblichen Empfängerhorizont des Beamten wie folgt dar:

Das Schreiben ist zweigeteilt. Unter GldNr. II. ist der vorliegend nicht verfahrensrelevante Gegenstand "Familienlastenausgleich hinsichtlich Kindergeld" abgehandelt, der Gegenstand des in dem FMS eingangs genannten Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Mai 1990 - 1 BvL 20/84 u.a. - ist. Unter GldNr. I werden Folgerungen aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22. März 1990, Az. 2 BvL 1/86 (BVerfGE 81, 363 ff.) zum Thema "Verfassungswidrigkeit der kinderbezogenen Teile des Ortszuschlags" dargestellt. Davon betreffen die Absätze [1] und [2] den (im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22.März 1990 ausschließlich behandelten) Zeitraum vom 1. Januar 1977 bis zum 31. Januar 1981.

Die Absätze [3] mit [8] betreffen die "Besoldungsrechtslage nach dem 31.1.1981". Dieser Zeitraum wird in dem FMS nach zwei Abschnitten unterteilt abgehandelt:

Der Zeitraum vom 1. Februar 1981 bis 31. Dezember 1989 ist in den Absätzen [3], [6] und wohl auch [7] und [8] behandelt. Das ergibt sich einmal ausdrücklich aus Abs. [6] Satz 1, wobei es ersichtlich statt des Datums "1.1.1982" im Anschluss an Abs. [2] Satz 1 und Abs. [3] Satz 1 richtig heißen muss: "1.2.1981". Zum anderen sind hier angesprochenen die "späteren Regelungen", für die nach Abs. [3] Satz 2 die Verfassungswidrigkeit der dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegten Vorschriften "nicht ohne Folgen bleiben kann". Eine "allgemeine" Korrektur kommt dabei nach Abs. [3] Satz 3 für den betreffenden Zeitraum nicht in Betracht. Daran schließt Abs. [6], insbesondere Satz 3, an. Thema ist dort eine auf den Einzelfall beschränkte, individuelle Korrektur.

Der (im vorliegenden Verfahren allein verfahrensgegenständliche) Zeitraum ab dem 1. Januar 1990 (bis auf weiteres) ist Gegenstand der Abs. [3] bis [5] (das erschließt sich aus einer Zusammenschau von Abs. [3] Satz 3 hinsichtlich des Beginns und von Abs. [6] Satz 1 hinsichtlich des Endes und namentlich aus dem Wort "ebenfalls"). Die Intention des Bundesverfassungsgerichts für "spätere Regelungen" (im Sinn des Abs. [3] Satz 2) wird "hierbei" (im Sinn des Abs. [3] Satz 3) dahingehend verstanden, dass eine allgemeine Korrektur der für verfassungswidrig erklärten Regelung nur für den Zeitraum in Betracht kommt, der mit dem Haushaltsjahr 1990 beginnt. In diesem Jahr ist nämlich die verfassungsgerichtliche Entscheidung ergangen, durch welche die Verfassungswidrigkeit festgestellt worden ist. Der verwendete Begriff "allgemeine Korrektur" kann in diesem Zusammenhang nur so verstanden werden, dass er den Gegensatz zu einer "individuellen Korrektur" bilden soll, wie sie (nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hinsichtlich des dort zu betrachtenden Zeitraums) für diejenigen Beamten vorzunehmen ist, die ihren von Verfassung wegen zustehenden Anspruch auf amtsangemessene Alimentation zeitnah, also während des jeweils laufenden Haushaltsjahres gerichtlich geltend gemacht haben, ohne dass über ihren Anspruch schon abschließend entschieden worden ist (für den Zeitraum vom 1.2.1981 bis 31.12.1989 trifft Abs. [6] entsprechende Aussagen). Für die so zu verstehende "allgemeine Korrektur" stellt Abs. [4] (in unmittelbarem Anschluss an die Zeitvorgabe "ab dem Jahr 1990" und einleitend mit dem bezugnehmenden Wort "insoweit") klar, dass hierfür weder Anträge gestellt noch Widersprüche eingelegt werden müssen. Der folgende Absatz [5] gibt nähere Hinweise auf die mögliche technische Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts auch auf die (aus der Sicht des Jahres 1990) "heutige" Rechtslage. "Demgemäß" (so ausdrücklich Abs. [5] Satz 3) müsse erst abgewartet werden, welche Regelungen der Gesetzgeber hinsichtlich der Bundesverfassungsgerichtsbeschlüsse vom 29. Mai 1990 zum Kindergeld und Kindergeldfreibetrag treffe.

Der Beklagte vertritt im gerichtlichen Verfahren die Auffassung, dass in den Absätzen [3] mit [5] für den Zeitraum ab dem Jahr 1990 nur insoweit eine Aussage getroffen sei, als der Gesetzgeber die ihm im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts nahe gelegten Folgerungen (Abs. [3] Satz 2) auch tatsächlich ziehen würde. Da dies - wie die dann erfolgte Regelung des Art. 9 § 1 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BBVAnpG 99 gezeigt habe - nicht der Fall gewesen und in dem FMS eine für diese Situation ausdrücklich differenzierende Regelung nicht formuliert worden sei, sei das gesamte FMS für den betreffenden Personenkreis einschließlich des Klägers nicht einschlägig und schon deshalb könne sich dieser darauf nicht berufen.

Der Senat ist - über seine in dem an die Beteiligten gerichteten Aufklärungsschreiben vom 8. Juni 2005 geäußerte Meinung hinaus - mittlerweile zu der Überzeugung gelangt, dass die vom Beklagten nunmehr vertretene Auffassung zumindest für den betroffenen Personenkreis und auch für das Gericht nicht nachvollziehbar ist. Ein den Text sorgfältig zur Kenntnis nehmender, unbefangener Beamter - und zwar unabhängig von seiner Laufbahngruppe bzw. Vorbildung - konnte daraus, ohne dass ihm Zweifel oder Bedenken kommen mussten, lesen bzw. sich in seiner dahin gehenden, ohnehin nahe liegenden Auffassung bestärkt fühlen, dass sich sein Dienstherr (bzw. der auch für diesen verbindliche Regelungen treffende Bundesgesetzgeber) der im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts mitschwingenden Erwartung, die bei der gegebenen Konstellation als Aufforderung zu entsprechendem Handeln verstanden werden durfte, nicht verschließen werde. Vielmehr konnte dieser Beamte nach der ihm mit dem FMS gegebenen Information die Erwartung hegen, dass der Gesetzgeber die für verfassungswidrig erklärte Regelung (und damit war nach der eindeutigen Diktion in Abs. [3] Satz 3 auch der seinerzeitige Ist-Zustand, der nicht unmittelbar Gegenstand der verfassungsgerichtlichen Entscheidung war, gemeint) für die Zukunft - also ab dem Jahr 1990 - korrigieren werde. Deshalb durfte der Beamte die entsprechenden Passagen in Abs. [3] Satz 3 - und im Anschluss daran in Abs. [4] - in diesem Sinn verstehen. Das lag auch grammatikalisch und sinngemäß nahe, denn der Text "nur für den Zeitraum in Betracht kommt" lässt sich nicht nur konditional (in dem Sinn: "falls überhaupt"), sondern auch als temporal beschränkend (in dem Sinn: "nur für diesen Zeitraum angezeigt") verstehen. Nach dem soeben erörterten Textzusammenhang durfte der Beamte die letztere dieser Alternativen seinem Verständnis zugrunde legen, zumal im folgenden Absatz [5] nähere Ausführungen über die als Nächstes (auf dem Weg zum Gesetz) erfolgenden Verfahrensschritte und hinsichtlich eventuell zu berücksichtigender Parameter für eine Neuregelung enthalten sind - wohlgemerkt im Indikativ und auch sonst ohne jede den vorgestellten, beginnenden Verfahrensablauf als lediglich möglich indizierende Einschränkung.

Die Alternative einer völligen Untätigkeit des Gesetzgebers in Richtung einer allgemeinen Regelung wird hingegen auch nicht andeutungsweise erwähnt. Nimmt man sie aber dennoch - der heutigen Sichtweise des Beklagten folgend - in den Blick, so irritiert das Gesamtbild. Nur für die - in den verfahrensgegenständlich relevanten Absätzen des FMS dann als einzige angesprochene Fallgestaltung anzusehende - Situation, dass der Gesetzgeber eine allgemeine Korrektur vornehmen werde, trifft dann die Feststellung zu, dass "insoweit" weder Anträge gestellt noch Widersprüche eingelegt werden müssen. Eine solche Aussage ist aber angesichts des Gesamttextes, der eine Auslegung des Begriffs "allgemein" nur im Sinn einer rückwirkenden Korrektur zugunsten aller Betroffenen, unabhängig von ihrem individuellen Verhalten zulässt, vom Adressaten als eine schiere Selbstverständlichkeit zu verstehen. Für die bei einer solchen Betrachtung dann als ausgeklammerte Fallgestaltung anzusehende Situation, dass der Gesetzgeber (wie dann wirklich geschehen) keine allgemeine Korrektur vornehmen werde, gälte die Feststellung, die nur hier einen über eine reine Banalität hinausreichenden Sinn ergäbe, hingegen nicht. Der Senat ist unter den gegebenen Umständen nicht der Auffassung, dass der betroffene Beamte einen derartigen Gedankengang nachzuvollziehen hatte. Mit Blick auf diese Alternativentwicklung hätte der Dienstherr mit seiner Aussage zu der allein problematischen Fallgestaltung geschwiegen und damit die Notwendigkeit einer - vorsorglichen - Antragstellung verschleiert.

Aus dem Gesamttext des FMS erschließt sich aus heutiger Sicht nicht einmal eindeutig, ob sich der Verfasser (der Dienstherr) seinerzeit bei der Formulierung von Abs. [3] Satz 3 der beiden dargestellten Auslegungsmöglichkeiten, und weiter noch, ob er sich der dahinter stehenden Frage, ob der Gesetzgeber im Sinn der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts tätig werden oder untätig bleiben würde, überhaupt bewusst war. War dies nicht der Fall, so kann er nicht im Nachhinein den betroffenen Beamten ansinnen, sie hätten seinerzeit klarer sehen müssen als er selbst und ihm stehe es nunmehr in Kenntnis der tatsächlich eingetretenen Entwicklung zu, die für die Beamten ungünstigere und für ihn selber günstigere Variante zum Maßstab seines Handelns zu machen. Vielmehr gilt dann der allgemeine Rechtsgrundsatz, dass derjenige, der eine Erklärung formuliert, im Zweifel das Risiko ihrer Zweideutigkeit zu tragen hat. Erst recht muss der Dienstherr die Folgen einer ihm nachteiligen Auslegungsmöglichkeit der Erklärung hinnehmen, wenn ihm bewusst gewesen sein sollte, dass die entsprechende Passage zumindest missverständlich gewesen ist. Es hat nämlich in seiner Hand gelegen, durch eine ergänzende Klarstellung der Gefahr eines Missverständnisses entgegenzuwirken, und diese Verhinderung eines "Fallstricks" war auch eine ihn auf Grund seiner Fürsorgepflicht gegenüber seinen Beamten treffende Obliegenheit. Ein Hinweis auf die Notwendigkeit einer zur Rechtswahrung gebotenen vorsorglichen Antragstellung wäre in dieser Situation veranlasst gewesen.

Angesichts dieser Wirkung, die das FMS entfaltete, hat der Kläger durch sein Schreiben vom 16. April 2004 zunächst plausibel dargelegt, dass der Inhalt des FMS kausal dafür war, dass er nicht innerhalb der durch Art. 9 § 1 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 BBVAnpG 99 vorgegebenen Fristen und demnach "zeitnah" im Sinn der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts seinen Anspruch in der erforderlichen Weise geltend gemacht hat. Aus seiner - wie oben ausgeführt: zulässigen und maßgeblichen - Sicht konsequent äußerte er die Auffassung, aufgrund der Ausführungen in FMS habe er keinen Grund zum Handeln gesehen und sich auf die automatische Anpassung an die verfassungsrechtlichen Vorgaben verlassen. Damit machte er deutlich, dass die Kenntnis von dem FMS und sein in dieses gesetztes Vertrauen und nicht etwa andere Gründe ihn davon abgehalten hatten, innerhalb des von der gesetzlichen Übergangsvorschrift eröffneten Zeitraums seinen Nachzahlungsanspruch in der vom Gesetz geforderten Weise geltend zu machen.

Der Kläger hat durch sein Schreiben vom 16. April 2004 des Weiteren die versäumten Handlungen, nämlich des Inhalts, innerhalb der in Art. 9 § 1 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 BBVAnpG 99 gesetzten Fristen jeweils seine Ansprüche geltend zu machen, nachgeholt. Er hat nämlich seinem Dienstherrn in eindeutiger Weise erkennbar gemacht, was er von ihm begehrte und inwiefern er sich durch dessen (aus seiner - des Beamten - Sicht bisheriges, angesichts der gegenüber anderen Beamten in vergleichbarer Situation erbrachten Leistungen unverständliches) Untätigbleiben in seinen Rechten verletzt fühlte. Damit hat er - abgesehen von der Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Frist - alles getan, was Art. 9 § 1 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 BBVAnpG 99 voraussetzen. Mithin ist er dem dort genannten Kreis der anspruchsberechtigten (Kläger bzw. hier zutreffend:) Widerspruchsführer zuzurechnen. Dies folgt aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Juni 2001 (BVerwGE 114, 350). Sie geht nämlich (anhand einer von einem Beamten gegen den Dienstherrn aus dem Beamtenverhältnis erhobenen Schadensersatzklage, aber in einer auf alle Fälle, in denen das Erfordernis eines Vorverfahrens konstitutiv auf § 126 Abs. 3 BRRG gegründet ist, verallgemeinerungsfähigen Weise) von der Überlegung aus, dass im Anwendungsbereich dieser Vorschrift die Zulässigkeit einer allgemeinen Leistungsklage aus dem Beamtenverhältnis lediglich die Durchführung eines Vorverfahrens, nicht aber einen vorangegangenen "Antrag" voraussetzt. Dieses Vorverfahren dient der Kontrolle der Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungshandelns durch den Dienstherrn auch im Interesse des Beamten. Anhand der dafür erforderlichen Konkretisierung des Begehrens lassen sich die Darlegungsanforderungen ermitteln, die ein Widerspruch, um seinem Zweck gerecht werden zu können, erfüllen muss. Demnach muss der Rechtsbehelf für den Dienstherrn (lediglich) erkennbar machen, wogegen er eingelegt und was mit ihm begehrt wird. Hinter diesen Voraussetzungen bleibt das Begehren des Klägers im Schriftsatz vom 14. April 2002 nicht zurück.

Dieser Schriftsatz enthält neben der Nachholung der versäumten Handlungen konkludent auch den Antrag auf Wiedereinsetzung in die Fristen, innerhalb derer die versäumten Handlungen nach dem Gesetz ursprünglich hätten vorgenommen werden müssen. Die für die Annahme eines konkludenten Wiedereinsetzungsbegehrens nach der Rechtsprechung (vgl. hinsichtlich des § 60 VwGO die Entscheidung BVerwG vom 15.7.2002, Az: 7 B 37/02 unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in BGHZ 63, 389; vgl. hinsichtlich Art. 32 BayVwVfG zu der insofern gleichen Rechtslage nach § 32 Abs. 1 BremVwVfG OVG Bremen, Entscheidung vom 10. November 2000, Az: 1 A 308/00; jeweils zitiert nach Juris) erforderlichen Voraussetzungen sind erfüllt. Danach müssen sämtliche die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen aktenkundig sein und aus den Angaben in der Rechtsmittelschrift muss sich eindeutig die Verspätung des Rechtsmittels ergeben, weil nur dann der Wille des Rechtsmittelführers, die Wiedereinsetzung zu beantragen, unterstellt werden könne. Dies trifft vorliegend zu.

Zudem ist die - keinem Ermessen unterliegende - Wiedereinsetzung nach Art. 32 Abs. 2 Satz 4 BayVwVfG auch ohne Antrag zu gewähren, da, wie noch näher auszuführen sein wird, die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen dafür erfüllt sind.

Der Beklagte hat in weiteren Berufungsverfahren, deren Gegenstand Leistungen auf Grund des Art 9 § 1 BBVAnpG 99 waren, geltend gemacht, bei dem in dieser Vorschrift genannten Zeitraum handele es sich nicht um eine gesetzliche Frist im Sinn des Art. 32 BayVwVfG. Dies trifft nicht zu. Der Begriff der Frist in Art. 31 Abs. 1 wie in Art. 32 Abs. 1 BayVwVfG erfasst festgelegte Zeiträume, die u. a. den Beteiligten für bestimmte Verfahrenshandlungen zur Verfügung stehen. Gesetzliche Fristen sind solche, die durch Rechtsnormen festgelegt sind (so zutreffend Kopp/Ramsauer, VwVfG, 9. Auflage 2005, § 31 RdNrn. 4 und 6 zu dem in den vorliegend maßgeblichen Teilen mit Art. 31 BayVwVfG übereinstimmenden § 31 VwVfG). Art. 32 BayVwVfG gilt für alle gesetzlichen Fristen im Anwendungsbereich dieses Gesetzes einschließlich der materiellrechtlichen Fristen außerhalb eines konkreten Verwaltungsverfahrens, insbesondere für Fristen zur Antragstellung gemäß Art. 22 BayVwVfG, durch die ein Verfahren eingeleitet werden soll.

Durch einen nach § 126 Abs. 3 BRRG eingelegten Widerspruch soll ein Verwaltungsverfahren eingeleitet und nicht etwa fortgesetzt werden. In dieser rechtlichen Situation braucht nämlich gerade kein an die Behörde gerichteter Antrag mit dem Ziel eines positiven Ausgangsbescheids voranzugehen (vgl. BVerwG vom 28.6.2001 a.a.O.). Der Widerspruch, der in Art. 9 § 1 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 BBVAnpG 99 (alternativ zur Klage) als Voraussetzung für die Leistung der erhöhten Bezüge genannt wird, ist in diesem Sinn zu qualifizieren. Deshalb erschöpft sich die Bedeutung der für seine Einlegung vorgesehenen verfahrensrechtlichen Frist im (formalen) Ablauf eines konkreten Verwaltungsverfahrens; sie berührt hingegen nicht die materiellrechtliche Position der Beteiligten (vgl. dazu. Kopp/Ramsauer a.a.O., Art. 32 RdNr. 5 und Art. 31 RdNrn 7 und 8).

Durchgreifende Gegenargumente bestehen nicht, aus denen plausibel herzuleiten wäre, weshalb es sich bei den Fristen für derartige Anträge um sog. uneigentliche Fristen, insbesondere Ausschlussfristen, handeln sollte, auf die in der Tat Art. 32 BayVwVfG nicht anwendbar ist. Wegen ihrer einschneidenden Folgen bedürfen solche Fristen stets einer - hinreichend eindeutigen - gesetzlichen Grundlage und einer besonderen verfassungsrechtlichen Rechtfertigung. Vorausgesetzt wird demnach ein öffentliches Interesse daran, dass selbst bei unverschuldeter Fristversäumung keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erfolgen soll, dass gewissermaßen der Sinn der gesetzlichen Regelung "mit der Fristbeachtung steht und fällt". Dies ist etwa der Fall bei Zulassungsfristen für Bewerbungsverfahren bei begrenzter Kapazität (namentlich wegen der einschneidenden Folgen zulasten bereits zugelassene Dritter bzw. zulasten der Gesamtheit der Zugelassenen bei erfolgreichen Nachmeldungen, die die Kapazitätsgrenzen sprengen) oder auch bei der materiellen Verwirkungspräklusion im planungsrechtlichen Verfahren (BVerwG vom 17.10.2005, Az. BN 1.05, NVwZ 2006, 85). Dies ist aber z. B. nicht der Fall, wenn der Sinn der gesetzlichen Regelung nur darin liegt, dass die Behörde zu einem möglichst frühen Zeitpunkt eine Übersicht über die voraussichtlichen Forderungen erhalten soll (vgl. dazu Kopp/Ramsauer a.a.O. § 31 RdNrn. 8 ff.). Dieser letztgenannten Situation liegt die vorliegend zu beurteilende Fallvariante weit näher als jener, bei der es absolute Kapazitätsgrenzen zu schützen gilt, zumal die Einführung der verfahrensgegenständlichen Fristen ausschließlich darin begründet ist, die haushaltsmäßige Belastung des Dienstherrn gering zu halten. Dies fordert keine unüberwindbare zeitliche Grenze.

Etwas Gegenteiliges kann der Senat auch der vom Beklagten (in weiteren Berufungsverfahren zu der hier zu behandelnden Materie) benannten Entscheidung des OVG Münster vom 28. Januar 2004 (Az.1 A 458/01) nicht entnehmen. Dort ist lediglich ausgeführt, dass Art. 9 § 1 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BBVAnpG 99 der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entspreche, wonach die dort festgestellte langwierige verfassungswidrige Unteralimentierung der Beamten mit drei oder mehr Kindern rückwirkend zu Gunsten derjenigen Beamten zu beheben sei, die ihren verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch für amtsangemessene Alimentation zeitnah durch Klage oder Widerspruch geltend gemacht hätten. Zu dem danach privilegierten Personenkreis gehöre der dortige Kläger nicht. Im Hinblick darauf, dass die vom dortigen Kläger aufgestellte Behauptung, er habe den erforderlichen Antrag rechtzeitig gestellt, unbeweisbar geblieben war, unterließ das Gericht die Prüfung der Frage einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Dem ohne weitere Begründung gebliebenen Argument des OVG Münster, bei dem Beginn des Vorverfahrens in dem jeweiligen Haushaltsjahr gemäß Art. 9 § 1 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BBVAnpG handele es sich um eine materielle Anspruchsvoraussetzung und nicht um eine Frist, deren Versäumung im Weg der Wiedereinsetzung geheilt werden könnte, folgt der erkennende Senat aus den dargestellten Erwägungen nicht.

Den weiteren (vom Beklagten in anderen Berufungsverfahren) vorgetragenen Gesichtspunkt, eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand müsse auch deshalb ausscheiden, weil die anspruchsbegründende Norm des Art. 9 § 1 BBVAnpG 99 aus kompetenzrechtlichen Gründen nicht durch Landesrecht ausgeweitet werden könne, hält der Senat ebenfalls nicht für zutreffend. Mit dem Beklagten geht er freilich davon aus, dass der Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für das Besoldungsrecht (Art. 74 a Abs. 1 GG) und davon im Hinblick auf die Nachzahlungen von kinderbezogenen Anteilen im Familienzuschlag für die Jahre 1988 bis 1998 mit Art. 9 § 1 BBVAnpG 99 abschließend Gebrauch gemacht hat. Eine Ausweitung dieser Anspruchsnorm durch eine landesrechtliche Regelung wäre freilich nicht zulässig. Sie kann aber nicht in der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gesehen werden, auch wenn sie durch eine landesrechtliche verfahrensrechtliche Regelung wie Art. 32 BayVwVfG erfolgt. Sollte der Beklagte seine Überlegungen vor dem Hintergrund der von ihm vertretenen Auffassung angestellt haben, dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen Fristen um materiell-rechtlich wirkende Ausschlussfristen handle, so sind dem die vorstehenden Erwägungen des Senats zu dieser Frage entgegenzuhalten. Zudem verlöre das auf die Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen abstellende Argument auch dann seine Wirkung, wenn man bundesrechtliche Verfahrensregelungen heranzöge wie die oben erwähnte Vorschrift des § 60 VwGO oder § 32 VwVfG, der bei sonst gleicher Fallkonstellation bei der Zuständigkeit einer Bundesbehörde anzuwenden wäre und mit Blick auf das rechtsstaatliche Gebot, effektiven Rechtsschutz zu gewähren, eine solche Wiedereinsetzung gleichermaßen vorsieht.

Der Senat sieht ferner das vom Beklagten (in anderen Berufungsverfahren zur Anspruchsgrundlage nach Art. 9 § 1 BBVAnpG 99 ins Feld geführte) Argument als unzutreffend an, wonach für den Fall, dass der in dieser Vorschrift genannte Zeitraum als gesetzliche Frist (im Sinn des Art. 32 Abs. 1 BayVwVfG) angesehen werde, eine Wiedereinsetzung nach Art. 32 Abs. 5 BayVwVfG deshalb ausgeschlossen wäre, weil sich dies aus einer Rechtsvorschrift ergebe. Aus dem Wortlaut des Art. 9 § 1 BBVAnpG 99 und der dieser Regelung zugrunde liegenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts soll sich nämlich entnehmen lassen, dass - wie bei einer materiellen Ausschluss- bzw. Präklusionsfrist - die Wiedereinsetzung selbst bei unverschuldeter Versäumung der Frist nicht möglich sei.

Dem ist nur insoweit zuzustimmen, als der in dem Beamtenverhältnis als in einem wechselseitig bindenden Treueverhältnis stehende Beamte zwar die Pflicht hat, auf die Belastbarkeit des Dienstherrn und dessen Verantwortung für das Gemeinwohl Rücksicht zu nehmen. Doch ist dieser - von der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung durchaus betonten - Pflicht hinreichend damit Genüge getan, dass Art. 9 § 1 BBVAnpG 99 überhaupt Fristen für das Geltendmachen der Ansprüche setzt und zwar solche, die bei Inkrafttreten des Gesetzes schon abgelaufen waren. Das schließt aber nicht aus, dass hinsichtlich dieser Fristen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden kann, denn damit wird der berechtigte Personenkreis nicht willkürlich und ohne triftigen Grund erweitert, sondern lediglich bei einer wohlbegründeten Indikationslage - unter Beachtung rechtsstaatlicher Erfordernisse - vervollständigt. Macht ein Beamter geltend, er habe die ihm zur Verfolgung seiner Ansprüche eröffnete gesetzliche Frist nur deshalb versäumt, weil er in seinem Vertrauen auf eine Äußerung seines Dienstherrn irregeleitet worden sei, so kann ihm dieser Dienstherr (und ebenso wenig der Gesetzgeber, der die im Bereich des Dienstherrn anzuwendenden Gesetze erlässt) die von einem Verfahrensgesetz für derartige Fälle vorgesehene Möglichkeit, die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand glaubhaft zu machen und auf diese Weise sein Recht zu suchen, nicht von vornherein mit der Berufung auf die Besonderheiten des verfassungsrechtlich verankerten beamtenrechtlichen Treueverhältnisses verbauen. Der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung entspricht es nämlich auch, dass sich aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG ein allgemeines Grundrecht auf ein faires Verfahren ergibt. Daraus folgt z. B., dass ein Gericht aus eigenen oder ihm zuzurechnenden Fehlern, Unklarheiten oder Versäumnissen keine Verfahrensnachteile ableiten darf. Dies gilt insbesondere für den Fall des eigenen widersprüchlichen Verhaltens (BVerfGE 78, 123/126). Dieses Fairnessgebot ist auch auf das behördliche Verfahren zu übertragen und bei behördlichen Fehlern im Zusammenhang mit Fristen zu berücksichtigen (vgl. BVerwG NVwZ 1994, 575), wobei Unklarheiten im Verhalten der Behörde (unbeschadet der Frage, ob solche vorliegend nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont überhaupt bestanden haben) zu Lasten der Verwaltung gehen (vgl. zutreffend OVG Münster vom 30.6.2004, NVwZ-RR 2005, 451). Gerade in Fristfragen muss dem Rechtssuchenden klar erkennbar sein, was er zu tun hat, um einen Rechtsverlust zu vermeiden. Die Grenze des - unter dem Gesichtspunkt einer rechtsstaatlichen Verfahrensgestaltung und dem sich daraus auch ergebenden Grundsatz von Treu und Glauben - dem Bürger Zumutbaren ist jedenfalls dann überschritten, wenn auf ihn die Verantwortung für Risiken und Unsicherheiten abgewälzt wird und die Ursache hierfür allein in der Sphäre der öffentlichen Gewalt zu finden ist (BVerfGE 69, 381/386 f.). Bei der Gesamtschau des verfahrensgegenständlichen Geschehensablaufs werden wesentliche Züge einer solchen Situation erkennbar. Dabei ist auch in den Blick zu nehmen, dass die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand insbesondere mit der Begründung zu gewähren sein kann, dass auch die Behörde für die Versäumung einer Antragsfrist ein Verschulden trifft. Unverschuldete Fristversäumung im Sinn des § 32 VwVfG erfordert nämlich, dass dem Betroffenen nach den gesamten Umständen kein Vorwurf daraus zu machen ist, dass er die Frist versäumt hat, und dass ihm die Einhaltung der Frist zumutbar gewesen ist. Dieses Kriterium der Zumutbarkeit räumt die Möglichkeit ein, den vom Gesetz nicht geregelten Fall eines Verschuldens auch der Behörde zu berücksichtigen (so zutreffend OVG Münster vom 29.9.2004, NVwZ-RR 2005,449, dessen Entscheidung sich der Senat anschließt). Dabei kommt dem angesprochenen Gebot der Fairness im beamtenrechtlichen, wechselseitig bindenden Treueverhältnis noch ein besonderer Stellenwert zu.

Sprechen somit keine Umstände gegen die grundsätzliche Anwendbarkeit des Art. 32 BayVwVfG, hat sich weiter ergeben, dass der Wiedereinsetzungsantrag gestellt und die versäumte Handlung des Widerspruchs nachgeholt worden ist, so hängt die Frage der Wiedereinsetzung des Klägers in den vorigen Stand noch davon ab, ob er glaubhaft gemacht hat, ohne Verschulden gehindert gewesen zu sein, die gesetzlichen Fristen für die Verfolgung seines Anspruchs einzuhalten, und ob er die verfahrensrechtlichen Fristen nach Art. 32 Abs. 2 Sätze 1 und 3 sowie Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG eingehalten hat bzw. nach den konkreten Umständen des Falles einhalten musste.

Dass sich der Kläger zur Zeit der Veröffentlichung des FMS und auch in den Jahren danach wegen seines Vertrauens auf dessen Inhalt aus rückblickender Sicht in einem Irrtum über seine Obliegenheit zur zeitnahen Antragstellung befand, ergibt sich ohne Weiteres aus den bisherigen Erörterungen. Dieser Irrtum bewirkte, dass die Antragstellung unzumutbar war, denn das FMS intendiert einmal, dass die Verwaltung vor der ineffektiven Arbeitsbelastung bewahrt bleiben sollte, wie sie eine Antragsflut mit sich gebracht hätte, und zum anderen, dass auch dem einzelnen Beamten die Durchführung eines Verwaltungsverfahrens erspart werden sollte. Wie bereits ausgeführt, sieht der Senat die entsprechenden Passagen des FMS, wonach zur Erlangung einer Bezügeerhöhung unter dem Gesichtspunkt einer familiengerechten Besoldung für die Zeit ab 1990 weder Anträge gestellt werden noch Widersprüche eingelegt werden müssten, als eindeutig an. Aber selbst für den Fall der Mehrdeutigkeit müsste sich der Beklagte diese zurechnen lassen (vgl. OVG Münster vom 30.6.2004 a.a.O.; BSG vom 25.3.2003, Az. B 1 KR 36/01 R, BSGE 91, 39 ff. - hier zitiert nach Juris. Die letztgenannte Entscheidung hatte die rechtlichen Auswirkungen einer gemeinsamen Erklärung der Sozialpartner und Spitzenorganisationen der Sozialversicherung zum Gegenstand, in der - vergleichbar mit der vorliegend zu beurteilenden Situation - dem betroffenen Personenkreis unter Hinweis auf mehrere beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Musterverfahren in Aussicht gestellt wurde, dass die zu erwartende Entscheidung auf gleich gelagerte Sachverhalte übertragen würde und dass insoweit weder Anträge noch Widersprüche erforderlich seien. Die entsprechende Textpassage hatte sich nachträglich als mehrdeutig zu Lasten der Versicherten herausgestellt. Das BSG gewährte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand). Eine Veranlassung, den bei ihm entstandenen Irrtum durch Nachfrage beim Dienstherrn aufzuklären, hatte der Kläger schon deshalb nicht, weil Zweifel infolge des Verhaltens des Dienstherrn für ihn überhaupt nicht veranlasst waren. In dieser Situation war der Kläger im Sinn des Art. 32 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG ohne Verschulden gehindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten.

Der Kläger hat nach Vorbringen und Aktenlage diesen Irrtum erstmals erkannt, als ihn auf seinen Antrag vom 16. April 2002 hin die BFD im Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2002 darauf hinwies, dass er nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis gehöre, weil er seinen Anspruch nicht innerhalb des in Art. 9 § 1 BBVAnpG genannten Zeitraums geltend gemacht habe, wobei es auch genügt hätte, wenn er in einer Weise, wie sie das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 28. Juni 2001 (a.a.O.) konkretisiert habe, zum Ausdruck gebracht hätte, dass er die ihm gewährte Besoldung im Hinblick auf ihren zu niedrig bemessenen kinderbezogenen Anteil für rechtswidrig halte. Weder hat der Kläger zu erkennen gegeben, dass er diese Rechtsprechung und ihre Bedeutung im Zusammenhang mit seinem Anspruch schon vor dem Zeitpunkt seines Antrags gekannt hätte, noch ergibt sich ein entsprechender Anhaltspunkt aus den Akten. Auch kann dem Kläger nach der Lebenserfahrung nicht unterstellt werden, es sei unglaubhaft, dass er von dieser Rechtsprechung früher keine Kenntnis gehabt hätte.

Er muss sich auch nicht seine Unkenntnis als Verschulden zurechnen zu lassen. Vielmehr kann er sich - wie er dies auch im Antragsschreiben vom 16. April 2002 zum Ausdruck gebracht hat - auf den Standpunkt zurückziehen, er habe noch auf das FMS vertraut und erwartet, der Dienstherr werde von sich aus tätig werden.

Selbst wenn man dieser vom Senat vertretenen und seiner Entscheidung zu Grunde gelegten Sichtweise nicht folgen wollte, so würde dies an dem Ergebnis nichts ändern. Gravierend steht nämlich im Raum, dass das FMS einen Irrtum erregt hat und dass der Dienstherr dies - namentlich im Hinblick auf die zwischenzeitlich eingetretene Entwicklung - auch erkennen musste; er konnte diesbezüglich an sich selbst keine geringeren Anforderungen stellen als an die Adressaten, denen das FMS zur Kenntnisnahme gegeben worden war. Unter diesen Umständen durfte es der Dienstherr nicht darauf ankommen lassen, ob die betroffenen Beamten von sich aus dieser Entwicklung folgen und die entsprechenden Konsequenzen daraus ziehen würden. Vielmehr war der Dienstherr gehalten, in der gleichen Weise, in der er den Irrtum erregt hatte, oder auf eine andere geeignete Art die betroffenen Beamten über ihre rechtliche Situation aufzuklären und ihnen entsprechende Verhaltenshinweise an die Hand zu geben. Hat der Dienstherr dies unterlassen, so liegt darin ein Mitverschulden, das - auch im Licht der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht - ein (etwaiges) eigenes Verschulden des Betroffenen in der Weise relativiert, dass sich der Dienstherr auf das Verschulden des Betroffenen wegen des eigenen - die Situation prägenden - ursächlichen Verschuldens nicht berufen darf. Ein Verschulden des Klägers wäre jedenfalls durch Umstände aus der Sphäre der beklagten Behörde in einem solchen Maß beeinflusst, dass hier die gebotene Fairness schon zu einer Wiedereinsetzung durch den Beklagten selbst hätte führen müssen (vgl. zu einer insofern vergleichbaren Situation zutreffend OVG Münster vom 29.9. 2004, a.a.O., unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts NVwZ 1994, 575).

Auch sonstige Umstände, die sich zwischen der Veröffentlichung des FMS und der Antragstellung des Klägers ereignet haben, können nicht als Begründung dafür herangezogen werden, dass dieser wegen einer - mangels Beweisen ohnehin lediglich unterstellbaren - zwischenzeitlichen Kenntnis entweder bei offener Frist (Art. 9 § 1 BBVAnpG 99) nicht mehr ohne Verschulden gehindert gewesen wäre, diese einzuhalten (Art. 32 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG), oder aber dass er nach Fristende zumindest wegen des Wegfalls des Hindernisses in der Lage gewesen wäre, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen, aber die Zweiwochenfrist nach Art. 32 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG versäumt hätte.

Dies gilt zunächst für den vom Beklagten dargelegten Gesichtspunkt, dass der Kläger nicht das Inkrafttreten des Dienstrechtsreformgesetzes (ReföDG) am 1. Juli 1997 zum Anlass genommen habe, zeitnah einen Antrag zu stellen oder sich auf das FMS zu berufen. Mit diesem Gesetz sei bereits deutlich geworden, dass der Gesetzgeber nicht beabsichtigt habe, eine allgemein wirkende Anpassung für die Jahre 1990 bis 1997 vorzunehmen. Eine solche Argumentation kann nicht zu Lasten des Klägers durchgreifen. Zunächst ist nämlich nicht erkennbar, inwiefern der Kläger dieses Gesetz in dem für die Wiedereinsetzungsfristen maßgeblichen Zeitraum zur Kenntnis genommen hätte. Sodann erfasst dieses Gesetz nicht den vorliegend verfahrensgegenständlichen Zeitraum (sondern die Zeit vom 1.1.1977 bis 31.12.1989). Darüber hinaus - und das ist vor allem entscheidend - lässt sich daraus nichts hinsichtlich der Wirkung der Kernaussage FMS in dessen Absätzen [3] bis [5] in der Interpretation herleiten, auf die sich der Kläger zutreffend berufen kann. Wie schon ausgeführt lautet sie, dass der Dienstherr die Entscheidung, ob beim Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen eine Nachzahlung erfolgen werde, nicht von der Stellung eines Antrags bzw. der Einlegung eines Widerspruchs durch die Beamten abhängig machen wollte, weil in Fortschreibung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine finanzielle Besserstellung der betroffenen Beamtengruppe erwartet wurde und nur die Modalitäten der Umsetzung (Kindergeld, Steuerfreibetrag, Familienzuschlag) als offen angesehen wurden.

Die gleichen Gründe gelten auch hinsichtlich der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. November 1998 (BVerfGE 99, 300) und des im Sinn dieser Rechtsprechung ergangenen Art. 9 § 1 BBVAnpG 99, abgesehen von dem Umstand, dass davon auch der Zeitraum umfasst wird, für den der Kläger Ansprüche geltend macht.

Dagegen greifen auch die Einwände des Beklagten nicht durch, für den Kläger hätten verschiedene Möglichkeiten dafür bestanden, von der nunmehr auch mit Wirkung für die Vergangenheit festgeschriebenen Rechtslage Kenntnis zu nehmen. Spätestens von da an habe die Zweiwochenfrist für die Stellung eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu laufen begonnen und sie sei längst abgelaufen. Doch hat der Beklagte dies (und erst recht eine tatsächliche Kenntnisnahme) - auch in der mündlichen Verhandlung vom 24. Oktober 2005 - nicht näher verifizieren können, so etwa weder hinsichtlich einer Veröffentlichung in einer Mitgliederzeitschrift der Finanzgewerkschaft noch in Bezug auf ein Anschreiben der BFD im Jahr 2000. Der vom Beklagten eingewandte Umstand, dass Art. 9 § 1 BBVAnpG 99 in den BBB-Nachrichten mehrfach erwähnt worden ist, belegt ebenfalls nicht eine Kenntnisnahme des Klägers. Dies wäre aber zum Nachweis für das Ende eines beim Kläger fortdauernden unverschuldeten Irrtums erforderlich. Unzulässig ist hier der Analogieschluss zu dem Umstand, dass der Kläger sich ohne Beweis des Gegenteils darauf berufen darf, von der Veröffentlichung des FMS in den BBB-Nachrichten Kenntnis genommen zu haben. Es ist nämlich dem Kläger genauso wenig möglich, seine damalige Kenntnisnahme zu beweisen, wie er seine Unkenntnis hinsichtlich der späteren Veröffentlichungen beweisen kann. Da beide Sachverhalte - wie dargelegt - der Sphäre des Beklagten zuzurechnen sind und es dieser in der Hand hatte, die betroffenen Beamten von seiner Sichtweise bzw. über die Entwicklung der Dinge zu informieren, geht die Unaufklärbarkeit jeweils zulasten des Beklagten. Ein vom Beklagten vorgelegtes Informationsheft des StMF zur Dienstrechtsreform vom März 1997 enthält nichts zu der verfahrensgegenständlichen Problematik.

Auf der anderen Seite wirkt das FMS auch noch in dieser Zeit insofern nach, als es den Kläger davon abhalten konnte, sich beim Dienstherrn nach dem Stand der Dinge zu erkundigen. Zwar kann diese Nachwirkung nur zeitlich begrenzt angenommen werden, doch ist hier dem Kläger eine unvertretbar lange Dauer der Untätigkeit noch nicht entgegenzuhalten.

Unabhängig hiervon gilt aber noch Folgendes: Selbst wenn der Kläger vom dem Inkrafttreten des Art. 9 § 1 BBVAnpG 99 erfahren hätte und selbst wenn er ferner in der Lage gewesen wäre, nunmehr zu erkennen, dass das FMS bei ihm einen Irrtum erregt hatte und dass mindestens eine Nachfrage beim Dienstherrn veranlasst war, so hätte dies alles nicht die unverschuldete Verhinderung des Klägers i.S.d. Art. 32 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG aufgehoben. Der Kläger hätte nämlich dann zwar gewusst (bzw. sich vielleicht die Möglichkeit, das entsprechende Wissen zu erlangen, zurechnen lassen müssen), dass er die in Art. 9 § 1 BBVAnpG 99 gesetzten Fristen nicht eingehalten hatte. Doch wäre daraus nicht ohne weiteres zu seinem Nachteil der Schluss zu ziehen gewesen, dass damit die Frist für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu laufen begonnen hätte. Der Dienstherr hat - wie schon erwähnt - trotz Erörterung in der mündlichen Verhandlung nicht nachweisen können, dass er den Kläger auf die für ihn neue und nachteilige Rechtssituation hingewiesen hätte. Auf der anderen Seite hatte aber gerade das dem Dienstherrn zuzurechnende FMS zur Folge, dass der Kläger seine Ansprüche auf erhöhte Besoldung nicht zeitnah geltend gemacht hat und somit überhaupt erst in diese nachteilige Rechtssituation geraten ist. Unter diesen Umständen kann sich der Beklagte nicht darauf berufen, dass der Kläger die Frist für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versäumt hat. Vielmehr muss der Beklagte sich entgegenhalten lassen, dass der an der Fristwahrung hindernde Grund, der eine Wiedereinsetzung rechtfertigt, auf seinem eigenen - also des Beklagten - Verschulden, nicht aber auf dem des Klägers, beruht. In dieser Situation fordert aber der Grundsatz fairer Verfahrensführung eine ausdrückliche Belehrung des Betroffenen über die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (vgl. für die Situation, dass Verfahrenshandlungen auf Fehler von Justizbediensteten beruhen, die Entscheidung des BVerfG vom 27.9.2005, Az. 2 BvR 172/04, m.w.N. [JuS aktuell 2005 Heft 12 S. XIV], zitiert nach Juris; diese Grundsätze muss sich auch eine Verwaltungsbehörde, die ebenfalls zu einer fairen Verfahrensführung verpflichtet ist, entgegenhalten lassen). Sollte also der Kläger von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. November 1998 bzw. vom Inkrafttreten der Vorschrift des Art. 9 § 1 BBVAnpG 99 erfahren haben, so müsste dies dennoch nicht hinsichtlich der Möglichkeit, erhöhte Alimentierung zu beantragen, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hindern. Im Hinblick darauf, dass der Kläger mit seinem Antrag vom 16. April 2002 - bei einer Auslegung seines Begehrens, das seinen erkennbaren Interessen bestmöglich Rechnung trägt (s. BVerfG vom 5.7.2005, NVwZ 2005,1304) - konkludent sowohl Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt als auch die versäumte Rechtshandlung nachgeholt hat, kann es dahinstehen, ob wegen der unterbliebenen Belehrung bereits die Frist zur Wiedereinsetzung in diese versäumte Frist nicht zu laufen begonnen hat oder ob davon auszugehen ist, dass diese Wiedereinsetzungsfrist in dem Zeitpunkt zu laufen begann, in dem der Kläger Kenntnis von der Notwendigkeit einer zeitnahen Antragstellung auf Besoldungserhöhung erhielt. Zwar wäre im letzteren Fall auch die Wiedereinsetzungsfrist inzwischen abgelaufen, doch müsste hierfür der Antrag vom 16. April 2002 auch als - erfolgreicher - Antrag auf Wiedereinsetzung in die Wiedereinsetzungsfrist gewertet werden. Unter diesen Umständen wäre zudem auf jeden Fall auch die Wiedereinsetzung ohne Antrag gemäß Art. 32 Abs. 2 Satz 4 BayVwVfG möglich und geboten gewesen.

Der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand steht ferner nicht entgegen, dass die Jahresfristen nach Art. 32 Abs. 3 BayVwVfG i.V.m. Art 9 § 1 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BBVAnpG 99 nicht eingehalten sind. Sie haben jeweils mit dem Ende des Haushaltsjahres, für das die erhöhte Besoldung zustand und "zeitnah" hätte geltend gemacht werden müssen, begonnen und sind jeweils ein Jahr danach abgelaufen. Daran scheitert die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aber nicht, weil ein Wiedereinsetzungsantrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

Dieser Begriff hat in den Wiedereinsetzungsvorschriften nämlich eine subjektive Komponente, da es darum geht, dem jeweiligen konkreten Kläger einen wirkungsvollen Rechtsschutz zu ermöglichen. Unter höherer Gewalt wird deshalb nicht nur wie im Haftungsrecht ein von außen kommendes, nicht beeinflussbares Ereignis (Krieg, Naturkatastrophe etc.), sondern jedes Geschehen verstanden, das auch durch die größtmögliche, von dem Betroffenen unter Berücksichtigung seiner Lage, Bildung und Erfahrung vernünftigerweise zu erwartende und zumutbare Sorgfalt nicht abgewendet werden konnte. Unabwendbar in diesem Sinn ist - unter dem Blickwinkel der dann fehlenden Zumutbarkeit - eine Fristversäumnis, wenn sie durch eine falsche oder irreführende Auskunft oder Belehrung oder sonst durch ein rechts- oder treuwidriges Verhalten der Verwaltungsbehörde verursacht wird. Das bringt bereits das Gesetz selbst zum Ausdruck, wenn es in § 58 Abs. 2 VwGO der höheren Gewalt den Fall gleichstellt, dass fälschlich eine schriftliche Belehrung dahin erfolgt ist, dass ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. Der darin zum Ausdruck gekommene Rechtsgedanke ist auf vergleichbare Konstellationen zu übertragen (zur entsprechenden Situation des § 66 Abs. 2 und des § 67 Abs. 3 SGG vgl. BSG vom 25.3.2003, Az. B 1 KR 36/01 R, BSGE 91, 39; hier zitiert nach Juris).

Hinzu kommt, dass das FMS in Abs. [4] im Sachzusammenhang mit Abs. [3], wonach "insoweit", also im Hinblick auf eine "allgemeine Korrektur" weder Anträge gestellt noch Widersprüche eingelegt werden müssen, den Gedanken intendiert, dass die darin liegende Erleichterung nicht nur zugunsten der betroffenen Beamten gewährt werde, sondern auch im Sinn einer Verwaltungsvereinfachung die Betroffenen daran hindert sollte, unnötige und unerwünschte Rechtsbehelfe zu ergreifen. In der sich daraus ergebenden Unzumutbarkeit der rechtzeitigen Vornahme einer fristgebundenen Handlung ist aber aus verfassungsrechtlichen Gründen immer ein Ereignis aus dem Bereich der höheren Gewalt zu erblicken, nach dessen Wegfall die unverzügliche Nachholung der unterbliebenen Handlung durch Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu ermöglichen ist (BVerfGE 71, 805/347 = NJW 1986, 1483; ferner BSG a.a.O.).

Dem Kläger ist somit nach Art. 9 § 1 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 BBVAnpG 99 unter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der dort gesetzten Fristen antragsgemäß unter entsprechender Verpflichtung des Beklagten der Betrag von 8.456,99 Euro (entspricht 16.540,44 DM) zuzusprechen. Das entgegenstehende Urteil des Verwaltungsgerichts ist aufzuheben; der Berufung des Klägers ist stattzugeben.

Zinsen: §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Kosten: § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Zulassung der Revision: § 132 Abs. 1, Abs. 2 Ziff. 1 VwGO, § 127 BRRG.

Beschluss:

Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 8.456,99 Euro (entspricht 16.540,44 DM) festgesetzt (§ 13 Abs. 2, § 14 Abs. 3 GKG a.F., § 72 Nr. 1 Halbsatz 1 GKG i.d.F. des Gesetzes vom 2. Mai 2004 [BGBl I S. 718]).

Ende der Entscheidung

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