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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 01.04.2008
Aktenzeichen: 3 CS 07.3388
Rechtsgebiete: VwGO, BayBG, LbVPol, LbV


Vorschriften:

VwGO § 80 Abs. 5
BayBG Art. 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
LbVPol § 11 Abs. 3
LbV § 8 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

3 CS 07.3388

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe (Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO);

hier: Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 23. November 2007,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 3. Senat,

durch die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. Burger-Veigl als Vorsitzende, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Weber, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Traxler

ohne mündliche Verhandlung am 1. April 2008

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.066,35 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Der am 25. April 1983 geborene Antragsteller wurde mit Wirkung vom 1. März 2003 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Polizeioberwachtmeister und mit Wirkung vom 1. September 2004 zum Polizeimeister ernannt. Seine laufbahnrechtliche Probezeit sollte zum 31. August 2006 enden.

Am 11. Mai 2006 und am 24. Juni 2006 erschien der Antragsteller verspätet zum Dienst. Beim ersten Mal wurde bei ihm eine Beeinträchtigung durch Restalkohol festgestellt, beim zweiten Mal ergab ein Alkoholtest eine Atemalkoholkonzentration von 0,52 bzw. 0,46 Promille. Daraufhin unterzog sich der Antragsteller in der Folgezeit und bis 21. März 2007 einer großen Zahl teilweise täglich oder im Abstand weniger Tage durchgeführter Alkoholtests. Diese ergaben jeweils einen Wert von 0,0 Promille.

Eine seitens des Antragsgegners veranlasste und am 8. August 2006 durchgeführte polizeiärztliche Untersuchung, die sich auch auf den Gesichtspunkt der gesundheitlichen Eignung des Antragstellers zur späteren Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit beziehen sollte, ergab laut Gesundheitszeugnis vom 16. August 2006, Frau Med.Dir. Dr. Kr., Fachärztin für Psychiatrie, dass beim Antragsteller eine Alkoholproblematik vorliege, zumindest in Form eines (zeitweiligen) Alkoholmissbrauchs. Differentialdiagnostisch könne auch ein (beginnendes) Alkoholabhängigkeitssyndrom nicht ausgeschlossen werden. Infolgedessen sei der Antragsteller nicht uneingeschränkt polizeidienstfähig. Er sei zum Führen von dienstlichen und privaten Waffen sowie zum Führen von Dienstkraftfahrzeugen derzeit gesundheitlich nicht geeignet. Aufgrund der Alkoholproblematik sowie auch einer nicht auszuschließenden Veranlagung zur einer erhöhten Labilität gegenüber Umwelteinflüssen sei er zur späteren Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit gesundheitlich nicht geeignet.

Im Rahmen seiner Anhörung zu der deswegen beabsichtigten Entlassung aus dem Beamtenverhältnis legte der Antragsteller eine ärztliche Stellungnahme vom 15. Dezember 2006 von Dr. med. Br., Chefarzt des Krankenhauses Ag., Klinik des Bezirks Ob., vor. Diese kommt zu dem Ergebnis, der Antragsteller sei aus psychiatrischer Sicht uneingeschränkt dienstfähig und zum Führen von Waffen und Dienstkraftfahrzeugen tauglich. Hinweise auf eine Alkoholproblematik, einen zeitweiligen Alkoholmissbrauch oder ein beginnendes Alkoholabhängigkeitssyndrom lägen nicht vor.

Die Ärztin des polizeiärztlichen Dienstes nahm zu dieser Einschätzung am 18. Januar 2007 Stellung und gelangte zusammenfassend zu dem Schluss, die ärztliche Stellungnahme von Herrn Dr. Br. vom 15. Dezember 2006 sei nicht geeignet, das polizeiärztliche Gutachten und Gesundheitszeugnis vom 16. August 2006 zu entkräften.

Weder der Bezirkspersonalrat beim Polizeipräsidium München noch der Hauptpersonalrat beim Bayerischen Staatsministerium des Innern stimmten der geplanten Entlassung des Antragstellers zu.

Mit Bescheid vom 7. August 2007 entließ der Antragsgegner (Polizeipräsidium M. - PP -) den Antragsteller mit Ablauf des 30. September 2007 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe und ordnete die sofortige Vollziehung dieses Bescheides an. Zur Begründung bezog er sich im Wesentlichen auf das ergänzte amtsärztliche Gutachten vom 16. August 2006/18. Januar 2007. Der Antragsteller sei für eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit gesundheitlich nicht geeignet. Hinsichtlich des angeordneten Sofortvollzugs überwiege das öffentliche Interesse das private Interesse des Antragstellers an dessen Verbleib im Beamtenverhältnis auf Probe. Bereits jetzt stehe fest, dass eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht möglich sei.

Hiergegen legte der Antragsteller unter dem 10. September 2007 Widerspruch ein.

Mit Schriftsatz vom 28. September 2007 beantragte der Antragsteller gemäß § 80 Abs. 5 VwGO,

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid des Polizeipräsidiums M. vom 7. August 2007 wiederherzustellen.

Zu Unrecht gehe der Antragsgegner davon aus, beim Antragsteller bestünden Mängel bezüglich der gesundheitlichen Eignung, die seine Entlassung rechtfertigten. Der Antragsgegner stelle einseitig auf die Feststellungen der Polizeiärztin ab. Weder das von ihm vorgelegte Gutachten von Dr. Br. noch die Ergebnisse der häufig durchgeführten Alkoholmessungen seien in diesem Zusammenhang berücksichtigt worden. Nach Auffassung des Antragstellers seien die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels in der Hauptsache offen; im Rahmen der sonach gebotenen Interessenabwägung sei hier seinen Belangen der Vorrang einzuräumen.

Der Antragsteller legte in der Folgezeit noch zwei weitere ärztliche Atteste vom 11. Oktober 2007 und vom 8. November 2007 sowie Laborberichte vom 8. und 18. Oktober 2007 vor.

Das Verwaltungsgericht gab dem Antrag statt und stellte mit Beschluss vom 23. November 2007 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid des PP vom 7. August 2007 wieder her.

Die summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage ergebe, dass die Erfolgsaussichten eines Hauptsacheverfahrens als offen anzusehen seien. Die Entlassung des Antragstellers werde im Bescheid vom 7. August 2007 ausschließlich mit seiner mangelnden gesundheitlichen Eignung (Art. 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBG) begründet. Der Antragsgegner stütze sich hierbei auf das Gesundheitszeugnis des Ärztlichen Dienstes der Polizei vom 16. August 2006 sowie dessen ergänzende Stellungnahme vom 18. Januar 2007. Dem gegenüber stünden jedoch die ärztlichen Stellungnahmen vom 15. Dezember 2006, vom 11. Oktober 2007 und vom 8. November 2007 sowie Laborbefunde vom 8. bzw. 18. Oktober 2007. Während die erste Stellungnahme des Dr. Br. vom 12. Dezember 2006 von einer uneingeschränkten Dienstfähigkeit des Antragstellers aus psychiatrischer Sicht ausgehe, gelange die nervenärztliche Stellungnahme des Ärztlichen Direktors des Bezirkskrankenhauses Wö. vom 11. Oktober 2007 zu dem Ergebnis, der hier vorliegende und komplexe Sachverhalt könne nur durch ein unabhängiges Sachverständigengutachten in aller Ruhe geklärt werden. Das vorgelegte ärztliche Attest vom 8. November 2007 (Dres. med. Ba. und Schr.) bescheinige dem Antragsteller, die Ausgangskonstellation der Transaminasen mit erhöhtem GPT und fast normalem Gamma-GT spreche eher für eine Fettleberhepatitis bzw. Non-Alkoholic-Hepathopathie als für eine ausschließlich alkoholbedingte Leberschädigung. Die vorgelegten Laborbefunde schließlich ergäben keinen zwingenden Hinweis auf einen anhaltenden Alkoholkonsum.

Im Grundsatz sei zwar einem amtsärztlichen Gutachten ein höherer Beweiswert zuzuerkennen als privatärztlichen Stellungnahmen. Hier handle es sich aber nicht nur um mehrere, differenzierende Atteste sowie Laborberichte, sondern es komme hinzu, dass der Antragsteller über viele Monate durch nahezu tägliche Alkoholtests intensiv kontrolliert worden sei, deren Ergebnis jeweils vollkommen unauffällig gewesen sei . Hierauf gehe der polizeiärztliche Dienst auch in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 18. Januar 2007 mit keinem Wort ein. Soweit der Antragsgegner der Auffassung sei, eine vollständige Alkoholabstinenz sei angesichts des laufenden Entlassungsverfahrens "eine Selbstverständlichkeit", so erscheine es eher fraglich, ob eine völlige Enthaltung seitens des Antragstellers bei tatsächlich vorliegender Alkoholkrankheit überhaupt möglich wäre.

Die Zweifel hinsichtlich der amtsärztlichen Einschätzung abschließend zu klären müsse einem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Stelle man die Nachteile gegenüber, die sich für die Beteiligten aus einem Unterliegen im Eilverfahren trotz späteren Obsiegens im Hauptsacheverfahren jeweils ergäben, überwiege unter den Umständen des vorliegenden Falles das Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung.

Der Antragsgegner hat gegen diesen Beschluss, der ihm am 20. November 2007 zugestellt wurde, mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2007, beim Verwaltungsgericht eingegangen am selben Tag, Beschwerde eingelegt. In der Begründung - Schriftsatz vom 18. Dezember 2007 - bezieht er sich u. a. auf eine polizeiärztliche Stellungnahme des Ltd. Med.Dir. Dr. La. vom 13. November 2007, das dem Verwaltungsgericht vom PP mit Schriftsatz vom 20. November 2007 vorgelegt worden war, von diesem aber in seinem Beschluss nicht mehr hatte berücksichtigt werden können. Außerdem stützt sich der Antragsgegner auf eine Stellungnahme des polizeiärztlichen Dienstes, Ltd. Med.Dir. Dr. Ho., vom 14. Dezember 2007.

Die Argumentation hält sich im Wesentlichen im Rahmen des vom Verwaltungsgericht überprüften Ausgangsbescheids und des dem Senat am 31. März 2008 auf dessen Bitte unmittelbar übermittelten Widerspruchsbescheids des PP vom 18. Dezember 2007 (Versendungsvermerk: 27.12.2007). Danach wird die Entlassungsverfügung auf die bereits genannten Gründe gestützt und festgestellt, es sei erklärbar, dass bei der durch Dr. Br. vorgenommenen laborchemischen Untersuchung die erhobenen Werte unauffällig gewesen seien. Diese Untersuchung habe mehrere Monate nach den einschlägigen Vorfällen und mindestens einen Monat nach der Ankündigung, den Beamten entlassen zu wollen, stattgefunden. Der Beamte habe somit ausreichend Zeit gehabt, durch eine längere Abstinenz seine Blutwerte wieder in den Normalbereich zurückzuführen. Die vorübergehende Alkoholabstinenz könne aber die grundsätzlichen Zweifel an seiner gesundheitlichen Eignung nicht ausräumen.

Des Weiteren stützt der Antragsgegner seinen Widerspruchsbescheid nunmehr auch auf die zusammenfassenden Feststellungen im Gutachten des Polizeiarztes Dr. La. vom 13. November 2007 und in der Stellungnahme des Polizeiarztes Dr. Ho. vom 14. Dezember 2007. Danach sei der 24-jährige Antragsteller übergewichtig, habe eine (mittlerweile medikamentös behandelte) Fettstoffwechselstörung und zu hohen Blutdruck, weise im Jahr 2003 elf, im Jahr 2005 acht und im Jahr 2006 immerhin noch vier Dienstausfallzeiten auf und habe wegen Schlafstörungen monatelang ein Schlafmittel eingenommen. Zudem sei von einer zumindest ab 2006 dokumentierten Leberzellschädigung unklarer Genese auszugehen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 23. November 2007 aufzuheben und den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 10. September 2007 gegen den Bescheid des Polizeipräsidiums M. vom 7. August 2007 abzulehnen.

Der Antragsteller beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts und trägt darüber hinaus vor, der Polizeiarzt Dr. La. räume ein, dass die Laborwerte für sich allein keinen zwingenden Hinweis auf einen anhaltenden Alkoholkonsum des Antragstellers beinhalteten, und gehe auf die dokumentierte Alkoholkarenz des Antragstellers nicht ein. Dem Antragsteller werde indirekt eine Änderung des Lebenswandels vorgeworfen, die nur unter dem Druck der Beobachtungssituation vorgenommen worden sei. Während des Verwaltungsverfahrens habe der Antragsgegner beim Antragsteller keine Alkoholproblematik mehr behaupten können. In der Beschwerdeinstanz ändere nun der Antragsgegner seine Diagnose und trage vor, dass der Antragsteller übergewichtig sei, eine Fettstoffwechselstörung und einen zu hohen Blutdruck habe. Derzeit habe er jedoch ein Körpergewicht von 87 Kilo, was dem Normalgewicht entspreche.

Der Antragsteller legt zum Beweis für die Normalisierung seiner Laborwerte Aufstellungen und Messwerttabellen vom 3. Januar und 11. Januar 2008 sowie ärztliche Atteste, Berichte und Sachverständigengutachten vom 15. Januar, 18. Januar und 19. Januar 2008 vor.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners bleibt ohne Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat - gemessen an den für die Entlassungsentscheidung maßgeblichen Erwägungen - die Erfolgsaussichten des Begehrens des Antragstellers im Hauptsacheverfahren - zutreffend - als offen angesehen und im Rahmen der Abwägung des öffentlichen Interesses am sofortigen Vollzug der Entlassungsverfügung gegenüber dem persönlichen Interesse des Antragstellers am vorläufigen Verbleiben im Beamtenverhältnis auf Probe dem Interesse des Antragstellers im Hinblick auf dessen wirtschaftliche Existenzgrundlage den Vorrang eingeräumt. Der Senat kann sich insoweit auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts beziehen. Ergänzend dazu, namentlich auch im Hinblick auf das Vorbringen des Antragsgegners im Beschwerdeverfahren, ist noch folgendes auszuführen:

Der Antragsgegner begründet die Entlassung des Antragstellers mit dessen mangelnder gesundheitlicher Eignung (Art. 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBG). Er bezieht sich im Vorfeld der Entlassungsverfügung - Anhörung des Antragstellers, Informationsschreiben an den Bezirks- bzw. Hauptpersonalrat - und auch im Entlassungsbescheid vom 7. August 2007 stets auf Gesundheitszeugnis und ergänzende Stellungnahme des ärztlichen Dienstes der bayerischen Polizei vom 16. August 2006 und 18. Januar 2007, jeweils durch Frau Med.Dir. Dr. Kr., Fachärztin für Psychiatrie - Psychotherapie. Dabei stützt er sich - rechtlich so wohl nicht haltbar - auf eine Tatsachengrundlage, die er selbst in einer in sich widersprüchlichen Weise darstellt. Zwar zitiert er durchaus zutreffend Nr. 3.2.1 PDV 300, wonach die gesundheitliche Eignung zur späteren Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit schon dann nicht vorliegt, wenn nach ärztlich-wissenschaftlicher Erkenntnis und Erfahrung zu erwarten ist, dass die aufgetretenen Krankheiten oder Leiden die uneingeschränkte Verwendung im Polizeivollzugsdienst gemäß Nr. 3.1.1 PDV 300 langfristig nicht gestatten. Bei der Übertragung dieser Grundsätze auf den konkreten Fall verweist er darauf, dass die polizeiärztliche Gutachterin ihr Gutachten auf eine breite Tatsachengrundlage gestellt und neben den Ergebnissen der laborchemischen Untersuchung auch die Angaben des Beamten, die Vorfälle vom 11. Mai und 27. Juni 2006 sowie den Umstand berücksichtigt habe, dass der Beamte nach seiner ersten Alkoholverfehlung erneut im Dienst alkoholauffällig geworden sei. Seine häufigen Erkrankungen seien für die Eignungsprognose nicht entscheidend.

Dieser letzte Gesichtspunkt - häufige Erkrankungen - ist aber offensichtlich ein integrierender Bestandteil des in Bezug genommenen amtsärztlichen Gutachtens, nach dessen zentralen Feststellungen, die auch in den Gründen der Entlassungsverfügung (unter I.) zitiert werden, der Antragsteller aufgrund der vorliegenden Alkoholproblematik sowie auch einer nicht auszuschließenden Veranlagung zu einer erhöhten Labilität gegenüber Umwelteinflüssen nach gutachterlicher Beurteilung zur späteren Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit gesundheitlich nicht geeignet ist. Der sich unmittelbar anschließende, im Entlassungsbescheid nicht zitierte Text des Gutachtens lautet: "Unter Berücksichtigung der Vorgeschichte kann polizeiärztlicherseits die Möglichkeit zukünftiger häufige Erkrankungen oder des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit schon vor Erreichen der Altersgrenze gegenwärtig nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. In diesem Zusammenhang wird auch darauf hingewiesen, dass Herr B. im Rahmen seiner bisherigen polizeilichen Laufbahn bereits in drei Kalenderjahren (nämlich 2003, 2005 und 2006) überdurchschnittliche dienstliche Fehlzeiten aufgewiesen hat." Der Sinnzusammenhang dieses Textes zwingt zu dem Schluss, dass in der diagnostizierten Veranlagung zu einer erhöhten Labilität gegenüber Umwelteinflüssen, mit der die fehlende Eignung des Antragstellers zur Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit mit begründet worden ist, der Grund für die aufgeführten Fehlzeiten gesehen wird. Als Ursache für diese Fehlzeiten hatte Frau Dr. Kr. offensichtlich Erkrankungen des Antragstellers vor Augen. Diese Sichtweise hatte auch der Dienstherr, wie sich z.B. aus dem Schreiben des PP an den Bezirkspersonalrat vom 9. November 2006 (Seite 1 letzter Absatz) ergibt. Der Bezirkspersonalrat (Schreiben vom 23.11.2006 und vom 15.3.2007) sowie der Hauptpersonalrat (Schreiben vom 10.7.2007) haben dies in der gleichen Weise verstanden und darauf teilweise auch ihre Argumentation für die Versagung der Zustimmung zur beabsichtigten Entlassung aufgebaut. Beiden Gremien war vom PP die auch diesem bekannte ärztliche Stellungnahme vom 15. Dezember 2006 des ärztlichen Direktors der Klinik des Bezirks O, Ag., Dr. med. Br., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Neurologie, zur Verfügung gestellt worden. Aus dieser Stellungnahme ergibt sich, dass der Antragsteller dort ärztliche Befundberichte und Bescheinigungen vorgelegt habe, aus denen eindeutig hervorgehe, dass seine von der Polizeiärztin beschriebenen erhöhten Krankheitstage ausschließlich medizinisch-ärztlich bedingt gewesen seien. Es handle sich dabei um Erkrankungen wie Pharyngitis, Husten, grippaler Infekt, akute Sinusitis, einmal auch eine schwerwiegende Zahnextraktion. Diese Krankheitsbilder harmonieren mit der von der Polizeiärztin angesprochenen nicht auszuschließenden Veranlagung zu einer erhöhten Labilität gegenüber Umwelteinflüssen.

Diese Diskrepanz in der Begründung der Entlassung, die - wie aufgezeigt - in der angefochtenen Verfügung selbst und auch in den entsprechenden Passagen des Widerspruchsbescheids vom 18. Dezember 2007 deutlich zum Ausdruck kommt, wirkt sich aus gegenwärtiger Sicht zusätzlich positiv auf die Aussichten des Antragstellers im Hauptsacheverfahren aus.

Der Antragsgegner hat in seiner Beschwerdebegründung vom 18. Dezember 2007 weitere medizinische Unterlagen eingeführt, die erst im vorliegenden Beschwerdeverfahren gewürdigt werden können. Aus einem Schriftsatz des Antragstellers an den Verwaltungsgerichtshof vom 13. März 2008 ist zu entnehmen, dass der Antragsgegner am 18. Dezember 2007 auch einen Widerspruchsbescheid erlassen hatte, wonach der Antragsteller erfolglos geblieben war. Damit markiert dieses Datum die entscheidende Tatsachenlage auch für eine darauf zu gründende Prognose hinsichtlich der künftigen Entwicklung der Dienstfähigkeit des Antragstellers.

Die Einbeziehung dieser weiteren polizeiärztlichen Äußerungen in eine Gesamtbetrachtung wie auch die Erweiterung der Begründung der Entlassungsverfügung im Widerspruchsbescheid führen nicht dazu, dass sich - nach der im Eilverfahren gebotenen kursorischen Betrachtungsweise - eine Verbesserung der Erfolgsaussichten des Antragsgegners in einem Hauptsacheverfahren abzeichnen würde.

Beschwerdebegründung wie Widerspruchsbescheid beziehen sich auf eine Stellungnahme des Polizeiarztes Ltd. Med.Dir. Dr. La. vom 13. November 2007.

Darin wird auf die vom Antragsteller vorgelegten Laborberichte (Laborwerte mit dem Eingangsdatum 13.9 und 12.10.2007) hingewiesen. Die Laborwerte mit dem ersten Eingangsdatum beinhalteten in der Tat keinen "zwingenden Hinweis auf einen anhaltenden Alkoholkonsum" (so das Zitat Dr. La. aus dem Laborbericht vom 8.10. 2007). Sodann nimmt Dr. La. die Laborwerte mit dem zweiten Eingangsdatum in den Blick und knüpft daran die Frage, die es (denn) sein könne, dass eine Reihe von auffälligen Werten sich von Mitte September bis Mitte Oktober teils normalisiert, teils wesentlich gebessert hätten. Dafür gebe es nur eine einzige plausible Erklärung, nämlich die, dass der Beamte während dieses Zeitraums unter dem Druck der Beobachtungssituation seinen Lebenswandel deutlich geändert haben müsse, und hier wiederum in erster Linie den Alkoholkonsum, denn um diesen gehe es ja vorrangig. Die Entwicklung der Laborwerte im Beobachtungszeitraum von Mitte September bis Mitte Oktober 2007 bestärkte bei näherer Betrachtung die Bedenken der polizeiärztlichen Gutachterin, wie sie gut ein Jahr zuvor im Gesundheitszeugnis und 16. August 2006 zum Ausdruck gebracht worden seien und aus denen der Beamte zwischenzeitlich offensichtlich keine Konsequenzen gezogen habe. Dies habe er erst mehr als ein Jahr später zwischen dem 13. September und dem 12.10.2007 getan, um eine für ihn vorteilhafte Stellungnahme zu erhalten.

Dr. La. blendet bei dieser Betrachtungsweise aus, dass der Antragsteller sich in der Zeit vom 10. August 2006 bis 21. März 2007 in kurzen Abständen auf seiner Polizeidienststelle freiwillig Alkoholtests unterzogen hat, die ausschließlich zu Befunden von 0,00 Promille geführt haben. Diese auf einer Aufstellung mit Unterschriften der abnehmenden Beamten (VG-Akt Bl. 20 f.) dokumentierten Tests wurden nach - unbestrittenem - Vortrag des Antragstellers bis in den Juli 2007 fortgesetzt. Es mag durchaus sein, dass der Antragsteller diese Verhaltensweise und die darin festgehaltene Alkoholabstinenz unter dem Druck des gegen ihn laufenden Verfahrens an den Tag gelegt hat. Doch fehlt jede medizinische Auseinandersetzung hinsichtlich der Frage, in welchem Licht unter diesen Umständen die dem Beamten vorgehaltene realistische Möglichkeit einer "Alkoholproblematik" zu sehen ist.

Zu einem Eingehen auf diese Frage hätte umso mehr Anlass bestanden, als das ärztliche Attest der Dres. Ba. und Schr. vom 8. November 2007 die Laborwerte völlig anders interpretiert. Seiner Auffassung nach spricht die Ausgangskonstellation der Transaminasen mit erhöhtem GPT und fast normalem Gamma-GT eher für eine Fettleberhepatitis bzw. Non-Alcoholic- Hepatopathie als für eine ausschließlich alkoholbedingte Leberschädigung. Dies zeige auch den Rückgang nach einer konsequenten Lipid-Therapie, zumal der Antragsteller seit dem Vorfall im Juni 2006 keinen Alkohol mehr trinke (CDT- Wert vom September 2007).

Dr. La. seinerseits fasst die Gesamtsituation (zu der er offenbar auch die erhobenen Laborwerte zählt) dahingehend zusammen, man habe es mit einem 24-jährigen Beamten zu tun, der übergewichtig sei, eine Fettstoffwechselstörung und zu hohen Blutdruck habe, der im Jahr 2003 11, 2005 8 und 2006 immerhin noch 4 Dienstausfallzeiten aufgewiesen habe, und der wegen Schlafstörungen monatelang ein Schlafmittel eingenommen habe. Hinzu kämen die beiden Alkoholvorfälle vom 11. Mai und vom 24. Juni 2006. Die Bedenken der Gutachterin gegen die Übernahme eines solchen Beamten ins Beamtenverhältnis auf Lebenszeit seien ausgesprochen gut nachvollziehbar.

Der Senat vermisst hier jede Auseinandersetzung mit der Frage, ob die erhobenen Laborwerte auch bei Berücksichtigung der gesamten Umstände auf eine derzeit (ggf. latent) vorliegende "Alkoholproblematik" schließen lassen oder ob nicht ganz andere Diagnosen zu stellen sind.

Ltd.MedDir. Dr. Hoffmann, ebenfalls ärztlicher Dienst der bayerischen Polizei, stellt unter dem Datum vom 14. Dezember 2007 fest, dass beim Antragsteller nach wie vor von einer (mittlerweile medikamentös behandelten) Fettstoffwechselstörung sowie von einer zumindest ab 2006 dokumentierten Leberzellschädigung unklarer Genese auszugehen sei. Ob die Besserung der Laborwerte der Therapie der erhöhten Blutfette und/oder einer vorangegangenen Alkoholrestriktion zuzurechnen sei, könne im Moment nicht beurteilt werden. Gleichzeitig aus den Unterlagen zu entnehmende weitere Risikofaktoren wie Übergewicht, erhöhter Blutdruck sowie Nikotin ließen die Unbedenklichkeit einer gesundheitlich prognostischen Einschätzung bei dem noch jungen Mann im Hinblick auf eine Lebenszeitverbeamtung derzeit nicht zu.

Eine Gesamtschau dieser von Seiten des Antragsgegners vorgelegten polizeiärztlichen Äußerungen, die - ergänzend - zu der Tatsachengrundlage des Ausgangsbescheids hinzugenommen wurden, lässt nicht den Eindruck entstehen, als sei die vom Dienstherrn zu stellende Prognose hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung des Antragstellers im Hinblick auf eine Lebenszeitverbeamtung unter angemessener Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen hinreichend untermauert worden. Immerhin hat der ärztliche Direktor des Bezirkskrankenhauses Wö., Dr. med. Fl., Nervenarzt, Facharzt für psychosomatische Medizin und Psychotherapie, in seiner nervenärztlichem Stellungnahme vom 11. Oktober 2007 auf die völlig unterschiedlichen Ergebnisse des polizeiärztlichen Gutachtens vom 16. August 2006 und der Stellungnahme des Dr. Br. vom 15. Dezember 2006 hingewiesen. Bei der Untersuchung im Bezirkskrankenhaus sei schnell abzusehen gewesen, dass es sich um einen sehr komplexen Sachverhalt handele, der letztlich nur durch ein unabhängiges Sachverständigengutachten in aller Ruhe geklärt werden könne. Polizeiarzt Dr. La. hat dies zitiert, aber unkommentiert gelassen, ist jedoch seinerseits ohne eigene Untersuchung des Antragstellers und auch, ohne auf neuere Untersuchungsergebnisse von dritter Seite zurückgreifen zu können, zu seiner dargestellten Einschätzung gekommen.

Die vom Antragsteller mit Schriftsatz vom 20. Februar 2008 vorgelegten Dokumentationen von Laborwerten und Messwerten sowie die beigefügten ärztlichen Atteste liegen sämtlich nach dem Datum des Widerspruchsbescheids (18.12.2007). Die Entwicklung, die nach diesem Datum eingetreten ist, kann vorliegend nicht berücksichtigt werden. Doch lässt sich aus diesen Dokumenten immerhin erkennen, welche Aufklärungsdefizite der Antragsteller hätte beseitigen müssen, wenn er den Widerspruchsbescheid auf eine ausreichend ermittelte Tatsachenbasis und damit auch genügend tragfähige rechtliche Grundlage hätte stellen wollen. Beispielhaft sei auf das Ergebnis der körperlichen Untersuchung (Gutachten Dr. med. Pr., medizinisches Sachverständigengutachtenbüro, vom 19. Februar 2008 (dort Seite 8) verwiesen, wobei sich eine Größe von 184 cm, ein Gewicht von 87 kg und daraus ein Body-Maß-Index von 25,7 kg/m2 ergeben hat. Werte normalgewichtiger Personen liegen gemäß der Adipositas-Klassifikation der WHO zwischen 19 kg/m2 und 24,9 kg/m2, ab einer Körpermassenzahl von über 30 kg/m2 sind demnach übergewichtige Personen behandlungsbedürftig (Quelle: Wikipedia, Recherche vom 29.11.2007). Ob hier entscheidungserheblich von einem Risikofaktor Übergewicht gesprochen werden könnte, wäre ggf. einer vertieften sachverständigen Prüfung zu unterziehen.

Die Entlassung eines Beamten auf Probe gemäß Art. 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 BayBG erscheint demnach nicht hinreichend begründet. Für die Gewinnung einer breiteren Basis für die Klärung der Frage der gesundheitlichen Eignung für eine Lebenszeitverbeamtung stünde ggf. noch hinreichend Zeit zur Verfügung. Zwar wäre die (reguläre) Probezeit für Polizeibeamte des mittleren Dienstes am 31. August 2006 beendet gewesen, doch kann die Probezeit eines Polizeivollzugsbeamten auf Probe bis zu einer Gesamtdauer von fünf Jahren verlängert werden (§ 11 Abs. 3 LbVPol i.V.m. § 8 Abs.5 LbV).

Die Beschwerde ist deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 5 Nr. 2 GKG, wobei im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur die Hälfte des Streitwerts des Hauptsacheverfahrens anzusetzen ist.

Ende der Entscheidung

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