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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 19.07.2007
Aktenzeichen: 3 ZB 04.2139
Rechtsgebiete: LbV


Vorschriften:

LbV § 52
LbV § 54 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

3 ZB 04.2139

In der Verwaltungsstreitsache

wegen dienstlicher Beurteilung;

hier: Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 22. Juni 2004,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 3. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Thomas, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. Burger-Veigl, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Weber

ohne mündliche Verhandlung am 19. Juli 2007

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt, weil es die innerhalb der Begründungsfrist erfolgten Darlegungen der Klägerin - gemessen an § 124 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 3 VwGO - nicht rechtfertigen, das Urteil des Verwaltungsgerichts einer umfassenden Überprüfung im Berufungsverfahren zu unterziehen.

Im Wesentlichen beanstandet die Klägerin, dass ihre Beurteilung kein "Gesamturteil" i.S.d. § 52 LbV enthält. Sie erachtet deshalb die Beurteilungsrichtlinien der Beklagten, die gemäß § 54 a LbV mit Ausnahmegenehmigung des Staatsministeriums des Innern stattdessen (nur) eine zusammenfassende Bewertung der fachlichen Leistung vorsehen, mit der LbV und mit dem Grundsatz der Bestenauslese (Art. 33 Abs. 2 GG) für unvereinbar. Diese Rechtsfrage sei grundsätzlich klärungsbedürftig, jedenfalls besonders schwierig zu entscheiden. Darüberhinaus bestünden auch deshalb erhebliche Zweifel am Ergebnis des Urteils des Verwaltungsgerichts, weil die zusammenfassende Bewertung der fachlichen Leistung nur in einem "Gesamturteil" von 9 Punkten erfolgt sei, ohne dass - entgegen § 52 Abs. 2 Satz 2 LbV - ergänzende Bemerkungen, Abwägungen und Gewichtungen dargestellt worden seien. Hiervon habe das Ministerium in seiner Ausnahmegenehmigung nicht befreit.

Die von der Klägerin als "grundsätzlich bedeutsam" bezeichnete Frage ist nicht "klärungsbedürftig" i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, weil sich deren Beantwortung ohne weiteres aus dem Gesetz ergibt. Das mit Ausnahmegenehmigung erprobte Beurteilungssystem der Beklagten ist durch die Ermächtigung des § 54 a LbV gedeckt und mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar. Nach § 54 a LbV kann das Ministerium - im Interesse der Weiterentwicklung der kommunalen Selbstverwaltung - zur Erprobung neuer Modelle der dienstlichen Beurteilung von § 52 LbV abweichende Beurteilungssysteme zeitlich befristet zulassen. Wenn, wie hier, eine Ausnahmegenehmigung von der Ausweisung eines "Gesamturteils" zugelassen wurde, ist das eine Abweichung von § 52 LbV, weil diese Vorschrift nicht an ein anderweitig geregeltes Gebot zur Bildung eines "Gesamturteils" anknüpft, sondern erst das Erfordernis der Bewertung mittels eines "Gesamturteils" schafft und dieses zugleich näher ausgestaltet. Entfällt demnach durch die Ausnahmegenehmigung das "Gesamturteil", ist damit zugleich das Gebot, die für die Bildung des Gesamturteils wesentlichen Gründe in ergänzenden Bemerkungen darzulegen (§ 52 Abs. 2 Satz 2 LbV), gegenstandslos.

Die Klägerin interpretiert auch sonst die Ermächtigung des § 54 a LbV zur Erprobung abweichender Beurteilungssysteme zu restriktiv, wenn sie vorbringt, das System der Beklagten sei nicht "neu", sondern "lückenhaft" und zudem nicht nachvollziehbar "im Interesse der Weiterentwicklung der kommunalen Selbstverwaltung legitimiert.

"Neu" ist jedes Beurteilungssystem, das nicht das durch die Neufassung der LbV abgelöste alte Beurteilungssystem im Kern fortsetzt und das von den Bewertungsregelungen des § 52 LbV ganz oder teilweise abweicht. Der Verordnungsgeber engt in § 54 a LbV mit der Anknüpfung an das "Interesse der Weiterentwicklung der kommunalen Selbstverwaltung" den Gestaltungsspielraum der Kommunen nicht ein, sondern weist den Kommunen das Ermessen zur eigenverantwortlichen Ausgestaltung des Beurteilungssystems erst zu.

Die tragenden Erwägungen für den Verzicht auf ein "Gesamturteil" hat die Beklagte im Schreiben vom 20. Dezember 1999 wie folgt dargestellt:

"? Bei Stellenbesetzungen muss entschieden werden, welche Bewerberin bzw. welcher Bewerber den fachlichen und persönlichen Anforderungen der Stelle am besten entspricht. Dazu ist es notwendig, die Stellenanforderungen mit dem Bewerberprofil zu vergleichen. Den Einzelmerkmalen der dienstlichen Beurteilung kommt dabei entscheidende Bedeutung zu. Im Gesamturteil dagegen werden die differenzierten Aussagen der Einzelmerkmale nivelliert. Daher ist das Gesamturteil hinsichtlich der Stärken und Schwächen einer Mitarbeiterin/eines Mitarbeiters wenig aussagekräftig.

? Solange es ein Gesamturteil gibt, das als vorrangiges Entscheidungskriterium bei der Personalauswahl heranzuziehen ist, werden die Einzelmerkmale nur eine untergeordnete Rolle spielen. Die zentrale Stellung des Gesamturteils behindert auch eine echte Auseinandersetzung zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern über inhaltliche Fragen und eine Analyse von in den Einzelmerkmalen der dienstlichen Beurteilung zum Ausdruck kommenden Stärken und Schwächen. Sie mindert damit auch den Wert der dienstlichen Beurteilung als Personalführungsinstrument."

Diese Überlegungen rechtfertigen das zur Erprobung eingeführte Beurteilungssystem, weil sie sachlich vertretbar sind und sich innerhalb des durch Art. 33 Abs. 2 GG vorgegebenen gesetzlichen Rahmens bewegen. Auch dieses Beurteilungssystem ist auf das Leistungsprinzip und den Grundsatz der Bestenauslese ausgerichtet und ermöglicht eine Bewertung und Einordnung der miteinander in Konkurrenz stehenden Beamten nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung.

Das von der Klägerin zitierte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (v. 27.2.2003, BayVBl 2003, 693) betont zwar die hervorgehobene Bedeutung des "Gesamturteils" in den herkömmlichen Beurteilungssystemen, erachtet das "Gesamturteil" jedoch (nur) als "besonders geeignetes Mittel zum Zweck" und nicht als unabdingbare Voraussetzung jeden sachgerechten Vergleichs unter den Bewerbern. In dieser Entscheidung wird eingangs sogar das Recht des Dienstherrn betont, innerhalb der durch den Grundsatz der Bestenauslese gezogenen Grenzen Verfahren und Inhalt dienstlicher Beurteilungen weitgehend durch Richtlinien festzulegen und dabei nach den Erfordernissen in den einzelnen Verwaltungsbereichen unterschiedliche Beurteilungssysteme einzuführen, Notenskalen aufzustellen und festzulegen, welche Begriffsinhalte die einzelnen Notenbezeichnungen haben.

Vor diesem Hintergrund ist die Forderung der Klägerin nach Vergleichbarkeit der Beurteilungen über den Bereich des jeweiligen Dienstherrn hinaus unberechtigt. Eine solche wäre im Übrigen auch bei einer Bewertung mit einem "Gesamturteil" nicht ohne weiteres gegeben, weil es jeder Beurteiler in der Hand hat, in seinem (Überprüfungs-)Bereich die Anforderungen und Maßstäbe eigenständig und gleichmäßig (nur) für seinen Bereich zu entwickeln. Treten bei unterschiedlichen Dienstherrn tätige Beamte miteinander in Konkurrenz, sind deren Beurteilungen - zur Sicherstellung einer annähernden Vergleichbarkeit - immer näher zu untersuchen und wertend zu gewichten.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens (§ 154 Abs. 2 VwGO).

III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 2, § 47 Abs. 3 GKG).

Hinweis:

Von einer weiteren Begründung dieses Beschlusses wird abgesehen.

Mit der Ablehnung des Antrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a VwGO).

Ende der Entscheidung

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