Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 07.05.2009
Aktenzeichen: 4 B 06.3100
Rechtsgebiete: BayAbwAG, BayVwVfG, AbwAG


Vorschriften:

BayAbwAG Art. 19 Abs. 2
BayAbwAG Art. 16 Abs. 1 Satz 2
BayVwVfG Art. 49
AbwAG § 10 Abs. 4
Die Übergangsregelung des Art. 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 BayAbwAG zum (Teil-)Widerruf von Zuwendungs- und Bewilligungsbescheiden für Zuführungsanlagen wegen Verrechnung von Investitionskosten mit geschuldeter Abwasserabgabe nach § 10 Abs. 4 AbwAG begegnet trotz ihrer Rückwirkung auf abgeschlossene Fördersachverhalte keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

4 B 06.3100

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Widerrufs einer Zuwendung;

hier: Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 31. Oktober 2006,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 4. Senat,

durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. Motyl, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Schmitz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Wagner

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 6. Mai 2009

am 7. Mai 2009

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 31. Oktober 2006 geändert. Der Bescheid des Wasserwirtschaftsamtes Würzburg vom 28. November 2005 und der Widerspruchsbescheid der Regierung von Unterfranken vom 7. April 2006 werden unter Abweisung der Klage im Übrigen aufgehoben, soweit der Schlussbescheid des Wasserwirtschaftsamtes Würzburg vom 12. November 2003 über einen Zuweisungsbetrag von 174.738,39 € hinaus widerrufen wird.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die klagende Gemeinde wendet sich gegen die Rückforderung von staatlichen Zuwendungen für die Erweiterung ihrer Abwasseranlage (Bauabschnitt 14) wegen nachträglicher Verrechnung von Aufwendungen mit geschuldeter Abwasserabgabe.

1. Mit dem geförderten und im Mai 2003 in Betrieb genommenen Vorhaben schloss die Klägerin den Gemeindeteil Schönarts, in dem das anfallende Abwasser zuvor über Hauskläranlagen beseitigt worden war, an die bestehende zentrale Kläranlage an. Das Wasserwirtschaftsamt Würzburg hatte mit Zuwendungsbescheid vom 23. September 2002 staatliche Förderung in Höhe von 227.300 € nach Maßgabe folgender Verwaltungsvorschriften in Aussicht gestellt: Richtlinien für Zuwendungen zu wasserwirtschaftlichen Vorhaben (RZWas 2000), Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an kommunale Körperschaften (Anlage 3a zu den VV zu Art. 44 BayHO - ANBest-K) und Nebenbestimmungen für Zuwendungen zu wasserwirtschaftlichen Vorhaben (NBest-Was 2000). Mit Schlussbescheid vom 12. November 2003 setzte das Wasserwirtschaftsamt aufgrund des Verwendungsnachweises die Zuweisungen auf 204.500 € fest und ordnete an, dass die im Zuwendungsbescheid vom 23. September 2002 festgelegten Nebenbestimmungen weiterhin gelten. Das Wasserwirtschaftsamt ging bei Gesamtkosten in Höhe von 297.516,92 € von zuwendungsfähigen Kosten für das Vorhaben (nach Anlage 6c der RZWas 2000) von 292.100 € aus.

In Art. 16 Abs. 1 Satz 2 des Bayerischen Gesetzes zur Ausführung des Abwasserabgabengesetzes (BayAbwAG) ist angeordnet, dass keine staatlichen Zuwendungen für Aufwendungen gewährt werden dürfen, die nach § 10 Abs. 3 und 4 des Abwasserabgabengesetzes (AbwAG) oder nach Art. 9 BayAbwAG mit geschuldeter Abwasserabgabe verrechnet werden. Dieser Förderausschluss ist nach Nr. 5.4 Abs. 4 RZWas 2000 durch Umfang und Höhe der in Anlage 2 b festgelegten Kostenrichtwerte pauschal berücksichtigt. Das Bundesverwaltungsgericht entschied mit Urteil vom 20. Januar 2004 (BVerwGE 120, 27 ff.), dass Aufwendungen für Entwässerungskanäle, die das Abwasser vorhandener Einleitungen im Sinne von § 10 Abs. 4 AbwAG einer Abwasserbehandlungsanlage zuführen, nicht nur mit der Abwasserabgabe für die wegfallenden Einleitungen verrechnet werden dürfen, sondern entgegen der bayerischen Vollzugspraxis auch mit der Abwasserabgabe für Einleitungen der bestehenden Abwasserbehandlungsanlage, an die zugeführt wird.

Vor diesem Hintergrund erklärte die Klägerin am 20. Dezember 2004 gegenüber dem zuständigen Landratsamt, dass sie Aufwendungen für das geförderte Vorhaben in Höhe von 295.401,83 € gemäß § 10 Abs. 4 AbwAG mit den für die zentrale Kläranlage geschuldeten Abwasserabgaben der Jahre 2000 bis 2003 verrechne; das Landratsamt setzte dementsprechend durch Bescheid vom 29. Dezember 2004 die Summe der verrechenbaren Abwasserabgaben mit 174.738,39 € fest. Daraufhin widerrief das Wasserwirtschaftsamt Würzburg mit Bescheid vom 28. November 2005 den Schlussbescheid vom 12. November 2003. Eine Verrechnung mit der Abwasserabgabe in diesem erweiterten Umfang im Anschluss an die neue Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei in den Kostenrichtwerten zur Bemessung der Zuwendung nicht berücksichtigt. Somit sei nachträglich gegen den Förderausschluss des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 BayAbwAG verstoßen worden. Bei früherer Vornahme und Kenntnis der erweiterten Verrechnung wäre eine geringere Zuwendung festgesetzt worden. Es liege nach Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG im behördlichen Ermessen, den Schlussbescheid zu widerrufen. Das Wasserwirtschaftsamt wies ferner darauf hin, dass der Widerruf zu einer Rückforderung von Zuwendungen bis zur Höhe des vollen Verrechnungsbetrages führen könne und die neue Festsetzung der Zuwendung sowie die Rückforderung von Zuwendungen zu gegebener Zeit durch einen neuen Schlussbescheid erfolgten. Den Widerspruch der Klägerin wies die Regierung von Unterfranken mit Widerspruchsbescheid vom 7. April 2006 als unbegründet zurück.

2. Die Klägerin hat gegen den Widerruf Klage zum Verwaltungsgericht erhoben und geltend gemacht, dass der im Bescheid genannte Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG als Rechtsgrundlage ausscheide, weil er einen Widerruf nur mit Wirkung für die Zukunft erlaube. Da die Verrechnung mit der Abwasserabgabe aber in der Vergangenheit liege, komme allenfalls ein Widerruf nach Art. 49 Abs. 2a BayVwVfG in Betracht, der zudem die spezielle Regelung für Verwaltungsakte enthalte, die eine Geldleistung gewährten. Die Voraussetzungen dieser Bestimmung seien jedoch offenkundig nicht erfüllt. Es liege auch kein Fall des Zuwendungsausschlusses nach Art. 16 Abs. 1 Satz 2 BayAbwAG vor; diese Vorschrift enthalte nämlich kein Förderverbot für den Fall, dass erst nach Ergehen des Zuwendungsbescheides mit der Abwasserabgabe verrechnet werde. Bei der Zuwendung an die Klägerin sei im Übrigen, wie sich aus Nr. 5.4 Abs. 4 RZWas 2000 und Nr. 2.10 der Anlage 2b ergebe, eine spätere Verrechnung der Abwasserabgabe bereits berücksichtigt. Der Beklagte habe schließlich nicht dargetan, dass ohne den Widerruf des Schlussbescheids das öffentliche Interesse gefährdet wäre.

Die Klägerin hat beantragt, den Bescheid des Wasserwirtschaftsamtes Würzburg vom 28. November 2005 und den Widerspruchsbescheid der Regierung von Unterfranken vom 7. April 2006 aufzuheben.

Der Beklagte ist dem entgegen getreten und hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 31. Oktober 2006 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der angefochtene Widerruf sei rechtmäßig. Er sei zu Recht auf Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG gestützt, weil es sich um einen Widerruf für die Zukunft handle, mit dem die Rechtsgrundlage für das "Behaltendürfen" der Zuwendung von nun an beseitigt werden solle. Die Widerrufsvoraussetzungen lägen vor. Aufgrund der Verrechnung der Aufwendungen mit der Abwasserabgabe sei nachträglich eine Tatsache eingetreten, welche das Wasserwirtschaftsamt berechtigt hätte, den Schlussbescheid nicht in dieser Höhe zu erlassen; das ergebe sich aus Art. 16 Abs. 1 Satz 2 BayAbwAG. Ohne den Widerruf wäre das öffentliche Interesse gefährdet, weil die erweiterte Verrechnungsmöglichkeit zu einem erheblichen Einnahmeausfall und der Sache nach zu einer vom Gesetzgeber nicht gewollten doppelten Förderung führe. Der Widerruf sei auch frei von Ermessensfehlern. Die Klägerin könne sich nicht auf Nr. 5.4 Abs. 4 RZWas 2000 und eine Selbstbindung durch diese Verwaltungsvorschrift berufen, weil der Beklagte diese Verwaltungsvorschrift generell nicht anwende, wenn im Hinblick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts eine erweiterte Verrechnung erfolge. Es sei schließlich auch nicht zu beanstanden, dass der Schlussbescheid insgesamt widerrufen werde; denn aus der Bescheidsbegründung ergebe sich, dass die Zuwendung nicht völlig versagt werden solle, sondern neu berechnet werden müsse.

3. Die Klägerin wiederholt und vertieft mit der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend macht sie geltend, dass der Widerruf entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts an einem beachtlichen Ermessensfehler leide. Die Behörden hätten weder die Belange der Klägerin noch Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes berücksichtigt. Der Förderbetrag sei bereits für die Baumaßnahmen eingesetzt und verwendet. Die drohende Rückforderung beeinträchtige in erheblicher Weise die gemeindliche Planungshoheit.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 31. Oktober 2006 abzuändern und den Bescheid des Wasserwirtschaftsamtes Würzburg vom 28. November 2005 und den Widerspruchsbescheid der Regierung von Unterfranken vom 7. April 2006 aufzuheben.

Der Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Ansicht, dass die Rechtmäßigkeit des Widerrufs zudem durch das am 1. Januar 2007 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Bayerischen Gesetzes zur Ausführung des Abwasserabgabengesetzes vom 8. Dezember 2006 (GVBl S. 1007) bestätigt worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die vom Beklagten vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin ist im Wesentlichen unbegründet.

Der Widerruf des Schlussbescheids vom 12. November 2003 ist rechtmäßig, soweit er den dort festgesetzten Zuwendungsbetrag (204.500,-- €) für das Vorhaben "Abwasseranlage Eußenheim, BA 14" um den Betrag mindert, den die Klägerin mit geschuldeter Abwasserabgabe für die Veranlagungsjahre 2000 bis 2003 verrechnet hat (174.738,39 €). Im darüber hinausgehenden Umfang ist der Widerruf rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten; insoweit ist er unter Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils aufzuheben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Der Widerruf war bei seinem Erlass allerdings insgesamt rechtswidrig.

Zwar lagen, wie das Verwaltungsgericht überzeugend ausgeführt hat, die Widerrufsvoraussetzungen des Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG vor. Zum einen wäre die Bewilligungsbehörde aufgrund der von der Klägerin nach § 10 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 AbwAG erklärten Verrechnung ihrer Aufwendungen für die geförderte Anlage mit der in den Jahren 2000 bis 2003 geschuldeten Abwasserabgabe berechtigt (und nach Art. 16 Abs. 1 Satz 2 BayAbwAG auch verpflichtet), für die verrechneten Aufwendungen keine staatliche Zuwendungen zu gewähren und deshalb den Schlussbescheid nur in der um den Verrechnungsbetrag geminderten Höhe zu erlassen. Zum anderen würde ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet; denn durch die unvorhergesehene und unbeabsichtigte Doppelsubventionierung durch staatlichen Zuschuss und Abgabenverschonung, die im vorliegenden Fall in ihrer Summe sogar den tatsächlichen Investitionsaufwand übersteigt, sind Mittelausfälle in erhebliche Höhe entstanden, die das gesamte staatliche Fördersystem für kommunale Vorhaben zur Abwasserbeseitigung beeinträchtigen (vgl. LT-Drs 15/5659 S. 2 f.). Der Widerruf nach Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG war entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht durch die Regelung des Art. 49 Abs. 2a BayVwVfG ausgeschlossen. Letztere enthält zwar eine spezielle Regelung für Verwaltungsakte über eine Geld- oder Sachleistung, wie den hier widerrufenen Schlussbescheid; sie soll aber die Anwendung des Art. 49 Abs. 2 BayVwVfG nicht verdrängen, sondern zusätzlich weitergehende Widerrufsmöglichkeiten begründen (vgl. Sachs in: Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, RdNr. 107 zu § 49; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl. 2008, RdNr. 62). Unschädlich ist es schließlich auch, dass Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG im Gegensatz zu Art. 49 Abs. 2a BayVwVfG nur einen Widerruf mit Wirkung für die Zukunft, nicht aber für die Vergangenheit zulässt; denn der streitige Widerruf soll, wie in seiner Begründung zum Ausdruck kommt, den Schlussbescheid vom 12. November 2003 nicht rückwirkend vom Zeitpunkt seines Erlasses an beseitigen, sondern lediglich sein Wirksambleiben als Rechtsgrundlage für das Behaltendürfen der staatlichen Zuwendung für die weitere Zukunft (vgl. BVerwG, U.v. 11.2.1983 - 7 C 70.80, NVwZ 1984, 36/38).

Der Widerruf war aber gleichwohl rechtswidrig. Da er betragsmäßig nicht beschränkt ist, erfasst er den Schlussbescheid vom 12. November 2003 insgesamt. Zugleich ist aber seiner Begründung und dem abschließenden Hinweis zu entnehmen, dass die gewährten Zuwendungen nur teilweise rückgängig gemacht werden sollen und dass der Widerruf lediglich zu einer Rückforderung "bis in Höhe des vollen Verrechnungsbetrages der verrechneten Abwasserabgabe führen" könne. Ausdrücklich wurde angekündigt, dass "die Neufestsetzung der Zuwendung und die Rückforderung von Zuwendungen ... zu gegebener Zeit durch einen neuen Schlussbescheid" erfolgen sollen. Ein solcher Widerruf einer Zuwendungsbewilligung nur dem Grunde nach, also ohne Aussage zum Ausmaß des Widerrufs der Höhe nach, ist mit Art. 49 BayVwVfG unvereinbar. Der Widerruf muss selbst aussprechen, in welchem Umfang widerrufen wird, und darf diese Entscheidung nicht erst der dem Widerruf nachgeordneten und von ihm abhängigen Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs überlassen werden (vgl. BVerwG, U.v. 15.6.2000 - 5 C 20.99 - BVerwGE 111, 239 ff.). Dass das Wasserwirtschaftsamt zunächst den Ausgang des bereits eingeleiteten Gesetzgebungsverfahrens abwarten wollte, rechtfertigt keine Ausnahme von dieser verfahrensrechtlichen Vorgabe; entweder hätte es die geltende Gesetzeslage beachten müssen oder aber den Widerrufsbescheid erst nach dem Inkrafttreten der Neuregelung erlassen dürfen.

2. Der streitige Widerruf ist dennoch im Umfang des Verrechnungsbetrages von 174.738,39 € aufrecht zu erhalten, weil er insoweit nunmehr durch die am 1. Januar 2007 in Kraft getretene und für den hier zu beurteilenden Zuwendungssachverhalt Rückwirkung beanspruchende Vorschrift des Art. 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BayAbwAG gerechtfertigt wird.

a) Die Übergangsbestimmung des Art. 19 Abs. 2 BayAbwAG wurde durch das Änderungsgesetz vom 8. Dezember 2006 (GVBl S. 1007) in das Bayerische Gesetz zur Ausführung des Abwasserabgabengesetzes aufgenommen. Anlass für die Gesetzesänderung war das Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Januar 2004 (BVerwGE 120, 27 ff.) zum Umfang der Verrechnung von Aufwendungen für Anlagen, die das Abwasser vorhandener Einleitungen einer Abwasserbehandlungsanlage zuführen (insbes. Anschlusskanäle zu bestehenden gemeindlichen Kläranlagen), mit geschuldeter Abwasserabgabe nach § 10 Abs. 4 AbwAG. Während die bayerische Verwaltungspraxis zuvor davon ausgegangen war, dass die Aufwendungen für Zuführungsanlagen nur mit den Abwasserabgaben für die dadurch wegfallenden Kläranlagen oder Kleineinleitungen verrechnet werden dürften, entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass § 10 Abs. 4 AbwAG auch eine Verrechnung mit den für die aufnehmende Anlage anfallenden Abwasserabgaben zulässt. Da aufgrund dieser weitreichenden Verrechnungsmöglichkeit in erheblichem Umfang auch noch rückwirkend Ansprüche auf Abgabenminderung oder auf Rückzahlung bereits entrichteter Abgaben geltend gemacht werden können (vgl. § 10 Abs. 3 Satz 3 AbwAG), ist das Aufkommen aus der Abwasserabgabe in Bayern im Vergleich zur früheren Verrechnungspraxis deutlich zurückgegangen. Der Einnahmeausfall wird auf etwa 10,5 Mio. Euro jährlich geschätzt (LT-Drs 15/5659 S. 2). Damit hat sich zugleich das Finanzvolumen verringert, das im Rahmen der Zweckbindung nach § 13 AbwAG und Art. 16 BayAbwAG für die staatliche Förderung kommunaler Abwasserbehandlungsanlagen zur Verfügung steht.

Mit Blick auf diese Entwicklung hat der Gesetzgeber das schon bislang in Art. 16 Abs. 1 Satz 2 BayAbwAG normierte allgemeine Verbot der Gewährung von staatlichen Zuwendungen für Aufwendungen, die nach § 10 Abs. 3 und 4 AbwAG oder nach Art. 9 BayAbwAG mit geschuldeter Abwasserabgabe verrechnet werden, erheblich erweitert. Art. 16 Abs. 1 Satz 3 BayAbwAG bestimmt in der seit 1. Januar 2007 geltenden Fassung: Werden Aufwendungen für Anlagen, die das Abwasser vorhandener Einleitungen einer Abwasserbehandlungsanlage zuführen (Zuführungsanlagen), ganz oder teilweise nach § 10 Abs. 4 AbwAG mit geschuldeter Abwasserabgabe verrechnet, dürfen für diese Zuführungsanlagen insgesamt keine staatlichen Zuwendungen zugesagt oder bewilligt werden, wenn die Verrechnung nach dem 1. Januar 2007 erklärt wird; erteilte Zuwendungs- und Bewilligungsbescheide sind zu widerrufen. Damit wird jedes Nebeneinander von Verrechnung und staatlicher Förderung für das gesamte Investitionsvorhaben ausgeschlossen. Im Unterschied zum allgemeinen Zuwendungsverbot des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 BayAbwAG gilt das spezielle Zuwendungsverbot für Zuführungsanlagen mithin anlagenbezogen, nicht aufwendungsbezogen (Zöllner in Sieder/Zeitler/Dahme, Bayerisches Wassergesetz, Stand 1.11.2008, RdNr. 7 zu Art. 16 BayAbwAG).

Wie bei vor dem 1. Januar 2007 abgegebenen Verrechnungserklärungen nach § 10 Abs. 4 AbwAG zu verfahren ist, regelt die Übergangsvorschrift des Art. 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayAbwAG. Danach mindern sich die für die Zuführungsanlage insgesamt gewährten Zuwendungen um den durch die Verrechnung mit der Abwasserabgabe für die aufnehmende Einleitung erlangten Verrechnungsbetrag, wenn die Verrechnung zwischen dem 1. Januar 2004 und dem 1. Januar 2007 erklärt wurde. Erteilte Zuwendungs- und Bewilligungsbescheide sind gemäß Art. 19 Abs. 2 Satz 2 BayAbwAG im Umfang der Minderung zu widerrufen. Weitere Voraussetzungen für den Widerruf sieht Art. 19 Abs. 2 Satz 2 BayAbwAG nicht vor. Er enthält eine spezielle und abschließende Regelung, die einen Rückgriff auf die allgemeine Widerrufsvorschrift des Art. 49 BayVwVfG ausschließt. Im Unterschied zu dieser räumt Art. 19 Abs. 2 Satz 2 BayAbwAG der Behörde bei ihrer Entscheidung kein Ermessen ein, sondern verpflichtet sie ausnahmslos zum (Teil-)Widerruf.

b) Die Widerrufsvoraussetzungen des Art. 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayAbwAG sind erfüllt. Bei dem geförderten Vorhaben, mit dem die Klägerin den Gemeindeteil Schönarts an die zentrale Kläranlage angebunden hat, handelt es sich um eine Zuführungsanlage im Sinn von Art. 16 Abs. 1 Satz 3 BayAbwAG; denn mit ihr wird das Abwasser vorhandener Einleitungen aus den wegfallenden Hauskläranlagen im Gemeindeteil Schönarts einer Abwasserbehandlungsanlage, nämlich der aufnehmenden Kläranlage der Klägerin, zugeführt. Die Klägerin hat am 20. Dezember 2004 und mithin innerhalb des maßgeblichen Übergangszeitraums die Verrechnung ihrer Investitionskosten für die Zuführungsanlage nach § 10 Abs. 4 AbwAG (u.a.) mit der Abwasserabgabe erklärt, die sie für das Einleiten von Abwasser aus der aufnehmenden Kläranlage in den drei Jahren vor der Inbetriebnahme der Zuführungsanlage geschuldet hat. Das Landratsamt Main-Spessart hat daraufhin mit Bescheid vom 29. Dezember 2004 die Summe der zu erstattenden Abwasserabgabe (insoweit) auf 174.738,39 € festgesetzt. Um diesen Verrechnungsbetrag mindern sich demnach die staatlichen Zuwendungen, die der Klägerin mit Schlussbescheid vom 12. November 2003 zugesprochen worden waren. Als zwingende Rechtsfolge ordnet Art. 19 Abs. 2 Satz 2 BayAbwAG in diesem Umfang den (Teil-)Widerruf der "erteilte(n) Zuwendungs- und Bewilligungsbescheide" an, wozu auch der zugunsten der Klägerin erlassene Schlussbescheid vom 12. November 2003 zählt.

Der Widerrufsbescheid vom 28. November 2005 ist demnach im Umfang des Verrechnungsbetrages von 174.738,39 € nachträglich gerechtfertigt. Dass im Bescheidstenor Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG als Rechtsgrundlage genannt ist, steht dem nicht entgegen. Diese Angabe ist kein Teil des Entscheidungssatzes und gehört der Sache nach - ebenso wie der weitere Hinweis auf die Verrechnung mit der Abwasserabgabe als tatsächlichem Grund des Widerrufs - zur Begründung des Bescheids (vgl. Linhart, Schreiben, Bescheide und Vorschriften in der Verwaltung, Stand: 1. Oktober 2008, RdNrn. 19 ff. zu § 19). Die Auswechslung der rechtlichen Grundlage lässt den Wesensgehalt des Widerrufs unberührt, zumal der Sachverhalt, der zur (teilweisen) Beseitigung des Schlussbescheids führt, unverändert bleibt.

c) An der Verfassungsmäßigkeit des Art. 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BayAbwAG bestehen keine Zweifel. Die Vorschrift lässt die bundesrechtliche Verrechnungsmöglichkeit nach § 10 Abs. 4 AbwAG unberührt; sie hat allein subventionsrechtlichen Inhalt und hält sich damit im Kompetenzbereich des Landes. Art. 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BayAbwAG verstößt weder gegen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot noch gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

Das Rückwirkungsverbot enthält für verschiedene Fallgruppen unterschiedliche Anforderungen. Eine unechte Rückwirkung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig. Sie liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet. Allerdings können sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip Grenzen der Zulässigkeit ergeben. Eine echte Rückwirkung ist dagegen verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässig. Sie liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift. Auch in diesem Fall gibt es aber Ausnahmen. Das Rückwirkungsverbot, das im Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze findet, tritt zurück, wenn sich kein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte. Ferner kommt ein Vertrauensschutz nicht in Betracht, wenn überragende Belange des Gemeinwohls, die dem Prinzip der Rechtssicherheit vorgehen, eine rückwirkende Beseitigung von Normen erfordern (vgl. BVerfG, U.v. 23.11.1999 - 1 BvF 1/94 - BVerfGE 101, 239/263 f. m.w.N.)

Die Regelung des Art. 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BayAbwAG führt - wohl im Regelfall und so auch hier - zur Minderung bereits ausgezahlter und verwendeter Zuwendungen in Durchbrechung bestandskräftiger Zuwendungs- oder Schlussbescheide wegen einer Verrechnungserklärung, die vom Zuwendungsempfänger bereits vor dem Inkrafttreten der gesetzlichen Bestimmung abgegeben worden ist. Ob damit nachträglich in einen bereits abgewickelten Subventionstatbestand eingegriffen wird und mithin eine echte Rückwirkung vorliegt (so LT-Drs 15/5659 S. 6), ist wegen der Besonderheiten des Zuwendungsverfahrens für kommunale Abwasseranlagen zweifelhaft. Art und Umfang der Förderung stehen grundsätzlich im Ermessen des beklagten Freistaates. Dieser hat sein Ermessen durch verschiedene Verwaltungsvorschriften ausgeformt, darunter die im vorliegenden Fall maßgeblichen Richtlinien für Zuwendungen zu wasserwirtschaftlichen Vorhaben (RZWas 2000) des Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 10. Juli 2000 (AllMBl S. 441) und die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an kommunale Körperschaften (Anlage 3a zu den VV zu Art. 44 BayHO - ANBest-K) des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen (i.d.F. der Bek. v. 22.12.1981, FMBl S. 425/453 ff., zuletzt geändert durch Bek. v. 22.1.1999, FMBl S. 75). Diese ermessenslenkenden Richtlinien sehen für den Schlussbescheid, mit dem die Förderung eigentlich abgeschlossen sein soll (vgl. Nr. 13 Satz 1 RZWas 2000), eine Reihe von Nebenbestimmungen vor, mit denen die Subventionsentscheidung in durchaus weitem Umfang dem Grunde wie der Höhe nach für nachträgliche Änderungen und selbst bloße Neubewertungen "geöffnet" und der Sache nach unter den Vorbehalt der Nachprüfung gestellt wird. Beispielsweise gibt Nr. 2.1 ANBest-K vor, dass sich die Zuwendung ermäßigt, wenn sich nach der Bewilligung die in dem Finanzierungsplan veranschlagten zuwendungsfähigen Ausgaben ermäßigen oder wenn sich die Deckungsmittel erhöhen oder neue Deckungsmittel hinzutreten. Hierbei handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung des Senats um auflösende Bedingungen mit der Folge, dass mit ihrem Eintritt auch ein bestandskräftiger Schlussbescheid insoweit seine Wirkung verliert und die mithin ohne Rechtsgrund gewährte Zuwendung zurückzuerstatten ist (vgl. etwa BayVGH, U.v. 28.7.2005 - 4 B 01.2536 - BayVBl 2006, 731 und B.v. 17.9.2007 - 4 ZB 06.686 <juris RdNr. 13> m.w.N.). Werden Investitionskosten, zu denen der Staat bereits Zuschüsse erbracht hat, anschließend mit geschuldeter Abwasserabgabe verrechnet, liegt es nicht fern, die durch diese (Verschonungs-)Subvention erzielten Verrechnungsbeträge bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise als neue Deckungsmittel zu werten mit der Folge, dass der Schlussbescheid insoweit bereits mit der nachträglichen Verrechnung unwirksam würde.

Ob der Förderungssachverhalt trotz dieser Besonderheiten bereits mit der Bewilligung und Auszahlung der Zuwendungen auf der Grundlage eines bestandskräftigen Schlussbescheids abgeschlossen ist und von Art. 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BayAbwAG daher eine echte Rückwirkung ausgeht, kann dahinstehen. Selbst wenn das der Fall sein sollte, bestehen dagegen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Denn die Rechtsposition, in die nachteilig eingegriffen wird, ist nicht schutzwürdig. Bei den Zuwendungsempfängern konnte von Beginn an kein schützenswertes Vertrauen darauf entstehen, dass ihnen dieselben Investitionskosten sowohl mit geschuldeter Abwasserabgabe verrechnet als auch im Subventionswege anteilig bezuschusst werden. Eine solche Doppelförderung ist bereits seit dem Inkrafttreten des Vierten Gesetzes zur Änderung des Bayerischen Gesetzes zur Ausführung des Abwasserabgabengesetzes vom 12. März 1996 (GVBl S.53) gesetzlich ausdrücklich ausgeschlossen. Seitdem verbietet Art. 16 Abs. 1 Satz 2 BayAbwAG, dass staatliche Zuwendungen für Aufwendungen gewährt werden, die nach § 10 Abs. 3 und 4 AbwAG oder nach Art. 9 BayAbwAG mit geschuldeter Abwasserabgabe verrechnet werden. Diese Vorschrift erfasst nach ihrem Wortlaut und Regelungszweck nicht nur die Fälle, in denen die Aufwendungen bei Erlass des Schlussbescheids bereits verrechnet worden sind, sondern auch die Fälle, in denen eine Verrechnung erst in der Zukunft vorgenommen wird (Zöllner, a.a.O., RdNr. 6 zu Art. 16 BayAbwAG). Wenn Zuwendungsempfänger im Anschluss an das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Januar 2004 von der "erweiterten" Verrechnungsmöglichkeit Gebrauch gemacht haben, so durften sie angesichts dieser Rechtslage nicht darauf vertrauen, dass die ihnen dadurch zufließenden Verrechnungsbeträge in offenkundigem Widerspruch zu Art. 16 Abs. 1 Satz 2 BayAbwAG ohne Auswirkung auf bereits abgeschlossene oder noch laufende staatliche Zuwendungsverfahren bleiben. Dem kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass das Zuwendungsverbot des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 BayAbwAG von Anfang an nach Nr. 5.4 RZWas 2000 wie auch noch nach Nr. 5.5.1 RZWas 2005 (vom 14.10.2004, AllMBl S. 569) durch Umfang und Höhe der jeweiligen Kostenrichtwerte pauschal berücksichtigt war. Denn diese Pauschalisierung beruhte vor dem Hintergrund der früheren restriktiven Verwaltungspraxis offenkundig auf der - rechtsirrigen - Annahme, dass § 10 Abs. 4 AbwAG bei Zuführungsanlagen nur eine Verrechnung der Investitionskosten mit der für die wegfallenden Einleitungen geschuldeten Abwasserabgabe zulässt, nicht hingegen mit derjenigen für die aufnehmende Anlage. Dass bei einem Nebeneinander von Zuwendung und "erweiterter" Verrechnungsmöglichkeit ein erheblicher wirtschaftlicher Vorteil entsteht, der vom Zuwendungsgeber offenkundig nicht gewollt ist, zeigt der vorliegende Fall: Bei Gesamtkosten für die Zuführungsanlage von etwa 297.500 € hat die Klägerin zusätzlich zur staatlichen Zuwendung von 204.500 € noch einen Verrechnungsbetrag von ca. 174.700 € und damit eine weit "überschießende" Subventionierung erlangt. Mit der Übergangsregelung des Art. 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BayAbwAG wird bei den Zuwendungsempfängern lediglich der wirtschaftliche Vorteil abgeschöpft, den sie durch die zusätzliche Verrechnung der bereits staatlich geförderten Investitionskosten mit der Abwasserabgabe entgegen der Intention des Gesetzes erlangt haben. Es tritt keine Rechtsfolge ein, mit der die Zuwendungsempfänger von vornherein nicht zu rechnen brauchten (ebenso Zöllner, a.a.O., RdNr. 5 zu Art. 19 BayAbwAG).

Verfassungsrechtlich ist es auch nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber eine Minderung der Zuwendungen um den vollen Verrechnungsbetrag vorschreibt und sie nicht auf den Anteil des jeweiligen Fördersatz beschränkt; denn mit der uneingeschränkten Minderung stehen die Zuwendungsempfänger, wie die vorliegende Fallgestaltung zeigt, wirtschaftlich so, wie sie subventionsrechtlich vor der (erweiterten) Verrechnung mit geschuldeter Abwasserabgabe für die aufnehmende Anlage gestanden haben.

Die Übergangsbestimmungen des Art. 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BayAbwAG entsprechen dem Verhältnismäßigkeitsprinzip, auch wenn sie den (Teil-)Widerruf der Förderbescheide als zwingende und ausnahmslose Rechtsfolge einer Verrechnung anordnen. Mit ihnen wird das Ziel verfolgt, die staatlichen Zuwendungen für Abwassermaßnahmen um den Betrag rückwirkend zu kürzen, den die betroffenen Gemeinden im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts mit geschuldeter Abwasserabgabe verrechnet haben; damit sollen Einnahmeausfälle ausgeglichen und die Fortführung wichtiger aus dem Abwasserabgabenaufkommen zu finanzierender Maßnahmen sichergestellt werden (LT-Drs 15/5659 S. 2, 3). Der Gesetzgeber durfte den obligatorischen (Teil-)Widerruf für geeignet und erforderlich zur Erreichung dieses Ziels halten. Er steht auch nicht außer Verhältnis zum angestrebten Zweck. Die betroffenen Gemeinden werden nicht unverhältnismäßig belastet. Ihnen entsteht keine nachträgliche Finanzierungslücke bei der geförderten Maßnahme. Im Vergleich zur früheren Vollzugspraxis ist den Gemeinden infolge der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nachträglich eine unerwartete und im Finanzierungsplan unberücksichtigte Mehreinnahme entstanden, die nachträglich durch Zuwendungskürzung ausgeglichen wird. Der Zuwendungsbetrag wird (nur) um genau den gleichen Betrag kleiner, um den sich der Verrechnungsvorteil erhöht. Etwaige Schwierigkeiten bei der Berücksichtigung der Rückforderung im Rahmen der Kalkulation von Entwässerungsbeiträgen und -gebühren wären den betroffenen Gemeinden selbst dann zumutbar, wenn sie zu Abgabenausfällen führen sollten.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Es ist sachgerecht, der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits ganz aufzuerlegen, weil der Beklagte nur zu einem geringen Teil unterlegen ist. Auch wenn der angefochtene Widerruf in einem - für sich betrachtet durchaus erheblichen - Umfang rechtswidrig ist und die Berufung insoweit Erfolg hat, stand mit Blick auf die Begründung des angefochtenen Bescheids von vornherein außer Streit, dass der Widerruf im Ausmaß beschränkt sein soll und nur zur Rückzahlung der bewilligten Zuwendungen "bis in Höhe des vollen Verrechnungsbetrages der verrechneten Abwasserabgabe" führen kann". In diesem der Sache nach allein streitigen Umfang bleibt die Klage vollständig ohne Erfolg.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Beschluss:

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren und - insoweit unter Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 31. Oktober 2006 - für das erstinstanzliche Verfahren auf jeweils 174.738,39 € festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 und § 52 Abs. 1 GKG. Auch wenn der angefochtene Widerrufsbescheid den Schlussbescheid vom 12. November 2003 insgesamt erfasst, ist die sich aus dem Antrag der Klägerin für sie ergebende Bedeutung der Sache nicht nach der gesamten Zuweisungssumme von 204.500 € zu bemessen. Denn es stand von Anfang an außer Streit, dass der Beklagte auf der Grundlage des Widerrufs lediglich eine Rückforderung bis zur Höhe des Verrechnungsbetrages von 174.738,39 € beabsichtigt. Dieser Rückforderungsbetrag bildet das von der Klägerin mit ihrer Klage verfolgte wirtschaftliche Interesse angemessen ab und bedarf entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts keiner weiteren Kürzung. Die Festsetzung des Streitwerts für das erstinstanzliche Verfahren wird von Amts wegen entsprechend geändert (§ 63 Abs. 3 GKG).

Ende der Entscheidung

Zurück