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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 29.05.2008
Aktenzeichen: 4 B 07.641
Rechtsgebiete: KAG, Satzung des Marktes Bad Hindelang


Vorschriften:

KAG Art. 3 Abs. 1
Satzung des Marktes Bad Hindelang über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer
Der Erhebung einer Zweitwohnungsteuer steht nicht entgegen, dass sich eine Gemeinde aus bauplanungsrechtlichen Gründen eine Fremdenverkehrsdienstbarkeit hat einräumen lassen, wonach das Ferienappartement jährlich nicht über acht Wochen vom Eigentümer oder demselben Dritten bewohnt werden darf.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

4 B 07.641

In der Verwaltungsstreitsache

Wegen Zweitwohnungsteuer;

hier: Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 28. Februar 2007,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 4. Senat,

durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. Motyl, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Wagner, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Greve-Decker

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 28. Mai 2008

am 29. Mai 2008

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 28. Februar 2007 wird aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Beklagte erhebt auf das Innehaben einer Zweitwohnung zur persönlichen Lebensführung eine Zweitwohnungsteuer als örtliche Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG. Rechtsgrundlage ist seine Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer (Zweitwohnungsteuersatzung - ZwStS) vom 7. Oktober 2004, die am 1. Januar 2005 in Kraft getreten ist.

Der Kläger ist Eigentümer einer im Gemeindegebiet des Beklagten gelegenen Ferienwohnung, die mit einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zugunsten der Beklagten belastet ist. Der Bauträger hatte vor Errichtung der Ferienappartementanlage, zu der die genannte Wohnung gehört, mit notarieller Urkunde vom 12. Juni 1987 eine Fremdenverkehrsdienstbarkeit für den Beklagten mit folgendem Inhalt bewilligt:

"... Zur Absicherung, dass diese geplanten Wohnungen keine "Erst- und/oder Zweit-Wohnungen" werden, geht der Eigentümer folgende Verpflichtungen ein:

Die Eigentümer der Sondereigentumsrechte verpflichten sich auf die Dauer von 25 -fünfundzwanzig- Jahren, ab Eintragung der Dienstbarkeit, die auf dem Grundstück errichteten Gebäulichkeiten jährlich nicht über einen Zeitraum von mehr als 8 -acht- Wochen selbst zu bewohnen oder durch ein und denselben Dritten länger als 8 -acht- Wochen bewohnen zu lassen.

Während dieses Zeitraums von 25 -fünfundzwanzig- Jahren, ist es also untersagt, die Sondereigentumsrechte -ausgenommen die vorstehende Eigennutzung- zu anderen Zwecken zu nutzen, als der durch ständig wechselnde Feriengäste."

Der Beklagte setzte mit Bescheid vom 12. Januar 2006 die Zweitwohnungsteuer für 2006 und die Folgejahre anhand der Jahresrohmiete und unter Zugrundelegung eines Steuersatzes von 75% auf 292,50 Euro fest. Den Widerspruch des Klägers wies das Landratsamt Oberallgäu mit Widerspruchsbescheid vom 4. September 2006 zurück.

Das Verwaltungsgericht hat der Anfechtungsklage mit Urteil vom 28. Februar 2007 stattgegeben. Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, weil der Kläger Zweitwohnungsteuer für eine Wohnung zahlen solle, die er rechtlich nicht als Zweitwohnung nutzen dürfe. Die Nutzungsmöglichkeit zu Zwecken der persönlichen Lebensführung falle angesichts der erheblichen Einschränkungen durch die Dienstbarkeit gegenüber der Nutzungsmöglichkeit als Kapitalanlage nicht mehr ins Gewicht, so dass die Heranziehung zur Zweitwohnungsteuer insgesamt nicht mehr gerechtfertigt sei. Die sachenrechtliche Nutzungsbeschränkung belaste den Kläger weit stärker als eine nur schuldrechtliche Nutzungsbeschränkung, wobei nicht allein auf die verbleibende Nutzungsdauer abgestellt werden könne, sondern auch die Nutzungsintensität gewürdigt werden müsse. Anders als bei einem Weitervermietungsvertrag, der gegebenenfalls gekündigt werden könne, sei der Kläger (und jeder Eigentumsnachfolger) für die Laufzeit an die Dienstbarkeit gebunden. Dadurch, dass sich der Beklagte die Dienstbarkeit 1987 habe einräumen lassen, die jede Nutzung der Ferienwohnung als Erst- oder Zweitwohnung ausschließen solle, habe er sich der Möglichkeit begeben, für die Wohnung Zweitwohnungsteuer zu erheben. Um die Unvereinbarkeit von Dienstbarkeit und Zweitwohnungsbesteuerung habe der Beklagte, der zu dieser Zeit Verfassungsbeschwerde gegen die Versagung der Genehmigung der Zweitwohnungsteuersatzung erhoben hatte (vgl. BayVerfGH vom 15.12.1988 VerfGH 41, 140), wissen müssen. Zum Kurbeitrag habe der Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass sich eine Kommune an ihrer eigenen Formulierung hinsichtlich der Dienstbarkeit festhalten lassen müsse. Sie könne nicht darauf bestehen, dass der Eigentümer sein Appartement nicht als Zweitwohnung nutze und ihn gleichzeitig zum pauschalierten Jahreskurbeitrag als Zweitwohnungsinhaber heranziehen (BayVGH vom 13.8.1999 Az. 4 B 97.975 <juris>). Bei der Zweitwohnungsteuer könne nichts anderes gelten.

Der Beklagte macht mit seiner vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung geltend, die vom Verwaltungsgericht angeführte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs sei auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragbar. Es verkenne die unterschiedliche Zwecksetzung von Kurbeitrag und Zweitwohnungsteuer. Letztere knüpfe nicht an das tatsächliche Innehaben oder die tatsächliche Nutzungsbefugnis, sondern an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die sich im Vorhalten der Wohnung für die persönliche Nutzung (auch beim Leerstehenlassen) zeige, an. Deshalb könne und werde bei dem Begriff des Innehabens einer Zweitwohnung in der Zweitwohnungsteuersatzung nicht an den melderechtlichen Status angeknüpft. Auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 6. Februar 2007 (Az. 4 BV 05.2550) werde hingewiesen. Nur wenn die Möglichkeit der Eigennutzung - schuld- oder sachenrechtlich - ganzjährig entfalle, könne von einem Innehaben der Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf nicht mehr gesprochen werden. Jede andere Auffassung stünde im Widerspruch zu der in § 5 Abs. 2 der Zweitwohnungsteuersatzung vorgesehenen Staffelung des Steuersatzes. Aus welchen Gründen sich eine Einschränkung der tatsächlichen Verfügungsbefugnis ergebe, spiele keine Rolle. Die Unterscheidung zwischen sachenrechtlicher Beschränkung und schuldrechtlicher Einschränkung sei rechtlich nicht tragfähig. Schuldrechtliche Verpflichtungen ohne Rücktrittsrecht oder Kündigungsmöglichkeit seien in gleicher Weise bindend. Es könne schließlich auch keine Rede davon sein, dass die Dienstbarkeit die Eigennutzungsmöglichkeit gänzlich hinter der Nutzung als Kapitalanlage zurücktreten lasse und die Zweitwohnungsteuer nicht mehr zum Zuge kommen könne, weil ihr Lenkungszweck zu einer unzumutbaren doppelten Belastung des Wohnungsinhabers führe.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 28. Februar 2007 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger ist der Berufung entgegengetreten. Zwar sei durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 26.9.2001 BVerwGE 115, 165) geklärt, welcher Zeitraum zur Eigennutzung für die volle Heranziehung zur Zweitwohnungsteuer erforderlich sei. Dabei sei es jedoch wie in der eigentlichen Leitentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 10.10.1995 BVerwGE 99, 303) um Wohnungen gegangen, die vom Eigentümer entweder jederzeit zu Hauptwohnungen umgewandelt werden oder einem Mieter grundsätzlich als Hauptwohnung dienen hätten können. All diese Möglichkeiten seien charakteristisch für eine Zweitwohnung, aber im vorliegenden Fall allesamt durch die Fremdenverkehrsdienstbarkeit ausgeschlossen. Das Erstgericht habe dafür den passenden Terminus der reduzierten "Nutzungsintensität" geprägt. Die Bewilligungsabrede für die Fremdenverkehrsdienstbarkeit stelle einen öffentlich-rechtlichen Vertrag dar, der den Rechtsgrund für die der Form nach rein privatrechtliche Fremdenverkehrsdienstbarkeit (beschränkte persönliche Dienstbarkeit gemäß § 1090 BGB) lege. Somit handele es sich hier um Verwaltungsprivatrecht, das dem Beklagten weitreichende öffentlich-rechtliche Bindungen auferlege. Deren Reichweite sei durch Auslegung der Bewilligungsabrede zu bestimmen, wobei der Zeitpunkt ihrer notariellen Fixierung maßgebend sei. Damals habe nur die Fremdenverkehrsdienstbarkeit zur Verfügung gestanden, um der Bildung und Verfestigung von Zweitwohnungen zu begegnen. Der Umstand, dass es damals keine Zweitwohnungsteuer in Bayern gegeben habe, habe einerseits die Geschäftsgrundlage der Bewilligungsabrede gebildet und andererseits den Vertragsinhalt geprägt. Daran müsse sich der Beklagte nach Treu und Glauben festhalten lassen. Die nach dem Juni 1987 ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts könne zur Auslegung der Bewilligungsabrede nicht herangezogen werden. Kein Eigentümer hätte sich ein solches Arrangement eingehandelt, wie der Beklagte es jetzt beabsichtige: eine erheblich wertmindernde Fremdenverkehrdienstbarkeit samt Zweitwohnungsteuerpflicht. Der Einwand des Beklagten gegen das angefochtene Urteil, der Zweitwohnungsbegriff sei im Kurbeitrags- und Zweitwohnungsteuerrecht nicht identisch, gehe in dogmatischer Hinsicht fehl.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses hat keinen Antrag gestellt, hält es jedoch für rechtens der Berufung stattzugeben.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Behördenakten sowie auf die Gerichtsakten in beiden Rechtszügen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten ist zulässig und begründet. Der angefochtene Bescheid und der Widerspruchsbescheid sind rechtmäßig. Die Klage ist mithin unter Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Urteils abzuweisen.

1. Der Steuertatbestand des § 3 Abs. 1 ZwStS ist erfüllt. Der Kläger hat die veranlagte Zweitwohnung auch für seinen persönlichen Lebensbedarf inne. In Fällen der Mischnutzung, in denen - wie hier - die Zweitwohnung teilweise selbst genutzt und teilweise vermietet wird, ist es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts von Verfassungs wegen nicht geboten, die nach der Jahresrohmiete bemessene Zweitwohnungsteuer bei lediglich zeitweiliger Vermietung nur anteilig zu erheben (BVerwG vom 6.12.1996 NVwZ 1998, 178). Allerdings kann bei einem eklatanten Missverhältnis zwischen von vornherein vertraglich befristeter Eigennutzungsmöglichkeit und Vermietung die Zugrundelegung der gesamten Jahresrohmiete für die Berechnung der Zweitwohnungsteuer unverhältnismäßig sein und nicht mehr im Einklang mit der grundsätzlichen Trennung des steuerpflichtigen privaten Aufwands und der Vermietung zur Einkommenserzielung stehen. Die Heranziehung des Klägers - der über eine rechtlich gesicherte Eigennutzungsmöglichkeit von acht Wochen verfügt und die Wohnung auch tatsächlich nutzt - zu 75 vom Hundert des vollen Jahresbetrags der Steuer (in entsprechender Anwendung des § 5 Abs. 2 lit. c ZwStS) kann indes nicht als unverhältnismäßig beanstandet werden (vgl. BVerwG vom 26.9.2001 BVerwGE 115, 165).

2. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts steht die im Grundbuch eingetragene Fremdenverkehrsdienstbarkeit der Geltendmachung der Zweitwohnungsteuer nicht entgegen. Für die vom Verwaltungsgericht unter dem Stichwort "Nutzungsintensität" befürwortete unterschiedliche Behandlung von schuld- und sachenrechtlichen Nutzungsbeschränkungen findet sich im Gesetz keine Stütze. Nur wenn eine Fremdenverkehrsdienstbarkeit so ausgestaltet ist, dass sie keine nennenswerte Eigennutzung zulässt, steht sie der Geltendmachung von Zweitwohnungsteuer entgegen (vgl. VG München vom 7.12.2006 Az. M 10 K 06.778 <juris>), was sich schon aus dem verfassungsrechtlichen Begriff der Aufwandsteuer (Art. 105 Abs. 2a GG) ergibt.

Aus der Bewilligungsabrede der Dienstbarkeit, mag sie auch jeweils für den Alteigentümer schuldbefreiend auf den Eigentumserwerber übergegangen sein, lässt sich nichts Weitergehendes herleiten. Mit dem dort beschriebenen Zweck der Dienstbarkeit, zu verhindern, dass die Wohnung als Erst- oder Zweitwohnung genutzt wird, verfolgte der Beklagte städtebauliche, bauplanungsrechtliche Ziele wie sie auch für die Einführung des § 22 BauGB zum 1. Juli 1987 maßgeblich waren. Der Entstehung von "Rollladensiedlungen" sollte entgegengewirkt, die Funktion von Kur- und Fremdenverkehrsgebieten gesichert und die Landschaft vor andernfalls notwendigen Neuausweisungen von Bauland sowohl für Einheimische als auch für Fremdenbeherbergungszwecke geschützt werden. Demgemäß ist der Begriff der Zweitwohnung in der Bewilligungsabrede im bauplanungsrechtlichen Sinn verwendet worden. Im Hinblick auf die Zweitwohnungsteuer bestand demgegenüber zum Zeitpunkt der Bewilligung der Fremdenverkehrsdienstbarkeit kein Regelungsbedürfnis. Zum einen war der damaligen Zweitwohnungsteuersatzung des Beklagten die rechtsaufsichtliche Genehmigung bestandskräftig verweigert worden (BayVGH, U.v. 30. April 1986 VGH n.F. 40, 1; BVerwG, B.v. 13.10.1986 Az. 8 B 95.86). Die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 15. Dezember 1988 (VerfGH 41, 140) und die gesetzgeberische Reaktion hierauf (Verbot der Zweitwohnungsteuer mit Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 21.7.1989, GVBl. S. 361, bis zum Gesetz zur Änderung des Kommunalrechts vom 26.7.2004, GVBl. S. 272 <280>) war damals nicht absehbar. Zum anderen eignen sich Ansprüche aus Steuerschuldverhältnissen wegen Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 lit. b KAG i.V.m. § 38 AO nicht für vertragliche Vereinbarungen, denn diese Ansprüche entstehen, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Zwar ist der Grundsatz von Treu und Glauben im Steuerrecht als allgemeiner Rechtsgrundsatz anerkannt. Er gebietet, dass im Steuerrechtsverhältnis jeder auf die Belange des anderen Teiles Rücksicht nimmt und sich mit seinem eigenen früheren (nachhaltigen) Verhalten nicht in Widerspruch setzt, auf das der andere vertraut hat. Die Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben setzt indes nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (U.v. 9.8.1989 BFHE 158, 31 m.w.N.), der der Senat folgt, regelmäßig voraus, dass sich der Steuerpflichtige und die Verwaltungsbehörde als Partner eines konkreten Rechtsverhältnisses gegenüberstehen. Das ist im Steuerrecht nur der Fall, wenn ein (konkretes) Steuerrechtsverhältnis (Steuerpflicht- und/oder Steuerschuldverhältnis) besteht. Nur in einem solchen Verhältnis kann sich eine für die Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben maßgebende Vertrauenssituation herausbilden. Schon daran fehlt es hier. Neben dem insoweit fehlenden Vertrauenstatbestand ist die Begründung der Fremdenverkehrsdienstbarkeit durch den Rechtsvorgänger des weiteren nicht für Maßnahmen, Handlungen oder andere Dispositionen des Klägers ursächlich geworden, die sich nicht mehr rückgängig machen ließen. Dass der Kläger seit Anschaffung der Wohnung geglaubt hat, für diese wegen der Fremdenverkehrsdienstbarkeit keine Zweitwohnungsteuer entrichten zu müssen, genügt für die Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben nicht. Dieses Ergebnis widerspricht auch nicht der bisherigen Rechtsprechung des Senats (Beschlüsse vom 13. August 1999 Az. 4 B 97.974 = ZKF 2000, 111 und Az. 4 B 97.975 <juris>), wonach diese Fremdenverkehrsdienstbarkeit die Erhebung eines pauschalierten Jahreskurbeitrags nach Treu und Glauben verbietet; denn der Übertragung dieser Rechtsprechung steht schon entgegen, dass der Begriff der Zweitwohnung für verschiedene Rechtsgebiete nicht einheitlich ausgelegt werden kann. Während das kurbeitragsrechtliche Merkmal des "Innehabens einer Zweitwohnung", das die Pauschalierung auslöst, sich an das Melderecht anlehnt und voraussetzt, dass diese weitere Wohnung auch für den eigenen Aufenthalt benutzt wird, erfasst das zweitwohnungsteuerrechtliche Merkmal des "Innehabens einer Zweitwohnung", das die Zweitwohnungsteuersatzung der Beklagten nicht an das Melderecht anknüpft, schon die Möglichkeit der Eigennutzung und setzt nur die tatsächliche Verfügungsmacht und die rechtliche Verfügungsbefugnis voraus, so dass im Unterschied zum Kurbeitragsrecht auch Zweitwohnungsinhaber ist, wer seine weitere Wohnung leerstehen lässt (vgl. Urteile des Senats vom 5.3.2008 Az. 4 BV 07.2044 m.w.N. auf die Rechtsprechung des BVerwG sowie vom 22.6.2007 BayVBl 2007, 724).

Der Steuererhebung steht auch nicht das aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Vertrauensschutzprinzip entgegen. Der Steuerpflichtige kann im allgemeinen nicht darauf vertrauen, der bisherige - ihm günstige - steuerliche Zustand werde jedenfalls im Großen und Ganzen unverändert bleiben. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Abschaffung von Steuervergünstigungen, sondern auch für die Erhebung einer zusätzlichen Steuer (BVerwG, U.v. 19.1.2000 BVerwGE 110, 265 <270> unter Hinweis auf BVerfGE 30, 250 <269>, 38, 61 <83>). Verfassungsrechtliche Grenzen ergeben sich insoweit in der Regel nur für belastende Gesetze, die sich echte Rückwirkung beilegen. Ein besonderer Vertrauenstatbestand, der ausnahmsweise eine hier allenfalls in Betracht kommende unechte Rückwirkung unzulässig erscheinen ließe, liegt in der Bewilligung der Dienstbarkeit schon deshalb nicht, weil nicht ersichtlich ist, dass damals überhaupt steuerrechtliche Erwägungen angestellt worden sind. Deshalb erscheint es dem - insoweit nicht entscheidungsbefugten - Senat auch fernliegend, dass die Erhebung der Zweitwohnungsteuer die Geschäftsgrundlage des schuldrechtlichen Grundgeschäfts der Dienstbarkeit (vgl. § 313 BGB) betrifft.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Deren vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.023,75 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1 und 3, § 47 GKG).

Ende der Entscheidung

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