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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 25.01.2006
Aktenzeichen: 4 ZB 05.16
Rechtsgebiete: VwGO, Richtlinie 85/73/EWG, Richtlinie 92/45/EWG, Richtlinie 96/43/EWG, FleischhygieneG, Satzung des Landkreises Passau


Vorschriften:

VwGO § 124 Abs. 1 Nr. 2
Richtlinie 85/73/EWG
Richtlinie 92/45/EWG
Richtlinie 96/43/EWG
FleischhygieneG § 1
Satzung des Landkreises Passau über die Erhebung von Gebühren und Auslagen für Amtshandlungen im Vollzug fleischhygienerechtlicher Vorschriften vom 16.2.2004
Die Erhebung einer Gebühr für die Fleischuntersuchung von Haarwild auf der Grundlage der Stückzahl steht mit Gemeinschaftsrecht in Einklang.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

4 ZB 05.16

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Fleischhygienegebühren;

hier: Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 15. November 2004,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 4. Senat,

durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. Motyl, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Schmitz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Kraft

ohne mündliche Verhandlung am 25. Januar 2006

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III. Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 6.252,85 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin, die einen zugelassenen Wildverarbeitungsbetrieb unterhält, wendet sich gegen Gebührenbescheide des Landratsamtes Passau aus dem Jahre 2003, die Fleischuntersuchung von Haarwild im Betrieb der Klägerin betreffen. Auf der Grundlage seiner Satzung über die Erhebung von Gebühren und Auslagen für Amtshandlungen im Vollzug fleischhygienischer Vorschriften vom 16. Februar 2004, die rückwirkend zum 1. Dezember 2001 in Kraft getreten war, hatte der Beklagte für die vorgenommenen Fleischuntersuchungen Gebühren pro Stück beschauten Wilds in Höhe von 4,75 Euro erhoben.

Die Klägerin hat daraufhin Klage erhoben mit dem Ziel, den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin die Gebühren für die mit den Gebührenbescheiden abgerechneten Fleischuntersuchungen auf der Grundlage der Mindestsätze der EU zu berechnen und die erhobenen Gebühren, soweit sie die Mindestgebühren der EU übersteigen, nebst Zinsen zu erstatten.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Berufung, mit dem ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung geltend gemacht werden.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung führt nicht zum Erfolg, da die geltend gemachten Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils nicht vorliegen (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Kernpunkt des Rechtsstreits ist die Frage, ob der Beklagte berechtigt war, auf der Grundlage seiner Satzung über die Erhebung von Gebühren und Auslagen für Amtshandlungen im Vollzug fleischhygienerechtlicher Vorschriften vom 16. Februar 2004 (im folgenden: Satzung) für die Untersuchung des Haarwilds, das im Betrieb der Klägerin verarbeitet wurde, entsprechend Anlage II der Satzung für die amtliche Untersuchung die Grundgebühr in Höhe von 4,75 Euro je Tier zu erheben, die Gebühr auf Stundenbasis zu berechnen oder nach Richtlinie 96/43/EG zu erheben.

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass die streitgegenständliche Gebührenerhebung pro Stück nicht zu beanstanden ist, insbesondere mit höherrangigem Recht in Einklang steht.

Nach Richtlinie 92/45/EWG des Rates vom 15. Juni 1992 zur Regelung der gesundheitlichen und tierseuchenrechtlichen Fragen beim Erlegen von Wild und bei der Vermarktung von Wildfleisch unterliegt erlegtes Wild grundsätzlich der Fleischuntersuchung durch den amtlichen Tierarzt (vgl. Kapitel II Art. 3 Abs. 1, Anhang I Kapitel V). Neben der zwingend angeordneten Fleischuntersuchung ist die Kontrolle des Fleischbearbeitungsbetriebs geregelt, für die die genannte Richtlinie im einzelnen eingehende Vorschriften enthält (vgl. Kapitel II Art. 7 und Anhang I Kapitel VI). In Übereinstimmung mit dieser Richtlinie legt § 1 Abs. 1 Satz 2 Fleischhygienegesetz fest, dass erlegtes Haarwild, dessen Fleisch zum Genuss für Menschen bestimmt ist, (nur) der Fleischuntersuchung unterliegt. Die Einzelheiten der Fleischuntersuchung sind in der Fleischhygieneverordnung festgelegt.

In Übereinstimmung mit den genannten Bestimmungen legt die auf der Grundlage von Art. 3 Abs. 2 des Gesetzes zur Ausführung des Fleischhygienegesetzes (AGFlHG) erlassene Satzung des Beklagten zum einen für Fleischuntersuchungen einschließlich der Hygieneüberwachung (§ 1 Abs. 2 a) und zum anderen für die Kontrolle in Zerlegungs- und Fleischverarbeitungsbetrieben (§ 1 Abs. 2 b) Kostenpflichten fest und geht damit davon aus, dass es sich bei der Fleischuntersuchung und bei der Kontrolle in fleischverarbeitenden Betrieben um unterschiedliche Tatbestände handelt. Diese Unterscheidung entspricht auch den europarechtlichen Vorschriften. Schon aus der Unterscheidung zwischen Fleischuntersuchung einerseits und Kontrolle (siehe z.B. Vorspann der Richtlinie 92/45/EWG) andererseits folgt, dass sich die Gebühr für die Fleischuntersuchung nicht, wie die Klägerin meint, nach § 6 der Satzung bemisst, der Gebühren für weitere Überwachungsmaßnahmen regelt und der hierfür eine Abrechnung auf Stundenbasis vorsieht.

Nach § 1 Abs. 3 der Satzung ergibt sich die Höhe der Gebühren für die einzelnen kostenpflichtigen Tatbestände aus den §§ 2 bis 8 und aus den Anlagen, die Bestandteil der Satzung sind. Der Beklagte hat die streitgegenständliche Gebührenerhebung zu Recht auf § 2 und Anlage 2 Nr. 1.1.8 gestützt. § 2 Abs. 1 der Satzung legt fest, dass die Gebühren "in Schlachtbetrieben für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung" nach Anhang A Kapitel I Nr. 4 b der Richtlinie 85/73 EWG i.d. Fassung der Richtlinie 96/43/ EWG kostendeckend zu erheben sind. Beim Betrieb der Klägerin handelt es sich unstreitig nicht um einen Schlachtbetrieb, sondern um einen Wildbearbeitungsbetrieb nach der Richtlinie 92/45/EWG; gleichwohl ist § 2 Abs.1 der Satzung einschlägig. Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin wird ihr das erlegte Wild geliefert. Diese Tiere werden dann enthauptet, gehäutet und in diesem Zustand der Fleischuntersuchung zugeführt. Damit entfällt zwar bei Wild das Töten der Tiere als ein Teil der Schlachttätigkeit, jedoch werden mit Enthaupten und Häuten der Tiere Handlungen vorgenommen, die Teile einer Schlachttätigkeit sind. Dieses Ergebnis steht in Einklang mit Richtlinie 96/43/EG des Rates vom 26.Juni 1996, die in Anhang A Kapitel I ausdrücklich auf die "Wildrichtlinie" 92/45 /EWG verweist. Anhang A Kapitel I Nr. 1 legt für Untersuchungskosten "im Zusammenhang mit Schlachttätigkeiten" Pauschalbeträge für bestimmte Tierarten und -gruppen fest. Unter Buchstabe f) führt er Fleisch von Kaninchen und Kleinwild (Feder- und Haarwild) an und erwähnt unter dem 4. Spiegelstrich die Wiederkäuer, zu denen auch das Haarwild zählt. Damit hat der europäische Richtlinienengeber klar zum Ausdruck gebracht, dass die in dieser Richtlinie geregelten Gebühren Orientierungsmaßstab auch für die Fleischuntersuchung von Haarwild sind. Dem entspricht die in § 2 Abs.1 der Satzung enthaltene Verweisung auf die europarechtlichen Vorgaben, die auch in Art. 3 Abs.2 Satz 1 AGFlHG enthalten ist.

Die Berechnung der Gebühr für die Fleischuntersuchung pro Tier ist auch mit Gemeinschaftsrecht vereinbar. Die Richtlinie 96/43/EWG verweist in Anhang A Kapitel I Nr. 1 f) für die Untersuchung von Wild auf die Gebührensätze von Schaf- und Ziegenfleisch nach Buchstabe d). Dieser legt je nach Gewicht des untersuchten Tieres - unterteilt in 3 Gewichtsgruppen - eine Pauschalgebühr pro untersuchtem Tier fest; orientiert sich also insoweit an der Stückzahl. Abweichend von diesen in Anhang A Kapitel I Nr. 1 festgelegten Pauschalbeträgen sind die Mitgliedstaaten nach der im Anhang modifizierten Richtlinie 85/73/EWG Art. 5 Abs. 3 berechtigt, einen höheren Betrag als die Gemeinschaftsgebühren zu erheben, sofern die erhobene Gesamtgebühr die tatsächlichen Untersuchungskosten nicht überschreitet. Entsprechend dieser Vorgabe legt Art. 3 Abs. 2 Satz 2 Buchstabe a) AGFlHG fest, dass abweichend von der in Richtlinie 85/73/EWG eine kostendeckende Gebühr für die Fleischuntersuchung festzusetzen ist. Der Beklagte konnte in Übereinstimmung mit Gemeinschaftsrecht für die Untersuchung von Haarwild die anfallende Gebühr nach Stückzahl festlegen. Die Anlehnung der Gebührenhöhe an den tarifvertraglichen Regelungen für Veterinäre, die im Übrigen im Zulassungsantrag nicht angeriffen wurde, ist nicht sachfremd; insbesondere liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dadurch gegen das Gebot, nur kostendeckende Gebühren zu erheben, verstoßen wurde.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung können auch nicht mit Erfolg darauf gestützt werden, dass es das Verwaltungsgericht unterlassen hat, die zu entscheidende Rechtsfrage dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegen, da die Rechtslage durch die einschlägigen Richtlinien eindeutig festgelegt ist. Der Antrag auf Zulassung der Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 GKG, § 52 Abs. 3 GKG. Abweichend vom Klageverfahren sind Gegenstand des Antragsverfahrens nur noch die Gebührenbescheide für das Jahr 2003. Deren Gesamtsumme beläuft sich auf 7.334,85 Euro (9.769,24 abzüglich Erstattung in Höhe von 2.334,39 Euro). Von dem Gesamtbetrag wurde ein Pauschalbetrag pro Tier in Höhe von 0,5 Euro (nach Richtlinie 96/43/EG, Anhang A, Kapitel 1 Nr. 1 f. 4. Spiegelstrich i.V.m. Buchst. b) abgezogen. Dies ergibt bei insgesamt 2.164 untersuchten Tieren einen Betrag von 1.082 Euro, der von der Gesamtsumme der Gebührenbescheide abzuziehen war (7.334,85 minus 1.082 = 6.252,85 Euro).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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