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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 05.12.2006
Aktenzeichen: 5 S 06.2872
Rechtsgebiete: BayDG, VwGO, AbgG


Vorschriften:

BayDG Art. 48 Abs. 1 Nr. 5
VwGO § 22 Nr. 1
VwGO § 24 Abs. 1 Nr. 1
AbgG § 5
Die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag ist für einen Beamtenbeisitzer einer Kammer oder eines Senats für Disziplinarsachen kein Entbindungsgrund. Während des Ruhens der Rechte und Pflichten aus dem Hauptamt ist aber die Heranziehung als ehrenamtlicher Richter (Beamtenbeisitzer) ausgeschlossen.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

5 S 06.2872

Auf Antrag erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 5. Senat,

durch den Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Hüffer, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Prof. Dr. Kraft, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Schmitz

ohne mündliche Verhandlung am 5. Dezember 2006 folgenden

Beschluss:

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Herr *** *******, Oberregierungsrat a.D. bei der ************** *** *********** ********** *** ************ in Bayern (*********** ********** ****** **********), ist ehrenamtlicher Richter (Beamtenbeisitzer) des für Disziplinarverfahren gegen Landesbeamte zuständigen Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs. Er wurde zum Mitglied des Deutschen Bundestages gewählt und hat die Wahl angenommen. Nachdem er diesen Umstand angezeigt und seine Entbindung angeregt hat, hat der Vizepräsident des Verwaltungsgerichtshofs für Herrn Dr. ******* einen Entbindungsantrag gestellt.

II.

Dem Antrag auf Entbindung von dem Amt des Beamtenbeisitzers, über den der Verwaltungsgerichtshof gem. Art. 48 Abs. 3 BayDG zu entscheiden hat, kann nicht entsprochen werden.

1. Der Entbindungsgrund des Art. 48 Abs. 1 Nr. 5 BayDG, demzufolge ein Beamtenbeisitzer zu entbinden ist, wenn das Beamtenverhältnis endet, greift nicht durch. Die Vorschrift knüpft statusrechtlich an das Bestehen eines Beamtenverhältnisses auf Lebenszeit beim Freistaat Bayern (bzw. den anderen juristischen Personen des Öffentlichen Rechts mit Dienstherrnfähigkeit gem. Art. 3 BayBG) als zwingende Voraussetzung für das Amt des Beamtenbeisitzers (Art. 44 Abs. 1 BayDG) an. Demzufolge führen nach dem Gesetzeswortlaut nur die das Beamtenverhältnis beendenden Tatbestände des Bayerischen Beamtengesetzes zur Entbindung, namentlich die Entlassung, der Verlust der Beamtenrechte und die Entfernung aus dem Dienst (Art. 38 BayBG).

Die mit der Annahme der Wahl begründete Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag fällt nicht unter diesen Entbindungstatbestand; denn dadurch ist das Beamtenverhältnis im statusrechtlichen Sinne nicht beendet worden. Gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 AbgG ruhen lediglich die Rechte und Pflichten aus dem Dienstverhältnis eines in den Bundestag gewählten Beamten für die Dauer der Mitgliedschaft.

Es besteht auch keine mit der Beendigung des Beamtenverhältnisses vergleichbare Sachlage, in der der Beamte aus dem Hauptamt - wenn auch nicht statusrechtlich, so doch - tatsächlich auf Dauer ausscheidet und deshalb nach ständiger Rechtsprechung des Senats in entsprechender Anwendung des Art. 48 Abs. 1 Nr. 5 BayDG von dem Amt des Beamtenbeisitzers zu entbinden ist (vgl. BayVGH, B.v. 26.10.2006 - 5 S 06.2873 und B.v. 4.10.2001 - 5 S 01.2438 zum Eintritt in die Freistellungsphase der Altersteilzeit im Blockmodell). Die Regelungen des § 6 AbgG verdeutlichen, dass es nach Beendigung des Mandats primär von der Disposition des Beamten abhängt, ob er das ruhende Dienstverhältnis wieder aktiviert oder nicht. In dieser Dispositionsbefugnis bezüglich der Rückkehr in das frühere Dienstverhältnis liegt ein erheblicher Unterschied zu der von Art. 48 Abs. 1 Nr. 5 BayDG erfassten Sachlage des endgültigen Ausscheidens aus dem Amt, die einer analogen Anwendung der Vorschrift auf die vorliegende Fallkonstellation entgegensteht.

2. Eine Entbindung vom Amt des Beamtenbeisitzers lässt sich auch nicht unter Rückgriff auf die allgemeine Vorschrift des § 24 Abs. 1 Nr. 1 VwGO rechtfertigen, wonach ein ehrenamtlicher Richter u.a. zu entbinden ist, wenn er gem. § 22 Nr. 1 VwGO als Mitglied des Deutschen Bundestags nicht (mehr) berufen werden konnte (bzw. kann). Auf Beamtenbeisitzer wird § 24 VwGO nach der ausdrücklichen Bestimmung des Art. 44 Abs. 2 BayDG nicht angewandt; die Entbindungsgründe sind grundsätzlich abschließend in Art. 48 BayDG geregelt (so auch Weiß in: Fürst, GKÖD, BDG M § 47 RdNr. 70 für § 47 Abs. 2 BDG).

Eine Ausnahme erfährt dieser Grundsatz entgegen dem insoweit "überschießenden" Wortlaut des Art. 44 Abs. 2 BayDG nur dann, wenn von Anfang an eine zwingende Berufungsvoraussetzung gefehlt hat. So ist der Beamtenbeisitzer von seinem Amt zu entbinden, wenn ihm bei der Wahl die nach Art. 43 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Art. 45 Abs. 1 Satz 3 BayDG für einen der beiden zur Mitwirkung berufenen Beamtenbeisitzer zwingend erforderliche Befähigung zum Richteramt fehlt (BayVGH, B.v. 3.8.2004 - 5 S 04.2078 zur Rechtslage nach der Bayer. Disziplinarordnung).

In der hier vorliegende Fallkonstellation ruhender Rechte und Pflichten aus dem Hauptamt ist der Rückgriff auf den in Art. 44 Abs. 2 BayDG ausdrücklich ausgeschlossenen Entbindungsgrund des § 22 Nr. 1 VwGO verwehrt. Das an das Hauptamt gebundene Nebenamt des Beamtenbeisitzers als ehrenamtlicher Richter wird von der Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 1 AbgG miterfasst und ruht deshalb bis zur Rückführung des Beamten in das frühere Dienstverhältnis; eine Heranziehung als Beamtenbeisitzer ist während dieser Zeit ausgeschlossen (vgl. Köhler/Ratz, BDG, 3. Aufl. 2003, § 50 RdNr. 6 zu § 15 Abs. 1 Satz 3 DRiG für den zum Richter kraft Auftrags ernannten Beamten).



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