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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 06.08.2007
Aktenzeichen: 5 ZB 06.3411
Rechtsgebiete: PassG, PAuswG, AGPersPassG


Vorschriften:

PassG § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3
PassG § 11 Nr. 2
PAuswG § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3
AGPersPassG Art. 6 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

5 ZB 06.3411

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Eintragung des Doktortitels;

hier: Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 13. November 2006,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 5. Senat,

durch den Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Hüffer, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Schmitz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Wagner

ohne mündliche Verhandlung am 6. August 2007

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt die Eintragung ihres an der Universität Szeged (Ungarn) erworbenen Grades eines "doctor iuris et rerum politicarum" als "Dr." in den Personalausweis und Reisepass. Antrag und Widerspruch blieben ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Verpflichtungsklage für unbegründet erachtet und abgewiesen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung gegen dieses Urteil zuzulassen. Die Beklagte tritt dem entgegen.

II.

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 13. November 2006 hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht durchgreifen (vgl. § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. An der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Das Verwaltungsgericht ist mit überzeugenden Erwägungen zu dem Ergebnis gelangt, dass der Klägerin kein Anspruch auf Eintragung ihres Doktorgrades in die Ausweispapiere zusteht. Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung wird weder ein einzelner tragender Rechtssatz noch eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt (zu diesem Maßstab BVerfG, B.v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00, NVwZ 2000, 1163/1164).

a) Es ist in der Rechtsprechung geklärt, dass nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 PassG und § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 PAuswG nur der Doktorgrad ohne Zusätze eintragungsfähig ist und deshalb jemand, der den Doktorgrad in der Bundesrepublik Deutschland nur mit einem - nicht eintragungsfähigen - Zusatz führen darf, die Eintragung des Doktorgrades in seinen Reisepass oder Personalausweis nicht beanspruchen kann (BVerwG, U.v. 13.12.1988 - 1 C 54.86, NJW 1989, 1686; BayVGH, B.v. 26.6.2000 - 5 ZB 97.1472 und B.v. 7.7.2000 - 5 ZB 97.1746, beide juris). Mit dem Verwaltungsgericht ist davon auszugehen, dass die Klägerin ihren am 11. Februar 1984 an der Universität Szeged erworbenen Doktorgrad in Deutschland nach wie vor nur mit einem nicht eintragungsfähigen Zusatz führen darf. Die Einwände der Klägerin begründen daran keine Zweifel, denen in einem Berufungsverfahren nachgegangen werden müsste.

Die Klägerin war ursprünglich nach der Genehmigung vom 9. Februar 1990, die das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst auf der Grundlage des Art. 88 BayHSchG in der damals geltenden Fassung ausgesprochen hatte, lediglich berechtigt, ihren akademischen Grad eines "doctor iuris et rerum politicarum", abgekürzt "dr.", jeweils mit dem Zusatz "(Univ. Szeged)" zu führen. Die Novellierungen des Bayerischen Hochschulgesetzes zum 1. August 2003 und 1. Juni 2006 haben zu keiner für sie günstigeren Rechtslage geführt. Nach dem in Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 5 Satz 1 BayHSchG n.F. verankerten Grundsatz kann ein ausländischer akademischer Grad genehmigungsfrei - wiederum - nur unter Angabe der verleihenden Institution geführt werden. Nichts anderes ergibt sich für die Klägerin aus dem deutsch-ungarischen Abkommen über die Anerkennung von Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich vom 1. Dezember 2001 (BGBl II 2004, 954 - Äquivalenzabkommen) und der Vereinbarung der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 21.9.2001 über begünstigende Regelungen gemäß Ziffer 4 der "Grundsätze für die Regelung der Führung ausländischer Hochschulgrade im Sinne der gesetzlichen Allgemeingenehmigung durch einheitliche gesetzliche Bestimmungen" vom 14. April 2000, veröffentlicht unter http://www.anabin.de), die nach Maßgabe des Art. 68 Abs. 4 BayHSchG Vorrang vor den allgemeinen Regelungen haben. Zwar dürfen ungarische Hochschulgrade in der verliehenen Originalform grundsätzlich ohne Herkunftsbezeichnung geführt werden (vgl. Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 1 des Äquivalenzabkommens und Nr. 1 der Vereinbarung vom 21.9.2001); insbesondere kann der "ungarische Grad eines 'doktor' (PhD und DLA)" in Deutschland mit der Abkürzung "Dr." ohne Hinweis auf die verleihende Institution und ohne fachlichen Zusatz geführt werden (Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 5 des Äquivalenzabkommens; vgl. auch Nr. 2 Satz 1 der Vereinbarung vom 21.9.2001). Abweichend davon bestimmt aber Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 2 des Äquivalenzabkommens, dass - unter anderem - der in Ungarn mit dem Studienabschluss verliehene Doktortitel doctor iuris universi rerumque politicarum (dr. iur.) sowie der frühere Universitätsdoktortitel (doctor universitatis [dr. univ.]) in Deutschland nur unter Angabe der verleihenden Institution geführt werden kann. Dieselbe Rechtsfolge gilt gemäß Nr. 2 Satz 2 der Vereinbarung vom 21.9.2001 für "Doktorgrade, die ohne Promotionsstudien und -verfahren vergeben werden (sog. Berufsdoktorate)". Einen solchen Titel hat die Klägerin an der Universität Szeged mit dem Grad eines "doctor iuris et rerum politicarum" erworben. Dafür spricht bereits der Wortlaut dieses Titels, der dem in Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 2 des Äquivalenzabkommens genannten entspricht (das Genitivattribut "iuris" im Titel der Klägerin wird von "iuris universi" [des gesamten Rechts] umfasst). Bestätigt wird diese Qualifizierung durch die von der Klägerin vorgelegten Studienunterlagen und die vom Verwaltungsgericht eingeholte Auskunft des Sekretariats der ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder vom 5. Oktober 2006. Es handelt sich - eindeutig und ohne weiteren Klärungsbedarf - um ein juristisches Berufsdoktorat, das ohne Promotionsstudium und -verfahren vergeben worden ist und im Rang einem Diplomgrad entspricht. Dass die Klägerin, wie in der Begründung des Zulassungsantrags hervorgehoben ist, ausweislich des Eintrags im Studienbuch vom 26. Oktober 1983 ihre "Fachaufgabe ... verteidigt" hat, steht dem nicht entgegen. Die Bescheinigung der Universität Szeged vom 21. Februar 2005, nach der die Klägerin zur Führung des Namenszusatzes "Dr." berechtigt ist, kann lediglich für Ungarn, nicht aber für Deutschland Geltung beanspruchen.

b) Der Einwand der Klägerin, das Verwaltungsgericht habe nicht ausreichend beachtet, dass der Doktorgrad in ihren am 18. Oktober 1990 ausgestellten Ausweispapieren bis 1995 eingetragen gewesen sei und die Beklagte den darin zu erblickenden begünstigenden Verwaltungsakt bis heute nicht wirksam zurückgenommen habe, geht fehl. Er misst der früheren Eintragung eine Bedeutung bei, die ihr nach dem Gesetz nicht zukommt. Ist der Doktorgrad - wie hier - zu Unrecht im Reisepass oder Personalausweis eingetragen, sind die Papiere gemäß § 11 Nr. 2 PassG, Art. 6 Nr. 3 AGPersPassG ungültig (vgl. BayVGH, B.v. 26.6.2000 - 5 ZB 97.1472, juris). Schon deshalb bedarf es vor der Ausstellung eines neuen "berichtigten" Reisepasses oder Personalausweises keiner Aufhebung oder gar Rücknahme des fehlerhaften Eintrags nach Maßgabe des Art. 48 BayVwVfG. Die von der Klägerin behauptete Ungleichbehandlung ist nicht näher dargetan und wäre zudem ungeeignet, einen Anspruch auf Eintragung eines Doktorgrades in Widerspruch zur Rechtslage zu begründen.

2. Die Rüge, das Verwaltungsgericht habe im Zusammenhang mit der Bewertung des ungarischen Doktorgrades den Sachverhalt unzureichend aufgeklärt, weshalb die Berufung wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen sei (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 i.V.m. § 86 Abs. 1 VwGO) genügt nicht den Darlegungsanforderungen (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Insoweit hätte im Zulassungsantrag insbesondere ausgeführt werden müssen, dass in der mündlichen Verhandlung entweder auf die Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen. Die Rüge unzureichender Sachverhaltsaufklärung stellt kein Mittel dar, um insbesondere das Unterlassen der Stellung von Beweisanträgen in der mündlichen Verhandlung zu kompensieren (BVerwG, B.v. 3.7.1998 - 6 B 67.98, juris). Einen Beweisantrag hat die anwaltlich vertretene Klägerin in der mündlichen Verhandlung indes ausweislich der Niederschrift vom 13. November 2006 nicht gestellt. Substantiiertes Vorbringen, dass und aus welchen Gründen die vom Verwaltungsgericht eingeholte Auskunft des Sekretariats der ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder unzureichend gewesen sein sollte und sich weitere Ermittlungen hätten aufgedrängen müssen, enthält die Antragsbegründung nicht.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtkräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Ende der Entscheidung

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