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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 18.12.2006
Aktenzeichen: 6 ZB 05.672
Rechtsgebiete: BauGB


Vorschriften:

BauGB § 125 Abs. 1
BauGB § 131 Abs. 1
BauGB § 242 Abs. 1
1. Ein bebaubares Buchgrundstück, das mit einem Grundstücksstreifen in Zufahrtsbreite an eine Anbaustraße angrenzt, ist von dieser dennoch nicht nach § 131 Abs. 1 BauGB erschlossen, wenn der verbindende Grundstücksstreifen durch Bebauungsplan als Teil einer weiteren selbständigen Erschließungsanlage festgesetzt ist, die nach der planerischen Absicht die bebaubaren Grundstücksteile allein erschließen soll.

2. Ein Wohngrundstück ist nicht nach § 131 Abs. 1 BauGB erschlossen, wenn es zwar an die Anlage angrenzt, jedoch von der Fahrbahn aus nur über eine unbefestigte gewidmete Verkehrsgrünfläche mit einer Tiefe von etwa 12 bis 16 m hinweg betreten werden kann.


Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

6 ZB 05.672

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Erschließungsbeitrags (****** **************);

hier: Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 1. Februar 2005,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 6. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Maunz, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Rickelmann, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Eder

ohne mündliche Verhandlung am 18. Dezember 2006 folgenden

Beschluss:

Tenor:

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 434.121,39 Euro festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Die dargelegten Gründe (§ 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO) rechtfertigen keine Zulassung des Rechtsmittels.

Weder bestehen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), noch weist die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) oder beruht das Urteil auf einem Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer Gerichtsentscheidung bereits dann begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG vom 23.6.2000 NVwZ 2000, 1163).

Hierzu trägt die Klägerin vor, die abgerechnete Anlage habe ausweislich eines Lageplans aus dem Jahr 1935 schon damals Erschließungsfunktion gehabt, so dass die Erhebung von Erschließungsbeiträgen nicht möglich sei (1.1). Jedenfalls habe das mit einer Kläranlage bebaute Grundstück FlNr. 5854 in die Aufwandsverteilung miteinbezogen werden müssen (1.2), da ein vom Verwaltungsgericht dem am 1. Februar 2001 in Kraft getretenen Bebauungsplan entnommenes Zufahrtsverbot erst nach Entstehen der sachlichen Beitragspflicht entstanden wäre. Weiter sei das Grundstück FlNr. 5766 einzubeziehen, da es an die abgerechnete Anlage angrenze und durch diese erschlossen werde, unabhängig davon, dass der Bebauungsplan eine anderweitige straßenmäßige Erschließung vorsehe. Zudem habe das Grundstück vor Inkrafttreten des Bebauungsplans nicht, wie vom Verwaltungsgericht angenommen, im Außenbereich, sondern im unbeplanten Innenbereich gelegen (1.3). Schließlich hätte auch das Grundstück FlNr. 5769/6 bei der Aufwandsverteilung berücksichtigt werden müssen, da es an die abgerechnete Anlage angrenze (1.4). Anders als vom Verwaltungsgericht angenommen, hindere eine zwischen dem Grundstück und der Fahrbahn gelegene Grünanlage ein Heranfahrenkönnen und Betreten des Grundstücks von der abgerechneten Anlage aus nicht. Es komme nicht auf die Tiefe der Grünfläche an, da im Einmündungsbereich der abgerechneten Anlage in eine weitere Straße entlang dieser ein Gehweg zum heranzuziehenden Grundstück verlaufe; ein vom Verwaltungsgericht im Kreuzungsbereich angenommenes straßenverkehrsrechtliches Halteverbot sei unbeachtlich. Zudem könnte östlich der Grünfläche - vor dem Nachbargrundstück - gehalten werden, um von dort über den Gehweg der abgerechneten Anlage zum heranzuziehenden Grundstück zu gelangen.

1.1 Eine frühere Erschließungsfunktion als historische Straße, die eine Beitragserhebung nach § 242 Abs. 1 BauGB sperren würde, kann schon aufgrund des von der Klägerin vorgelegten Lageplans aus dem Jahr 1935 verneint werden.

In nicht beplanten Gebieten erhält die Straße die Funktion einer Erschließungsanlage nicht schon dadurch, dass vereinzelt Grundstücke an ihr bebaut werden. Sie ändert ihre rechtliche Qualität vielmehr erst dann, wenn an ihr gehäuft eine Bebauung einsetzt, d.h. zumindest für eine Straßenseite nach heutiger Sicht bauplanungsrechtlich Innenbereichslage i.S. von § 34 Abs. 1 BauGB zu bejahen ist und diese zusammenhängende Bebauung einen Ortsteil darstellt (st. Rechtsprechung, u.a. BayVGH vom 28.9.1992 6 B 92.1241).

Nach dem vorgelegten Lageplan aus dem Jahr 1935 sind aber lediglich einige Grundstücke auf der Nordseite des östlichen Endes der abgerechneten Straße bebaut, an der Südseite und im weiteren westlichen Verlauf ist eine Bebauung nicht vorhanden. Es fehlt somit schon an einer gehäuften Bebauung entlang der abgerechneten Anlage. Zudem würde sich, eine gehäufte Bebauung unterstellt, diese nicht als Ortsteil darstellen, sondern lediglich als ein Bebauungssplitter ohne gewisses Gewicht und ohne Entwicklungszusammenhang zum Hauptort.

Jedenfalls genügte aber die Anlage schon nicht den damaligen Anforderungen für eine ordnungsgemäße Herstellung einer Anbaustraße. Hierzu weist die Beklagte auf eine ortspolizeiliche Vorschrift aus dem Jahr 1882 hin, die damals schon jeden Anwesensbesitzer im Gebiet der Beklagten verpflichtete, längs seines ganzen an eine Haupt- oder Nebenstraße anstoßenden Besitztums ein vorschriftsmäßiges Trottoir herzustellen, welches mit künstlich gefertigten, 21 cm im Quadrat großen dunkel gebrannten Klinkerplatten zu bepflastern war. Dem ist die Klägerin nicht entgegengetreten.

1.2 Für das im Bebauungsplan Nr. 61 26 290 als "Fläche für Versorgungsanlagen (Kläranlage)" festgesetzte und mit einer Kläranlage bebaute Grundstück FlNr. 5854 hat das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vom 23.10.1996 BVerwGE 102, 159) in Frage gestellt, ob eine Beitragspflicht schon deshalb ausscheidet, weil es sich bei der Kläranlage selbst um eine Erschließungsanlage handle. Jedenfalls fehle es aber an einer Zufahrtsmöglichkeit auf das Kläranlagengrundstück, da der Bebauungsplan von der abgerechneten Anlage her keine Zufahrt vorsehe und in seinen textlichen Festsetzungen für das gesamte Bebauungsplangebiet Zufahrten nur an den festgesetzten Stellen erlaube. Dagegen wendet die Klägerin ein, der Bebauungsplan sei zum 1. Februar 2001 und damit nach Entstehen der sachlichen Beitragspflicht in Kraft getreten, weshalb wegen der Zufahrtsverbote nicht auf ihn abgestellt werden könne. Beitragspflichten seien spätestens mit Rechtsverbindlichkeit der Änderung des Bebauungsplans Nr. 61 26 143 Ä 2 am 1. Februar 2000 entstanden. Dabei übersieht die Klägerin aber, dass der Änderungsbebauungsplan nur eine Teilstrecke der abgerechneten Anlage umfasst und als Verkehrsfläche festsetzt. Für die westliche Hälfte der Anlage trat der Bebauungsplan Nr. 61 26 290 erst zum 1. Februar 2001 in Kraft. Somit war erst zu diesem Zeitpunkt die planerische Grundlage gemäß § 125 Abs. 1 BauGB für die Gesamtanlage vorhanden. Für ein früheres Entstehen der Beitragspflicht unter Heranziehung von § 125 Abs. 2 BauGB gibt es keine Anhaltspunkte. Denn hierfür wäre eine Abwägungsentscheidung durch die Beklagte erforderlich gewesen (BVerwG vom 26.11.2003 NVwZ 2004, 483; BayVGH vom 1.6.2006 Az. 6 B 03.1426), welche von keinem der Beteiligten geltend gemacht wurde. Da der zuletzt in Kraft getretene Bebauungsplan erst die planerische Deckung für die errichtete Anlage vollendete und somit zum Entstehen der sachlichen Beitragspflicht führte, ist das gleichzeitig festgesetzte, vom Verwaltungsgericht angenommene Zufahrtsverbot zu berücksichtigen.

Dass das Verwaltungsgericht für ein Erschlossensein der Kläranlage wiederum eine Zufahrtsmöglichkeit, also ein Herauffahrenkönnen für das Erschlossensein angenommen hat, wird von der Klägerin nicht in Frage gestellt. Angesichts der Natur der Kläranlage liegt es nahe, ein Herauffahrenkönnen zu verlangen, da der Betrieb dieser zentralen Anlage eine Ver- und Entsorgung auch durch Lastkraftwagen erfordern dürfte. Für ein Zufahrtsverbot hat das Verwaltungsgericht nachvollziehbar auch die textliche Festsetzung herangezogen, wonach im gesamten Bebauungsplangebiet Zufahrten nur an den festgesetzten Stellen zulässig sind, wobei für das Kläranlagengrundstück von der abgerechneten Anlage her gerade keine Zufahrtsmöglichkeit vorgesehen ist.

1.3 Für die Nichteinbeziehung des Grundstücks FlNr. 5766, welches mit zwei Zufahrten an die abgerechnete Anlage angrenzt, stellt das Verwaltungsgericht auf den Bebauungsplan Nr. 61 26 143 Ä 1 ab. Dieser setzt die beiden Zufahrten sowie eine Verbindung zwischen diesen als öffentliche Verkehrsfläche fest, wodurch aufgrund dieser Planung die rückwärtige Fläche mit festgesetztem Mischgebiet von der abgerechneten Anlage durch die geplante eigenständige Erschließungsanlage abgehängt wäre. Dem hält die Klägerin entgegen, unabhängig von der verbindlichen Planung sei auf die derzeitigen tatsächlichen Grundstücksverhältnisse und damit auf ein Erschlossensein des überplanten Grundstücks durch die abgerechnete Anlage abzustellen.

Nach ständiger Rechtsprechung ist im Erschließungsbeitragsrecht zur Beantwortung der Frage, ob und wie ein Grundstück erschlossen wird, in aller Regel auf das Buchgrundstück im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht abzustellen. Jedoch sind ebenfalls in ständiger Rechtsprechung Abweichungen vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff ausnahmsweise anerkannt, wenn es nach dem Inhalt und Sinn des Erschließungsbeitragsrechts gröblich unangemessen wäre, den bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff zugrunde zu legen (BVerwG vom 16.9.1998 NVwZ 1999, 997 m.w.N.). Einerseits wird sozusagen über das Buchgrundstück hinaus gegangen, wenn dieses etwa bei unzureichender Größe alleine nicht bebaubar wäre, zusammen mit einem oder mehreren angrenzenden Grundstücken desselben Eigentümers jedoch ohne weiteres baulich angemessen genutzt werden darf. Dabei werden mehrere Buchgrundstücke mit dem Gedanken einer wirtschaftlichen Einheit zusammen veranlagt (BVerwG vom 12.12.1986 NVwZ 1987, 420).

Andererseits ist auch anerkannt, dass ein Buchgrundstück nur mit einer Teilfläche einer Beitragspflicht unterliegen kann, etwa weil der Geltungsbereich des eine Bebaubarkeit vermittelnden Bebauungsplans nur eine Teilfläche umfasst und die Restfläche dem unbebaubaren Außenbereich zuzurechnen ist, oder weil ein im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegendes Grundstück aufgrund der planerischen Festsetzungen (ganz oder) teilweise einer baulichen Nutzung entzogen ist, etwa weil eine Fläche selbst als Erschließungsanlage festgesetzt wurde (BVerwG vom 23.10.1996 BVerwGE 102, 159; VGH BW vom 17.12.1997 Az. 2 S 1380/96 in juris). Ebenso ist eine Ausnahme vom Buchgrundstücksbegriff dann geboten, wenn sich die von einer Anbaustraße ausgehende Erschließungswirkung eindeutig auf eine Teilfläche des Grundstücks beschränkt, etwa weil der andere Teil des Buchgrundstücks aufgrund planerischer Festsetzungen einer anderen Erschließungsanlage zugeordnet wird (BVerwG vom 22.1.1998 DVBl 1998, 713).

Dementsprechend ist der Ansatz des Verwaltungsgerichts nicht zu beanstanden. Die der abgerechneten Anlage anliegenden Zufahrten sind im Bebauungsplan als öffentliche Verkehrsfläche festgesetzt und damit einer privaten baulichen Nutzung entzogen. Die Folge ist, dass die weiter hinterliegenden Flächen der FlNr. 5766, die baulich nutzbar sind, nicht mehr von der abgerechneten Anlage, sondern nur durch die im Bebauungsplan vorgesehene neue Anlage erschlossen werden. Es liegt eine planerische - verbindliche - Teilung des Grundstücks vor, die mit der "Sperrwirkung" der als öffentlicher Verkehrsfläche festgesetzten Teilflächen die Erschließungswirkung der abgerechneten Anlage für die hintenliegende bebaubare Teilfläche hindert, da die bebaubare Fläche planerisch durch eine weitere selbständige Anlage erschlossen wird.

Diese Gestaltung ist nicht vergleichbar mit der Fallgestaltung, die der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. September 1998 (a.a.O.) zugrunde lag und bei welcher dort ein Erschlossensein des gesamten Grundstücks angenommen wurde. Im dort entschiedenen Fall handelte es sich bei der an die abgerechnete Anlage anschließenden Zufahrt und den Wegen auf dem Grundstück um private Anlagen, die lediglich der internen Erreichbarkeit einzelner Teilflächen des Grundstücks dienten. Im vorliegenden Fall ist aber wie ausgeführt eine öffentliche Verkehrsfläche zur weiteren Erschließung der rückwärtigen Grundstücksfläche festgesetzt.

Auch vom Ergebnis her betrachtet wäre es "gröblich unangemessen", das gesamte Grundstück FlNr. 5766 (ganz oder wenigstens vermindert um die Fläche der festgesetzten öffentlichen Verkehrsanlage) zu einem Beitrag zur abgerechneten Anlage heranzuziehen. Denn dieses Grundstück würde zusätzlich bei Errichtung der im Bebauungsplan vorgesehenen Anlage erneut zu Erschließungsbeiträgen für diese herangezogen, ohne dass zumindest eine Mehrfacherschließungsvergünstigung zu gewähren wäre, da deren Voraussetzungen - Erschlossensein durch eine weitere Anlage - wegen des dann fehlenden Angrenzens an die hier abgerechnete Anlage nicht vorlägen.

Eine frühere Bebaubarkeit des Grundstücks nach § 34 BauGB kann dahinstehen, da eine sachliche Beitragspflicht erst nach Rechtsverbindlichkeit des Bebauungsplans entstanden ist.

1.4 Auch das Grundstück FlNr. 5769/6 wurde zu Recht nicht in die Aufwandsverteilung einbezogen. Zwar grenzt das Grundstück unmittelbar an die gewidmete Verkehrsfläche an, eine Zufahrtsmöglichkeit ist bei der festgesetzten Nutzung als Mischgebiet und dem tatsächlich errichteten Wohnhaus für ein Erschlossensein i.S. des § 131 Abs. 1 BauGB nicht Voraussetzung (BVerwG vom 1.3.1991 BVerwGE 88, 70). Es reicht aus, wenn an die Grenze des Grundstücks herangefahren und das Grundstück von der Fahrbahn aus betreten werden kann, ohne dass es einer tatsächlichen Zufahrtsmöglichkeit auf das Grundstück bedürfte.

Dabei ist es nicht erforderlich, dass zentimetergenau die Grundstücksgrenze erreicht werden kann. Vielmehr ist insoweit eine Erreichbarkeit ausreichend, bei der mit Kraftwagen auf der Fahrbahn der öffentlichen Straße bis zur Höhe des jeweiligen Anliegergrundstücks gefahren und dieses von da aus ohne weiteres betreten werden kann. Dem ist in der Regel auch dann genügt, wenn zwischen der Fahrbahn und dem Grundstück noch ein zur öffentlichen Straße gehörender Streifen von ortsüblicher Breite liegt. Eine für das bebauungs- und in der Folge das erschließungsbeitragsrechtliche Erschlossensein hinreichende Erreichbarkeit in Gestalt der Möglichkeit, an ein Anliegergrundstück heranzufahren, ist folglich auch dann gegeben, wenn dieses Grundstück von der Fahrbahn durch einen zu dieser öffentlichen Straße gehörenden Gehweg und/oder Radweg getrennt ist, es sei denn, die Überwindung des dadurch bedingten Zwischenraums stelle sich im Einzelfall als unzumutbar dar (BVerwG vom 1.3.1991 a.a.O.; vgl. auch Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 7. Aufl. 2004, RdNr. 67 zu § 17).

Dieser Auffassung hat sich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof angeschlossen (Beschluss vom 27.10.2006 Az. 6 CS 06.2299) und ein Erschlossensein in einem Einzelfall dann bejaht, wenn von der Fahrbahn aus ein unbefestigter gewidmeter Grünstreifen von einer Breite von 2 m ohne hindernde Bepflanzung überschritten werden kann.

Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch um eine wesentlich abweichende Situation. Zwischen der Fahrbahn der abgerechneten Anlage und dem Grundstück FlNr. 5769/6 liegt eine dreiecksförmige Fläche von einer Tiefe in Höhe dieses Grundstücks zwischen 18 bis 25 m. Auf dieser Fläche verläuft der am Grundstück entlangführende südliche Gehweg der Unteren B******rstraße in einer Breite von etwa 3 m; die übrige Fläche ist im Bebauungsplan als Verkehrsgrünfläche mit Pflanzbindung festgesetzt und als solche angelegt. Damit kann schon nicht mehr von einem zur öffentlichen Straße gehörenden Streifen (vgl. auch Art. 2 Nr. 1 b BayStrWG) von ortsüblicher Breite zwischen Fahrbahn und Grundstück die Rede sein. Nach ihrer Größe und der Lage im Winkel zweier Gehwege ist die bepflanzte Grünfläche erkennbar nicht zum Überschreiten bestimmt wie etwa ein Trennstreifen zwischen Fahrbahn und Gehweg. Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht die Überwindung dieses Zwischenraums für ein Erschlossensein als unzumutbar angesehen. Da es sich um den Einmündungsbereich in die Dr.-S******-Straße mit einer ampelgesicherten Fußgängerfurt handle, sei dort das Halten unzulässig. Erst recht könnten keine Liefervorgänge oder gar ein Einzug oder Auszug abgewickelt werden. Unabhängig von der straßenverkehrsrechtlichen Bewertung drängt es sich schon nach den bei den Akten befindlichen Fotos auf, dass insbesondere auch wegen der auf der Fahrbahn errichteten Querungshilfe ein auch nur kurzfristiges Anhalten in diesem Kreuzungsbereich unzumutbar wäre, da die Fahrbahn für aus der Dr.-S******-Straße abbiegende Fahrzeuge blockiert würde. Aufgrund der massiven gewerblichen Ansiedlung entlang der abgerechneten Anlage ist mit einem erheblichen Verkehrsaufkommen zu rechnen. Allein südlich der Anlage sind im Bebauungsplan für die zulässigen Vorhaben mehrere hundert Stellplätze festgesetzt.

Der Hinweis auf den Gehweg entlang der Dr.-S******-Straße im Kreuzungsbereich, mit dem ein Betreten der Verkehrsgrünfläche nach Auffassung der Klägerin entbehrlich würde, überzeugt nicht. Denn dieser Gehweg, der sich nördlich wie südlich des Einmündungsbereichs in der Dr.-S******-Straße fortsetzt, ist nach seiner einmündungsbedingten Anlegung bei natürlicher Betrachtungsweise anhand der vorliegenden Lichtbilder als Teileinrichtung eben dieser Straße anzusehen. Die Erreichbarkeit über eine andere Erschließungsanlage begründet aber kein Erschlossensein für die hier abgerechnete Anlage. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es auch nicht zumutbar, aus dem Kreuzungsbereich weiter Richtung Osten in die abgerechnete Anlage bis zum Ende der festgesetzten Verkehrsgrünfläche weiter zu fahren und von dort aus den Gehweg nach Westen bis zum Flurstück 5769/6 zurückzugehen, um dieses so fußläufig zu erreichen. Denn dies widerspricht gerade der Voraussetzung, dass bis zur Höhe des jeweiligen Anliegergrundstücks gefahren und dieses von da aus ohne weiteres betreten werden kann. Die Verkehrsgrünfläche reicht etwa 25 m über die Ostgrenze des Flurstücks 5769/6 hinaus.

Der Begründungsaufwand des erstinstanziellen Urteils hält sich in Grenzen und ist der Tatsache geschuldet, dass zahlreiche Gesichtspunkte im Streit standen.

2. Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (zu den Darlegungsanforderungen vgl. BVerfG vom 23.6.2000 a.a.O.).

Die von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfragen können wie vorstehend ausgeführt abschließend beantwortet werden; der Sachverhalt bedarf ebenfalls keiner weiteren Aufklärung. Insbesondere kommt es nicht wie von der Klägerin dargestellt auf eine weitere Betrachtung der abgerechneten Straße vor dem 2. Weltkrieg an.

3. Ein Verfahrensmangel gemäß § 124 Abs. 1 Nr. 5 VwGO wurde nicht dargelegt. Einer weiteren Aufklärung einer früheren Bebaubarkeit des Grundstücks FlNr. 5766 bedurfte es nach den Ausführungen unter 1.3 nicht.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Streitwertfestsetzung: § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.



Ende der Entscheidung

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