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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 04.04.2008
Aktenzeichen: 7 B 06.1179
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art. 4
GG Art. 5 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

7 B 06.1179

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Unterlassung;

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 27. Februar 2003,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 7. Senat,

durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Kersten, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Bergmüller, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Zöllner

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 1. April 2008

am 4. April 2008

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Mit Schriftsatz vom 8. Juli 2002 beantragte der Kläger beim Verwaltungsgericht München:

"Der Beklagten wird untersagt, ausdrücklich oder sinngemäß zu äußern oder äußern zu lassen:

1. Frau ******** ******, auf deren Neuoffenbarungen sich das Universelle Leben gründe, sage von sich: "Ich bin das Absolute Gesetz selbst.", ohne dass die Beklagte hinzufügt bzw. hinzufügen lässt, dass nach der Lehre des Universellen Lebens darunter das göttliche Sein bzw. die göttliche Liebe zu verstehen sei, und dass jeder zu dem so verstandenen Absoluten Gesetz werde, der in Gott lebe;

2. das Universelle Leben sei vor allem durch die Merkmale einer Psychosekte gekennzeichnet: Der Mensch solle durch Umprogrammierung der Gehirnzellen seiner individuellen Persönlichkeit beraubt werden;

3. das Universelle Leben sei als "totalitäre Sekte" zu bezeichnen und stehe in Verbindung mit Scientology."

Zur Begründung führte der Kläger aus, der Sektenbeauftragte der Beklagten *** ***** habe Anfang Juni 2002 in Alzenau einen Vortrag gehalten, über den die Zeitung "Main Post" u.a. berichtete:

"Während eines Seminars am Wochenende, das die evangelische Kirchengemeinde Peter und Paul veranstaltete, betonte der 53jährige Theologe und Pfarrer *** ***** besonders die Gefährlichkeit des etwa 10.000 Mitglieder zählenden "Universellen Lebens". Dieses sei nach seiner Sicht als totalitäre Sekte zu bezeichnen und stehe in Verbindung mit Scientology... Das "Universelle Leben" gründe sich auf die Neuoffenbarungen seiner Würzburger "Prophetin" ******** ******. Die 1933 bei Augsburg geborene Frau sage von sich: "Ich bin das Absolute Gesetz selbst." Neben einem Ufo-Glauben sei die Gruppe vor allem gekennzeichnet durch die Merkmale einer Psychosekte: Der Mensch solle durch "Umprogrammierung der Gehirnzellen" seiner individuellen Persönlichkeit beraubt werden."

Die Beklagte sei einer Aufforderung des Klägers, eine Unterlassungsverpflichtung abzugeben, nicht nachgekommen. Derartige Ehrabschneidungen gehörten seit Jahren zum festen Bestandteil des kirchlichen Verunglimpfungsrepertoires, sie hätten wesentlich zur gesellschaftlichen Ausgrenzung der klägerischen Gemeinschaft beigetragen. Bei der Äußerung "Ich bin das Absolute Gesetz selbst" handle es sich um ein unvollständiges Zitat; gemeint sei damit nicht, dass Frau ****** für sich in Anspruch nehme, anderen Vorschriften machen zu können und zwar in absoluter Form. Der Begriff "Absolutes Gesetz" sei anhand der Lehren der Glaubensgemeinschaft zu ermitteln und könne nicht aus dem Zusammenhang gerissen werden. Die Äußerung, der Mensch solle seiner Persönlichkeit beraubt werden, sei ehrenrührig ebenso wie die Verwendung des Begriffs "Psychosekte". Die strittigen Äußerungen seien kein Einzelfall, sondern Teil eines Trommelfeuers, mit dem die Gemeinschaft des Klägers eingedeckt werde.

Die Beklagte äußerte sich hierzu dahingehend, dass der Vortrag des Sektenbeauftragten nur verkürzt, zum Teil verzerrt und unzutreffend wiedergegeben worden sei. Insbesondere habe dieser die Äußerungen nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit dem Originaltext wiedergegeben. Der Begriff "Psychosekte" sei eine zulässige Meinungsäußerung, ebenso wie der Begriff "totalitäre Sekte". Die Beklagte unterliege keinem Neutralitätsgebot.

Mit der gegen das klageabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 27. Februar 2003 erhobenen Berufung stellte der Kläger die oben genannten Anträge, zu Antrag 3 allerdings mit der Maßgabe, dass die Verbindung zu Scientology nicht mehr in Frage stehe.

Mit Urteil vom 29. September 2005 (Az. 7 B 03.1369) wies der Verwaltungsgerichtshof die Berufung zurück. Zur Begründung führte er aus:

"Der Verwaltungsgerichtshof lässt - jedenfalls was die Äußerung der Frau ****** "Ich bin das absolute Gesetz selbst" betrifft - offen, ob der Kläger prozessführungsbefugt bzw. aktiv legitimiert ist (kritisch hierzu OLG Bamberg vom 13.12.2004 Az. 4 U 135/04); denn die Berufung ist jedenfalls in der Sache unbegründet.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach entschieden hat (grundlegend Beschlüsse vom 28.3.1994 NVwZ 1994, 787/789 und vom 18.12.1995 Az. 7 CE 95.2108), ergibt sich eine mangelnde Befugnis für die angegriffenen Äußerungen nicht bereits daraus, dass für die Kirche keine gesetzliche Grundlage besteht, die es ihr erlaubte, sich mit anderen konkurrierenden Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen auseinander zu setzen und diese dabei zu kritisieren. Aufgrund der Sonderstellung der Kirchen auch in ihrer Eigenschaft als Körperschaften des öffentlichen Rechts handelt es sich bei solcher Wahrnehmung ihrer Aufgaben nicht um Ausübung staatlicher Gewalt, für die allein das Erfordernis nach einer Ermächtigungsgrundlage gilt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ergibt sich das Recht der Beklagten zu kritischen Äußerungen gegenüber anderen Glaubens- und Heilslehren und solchen Gemeinschaften grundsätzlich aus dem ihr zustehenden Recht aus Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG zur Wahrnehmung der Freiheit ihres Glaubens. Diese Freiheit umfasst entsprechend dem Selbstverständnis der jeweiligen Religionsgemeinschaft den gesamten Bereich des religiösen und weltanschaulichen Lebens, des Werbens und der Propaganda für ihre Glaubensrichtung. Maßgeblich ist allein, inwieweit die Religionsgemeinschaft es für erforderlich hält, ihr religiöses Verständnis in der Welt zur Entfaltung und Wirksamkeit zu bringen. Sie ist nicht auf Äußerungen zu "christlichen Lehrinhalten" rein akademischer Natur beschränkt. Das Grundrecht der Religionsfreiheit gibt der Religionsgemeinschaft auch das Recht, ohne Störung durch den Staat eine - auch scharfe - öffentliche Kritik an der Tätigkeit anderer Religionsgemeinschaften zu verbreiten. Das auch diesen zustehende Grundrecht auf ungestörte Religionsausübung gibt keinen Anspruch darauf, dass solche öffentliche Kritik unterbleibt und die Tätigkeit religiöser und weltanschaulicher Gemeinschaften als reines Internum anzusehen sei, denen ein "kritikfreier Raum" vorbehalten bleiben müsse (BayVGH vom 28.3.1994 NVwZ 1994, 787/789). Ein Unterlassungsanspruch gegenüber kritischen, abwertenden Äußerungen besteht damit grundsätzlich nur, wenn es sich bei den beanstandeten Äußerungen um unrichtige Tatsachenbehauptungen handelt. Ebenso wie im Bereich des Art. 5 Abs. 1 GG, dessen Grundsätze hier entsprechend herangezogen werden können (vgl. BVerfG vom 15.8.1989 NJW 1989, 3269), können Meinungsäußerungen als Werturteile im Bereich religiösen Wirkens in der Welt nicht schon dann untersagt werden, wenn sie grundlos, falsch oder emotional, nicht rational sind (BVerwG vom 11.11.1992 NJW 1993, 1845). Die Belange der Meinungsfreiheit treten nur dann regelmäßig zurück, wenn sich die Äußerung als Angriff auf die Menschenwürde, also als Formalbeleidigung oder Schmähkritik darstellt, wobei an eine solche Einstufung strenge Anforderungen zu stellen sind.

Tatsachenbehauptungen liegen dann vor, wenn sich die Richtigkeit der Gesamtbehauptung durch eine Beweiserhebung klären lässt, es sich also um beweisbare Vorgänge handelt. Demgegenüber sind Meinungsäußerungen in ihrem wesentlichen Inhalt durch Elemente des Meinens und Dafürhaltens gekennzeichnet und einem objektiven Richtigkeitsbeweis nicht zugänglich. Sind beide Äußerungsformen miteinander verbunden und macht dies gemeinsam den Sinn der Äußerung aus, so liegt dann insgesamt eine Meinungsäußerung vor, wenn das Gesamtergebnis durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt wird, insbesondere wenn durch eine Trennung der wertenden und der tatsächlichen Gehalte der Sinn der Äußerung aufgehoben oder verfälscht würde. Vermengen sich in einer Äußerung wertende und tatsächliche Elemente in der Weise, dass die Äußerung insgesamt als Werturteil anzusehen ist, kann im Rahmen der Abwägung zwischen den widerstreitenden Grundrechtspositionen die Richtigkeit der in der Meinungsäußerung enthaltenen tatsächlichen Behauptungen eine Rolle spielen. Enthält die Meinungsäußerung erwiesen falsche oder bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen, so wird regelmäßig das Grundrecht der Religionsfreiheit im Sinne einer religiösen Meinungsfreiheit hinter das Grundrecht auf Religionsfreiheit der kritisierten Religionsgemeinschaft zurücktreten müssen. Es ist daher eine einzelfallbezogene Abwägung vorzunehmen.

Soweit sich der Kläger darauf beruft, der Sektenbeauftragte einer öffentlich-rechtlichen korporierten Religionsgemeinschaft unterliege bei kritischen Äußerungen in der Öffentlichkeit über andere Glaubensgemeinschaften im Hinblick auf deren Grundrechte gesteigerten Sorgfaltspflichten, ist auf folgendes hinzuweisen: Grundsätzlich unterliegen die öffentlich-rechtlich korporierten Kirchen, soweit sie nicht ausnahmsweise hoheitliche Befugnisse wahrnehmen, im Rahmen der geistigen Auseinandersetzung mit anderen Religionen und sonstigen weltanschaulichen Fragen nicht den dem Staat gesetzten Grenzen. Sie sind also weder unmittelbar an die einzelnen Grundrechte gebunden noch unterliegen sie im übrigen denselben Beschränkungen, die für den Staat gelten, wenn er beispielsweise Informationen über weltanschauliche Gruppierungen gibt (vgl. hierzu zuletzt insbesondere BVerfG vom 26.6.2002 BVerfGE 105, 252 m.w.N.). Der Bundesgerichtshof weist allerdings daraufhin (BGH vom 20.2.2003 NJW 2003, 1308), dass andererseits für einen interessengerechten und dem Grundrechtssystem entsprechenden Ausgleich der betroffenen Rechtspositionen auch Berücksichtigung finden muss, dass die öffentlich-rechtlich korporierten Religionsgemeinschaften allgemein einen erhöhten Einfluss in Staat und Gesellschaft haben und nutzen, und dass gerade auch die kirchlichen Sektenbeauftragten in den Augen der Öffentlichkeit eine gesteigerte Sachkompetenz genießen (so bereits BayVGH vom 28.3.1994 NVwZ 1994, 787/789) und damit auch eine erhöhte Verantwortung der Sektenbeauftragten korrespondiert. Wegen der besonderen Machtmittel und des erhöhten Einflusses auf Staat und Gesellschaft lägen den öffentlich-rechtlich korporierten Religionsgemeinschaften die besonderen Pflichten des Grundgesetzes näher als anderen Religionsgemeinschaften (BVerfG vom 26.3.2001 NVwZ 2001, 908/909; BGH a.a.O., 1310). Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar erhebliche Zweifel, ob eine Anknüpfung an den Korporationsstatus ein geeignetes Kriterium zur Begründung einer erhöhten Verantwortung der Sektenbeauftragten ist (kritisch hierzu Wissmann, Verwaltungsarchiv 2005, 369). Ebenso wie der Bundesgerichtshof ist aber auch der Verwaltungsgerichtshof der Auffassung, dass von den (derzeit) öffentlich-rechtlich korporierten Religionsgemeinschaften - auch außerhalb des ihnen übertragenen Bereichs hoheitlicher Befugnisse - in weitergehendem Umfang als von jedem Bürger Rechtstreue verlangt werden muss, insbesondere die Achtung der fundamentalen Rechte der Person, die Teil der verfassungsmäßigen Ordnung ist (BGH a.a.O. 1310 m.w.N.). Aus alledem ist zu folgern, dass von den (derzeit) öffentlich-rechtlich korporierten Religionsgemeinschaften zwar nicht Neutralität verlangt werden kann, wohl aber ein angemessener Grad an Sorgfalt, Sachlichkeit und Wahrhaftigkeit (BGH a.a.O.; ebenso bereits BayVGH vom 28.3.1994 NVwZ 1994, 787/789). Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs gilt diese erhöhte Sorgfaltspflicht nicht nur gegenüber anderen "Personen und Unternehmen", wie es nach Auffassung der Beklagten der Leitsatz 3 sowie die hierzu gegebene Begründung der genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs nahe legen sollen. Denn aus den oben stehenden Ausführungen ergibt sich, dass die erhöhte Sorgfaltspflicht gerade auch gegenüber anderen nicht korporierten Religionsgemeinschaften bestehen muss.

Das ändert jedoch nichts daran, dass gerade gegenüber dem Kläger und den ihm zugeordneten Vereinigungen auch scharfe, plakative und überspitzte Formulierungen zulässig sind, zumal das Universelle Leben selbst die beiden großen korporierten Kirchen - und auch andere Institutionen - nachhaltig und heftig kritisiert (BVerfG vom 9.6.1994 NVwZ 1995, 471; BayVGH vom 18.12.1995 Az. 7 CE 95.2108).

Auch unter Beachtung der genannten gesteigerten Sorgfaltspflicht des Sektenbeauftragten sind die beanstandeten Aussagen durch die religiöse Äußerungsfreiheit der Beklagten gedeckt. Der Verwaltungsgerichtshof nimmt hierzu auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Urteil Bezug. Ergänzend ist auf folgendes hinzuweisen:

a) Was die Äußerung des Sektenbeauftragten betrifft, Frau ****** sage von sich: "Ich bin das absolute Gesetz selbst.", folgt ihre Zulässigkeit bereits daraus, dass es sich dabei um die Wiedergabe eines wörtlichen Zitats handelt, das richtig und nicht etwa verkürzt wiedergegeben wurde. Das Begehren des Klägers, er könne von der Beklagten verlangen, das Zitat stets nur zusammen mit der Interpretation wiederzugeben, "dass nach der Lehre des Universellen Lebens darunter das göttliche Sein bzw. die göttliche Liebe zu verstehen sei, und dass jeder zu dem so verstandenen Absoluten Gesetz werde, der in Gott lebe", greift demgegenüber nicht durch. Im religiösen Meinungskampf ist die Beklagte nicht an das Selbstverständnis des Klägers gebunden mit der Folge, dass der Kläger der Beklagten als Religionsgemeinschaft vorgeben könnte, wie die Beklagte die Glaubenssätze des Klägers verbindlich zu verstehen habe (vgl. z.B. BayVGH vom 28.3.1994 NVwZ 1994, 787 m.w.N.).

b) Im Rahmen der weltanschaulich-religiösen Auseinandersetzung zwischen verschiedenen Religionsgemeinschaften ist schließlich auch die Äußerung des Sektenbeauftragten der Beklagten zulässig, dass die Gruppe des Universellen Lebens vor allem durch die Merkmale einer Psychosekte gekennzeichnet sei, da der Mensch durch "Umprogrammierung der Gehirnzellen" seiner individuellen Persönlichkeit beraubt werde. Der Kläger führt zwar zu Recht aus, dass die Bezeichnung als Sekte ganz allgemein für kleine religiöse Gemeinschaften im heutigen gesellschaftlichen Bewusstsein weitgehend eine abwertende Komponente enthält. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darf aber selbst der Staat, der im Gegensatz zur Beklagten dem Gebot religiös-weltanschaulicher Neutralität unterliegt, den Begriff "Psychosekte" verwenden, da derartige Äußerungen schon nicht den Schutzbereich des Grundrechts der Religions- oder Weltanschauungsfreiheit berühren (Urteil vom 26.6.2002 BVerfGE 105, 252/295 f.). Derartige Äußerungen enthalten nach der genannten Rechtsprechung keine diffamierenden oder verfälschenden Darstellungen, sondern bewegen sich im Rahmen einer sachlich geführten Informationstätigkeit über die betroffenen Gemeinschaften und wahren somit die selbst vom Staat geforderte Zurückhaltung. Dies muss erst recht für die Beklagte als Religionsgemeinschaft gelten, die - mit der genannten Einschränkung - grundsätzlich dem Gebot religiös-weltanschaulicher Neutralität nicht unterliegt. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits mehrfach mit den Äußerungen der Beklagten gegenüber der Glaubensgemeinschaft Universelles Leben befasst (vgl. insbesondere BayVGH vom 28.3.1994 NVwZ 1994, 787; vom 18.12.1995 Az. 7 CE 95.2108). Er lässt offen, ob alle in diesen Entscheidungen nicht beanstandeten Äußerungen den o.g. erhöhten Anforderungen an die Sorgfaltspflicht des Sektenbeauftragten der Beklagten genügen. Jedenfalls sind die hier in Streit stehenden Äußerungen insoweit nicht zu beanstanden, als dort - letztlich im Zusammenhang - behauptet wird, bei der Glaubensgemeinschaft des Universellen Lebens handle es sich um eine totalitäre Psychosekte. Der Verwaltungsgerichtshof weist noch einmal (s. BayVGH vom 18.12.1995 Az. 7 CE 95.2108) darauf hin, dass es nicht Aufgabe des Gerichts ist, das wahre Wesen der Lehre des Universellen Lebens anhand einer Gesamtschau der von diesem herausgegebenen Schriften festzustellen. Das Gericht ist auch nicht zum Schiedsrichter im Streit zwischen Religionsgemeinschaften berufen. Es macht sich die Aussagen des Sektenbeauftragen weder zu eigen, noch stellt es fest, dass diese zutreffen. Alleiniger Gegenstand der Entscheidungen des Gerichts ist, ob sich aus den Schriften des Universellen Lebens hinreichende Anhaltspunkte für die Aussagen des Sektenbeauftragten ergeben und ob diese Aussagen noch vom Recht auf religiöse Meinungsfreiheit gedeckt sind. Dass die Nachforschungen des Sektenbeauftragten die Aussage tragen, bei der Glaubensgemeinschaft des Universellen Lebens handle es sich um eine totalitäre Organisation, hat der Verwaltungsgerichtshof mehrfach entschieden (s. zuletzt Beschluss vom 18.12.1995 Az. 7 CE 95.2108). Daran hat sich nichts geändert."

Mit Beschluss vom 3. April 2006 hob das Bundesverwaltungsgericht das genannte Urteil des Verwaltungsgerichtshofs auf, soweit dieser die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 27. Februar 2003 mit den Anträgen zurückgewiesen hat, der Beklagten zu untersagen, ausdrücklich oder sinngemäß zu äußern oder äußern zu lassen, das "Universelle Leben" sei vor allem durch die Merkmale einer Psychosekte gekennzeichnet, der Mensch solle durch Umprogrammierung der Gehirnzellen seiner individuellen Persönlichkeit beraubt werden und das "Universelle Leben" sei als "totalitäre Sekte" zu bezeichnen.

Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichtshofs beruhe insoweit auf einer Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes des § 108 Abs. 1 VwGO. Der Verwaltungsgerichtshof habe seine Aussage, die Nachforschungen des Sektenbeauftragten trügen die Aussage, bei der Glaubensgemeinschaft des Universellen Lebens handle es sich um eine totalitäre Organisation, nicht weiter belegt. Weder aus der angefochtenen Entscheidung selbst noch aus der unmittelbar in Bezug genommenen früheren Entscheidung noch aus der dort enthaltenen Verweisung in wiederum frühere Entscheidungen ergebe sich ein Beleg dafür, dass die Nachforschungen des Sektenbeauftragten die Aussage trügen, bei der Glaubensgemeinschaft des Universellen Lebens handle es sich um eine totalitäre Organisation. Die Verweisungskette führe vielmehr zu einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, die einen gänzlich anderen Streitgegenstand (Genehmigung einer Grund- und Hauptschule) habe. Dieser Entscheidung lasse sich jedoch nur entnehmen, dass die Glaubensgemeinschaft des Universellen Lebens eine Organisationsstruktur aufweise, die einen Bestand auf Dauer erwarten lasse. Es sei nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, aus der offenkundig vorliegenden Vielzahl von Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs zu Äußerungen des Sektenbeauftragten der Beklagten über genannte Gemeinschaft Belege dafür auszusuchen, dass die jetzt beanstandete Äußerung (ebenfalls) hinreichende Anhaltspunkte in den Schriften des Universellen Lebens finde. Das sei schon deshalb nicht möglich, weil der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich offen lasse, ob alle in früheren Entscheidungen nicht beanstandeten Äußerungen den Sorgfaltspflichten des Sektenbeauftragten genügten und deshalb zulässig seien. Der Verwaltungsgerichtshof selbst habe damit pauschal alle früheren Entscheidungen als tragfähige Grundlage für die jetzt vorzunehmende Würdigung in Frage gestellt.

In dem zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesenen Berufungsverfahren beantragt der Kläger, der Beklagten zu untersagen, ausdrücklich oder sinngemäß zu äußern oder äußern zu lassen,

das Universelle Leben sei vor allem durch die Merkmale einer "Psychosekte" gekennzeichnet: Der Mensch solle durch Umprogrammierung der Gehirnzellen seiner individuellen Persönlichkeit beraubt werden

und

das Universelle Leben sei als "totalitäre Sekte" zu bezeichnen.

Mit Schriftsatz vom 30. Juni 2006 stellte der Kläger im Wege der Klageerweiterung erstmals den Antrag,

der Beklagten des weiteren zu untersagen, ausdrücklich oder sinngemäß zu äußern oder äußern zu lassen: "Frau ****** selbst versteht sich als das "Absolute Gesetz", nicht nur für ihre Anhänger, sondern für die ganze Welt."

Zur Begründung wiederholt und vertieft der Kläger seine bisherigen Ausführungen. Es seien keine tatsächlichen Anhaltspunkte im Sinne der strengen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Sorgfaltspflicht eines Sektenbeauftragten ersichtlich, dass in der Glaubensgemeinschaft Universelles Leben der Mensch durch Umprogrammierung der Gehirnzellen seiner individuellen Persönlichkeit beraubt werde, so dass auch die Bezeichnung als "Psychosekte" nicht gerechtfertigt sei. Dasselbe gelte für die Behauptung, das Universelle Leben sei eine totalitäre Sekte. Bezüglich des nunmehr erstmals gestellten Klageantrags handle es sich um einen anderen Streitgegenstand, der auch im Berufungsverfahren noch als zulässige Klageänderung eingeführt werden könne. Die Äußerung des Sektenbeauftragten der Beklagten auf der Internet-Seite www.michelrieth.de, dass sich jemand als Gesetz nicht nur für seine Anhänger, sondern für die ganze Welt verstehe, sei tatsächlicher Art und unwahr. Bei diesem aus dem Zusammenhang gerissenen Kurzzitat gehe es nicht darum, dass die Gründerin des Universellen Lebens äußere Gesetzgebungsmacht für sich beanspruche. Vielmehr handle es sich um ein - bewusstes - Missverständnis, das die Beauftragten der Beklagten dazu verwendeten, der Gründerin der Glaubensgemeinschaft anzuhängen, sie maße sich Gesetzgebungsbefugnisse an. Dies ergebe sich nicht nur aus dem Kontext der fraglichen Textstelle, die in Wirklichkeit wie folgt laute: "Ich bin in meinem Inneren geworden, was ich war und in seinen Augen ewig bin: das Absolute Gesetz selbst.", sondern auch aus einer Vielzahl anderer Äußerungen, die im Rahmen der Lehre des Universellen Lebens mit dem Begriff "Absolutes Gesetz" verbunden seien; dabei handle es sich um das göttliche Sein. Aus einer Reihe von Texten der Glaubensgemeinschaft, die der Kläger im jetzigen Berufungsverfahren noch einmal zitiert (S. 7 f. des Schriftsatzes vom 30.6.2006), folge, dass die Gründerin der Glaubensgemeinschaft keinerlei Gesetzgebungsbefugnisse für sich in Anspruch nehme.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin sei weder prozessführungsbefugt noch aktivlegitimiert. Zu den bereits im ersten Berufungsverfahren behandelten Äußerungen ("Psychosekte", "totalitäre Sekte" usw.) beruft sich die Beklagte auf ihre bisherigen Ausführungen und verweist insbesondere darauf, dass der Sektenbeauftragte im einzelnen dargelegt und erläutert habe, warum er zu der Bewertung gekommen sei, das Universelle Leben sei durch die Merkmale einer Psychosekte gekennzeichnet. Kritische Äußerungen einer Religionsgemeinschaft über eine andere Religionsgemeinschaft seien grundsätzlich zulässig. Vom Universellen Leben werde etwa die Evangelische Kirche als "Sekte hoch zwei" und der Sektenbeauftragte als "der neue Inquisitor" apostrophiert. Auch auf der Internetseite des Universellen Lebens befinde sich für die Beklagte wie auch für die Katholische Kirche die Bezeichnung "Kirchliche Sekte", wobei zudem der nicht gerade schmeichelhafte Ausdruck "größte Verbrecherorganisation aller Zeiten" verwendet werde. Das Recht zum Gegenschlag würde in Anbetracht solcher Äußerungen für die Beklagte auch durchaus härtere Formulierungen rechtfertigen. Zu dem im Rahmen der Klageerweiterung gestellten Antrag lässt sich die Beklagte in der Sache dahingehend ein, dass die fragliche Aussage ausdrücklich unter der Überschrift "Beurteilung" im letzten Abschnitt der Internet-Seite stehe. Dies mache deutlich, dass es sich hier um eine zusammenfassende Wertung der Autoren handle. Die Glaubensgemeinschaft habe keinen Anspruch darauf, sich in einem kritikfreien Raum zu bewegen und der Beklagten vorzuschreiben, wie sie die Glaubenssätze des Universellen Lebens verbindlich zu verstehen habe. Der innere Prozess der Gründerin der Glaubensgemeinschaft sei irrelevant, vielmehr interessiere das Produkt dieses Prozesses. Dass es sich um ein "äußeres Gesetz" handeln solle, wie vom Kläger vorgetragen, habe niemand behauptet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Streitsache am 1. April 2008 erneut mündlich verhandelt. Auf die Niederschrift hierüber sowie auf die Behörden- und Gerichtsakten wird im übrigen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zwar in allen Anträgen zulässig. Dies gilt auch für den erstmals mit Schriftsatz vom 30. Juli 2006 gestellten Antrag, dass der Beklagten untersagt werden solle, ausdrücklich oder sinngemäß zu äußern oder äußern zu lassen: "Frau ****** selbst versteht sich als das "Absolute Gesetz", nicht nur für ihre Anhänger, sondern für die ganze Welt.", da sich die Beklagte hierauf mit Schriftsatz vom 1. Februar 2008 rügelos eingelassen hat (§ 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 91 Abs. 2 VwGO).

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der Verwaltungsgerichtshof nimmt grundsätzlich auf die im Tatbestand abgedruckten Entscheidungsgründe des Urteils vom 29. September 2005 Bezug und hält hieran fest. Er lässt nunmehr jedoch offen, ob Sektenbeauftragte einer öffentlich-rechtlich korporierten Religionsgemeinschaft bei kritischen Äußerungen in der Öffentlichkeit über andere Glaubensgemeinschaften allein deswegen, weil sie allgemein einen erhöhten Einfluss in Staat und Gesellschaft haben und nutzen und in den Augen der Öffentlichkeit eine gesteigerte Sachkompetenz genießen, einer gesteigerten Sorgfaltspflicht unterliegen (so BayVGH vom 28.3.1994 NVwZ 1994, 787/789; einschränkend BGH vom 20.2.2003 NJW 2003, 1308: nur bezüglich individueller Personen oder Unternehmen; vgl. auch OLG München vom 17.4.2008 Az. 1 U 5608/06).

Denn selbst bei Zugrundelegung einer solchen gesteigerten Sorgfaltspflicht des Sektenbeauftragten sind die im vorliegenden Verfahren beanstandeten Aussagen durch die religiöse Äußerungsfreiheit der Beklagten gedeckt. Der Verwaltungsgerichtshof nimmt hierzu nochmals auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts sowie auf seine eigenen Ausführungen im aufgehobenen Urteil (Az. 7 B 03.1369) Bezug. Ergänzend ist auf folgendes hinzuweisen:

1. Soweit der Kläger der Beklagten untersagen lassen will, Frau ****** verstehe sich selbst als das "Absolute Gesetz", nicht nur für ihre Anhänger, sondern für die ganze Welt, so enthält dieser Satz kein wörtliches Zitat von Frau ******. Ein solcher Eindruck wird von der Beklagten auch nicht erweckt. Die vollständige Aussage des Sektenbeauftragten der Beklagten auf der genannten Internet-Seite (www.michelrieth.de) bzw. einem Faltblatt der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen ist dort ausdrücklich unter der Überschrift "Beurteilung" jeweils im letzten Abschnitt enthalten und lautet wie folgt:

"Beurteilung

Das Universelle Leben ist eine in ihrer Konfliktträchtigkeit meist unterschätzte Gruppierung. Frau ****** selbst versteht sich als das "Absolute Gesetz" nicht nur für ihre Anhänger, sondern für die ganze Welt. Dieser Anspruch lässt zum Teil keinen Raum für die vom UL stets behauptete Freiheit der Anhängerschaft. Die Angst vor negativen Folgen von (vermeintlichem) Fehlverhalten führt zu erheblichem Konformitätsdruck. Aussteiger sprachen von einem "Klima der Angst und des Terrors" in der "Bundgemeinde"...".

Bei der hier angegriffenen Aussage handelt es sich über den Tatsachenkern der von Frau ****** unstreitig verwendeten Formulierung "Absolutes Gesetz" hinaus um ein reines Werturteil, dessen Zulässigkeit sich für die Beklagte aus dem ihr zustehenden Recht aus Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG zur Wahrnehmung der Freiheit ihres Glaubens ergibt. Meinungsäußerungen können als Werturteile im Bereich religiösen Wirkens in der Welt nicht schon dann untersagt werden, wenn sie grundlos, falsch oder emotional, nicht rational sind (BVerfG vom 11.11.1992 NJW 1993, 1845). Die Belange der Meinungsfreiheit treten nur dann regelmäßig zurück, wenn sich die Äußerung als Angriff auf die Menschenwürde, also als Formalbeleidigung oder Schmähkritik darstellt, wobei an eine solche Einstufung strenge Anforderungen zu stellen sind (siehe auch S. 5 des aufgehobenen Urteils des Verwaltungsgerichtshofs). Die Glaubensgemeinschaft des Klägers hat keinen Anspruch darauf, sich in einem kritikfreien Raum zu bewegen und der Beklagten vorzuschreiben, wie diese Glaubenssätze verbindlich zu verstehen habe. Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass es sich bei dieser Beurteilung um eine reine Bewertung anhand der Schriften des Universellen Lebens (siehe hierzu unter 2.) handelt. Zwar lautet der der Äußerung der Beklagten zugrundeliegende Text wörtlich wie folgt: "Ich bin in meinem Inneren geworden, was ich war und in seinen Augen ewig bin: das Absolute Gesetz selbst." Dies ändert an der Zulässigkeit der Wertung dieses Textes durch den Sektenbeauftragten der Beklagten aber nichts. Der Kläger mag diese - nicht eindeutige - Textaussage dahingehend interpretieren, dass das, was Frau ****** am Ende des Satzes als "das Absolute Gesetz selbst" bezeichnet, in einem inneren Prozess entstanden sei, bei dem sie wurde, was sie in den Augen Gottes ewig gewesen sei, und es sich deshalb ersichtlich nicht um ein äußeres Gesetz, sondern um eine innere Befindlichkeit mit einem Gottesbezug handle, der durch das Adjektiv "absolut" zum Ausdruck komme, weil Gott eben "absolut" sei. Das schließt aber die Wertung des Sektenbeauftragten der Beklagten nicht aus, zumal dieser entgegen dem Vortrag des Klägers nicht behauptet, Frau ****** habe Gesetzgebungsbefugnisse nach außen.

2. Auch die Aussagen des Sektenbeauftragten der Beklagten, das Universelle Leben sei vor allem durch die Merkmale einer "Psychosekte" gekennzeichnet, der Mensch solle durch Umprogrammierung der Gehirnzellen seiner individuellen Persönlichkeit beraubt werden und das Universelle Leben sei als "totalitäre Sekte" zu bezeichnen, hält der rechtlichen Überprüfung Stand. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem vom Bundesverwaltungsgericht aufgehobenen Urteil vom 29. September 2005 darauf hingewiesen, dass er bereits mehrfach mit den Äußerungen der Beklagten gegenüber dem Kläger befasst war, und hat auf die Entscheidungen vom 28. März 1994 (NVwZ 1994, 787) sowie vom 18. Dezember 1995 (Az. 7 CE 95.2108) hingewiesen (S. 7 des aufgehobenen Urteils). Zur Frage, ob es sich bei der Glaubensgemeinschaft des Universellen Lebens um eine totalitäre Organisation handelt, hat der Verwaltungsgerichtshof in diesem Urteil mit dem Zusatz "zuletzt" auf den genannten Beschluss vom 18. Dezember 1995 hingewiesen (S. 11 des Urteils). In diesem Beschluss wird sowohl auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 28. März 1994 (NVwZ 1994, 787) wie auf denjenigen vom 27. Mai 1993 (BayVBl 1993, 692) Bezug genommen und festgestellt, dass folgende Äußerungen des Sektenbeauftragten nicht zu beanstanden waren:

"-Die Glaubensgemeinschaft versuche, Jugendliche in ihre Netze zu treiben;

- die Glaubensgemeinschaft sei eine totalitäre Organisation, die von einer Frau mit eiskalter Brutalität geführt werde, die mit ihren Offenbarungen ein gnadenloses System der Selbsterlösung aufgebaut habe, das Hilfesuchende in die Abhängigkeit treibe (vgl. jeweils BayVBl 1993, 692);

- bei den Mitgliedern der Glaubensgemeinschaft sei Kritikfähigkeit und Gewissensbildung ausgeschlossen und psychische und materielle und geistige Abhängigkeit von einer Führergestalt gegeben (vgl. NVwZ 1994, 787)."

Weiterhin hat der Verwaltungsgerichtshof in dem genannten Beschluss vom 18. Dezember 1995 festgestellt, dass die Behauptung, das Universelle Leben sei ein Entpersönlichungs- und Entsozialisierungssystem, sich im Rahmen dieser genannten Aussagen halte und deshalb nicht zu beanstanden sei. Insbesondere in seinem Beschluss vom 28. März 1994 (NVwZ 1994, 787) hat der Verwaltungsgerichtshof unter Würdigung der vom Sektenbeauftragten der Beklagten herangezogenen Schriften (insbesondere Textstellen aus "Der Hirte und seine Herde - die Gemeindeordnung für das Friedensreich Jesu Christi") im Einzelnen nachgeprüft, dass die Äußerungen des Sektenbeauftragten, die Glaubensgemeinschaft sei eine totalitäre Organisation bzw. habe eine totalitäre Struktur (siehe hierzu im einzelnen insbesondere a.a.O., 793), bei den Mitgliedern der Glaubensgemeinschaft seien Kritikfähigkeit und Gewissensbildung ausgeschlossen und psychische, materielle und geistige Abhängigkeit von einer Führungsgestalt gegeben (siehe hierzu a.a.O., 792), als von der Meinungs- bzw. Glaubensfreiheit gedeckt angesehen. Die gegen die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofs vom 28. März 1994 und vom 27. Mai 1993 erhobenen Verfassungsbeschwerden wurden vom Bundesverfassungsgericht nicht angenommen (Beschluss vom 9.6.1994 NVwZ 1995, 471 sowie Beschluss vom 13.7.1993 NVwZ 1994, 159).

Der Verwaltungsgerichtshof hält aufgrund der in den genannten Entscheidungen gebilligten Äußerungen selbst bei Berücksichtigung einer angenommenen erhöhten Sorgfaltspflicht des Sektenbeauftragten und auch aus heutiger Sicht die hier in Streit stehenden Äußerungen für gerechtfertigt. Denn eine Glaubensgemeinschaft, über die im grundsätzlich freien Meinungskampf anhand hinreichend sicherer tatsächlicher Anhaltspunkte behauptet werden darf, dass bei deren Mitgliedern Kritikfähigkeit und Gewissensbildung ausgeschlossen und psychische sowie materielle und geistige Abhängigkeit von einer Führergestalt gegeben sei, darf nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs auch als sog. "Psychosekte" bezeichnet werden (siehe hierzu S. 8 ff. des aufgehobenen Urteils des Senats). Die Tatsache, dass die Glaubensgemeinschaft des Klägers als eine totalitäre Organisation bezeichnet werden durfte und darf, die von einer Frau mit eiskalter Brutalität geführt werde, die mit ihren Offenbarungen ein gnadenloses System der Selbsterlösung aufgebaut habe, das Hilfesuchende in die Abhängigkeit treibe, rechtfertigt auch die nunmehrige Aussage des Sektenbeauftragten, das Universelle Leben als "totalitäre Sekte" zu bezeichnen. Der Kläger hat auch keine Anhaltspunkte dafür aufgezeigt, dass sich gegenüber der den damaligen Entscheidungen zugrundeliegenden tatsächlichen Situation mittlerweile Änderungen ergeben hätten.

Es kann deshalb offen bleiben, inwieweit dem Kläger als juristischer Person des Privatrechts ein besonderer Ehrenschutz (Art. 2 Abs. 1 GG als allgemeines Persönlichkeitsrecht) zukommen kann (vgl. hierzu BVerfG vom 9.10.2002 BVerfGE 106, 28/42 zum Recht einer juristischen Person des Privatrechts am gesprochenen Wort). Selbst wenn man mit dem Kläger die Abwägungsregel der sog. "Stolpe"-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG vom 25.10.2005 BVerfGE 114, 339/350) anwenden wollte, wonach bei der Abwägung mit dem Persönlichkeitsrecht alle nicht entfernt liegenden Deutungsvarianten zugrundezulegen sind, die dieses Recht beeinträchtigen, wäre den genannten Äußerungen der Beklagten aufgrund ihrer Meinungs- und Glaubensfreiheit gegenüber dem Persönlichkeitsschutz des Trägervereins einer religiösen Gemeinschaft als juristischer Person des Privatrechts nach dem oben Gesagten der Vorzug zu geben (zur Anwendbarkeit der Abwägungsregel auch für Werturteile siehe BVerfG vom 24.5.2006 - Babycaust - NJW 2006, 3769).

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf insgesamt 10.000 Euro festgesetzt (§ 52 GKG, § 72 Nr. 1 GKG i.V.m. § 13 GKG a.F.). Dabei ist der Senat von mehreren Streitgegenständen ("Absolutes Gesetz" einerseits; "Psychosekte" und "totalitäre Sekte" andererseits) ausgegangen.

Ende der Entscheidung

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