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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 03.04.2007
Aktenzeichen: 7 C 06.3009
Rechtsgebiete: VwGO, RStV


Vorschriften:

VwGO § 65
RStV §§ 35 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

7 C 06.3009

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Veränderung von Beteiligungsverhältnissen Antrag der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) auf Beiladung zum Verfahren;

hier: Beschwerde der KEK gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 5. Oktober 2006,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 7. Senat,

durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Dr. Pongratz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Bergmüller, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Zöllner

ohne mündliche Verhandlung am 3. April 2007

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe:

I.

Die Klägerin wendet sich in der Sache gegen den Bescheid der Beklagten vom 15. Mai 2006 und den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 4. Juli 2006, mit denen der Antrag der Klägerin abgelehnt wurde, die Fortsetzung der Anbietertätigkeit der 9Live Fernsehen GmbH & Co.KG, der Kabel 1 K1 Fernsehen GmbH und der N24 Gesellschaft für Nachrichten und Zeitgeschehen mbH nach bestimmten gesellschaftsrechtlichen Veränderungen zu genehmigen. Grundlage für die Versagung der Genehmigung war die für die Beklagte rechtlich bindende negative Entscheidung der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) vom 10. Januar 2006.

Den Antrag des Vorsitzenden der KEK vom 2. August 2006, diese im Klageverfahren beizuladen, lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 5. Oktober 2006 ab.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der KEK.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die KEK zu Recht nicht zum Verfahren beigeladen.

Das Gericht kann, solange ein Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen oder in höherer Instanz anhängig ist, von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen (§ 65 Abs. 1 VwGO). Sind an einem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen (§ 65 Abs. 2 VwGO).

Die KEK ist nicht beiladungsfähig, da sie aus Sicht der Hauptbeteiligten (Kläger und Beklagte) nicht als ein "Anderer" oder "Dritter" angesehen werden kann. Ihre Tätigkeit im vorliegenden Verfahren ist vielmehr in vollem Umfang der beklagten Landeszentrale zuzurechnen. Bereits nach dem Wortlaut des § 35 Abs. 2 Satz 2 RStV dient die KEK der jeweils zuständigen Landesmedienanstalt nur als Organ bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zur Vielfaltssicherung. Zwar ist die KEK nach § 36 Abs. 1 Satz 1 RStV zuständig für die abschließende Beurteilung von Fragestellungen der Sicherung von Meinungsvielfalt im Zusammenhang mit der bundesweiten Veranstaltung von Fernsehprogrammen; insbesondere ist sie in diesem Zusammenhang zuständig für die Prüfung solcher Fragen bei der Entscheidung über eine Zulassung oder Änderung einer Zulassung sowie bei der Bestätigung von Veränderungen von Beteiligungsverhältnissen als unbedenklich (§ 36 Abs. 1 Satz 2 RStV). Dies ändert jedoch nichts daran, dass die jeweils zuständige Landesmedienanstalt - nach außen - die Einhaltung der für die privaten Veranstalter geltenden Bestimmungen zur Sicherung der Meinungsvielfalt nach dem Rundfunkstaatsvertrag überprüft (§ 35 Abs. 1 Satz 1 RStV) und die jeweiligen Entscheidungen trifft (§ 35 Abs. 1 Satz 2 RStV). Den Landesmedienanstalten obliegt es darüber hinaus, der KEK die dazu notwendigen personellen und sachlichen Mittel zur Verfügung zu stellen (§ 35 Abs. 8 Satz 1 RStV). Trotz der strikten Bindungswirkung der Beschlüsse der KEK gegenüber den Landesmedienanstalten (§ 37 Abs. 1 Satz 4 StV) ist die KEK deshalb der jeweiligen Landesmedienanstalt organisationsrechtlich zugeordnet und erlangt nicht etwa die Stellung eines selbständigen Verwaltungsträgers. Bestätigt wird dieses Ergebnis auch durch Art. 10 Abs. 2 BayMG, wonach Organ der Landeszentrale für Neue Medien neben dem Medienrat, dem Verwaltungsrat, dem Präsidenten sowie der Kommission für Jugendmedienschutz die KEK ist. Dieselbe verfahrens- und organisationsrechtliche Struktur findet sich im übrigen im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag betreffend die Kommission für Jugendmedienschutz (§§ 14 ff. JMStV). Auch diese dient der jeweils zuständigen Landesmedienanstalt als Organ bei der Erfüllung der Aufgaben zum Jugendmedienschutz (§ 14 Abs. 2 Satz 2 JMStV), während die zuständige Landesmedienanstalt nach außen hin die entsprechenden Entscheidungen trifft (§ 14 Abs. 1 Satz 2 JMStV).

Für das genannte Ergebnis spricht im übrigen auch die historische Auslegung der §§ 35 ff. RStV. Mit der erstmaligen Schaffung der KEK im 3. Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 10. Dezember 1996 sollte einerseits am dezentralen Zuständigkeitsmodell der Landesmedienanstalten festgehalten werden, jedoch wurden die Ermittlung und Feststellung der Zuschaueranteile sowie die Vorbereitung von Entscheidungen der Landesmedienanstalten erstmals der KEK übertragen. Die §§ 37 ff. RStV sollten demnach ein stark formalisiertes und sorgfältig abgestuftes Verwaltungsverfahren unter Beteiligung der KEK und unter bestimmten Voraussetzungen (§ 37 Abs. 2 RStV) auch der Beteiligung der Gesamtheit der Landesmedienanstalten regeln. Wie die Landesanwaltschaft Bayern nach Rücksprache mit der für den Rundfunkstaatsvertrag federführenden Bayerischen Staatskanzlei mitgeteilt hat, hatten die Regierungschefs der Länder anlässlich ihres Kamingesprächs zu offenen Medienfragen am 14. Dezember 1995 in Bonn entschieden, dass die KEK in organisationsrechtlicher Hinsicht weder gemeinsames Organ aller Landesmedienanstalten sein sollte noch eine eigene rechtsfähige Stelle, sondern (nur) Organ der für die Zulassung jeweils zuständigen Landesmedienanstalt (siehe auch Ukrow in: Hartstein/ Ring/Kreile/Dörr/Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, B 1, RdNr. 115; Schuler-Harms in Harm/Vesting, Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 1. Aufl. 2003, vor § 35 RStV, RdNr. 19). Nach alledem ergeht die abschließende Entscheidung der Beklagten als Verwaltungsakt, während Feststellungen der KEK und gegebenenfalls der Konferenz der Direktoren der Landesmedienanstalten (KDLM) lediglich als Internum wirken, so dass es ungeachtet der besonderen Funktion und Zusammensetzung der KEK bei der Letztentscheidungskompetenz der Beklagten verbleibt. Wird gegen deren Entscheidung Klage erhoben, so kann sich die KEK hiernach nicht auf die Rechtstellung eines "Anderen" bzw. eines "Dritten" im Sinne des § 65 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO berufen.

Da es in dem vor dem Verwaltungsgericht anhängigen Verfahren ausschließlich um die Fortsetzung der Anbietertätigkeit einzelner Rundfunkveranstalter nach bestimmten gesellschaftsrechtlichen Veränderungen geht, kann für die Beiladungsfähigkeit der KEK nur auf ihre organschaftliche Funktion im Rahmen dieses Verfahrens abgestellt werden. Nicht maßgebend ist deshalb, ob ihr außerhalb des konkreten Verwaltungsverfahrens eine "organisatorisch weitgehend verselbständigte Stellung" als "rechtlich unselbständige Einrichtung der Länder" zukommt. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die KEK einen Organstreit gegen andere Organe der Beklagten führen könnte. Da Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens lediglich der von der Beklagten durch den angegriffenen Bescheid entschiedene Teilkomplex ist, kann es für die Frage der Beiladung auch keine Rolle spielen, dass die KEK bei der Beurteilung des Gesamtkomplexes auch als Organ anderer Landesmedienanstalten tätig war.

Nach alledem war die Beschwerde mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Einer Streitwertfestsetzung bedurfte es nicht, da für die Beschwerde nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine Festgebühr von 50,- Euro anfällt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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