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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 13.10.2004
Aktenzeichen: 7 CE 04.11144
Rechtsgebiete: KapVO, LUFV


Vorschriften:

KapVO § 8 Abs. 1
KapVO § 9 Abs. 3
KapVO § 14 Abs. 2 Nr. 5
LUFV § 4 Abs. 1 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
7 CE 04.11143 7 CE 04.11144 7 CE 04.11145 7 CE 04.11146

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

In den Verwaltungsstreitsachen

wegen Zulassung zum Studium der Zahnmedizin (SS 2004) an der Universität ********** (Antrag nach § 123 VwGO);

hier: Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 16. Juni 2004,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 7. Senat,

durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Dr. Pongratz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Kersten, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Bergmüller

ohne mündliche Verhandlung am 13. Oktober 2004 folgenden

Beschluss:

Tenor:

I. Die vorstehend unter ihren Aktenzeichen aufgeführten Verfahren werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II. Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

III. Die Antragsteller tragen jeweils die Kosten ihrer Beschwerdeverfahren.

IV. Der Streitwert für die Beschwerdeverfahren wird auf jeweils 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragsteller begehren im Wege einstweiligen Rechtsschutzes für das Sommersemester 2004 die vorläufige Zulassung zum Studium der Zahnmedizin an der Universität Regensburg (Universität) im 1. Fachsemester. Die Zulassungszahlverordnung 2003/2004 setzt für das 1. Fachsemester in Zahnmedizin im Sommersemester 2004 40 Studienplätze fest. Die Antragsteller sind der Auffassung, dass dies die Aufnahmekapazität der Universität nicht ausschöpft.

Mit Beschluss vom 16. Juni 2004 lehnte das Verwaltungsgericht Regensburg die dort gestellten Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab.

Gegen diese Entscheidung wenden sich die Antragsteller mit ihren Beschwerden und verfolgen ihr ursprüngliches Begehren weiter. Zur Begründung kritisieren sie den kapazitätsmindernden Ausstattungsengpass im Bereich der vorklinischen Phantomarbeitsplätze, das fehlende Lehrdeputat von Drittmittelbediensteten, die fehlenden Befristungsgründe der Dienstverträge wissenschaftlicher Angestellter, die Höhe des Krankenversorgungsabzugs und rügen die Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör.

Der Antragsgegner tritt den Beschwerden im Einzelnen entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 93 Satz 1 VwGO zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Beschwerden sind zulässig, aber nicht begründet.

Das Verwaltungsgericht geht bei seiner Überprüfung der Aufnahmekapazität zu Recht davon aus, dass die Antragsteller nicht glaubhaft machen konnten (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 ZPO), dass an der Universität über die festgesetzte Zulassungszahl 40 für das 1. Fachsemester Zahnmedizin hinaus im Sommersemester 2004 noch weitere Studienplätze zur Verfügung stehen. Insoweit verweist der Senat auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses. Einer weiteren Begründung bedarf es gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO nicht. Die von den Beschwerdeführern dargelegten und allein vom Senat geprüften Beschwerdegründe (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) rechtfertigen keine andere Entscheidung.

1. Die seitens der Antragsteller geltend gemachte Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör ist jedenfalls geheilt. Die ihnen in erster Instanz offenbar vorenthaltenen Stellungnahmen der Universität vom 10. Mai 2004, 12. Mai 2004 und 7. Juni 2004 wurden ihnen unter dem 15. September 2004 übersandt.

2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs erhöht die Beschäftigung von Drittmittelbediensteten das der Kapazitätsberechnung zugrunde liegende Lehrangebot nicht (vgl. zuletzt BayVGH vom 8.7.2004 Az. 7 CE 04.10017 u.a.). Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mit Beschluss vom 19. November 1984 (Az. 7 B 84 B 1453) die Nichtberücksichtigung von Drittmittelbediensteten bei der Berechnung des Lehrangebots damit begründet, dass diese ausschließlich im Rahmen eines bestimmten Forschungsvorhabens tätig sind, ausschließlich hierfür vom Drittmittelgeber bezahlt werden und keine Lehrverpflichtung haben. Demgegenüber sind für die Berechnung des Lehrangebots gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 KapVO alle Stellen des wissenschaftlichen und künstlerischen Lehrpersonals und der sonstigen Lehrpersonen nach Stellengruppen den Lehreinheiten zuzuordnen. Nach dieser Vorschrift können deshalb nur Stellen solcher Personen berücksichtigt werden, die nach dem Dienstrecht zur Lehre verpflichtet sind oder verpflichtet werden können (vgl. Bahro/Berlin, Das Hochschulzulassungsrecht in der Bundesrepublik Deutschland, 4. Aufl. 2003, RdNr. 5 zu § 8 KapVO). Dazu gehören jedoch nicht solche Mitarbeiter, die aus Mitteln Dritter bezahlt werden und an Forschungsvorhaben teilhaben, die in der Hochschule durchgeführt werden (siehe § 25 Abs. 5 HRG). Der Verwaltungsgerichtshof hält an dieser Rechtsprechung fest (ebenso z.B. OVG Sachsen-Anhalt vom 3.5.2004 Az. 2 N 826/03).

3. Die Lehrverpflichtung von vier Semesterwochenstunden (SWS) für wissenschaftliche Assistenten entspricht § 4 Abs. 1 Nr. 3 der Lehrverpflichtungsverordnung (LUFV). Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass dies rechtlich nicht zu beanstanden ist (vgl. BayVGH vom 3.4.2003 Az. 7 CE 03.10018 u.a.).

Entgegen der Auffassung der Antragstellerseite führt die Nichtigkeit des 5. Änderungsgesetzes zum Hochschulrahmengesetz aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Juli 2004 (DVBl 2004, 1233) nicht zu einem Wechsel befristeter Dienstverhältnisse wissenschaftlicher Angestellter in unbefristete Dienstverhältnisse mit möglicherweise höherer Lehrverpflichtung. Auf die befristeten Dienstverhältnisse hat das Urteil keine unmittelbaren Auswirkungen. Die Universität hat in ihrer Stellungnahme vom 13. September 2004 dargestellt, dass jeder einzelne befristet angestellte Mitarbeiter sich auf eine Unrechtmäßigkeit der Befristung berufen und Klage auf Feststellung erheben müsste, dass sein Dienstverhältnis zu Unrecht befristet worden sei. Kein wissenschaftlicher Bediensteter der Universität habe bisher einen solchen Antrag gestellt. Dies stehe auch nicht zu erwarten; denn jeder einzelne der wissenschaftlichen Mitarbeiter würde seine wissenschaftliche Qualifikation gefährden. Jeder dieser wissenschaftlichen Mitarbeiter befinde sich in einer Qualifikationsphase, die bei Entfristung abgebrochen werden würde. Keiner der Mitarbeiter habe bisher auch nur Interesse daran bekundet, in ein unbefristetes Dienstverhältnis überführt zu werden. Im Übrigen stünden die Befristungen im Einklang mit den im allgemeinen Arbeitsrecht üblichen sachlichen Gründen für eine Befristung.

Angesichts dieser nachvollziehbaren Argumentation sieht der Senat insoweit keinen Anlass, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Frage zu stellen.

4. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen Prüfung der Sach- und Rechtslage sieht der Senat wie bisher (vgl. BayVGH vom 25.2.2003 Az. 7 CE 02.10090 u.a.) keinen Anlass, den pauschalen Abzug in Höhe von 30 % für den Personalbedarf für die ambulante Krankenversorgung gemäß § 9 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Buchst. c KapVO zu beanstanden. Der bis zur 3. Verordnung zur Änderung der Kapazitätsverordnung vom 3. Mai 2002 (GVBl S. 202) geltende Krankenversorgungsabzug in Höhe von 36 % war in der Rechtsprechung wegen der Überschneidungen der Krankenversorgungstätigkeit mit der Fort- und Weiterbildung der wissenschaftlichen Mitarbeiter als unzulässig angesehen und in unterschiedlicher Form korrigiert worden. Auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat diese für unwirksam gehaltene Regelung im Wege richterlicher Notkompetenz verfassungskonform so korrigiert, dass das Lehrdeputat der wissenschaftlichen Assistenten/Mitarbeiter von vier auf fünf SWS erhöht wurde (BayVGH vom 3.7.2000 Az. 7 CE 99.10086 u.a.). Mit der dritten Verordnung zur Änderung der Kapazitätsverordnung trug der Verordnungsgeber dieser verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung Rechnung. Der Senat geht davon aus, dass die nunmehrige Regelung des Abzugs für ambulante Krankenversorgung in Höhe von 30 % dem aus Art. 12 Abs. 1 GG folgenden Gebot der Kapazitätsauslastung ebenso wie den Erfordernissen rationaler Abwägung genügt (vgl. dazu BVerfG vom 22.10.1991 BVerfGE 85, 36/56 f.). Der Senat hat bereits in seiner Entscheidung vom 25. Februar 2003 (a.a.O.) insbesondere festgestellt, dass die "Schnittmenge" zwischen Weiterbildung und Krankenversorgung nicht empirisch ermittelt, sondern nur normativ festgelegt werden kann. Eine empirische Erhebung im Bereich der ambulanten Krankenversorgung würde die Möglichkeit einer klaren Abgrenzung zwischen der der Krankenversorgung dienenden ärztlichen Tätigkeit und dem mit ihr "verwobenen" Weiterbildungsanteil voraussetzen. Eine solche Abgrenzung erscheint jedoch von der Sache her weder denkbar noch praktikabel.

5. Was den ausstattungsbezogenen Engpass bei den Phantomarbeitsplätzen im vorklinischen Labor nach § 14 Abs. 2 Nr. 5 KapVO angeht, hat der Antragsgegner darauf hingewiesen, dass trotz dieses Engpasses die Ausbildung entsprechend der personellen Kapazität durchgeführt wird.

Unbeschadet dessen hat die Universität in ihren Schreiben vom 12. Mai, 18. August und 13. September 2004 nachvollziehbar dargelegt, dass von den 64 Phantomarbeitsplätzen derzeit nur 60 betrieben werden können. Danach mussten vier Plätze wegen nicht mehr lieferbarer Ersatzteile zum Sommersemester 2004 stillgelegt werden. Nach Darstellung der Universität handelt es sich um spezielle Motoren, welche seit 1999 nicht mehr geliefert werden können. Damals habe das Klinikum den beim Hersteller noch vorhandenen Restbestand von sechs Motoren aufgekauft (vgl. Vermerk des Referats Medizintechnik vom 17.8.2004 samt anliegender Herstellermitteilungen). Seitdem würden die Phantomarbeitsplätze durch die Technische Zentrale zum Teil nur notdürftig in Betrieb gehalten. Trotz bester Wartung durch die Haustechnik seien sie nach 40 Semestern der Benutzung nun "verbraucht" und aufgrund der Ersatzteilmängel nicht mehr reparierbar. Die Mängel beträfen neben den Motoren auch alle anderen Funktionseinheiten (Medien, Licht, Phantomkopf). Die stillgelegten Arbeitsplätze könnten auch nicht provisorisch instand gesetzt werden. Ein Ersatz der Phantomarbeitsplätze sei nicht Einheit für Einheit möglich, sondern nur als Gesamtsanierung, da der Präpariersaal völlig umgebaut werden müsse. Das Klinikum habe am 3. August 2001 einen Bauantrag zur Sanierung gestellt, der u.a. die Erneuerung aller vorklinischen Phantomarbeitsplätze sowie die Erhöhung der Anzahl von derzeit 64 auf dann 80 vorsehe. Die geschätzten Baukosten beliefen sich auf 20,73 Mio. Euro. Das Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst habe den Bauantrag nach Maßgabe des Beschlusses der interministeriellen Baukommission vom 21. Oktober 2002 genehmigt. Die Haushaltsunterlage - Bau sei vom Universitätsbauamt Regensburg bereits erstellt worden. Die Freigabe der notwendigen Baumittel liege nicht im Ermessen des Klinikums. Vorausgesetzt, der Antragsgegner könne die Haushaltsmittel zur Verfügung stellen - was bislang noch nicht der Fall sei -, könne mit einem frühesten Baubeginn im ersten Halbjahr 2006 gerechnet werden. Dem Klinikum der Universität würden als kaufmännisch eingerichtetem Staatsbetrieb im Sinne von Art. 26 BayHO die Mittel für den Bauunterhalt und für kleine Baumaßnahmen nicht gesondert zugewiesen. Die notwendigen Ausgaben seien aus dem Klinikumshaushalt zu bestreiten. Im Hinblick auf die bevorstehende große Baumaßnahme und auf die Höhe der Kosten - eine vorgezogene Erneuerung der vier defekten Phantomarbeitsplätze würde Kosten von ca. 150.000 Euro verursachen - sei von einer Sofortmaßnahme abgesehen worden.

Der Senat sieht keinen Anlass, diese plausiblen Darlegungen der Universität in Zweifel zu ziehen.

Was die Forderung nach einer Intensivierung der Nutzung der Phantomarbeitsplätze angeht, schließt sich der Senat der Auffassung des Verwaltungsgerichts an; danach hat die Universität die zeitlichen Gestaltungsmöglichkeiten ausgeschöpft und schließt die notwendige Verzahnung der Lehrereinheit Zahnmedizin mit dem Veranstaltungsangebot anderer Lehreinheiten eine weitere Optimierung in der Belegung des fraglichen Phantomkurssaals mit einer im Eilverfahren hinzunehmenden Wahrscheinlichkeit aus.

6. Die Beschwerden waren daher jeweils mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 72 Nr. 1 i.V.m. § 53 Abs. 3 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.



Ende der Entscheidung

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