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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 29.03.2007
Aktenzeichen: 7 CE 06.3426
Rechtsgebiete: BayHSchG, QualV, LPO I


Vorschriften:

BayHSchG Art. 1 Abs. 2 Satz 1
BayHSchG Art. 44 Abs. 2 Satz 1
BayHSchG Art. 106 Abs. 1 Satz 1
QualV § 29 Abs. 2 Satz 1
QualV § 29 Abs. 16
QualV § 30 Abs. 1
QualV § 30 Abs. 2
QualV § 30 Abs. 3
QualV § 30 Abs. 4
QualV § 31
LPO I § 79 Abs. 1 Nr. 1
LPO I § 79 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1
Die derzeit geltende Normierung des Verfahrens der Eignungsprüfung zum Studium Künstlerisches Lehramt an Gymnasien im Fach Musik erfüllt den gesetzlichen Regelungsauftrag aus Art. 44 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BayHSchG nur unzureichend.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

7 CE 06.3426

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Zulassung zum Studium Künstlerisches Lehramt (Antrag nach § 123 VwGO);

hier: Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 08. Dezember 2006,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 7. Senat,

durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Dr. Pongratz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Bergmüller, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Zöllner

ohne mündliche Verhandlung am 29. März 2007

folgenden Beschluss:

Tenor:

1. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 8. Dezember 2006 wird aufgehoben.

2. Der Antragsgegner wird verpflichtet, die Antragstellerin vorläufig so zu behandeln, als habe sie die Eignungsprüfung für das Studium Künstlerisches Lehramt an Gymnasien im Fach Musik an der Hochschule für Musik und Theater München gemäß der Qualifikationsverordnung bestanden.

3. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

4. Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin erstrebt die vorläufige Zulassung zum Studium Künstlerisches Lehramt an Gymnasien im Fach Musik an der Hochschule für Musik und Theater München.

Bei einer an der Hochschule durchgeführten mehrtägigen Eignungsprüfung erzielte die Antragstellerin insgesamt 17,167 von 25 möglichen Punkten. Die Hochschule teilte ihr daraufhin mit Bescheid vom 26. Juli 2006 mit, die Leistungen in der Eignungsprüfung hätten nicht ausgereicht, sie bei der Vergabe der Studienplätze zu berücksichtigen. Den dagegen gerichteten Widerspruch der Antragstellerin wies die Hochschule mit Bescheid vom 25. September 2006 zurück. In der Begründung wurde unter anderem ausgeführt, für die Studienplatzvergabe sei nicht allein die in der Eignungsprüfung erzielte Gesamtpunktzahl entscheidend; vielmehr werde vor allem im Grenzbereich zwischen aufzunehmenden und sicher abzulehnenden Kandidaten eine eingehende Einzeldiskussion geführt, in der auch der Gesamteindruck berücksichtigt werde. Die einzelnen Teilprüfungen würden nicht als "bestanden" oder "nicht bestanden" gewertet; eine solche Wertung werde allein für das Gesamtergebnis getroffen. Die Antragstellerin erhob daraufhin eine Verpflichtungsklage auf Zulassung zum Studium, über die bisher nicht entschieden worden ist. Außerdem ließ sie am 5. Oktober 2006 beim Verwaltungsgericht München beantragen,

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, sie zum Studium Künstlerisches Lehramt an Gymnasien im Fach Musik im 1. Fachsemester zum Wintersemester 2006/2007 an der Hochschule für Musik und Theater München vorläufig zuzulassen.

Zur Begründung trug die Antragstellerin vor, sie könne die Zulassung beanspruchen, da sie aufgrund ihrer bisherigen musikalischen Ausbildung für das erstrebte Studium hinreichend qualifiziert sei. Bei der Eignungsprüfung seien der Hochschule verschiedene Verfahrensfehler unterlaufen. Bei der Feststellung der Eignung bestehe überdies wegen fehlender Regelungen zur Bewertung, zur Gewichtung der Einzelnoten sowie zur Bestehensgrenze ein erheblicher Normierungsmangel, so dass sich ein Zulassungsanspruch unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG ergebe.

Der Antragsgegner trat den vorgebrachten Einwänden entgegen. Die musikalische Vorbildung der Antragstellerin sei im Rahmen der nach § 29 QualV durchzuführenden Eignungsprüfung irrelevant. Die Gewichtung der einzelnen Teilprüfungen, die von der Qualifikationsverordnung nicht vorgeschrieben werde, beruhe auf einer seit Jahren bewährten internen Festlegung des Prüfungsausschusses. Dabei würden das erste Instrument und - bei einer Wahl als Schwerpunktfach - Gesang mit doppelter, die übrigen Fächer (zweites Instrument, Gesang, Ensembleleitung, Gehörbildung, Musiktheorie) jeweils mit einfacher Punktzahl in die Gesamtbewertung eingehen. Im Fach Musiktheorie würden die Ergebnisse von drei Einzelprüfungen (Allgemeine Musiklehre, Harmonielehre-Klausur und Harmonielehre praktisch) zu einer Note zusammengefasst. Da die in der Prüfung zu erbringenden Leistungen mit Ausnahme einiger Fragen in den Fächern Gehörbildung und Musiktheorie nicht quantifizierbar seien, lasse sich die Eignung eines Kandidaten nicht in einem exakten Zahlenwert ausdrücken. Auch intern sei daher keine Bestehensgrenze festgelegt, diese ergebe sich vielmehr jedes Jahr neu aus der Diskussion des Prüfungsausschusses unter Berücksichtigung des Gesamtbilds der Kandidaten. Erziele ein Kandidat allerdings in zwei Teilprüfungen acht oder weniger Punkte, dann gelte die Gesamtprüfung als "nicht bestanden"; hierbei würden allgemeine Musiklehre und Tonsatz/Harmonielehre als ein Fach angesehen. Die Punktevergabe in den einzelnen Fächern auf der Grundlage eines Schemas von 0 bis 25 Punkten solle nur eine ungefähre Sortierung der Kandidaten in sicher Aufzunehmende, sicher Abzulehnende und eine mittlere Gruppe ermöglichen. Über die letztgenannte Gruppe entscheide auf Grund der jeweils vorliegenden Protokolle der Prüfungsausschuss, der sich aus den Vorsitzenden der einzelnen Kommissionen und der Hochschulleitung zusammensetze. Im Jahr 2006 seien Kandidaten ab der Note 17,667 zugelassen worden, im Jahr zuvor ab der Note 17,048; damals sei allerdings aufgrund der Gesamtdiskussion auch ein Kandidat mit 17,810 Punkten abgelehnt worden.

Mit Beschluss vom 8. Dezember 2006 lehnte das Verwaltungsgericht München den Antrag ab. Aus einer möglicherweise unzureichenden Normierung der Prüfungsanforderungen und Bewertungsmaßstäbe ergebe sich für die Antragstellerin noch kein Zulassungsanspruch, da die Hochschule zur geordneten Weiterführung eines funktionsfähigen Studienbetriebs im Wege der Notkompetenz übergangsweise vorläufige Regelungen zur Eignungsfeststellung erlassen könne. Das Recht auf Zulassung zum Hochschulstudium stehe nach Art. 44 Abs. 2 BayHSchG unter dem Vorbehalt des Nachweises der Eignung und Begabung. Ob die dazu in der Qualifikationsverordnung getroffenen Ausführungsregelungen ausreichend seien, könne offen bleiben, weil das Fehlen einer normativen Regelung ausnahmsweise für eine Übergangszeit hinzunehmen wäre. Einer Hochschule für Musik sei es nicht zumutbar, eine Bewerberin aufnehmen zu müssen, bei der die Feststellung der fehlenden Eignung allein wegen teilweise fehlender Regelungen zum Eignungsprüfungsverfahren fehlerhaft sei. Die vom Prüfungsausschuss vorgenommene fachlich-pädagogische Prognose dürfe das Gericht nicht durch seine eigene ersetzen. Im Übrigen weise die von der Antragstellerin abgelegte Eignungsprüfung keine Verfahrensfehler auf.

Mit der vorliegenden Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter. Die maßgeblichen Kriterien, aus denen sich das Bestehen der Eignungsprüfung ergebe, müssten normativ festgelegt werden. Angesichts des äußerst knappen Prüfungsergebnisses könne bei der Antragstellerin nicht von einer fehlenden Eignung für ein Lehramtsstudium der Musik gesprochen werden. Da es um einen grundrechtlich geschützten Zulassungsanspruch gehe, stehe der Hochschule bei nicht nachgewiesener Kapazitätserschöpfung keine Notkompetenz zur Regelung des Eignungsfeststellungsverfahrens zu.

Der Antragsgegner trägt vor, das Eignungsprüfungsverfahren bedürfe keiner weitergehenden Normierung, da sich eine musische Begabung und Studieneignung nicht schematisch anhand einer Punktebewertung bestimmen lasse. Die Hochschule verweist in einer ausführlichen Stellungnahme vom 21. Februar 2007 ebenfalls auf die Besonderheiten der Bewertung künstlerischer Leistungen; in der Eignungsprüfung für das Künstlerische Lehramt im Fach Musik seien die objektivierbaren Anteile nur von untergeordneter Bedeutung. Die vom Prüfungsausschuss aufgrund einer Würdigung der künstlerischen Gesamtperson zu treffende Entscheidung über Aufnahme oder Ablehnung der Bewerber sei nicht normierbar.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

Die Beschwerde gegen den ablehnenden Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 8. Dezember 2006 ist zulässig und begründet, so dass die erstinstanzliche Entscheidung keinen Bestand haben kann. Aus den von der Antragstellerin vorgebrachten Gründen, auf die sich die Prüfung im Beschwerdeverfahren beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), muss ihr auf vorläufige Zulassung zum Hochschulstudium gerichtetes Begehren Erfolg haben. Die für die Eignungsprüfung für das Künstlerische Lehramt an Gymnasien im Fach Musik derzeit geltenden Verfahrensregelungen erweisen sich bei der hier nur möglichen summarischen Prüfung als unzureichend; sie können daher nicht Grundlage einer formell rechtmäßigen Ablehnungsentscheidung sein. Im speziellen Fall der Antragstellerin besteht erkennbar auch in materieller Hinsicht kein überwiegendes öffentliches Interesse daran, ihr die Aufnahme des erstrebten Studiums weiterhin wegen fehlender Eignung zu verwehren.

1. Für das Studium an Kunsthochschulen, zu denen die Hochschule für Musik und Theater München gehört (Art. 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayHSchG), ist die erforderliche Qualifikation gemäß Art. 44 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 BayHSchG in einer Prüfung der Begabung und Eignung (Eignungsprüfung) für den gewählten Studiengang nachzuweisen. Das Nähere wird nach Halbsatz 2 der Vorschrift durch Rechtsverordnung geregelt, zu deren Erlass bei Eignungsprüfungen für Lehramtsstudiengänge das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Unterricht und Kultus zuständig ist (Art. 106 Abs. 1 Satz 1 BayHSchG). Diesen im Bayerischen Hochschulgesetz erteilten Regelungsauftrag hat der Verordnungsgeber hinsichtlich der Eignungsprüfung für den Studiengang Künstlerisches Lehramt an Gymnasien im Fach Musik bisher nicht im gebotenen Umfang erfüllt; die von der Hochschule ersatzweise getroffenen internen Festlegungen können das bestehende Normierungsdefizit nicht ausgleichen.

a) Das für Eignungsprüfungen zu dem genannten Studiengang geltende Verfahren ist ansatzweise geregelt in der von den zuständigen Staatsministerien - ursprünglich aufgrund der inhaltsgleichen Ermächtigung des Art. 60 Abs. 8 Satz 1 BayHSchG a.F. (G. v. 25. 7. 2000 GVBl S. 481) - erlassenen Verordnung über die Qualifikation für ein Studium an den Hochschulen des Freistaates Bayern und den anerkannten nichtstaatlichen Hochschulen (Qualifikationsverordnung - QualV) vom 28. November 2002 (GVBl S. 864, ber. GVBl 2003 S. 9), zuletzt geändert auf der Grundlage des Art. 44 Abs. 2 Satz 1 BayHSchG n.F. durch Verordnung vom 7. August 2006 (GVBl S. 706). Danach ist die für ein Studium an Kunsthochschulen auch bei Lehramtsstudiengängen als Qualifikationsnachweis erforderliche Eignungsprüfung an derjenigen Hochschule abzulegen, an der die Aufnahme des Studiums beabsichtigt ist (§ 2 Satz 1 QualV). Nähere Einzelheiten zu den Hochschulen für Musik finden sich im Abschnitt III, Unterabschnitt 2 (§§ 28 - 33 QualV).

Die dortigen Bestimmungen normieren zunächst studiengangübergreifend die Gültigkeitsdauer der (bestandenen) Eignungsprüfung (§ 28 Abs. 2 QualV), das Mindest- und Höchstalter für die Studienaufnahme (§ 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 QualV), die einzuhaltende Anmeldungsfrist und den jährlichen Prüfungszeitraum (§ 29 Abs. 17 QualV), die Zusammensetzung der Prüfungsausschüsse und -kommissionen und deren internes Beschlussverfahren (§ 30 QualV), den allgemeinen Maßstab für das Bestehen der Prüfung (§ 31 QualV), die Rechtsfolgen von Nichterscheinen, Rücktritt, Täuschungsversuch und Störung (§ 32 QualV) sowie die Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses und die Möglichkeit der Wiederholung (§ 33 QualV). § 29 Abs. 1 QualV nennt als Ziel der Eignungsprüfung den Nachweis einer ausgeprägten künstlerischen Begabung und Eignung für den gewählten Studiengang, § 29 Abs. 2 Satz 1 QualV gliedert die Prüfung in eine praktische/mündliche Einzelprüfung und eine in der Regel in Gruppen abzunehmende schriftliche Prüfung.

In den nachfolgenden Absätzen des § 29 QualV werden studiengangspezifisch die zu prüfenden Teilgebiete aufgezählt. Für den streitgegenständlichen Studiengang Lehramt an Gymnasien/Fach Musik nennt § 29 Abs. 16 QualV sechs Fächer (erstes Instrument, zweites Instrument, Gesang und Sprechen, Gehörbildung, Tonsatz/Harmonielehre, Ensemblearbeit) als Gegenstand der praktischen/mündlichen Prüfung (Nr. 1) und drei Fächer (Gehörbildung, Allgemeine Musiklehre, Tonsatz/ Harmonielehre) als Gegenstand der schriftlichen Prüfung (Nr. 2), jeweils mit der zugehörigen Prüfungsdauer ("etwa... Minuten"). Danach errechnet sich für die schriftliche Gruppenprüfung eine Gesamtzeit von ca. 240 Minuten und für die praktische bzw. mündliche Einzelprüfung in der Regel eine Gesamtzeit von ca. 55 Minuten; diese wird nach einer seit dem 1. September 2006 geltenden Sonderbestimmung um 5 Minuten verlängert, falls Gesang und Sprechen als Schwerpunktfach gewählt wird (§ 29 Abs. 16 Nr. 1 lit. c QualV).

b) Mit den in den §§ 28 ff. QualV getroffenen Festlegungen ist der Verordnungsgeber seiner gesetzlichen Verpflichtung, "Näheres" zur Eignungsprüfung im Studiengang Lehramt an Gymnasien/Fach Musik zu regeln, nur unzureichend nachgekommen. Dies gilt zum einen bereits für den Gegenstand der Prüfung. Aus der in § 29 Abs. 16 Nr. 1 lit. a und b QualV getroffenen Qualifizierung von zwei Prüfungsfächern als "erstes Instrument" und "zweites Instrument" geht nicht hervor, welche Instrumente für das Vorspiel der Studienbewerber grundsätzlich akzeptiert werden. Das Schweigen des Verordnungsgebers kann hier mangels entsprechender Anhaltspunkte weder als konkludente Gewährung einer unbegrenzten Auswahlfreiheit verstanden werden noch als Bezugnahme auf die für die Erste Staatsprüfung im Fach Musik geltende Norm des § 79 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 LPO I, in der die dort zugelassenen Instrumente abschließend benannt sind. Ob für die Eignungsprüfung vor Beginn des Lehramtsstudiums Musik ein ebenso enger oder ein erweiterter Katalog gelten soll, wird in der Qualifikationsverordnung ersichtlich offen gelassen; für die Bewerber bleibt danach unklar, auf welche Instrumente sie in der Prüfung zurückgreifen dürfen.

Erhebliche Regelungsdefizite bestehen zum anderen hinsichtlich des anzulegenden Bewertungsmaßstabs. Die bloße Auflistung der prüfungsrelevanten Fächer besagt nichts darüber, nach welchen Gewichtungskriterien der zuständige Prüfungsausschuss (§ 30 Abs. 1 und 2 QualV) die für die einzelnen Fächer abgegebenen fachlichen Bewertungen der Prüfungskommissionen (§ 30 Abs. 3 und 4 QualV) zu einem Gesamtprüfungsergebnis zusammenfassen soll, aufgrund dessen er am Ende beurteilen kann, ob von dem Bewerber oder der Bewerberin das Erreichen des Studienziels zu erwarten ist (§ 31 QualV). Normative Vorgaben zu diesem für das Bestehen der Prüfung entscheidenden Schritt innerhalb der mehrstufigen Entscheidungsfindung sind auch mittels Auslegung nicht zu gewinnen. Das Fehlen fachspezifischer Anrechnungsfaktoren in § 29 Abs. 16 QualV lässt nicht etwa den Schluss zu, der Verordnungsgeber wolle allen Teilleistungen in den neun Prüfungsfächern das gleiche Gewicht beimessen, so dass z. B. das erste Instrument nicht stärker berücksichtigt werden dürfte als das zweite oder das Wahlfach Gesang und Sprechen nicht stärker als das entsprechende Pflichtfach. Noch fernliegender wäre die Annahme, der jeweilige Anteil eines Faches an der Gesamtprüfungszeit bestimme zugleich den Bewertungsanteil im Rahmen des Gesamtergebnisses; bei einer solchen Auslegung käme den drei schriftlichen Fächern mit zusammen mindestens 80% ein deutlich überproportionales Gewicht zu.

Aus der Aufzählung der Prüfungsgebiete in § 29 Abs. 16 QualV lässt sich auch nicht entnehmen, ob zum Bestehen der Eignungsprüfung ein - von der jeweiligen Prüfungskommission nach künstlerisch-pädagogischen Kriterien festgelegtes - Mindestniveau in jedem Fach oder zumindest in bestimmten Fächern erreicht werden muss. Als Alternative oder Ergänzung dazu kämen verschiedenartige Bewertungsmodelle in Betracht, nach denen ungenügende Leistungen auf einzelnen Gebieten durch gute Ergebnisse in anderen Fächern ausgeglichen werden können. Voraussetzung dafür wäre allerdings jeweils ein alle Prüfungsteile umfassendes einheitliches Benotungssystem, da nur so die inkommensurablen Einzelbeurteilungen in ein Verhältnis zueinander gebracht werden könnten. Ließe sich danach das Gesamtergebnis der Prüfung in einem exakten Zahlenwert ausdrücken, so wäre es auch möglich, in numerischer Form eine absolute Bestehensgrenze festzulegen.

c) Dass im Zusammenhang mit § 29 Abs. 16 QualV auf nähere Bestimmungen zur Art der zugelassenen Instrumente, zur Gewichtung der Prüfungsteilgebiete sowie zu den Mindestanforderungen in den Einzelfächern und/oder einer notenmäßigen Gesamtbewertung mit fester Bestehensgrenze verzichtet worden ist, verstößt nicht nur gegen den gesetzlichen Regelungsauftrag aus Art. 44 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BayHSchG, sondern steht auch im Widerspruch zu den allgemeinen Anforderungen an ein rechtsstaatliches und grundrechtskonformes Prüfungsverfahren. Danach muss bei Prüfungen, die wie die vorliegende Hochschulaufnahmeprüfung dem Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG unterfallen, zwar nicht bereits der parlamentarische Gesetzgeber im Einzelnen festlegen, welche Leistungsanforderungen und Bewertungsgrundsätze gelten sollen und wie das Gesamtergebnis der Prüfung zu ermitteln ist (BVerfG vom 3. 11. 1982 BVerfGE 62, 203/215; BVerwG vom 7. 10. 1983 BVerwGE 68, 69/73; weitergehend Manssen in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 1, 5. Aufl., RdNr. 121 zu Art. 12; vgl. auch Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Bd. 2, 4. Aufl., RdNr. 38 ff.). Diese Fragen bedürfen jedoch einer - auf formellgesetzlicher Ermächtigung beruhenden - allgemeinverbindlichen Regelung zumindest durch den staatlichen Verordnungsgeber oder einen autonomen Satzungsgeber (BVerfG vom 14. 3. 1989 BVerfGE 80, 1/22 f.; BVerwG vom 1. 6. 1995 BVerwGE 98, 324/ 327; VGH Mannheim vom 21. 5. 1976 WissR 1977,74/75; OVG Bremen vom 17. 12. 1985 Az. 1 B 56/85 [juris]; BayVGH vom 4. 4. 2005 Az. 7 CE 05.109 [juris] ; Pietzcker, Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Ausgestaltung staatlicher Prüfungen, 1975, 153 ff.; Krause, WissR 1970, 118/126 ff.). Für die Eignungsprüfung an den bayerischen Kunsthochschulen können die notwendigen Ausführungsbestimmungen nach gesetzlicher Entscheidung allein auf dem Verordnungswege erlassen werden (Art. 44 Abs. 2 Satz 1 Hs. 2 BayHSchG). Die von der Hochschule für Musik und Theater intern aufgestellten Verfahrensgrundsätze könnten daher die bestehende Regelungslücke selbst dann nicht ausfüllen, wenn sie formell als Satzung beschlossen und in der für Rechtsnormen erforderlichen Weise bekanntgemacht worden wären (hierzu Niehues, a.a.O., RdNr. 75 ; BayVGH a.a.O.). Der weitgehende Verzicht des Verordnungsgebers auf eine Normierung des Prüfungsverfahrens lässt sich entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht mit der Überlegung rechtfertigen, die Feststellung musischer Begabungen sei ein nicht normierbarer Vorgang, so dass auch die Eignung für einen musischen Studiengang nicht schematisch anhand einer Punktetabelle ermittelt werden könne. Es trifft zwar zu, dass die von den Bewerbern nach § 29 Abs. 16 QualV zu erbringenden Leistungen mit Ausnahme weniger Teilbereiche (in den Fächern Gehörbildung und Musiktheorie/Tonsatz) nicht nach objektiv feststellbaren Maßstäben als richtig oder falsch qualifiziert werden können, so dass sich den zuständigen Prüfern in weiterem Umfang als in den nicht-künstlerischen Studiengängen fachspezifische Beurteilungsspielräume eröffnen, die nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegen. Diese Besonderheit steht jedoch - wie die detaillierten Regelungen zum Ersten Staatsexamen für das Lehramt Musik mit seinen vergleichbaren Prüfungsfächern zeigen (§ 79 Abs. 2 Nr 1 Satz 1 LPO I) - der Normierung von allgemeingültigen Leistungsanforderungen und Bewertungsmaßstäben nicht entgegen (vgl. BayVGH vom 4. 4. 2005, a.a.O.). Die von der Hochschule für Musik und Theater intern getroffenen Festlegungen, zu denen neben einer Liste der zugelassenen Instrumente (s. Aufnahmebedingungen für das Lehramt an Gymnasien, S. 4 ff., abrufbar unter http://www.musikhochschule-muenchen.mhn.de) auch eine Punkteskala, Gewichtungsvorgaben für die einzelnen Fächer und eine partielle Bestehensgrenze gehören, lassen ebenfalls deutlich erkennen, dass diese Einzelheiten des Prüfungsverfahrens normierungsfähig und normierungsbedürftig sind.

Die Besonderheiten der Bewertung künstlerischer Leistungen rechtfertigen es auch nicht, den Prüfungsausschuss autonom darüber entscheiden zu lassen, ob die geforderte Eignungsprognose (allein) aufgrund der in den Einzelfächern erzielten Noten und des daraus errechneten Prüfungsergebnisses abgegeben wird oder (auch) aufgrund des persönlichen Gesamteindrucks, den die Ausschussmitglieder von dem Bewerber gewonnen haben. Die Wahl zwischen diesen höchst unterschiedlichen Bewertungsformen hat vielmehr der zuständige Normgeber zu treffen (vgl. Niehues, a.a.O., RdNrn. 576 f., 581). Will er den Prüfungsausschuss ermächtigen, von einem rechnerisch ermittelten Prüfungsergebnis im Einzelfall abzuweichen oder gar ohne Bindung an zuvor erzielte Einzelnoten nur aufgrund eines künstlerischen Gesamturteils über die Eignung von Bewerbern zu entscheiden, so muss allerdings sichergestellt sein, dass alle an dieser abschließenden Entscheidung beteiligten Ausschussmitglieder den gesamten Prüfungsverlauf aus unmittelbarer Anschauung kennen (Niehues, a.a.O., RdNr. 582). Nur auf diese Weise sind die Prüfer in der Lage, anhand eigener Erfahrungen und Einschätzungen die erforderlichen Wertungen zu treffen, zu gewichten und untereinander ins Verhältnis zu setzen (BVerfG vom 16. 1. 1995 NVwZ 1995, 469/470). Wer über die praktisch oder mündlich erbrachten Einzelleistungen nur aus Protokollen oder durch Äußerungen von Mitgliedern der Fachkommissionen informiert ist, kann als bloßer "Prüfer vom Hörensagen" keine zusätzlichen Gesichtspunkte zur Gesamtbewertung beitragen und darf daher nicht im materiellen Sinne über den Prüfungserfolg entscheiden (BayVGH vom 11. 12. 1987 NVwZ 1988, 952/955 m.w.N.).

2. Aus dem zuletzt genannten Prüfungsgrundsatz folgt, dass das von der Hochschule für Musik und Theater bislang praktizierte Prüfungsverfahren neben dem formellen Mangel der unzureichenden Rechtsgrundlage auch in materieller Hinsicht teilweise ungeeignet ist, fachlich gesicherte Aussagen zur Studieneignung zu treffen. Die Antragstellerin ist hiervon in besonderer Weise betroffen, so dass ihrem Zulassungsbegehren entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht entgegengehalten werden kann, sie habe mit den gezeigten Prüfungsleistungen die geforderte Eignung nicht hinreichend nachgewiesen.

Nach der von der Hochschule beschriebenen bisherigen Verfahrenspraxis ergeht die Entscheidung über das Bestehen oder Nichtbestehen der Eignungsprüfung nur in den (positiv oder negativ) eindeutigen Fällen allein aufgrund der errechneten Gesamtpunktzahl. Bei einer "mittleren Gruppe" von Bewerbern, deren Punktzahl nach Einschätzung des Prüfungsausschusses noch keine sichere Prognose ermöglicht, wird dagegen vom Ausschuss im Wege einer Einzelbetrachtung nach dem persönlich-künstlerischen Gesamteindruck über die Studieneignung entschieden. Dabei ist von Bedeutung, dass die einzelnen Ausschussmitglieder (§ 30 Abs. 2 QualV) zwar Zutritt zu den vorangehenden praktischen und mündlichen Prüfungen in den Kommissionen haben (§ 30 Abs. 1 Satz 2 QualV), insoweit jedoch nicht zur Anwesenheit verpflichtet sind und auch aus faktischen Gründen nicht in allen Einzelprüfungen präsent sein können. Die materielle Entscheidung über die zur "mittleren Gruppe" gehörenden Bewerber wird damit entgegen dem oben genannten prüfungsrechtlichen Grundsatz letztlich von Personen getroffen, die zumindest große Teile der Prüfungsleistungen nicht unmittelbar wahrgenommen haben. Die Hochschule bestätigt dies im Schriftsatz vom 21. Februar 2007 mit ihrer Aussage, über die Zulassung der genannten Gruppe hätten die Mitglieder des Prüfungsausschusses "auf Grund der vorliegenden Protokolle" zu befinden.

Die Antragstellerin gehört mit ihrer Gesamtpunktzahl von 17,167 ersichtlich zu den Prüfungsteilnehmern, bei denen die Entscheidung über das Bestehen erst aufgrund einer abschließenden Gesamtwürdigung im Prüfungsausschuss getroffen worden ist. Dies lässt sich sowohl der Begründung des Widerspruchsbescheids vom 25. September 2006 entnehmen als auch der Tatsache, dass sie nach der vorgelegten Ergebnisliste von den 34 erfolglosen Bewerbern immerhin die zweitbeste Punktzahl erreicht hat. Dass sie mit den erzielten 17,167 Punkten in einem Bereich liegt, in dem eine positive Eignungsprognose zumindest naheliegt, ergibt sich aus dem von der Hochschule vorgelegten internen Merkblatt zum "Verfahren über das Bestehen der Eignungsprüfung für die Lehramtsstudiengänge" (Stand Januar 2005). Darin wird den Prüfern als Orientierungsmaßstab für die Bewertung mitgeteilt, dass im langjährigen Vergleich die Grenze für das Bestehen bei einer Gesamtpunktzahl zwischen 15 und 17 Punkten gelegen habe.

Angesichts dieser Gesamtumstände muss die hier vorzunehmende Interessenabwägung zu Gunsten der Antragstellerin ausfallen. Diese kann sich nicht nur wie alle übrigen erfolglosen Bewerber auf die unzureichende Normierung des Prüfungsverfahrens berufen, sondern zusätzlich auf die vergleichsweise günstigen fachlichen Bewertungen ihrer Prüfungsleistungen, die in ihrer Gesamtheit nach ständiger Praxis der Hochschule eine Studieneignung zumindest als konkret möglich erscheinen lassen. Dass der Prüfungsausschuss nach abschließender Beratung ihre Eignung verneint hat, darf hier keine Rolle spielen. Es handelte sich erkennbar um eine Entscheidung nach Aktenlage, der keine unmittelbaren Eindrücke der Ausschussmitglieder hinsichtlich des künstlerischen Leistungsvermögens der Antragstellerin zugrunde lagen; dementsprechend finden sich auch im schriftlichen Ablehnungsbescheid keine zusätzlichen individuell-leistungsbezogenen Erwägungen. Solange die Hochschule weder ihre Zweifel an der Eignung der Antragstellerin nachvollziehbar begründen noch substantiiert darlegen kann, dass eine vorläufige Zulassung mit schwerwiegenden Nachteilen für den Studienbetrieb verbunden wäre, kann der Antragstellerin ein weiterer Ausschluss von dem angestrebten Studiengang auch im Hinblick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes nicht länger zugemutet werden.

Bei der Tenorierung der stattgebenden Entscheidung im Eilverfahren war zu beachten, dass mit einer bloßen Verpflichtung zur vorläufigen Studienzulassung das Rechtsschutzziel der Antragstellerin nicht vollständig erreicht worden wäre. Diese müsste nämlich befürchten, nach einem erfolgreich durchlaufenen Studium nicht zur Ersten Staatsprüfung zugelassen zu werden, da hierfür das Bestehen einer Eignungsprüfung vor Beginn des Studiums gemäß der jeweils geltenden Fassung der Qualifikationsverordnung vorausgesetzt wird (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 LPO I). Um solche späteren Rechtsnachteile auszuschließen, war der Antragsgegner zu verpflichten, die Antragstellerin vorläufig so zu behandeln, als habe sie die Eignungsprüfung bestanden.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG beruhende Streitwertentscheidung orientiert sich an Nr. 18.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327).

Ende der Entscheidung

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