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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 19.09.2007
Aktenzeichen: 7 CE 07.10334
Rechtsgebiete: KapVO, BayHSchG, HRG


Vorschriften:

KapVO § 7
KapVO § 11
BayHSchG Art. 10 Abs. 4
BayHSchG Art. 26 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7
BayHSchG Art. 57 Abs. 3
BayHSchG Art. 107 Abs. 1 Satz 1
HRG § 9 Abs. 2
HRG § 19
Der Ausbildungs- oder Dienstleistungsbedarf eines neu eingerichteten Studiengangs ist auch bei (bisher) fehlender Akkreditierung (Art. 10 Abs. 4 BayHSchG) kapazitätsrechtlich zu berücksichtigen.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

7 CE 07.10334 u.a.

In den Verwaltungsstreitsachen

wegen Zulassung zum Studium der Humanmedizin an der Universität Würzburg im Sommersemester 2007

hier: Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 3. Juli 2007,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 7. Senat,

durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Dr. Pongratz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Bergmüller, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Zöllner

ohne mündliche Verhandlung am 19. September 2007

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Die vorstehend unter ihrem Aktenzeichen aufgeführten Verfahren werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II. Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

III. Die Antragsteller haben jeweils die Kosten der Beschwerdeverfahren zu tragen.

IV. Der Streitwert für die Beschwerdeverfahren wird auf jeweils 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragsteller begehren die einstweilige Zulassung zum Studium der Humanmedizin (Vorklinik) an der Universität Würzburg nach den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen des Sommersemesters 2007. Die Zahl der aufzunehmenden Bewerber ist für das erste und zweite Fachsemester auf jeweils 130, für das dritte Fachsemester auf 128 und für das vierte Fachsemester auf 127 festgesetzt worden (§ 1 Abs. 1 der Zulassungszahlsatzung für das Studienjahr 2006/2007 i.d.F. der Änderungssatzung vom 13. November 2006). Nach einer von der Universität dem Verwaltungsgericht vorgelegten Aufstellung waren am 31. Mai 2007 im ersten Fachsemester 132, im zweiten Fachsemester 129, im dritten Fachsemester 134 und im vierten Fachsemester 129 Studienplätze vergeben.

Die Antragsteller halten die Aufnahmekapazität mit den festgesetzten Zulassungszahlen und der Zahl der vergebenen Studienplätze für nicht ausgeschöpft. Ihre Anträge auf einstweilige Zulassung zum Studium lehnte das Verwaltungsgericht Würzburg mit Beschluss vom 3. Juli 2007 ab.

Mit den hiergegen erhobenen Beschwerden verfolgen die Antragsteller ihre Rechtsschutzbegehren weiter. Sie tragen vor, das Verwaltungsgericht habe weder bei der Ausweisung von 28 Studienplätzen für den Bachelor-Studiengang Biomedizin B. Sc. noch beim Dienstleistungsexport für den nicht zugeordneten Master-Studiengang Biomedizin M. Sc. die Frage der Akkreditierung hinreichend problematisiert.

Der Antragsgegner tritt den Beschwerden entgegen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die beigezogenen Behörden- und Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

1. Die Beschwerden sind zulässig, aber unbegründet. Die von den Antragstellern vorgebrachten Gründe, auf deren Prüfung sich das Beschwerdeverfahren beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), lassen nicht erkennen, dass die angegriffene Entscheidung fehlerhaft wäre.

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht den Bachelor-Studiengang Biomedizin B. Sc. bei der Aufteilung der Ausbildungskapazität auf die zugeordneten Studiengänge mit einem Anteil von jährlich 28 Studienplätzen sowie den Master-Studiengang Biomedizin M. Sc. beim Dienstleistungsexport mit einem Bedarf von 2,8386 Semesterwochenstunden berücksichtigt. Entgegen der Auffassung der Antragsteller bedurften die zum Wintersemester 2001/2002 neu eingerichteten Bachelor- und Magisterstudiengänge keiner besonderen "Akkreditierung", um die an der Lehreinheit Medizin Vorklinik vorhandenen Ausbildungskapazitäten rechtmäßig in Anspruch nehmen zu können.

Die Akkreditierung von Studiengängen stellt nach allgemeinem Verständnis ein länder- und hochschulübergreifendes Instrument der Qualitätssicherung dar. Mit ihr wird "in einem formalisierten und objektivierbaren Verfahren festgestellt, dass ein Studiengang in fachlich-inhaltlicher Hinsicht und hinsichtlich seiner Berufsrelevanz den Mindestanforderungen entspricht" (Beschluss der KMK vom 24.05.2002 i.d.F. v. 15.10.2004: "Statut für ein länder- und hochschulübergreifendes Akkreditierungsverfahren", I.1. [http://www.kmk.org/doc/publ/laendakk.pdf]). Aufgrund verschiedener Beschlüsse der Kultusministerkonferenz sollen in Zukunft zwar alle Studiengänge, die zu den Abschlüssen Bachelor/Bakkalaureus und Magister/Master (§ 19 HRG) führen, einer Akkreditierungspflicht unterliegen (vgl. KMK-Beschluss a.a.O., I.2.). Beim Abschluss der einschlägigen Verwaltungsvereinbarungen wurde jedoch von Anfang an auf die funktionale Trennung von staatlicher Genehmigung und Akkreditierung bei der Einrichtung neuer Studiengänge hingewiesen (vgl. Beschluss der KMK vom 03.12.1998: "Einführung eines Akkreditierungsverfahrens für Bachelor-/ Bakkalaureus- und Master-/Magisterstudiengänge", 2. [http://www.kmk.org/doc/beschl/ akkredit.pdf]). Die Akkreditierung bildet danach erklärtermaßen "keine zwingende Voraussetzung für die Einrichtung von Bachelor-/Bakkalaureus- und Master-/Magisterstudiengängen" (vgl. KMK-Beschluss a.a.O., 3.). Schon dieser eingeschränkte Verfahrenszweck steht der Annahme entgegen, die fehlende oder noch nicht abgeschlossene Akkreditierung eines Studiengangs mache die Aufnahme bzw. Fortführung des Lehrbetriebs hochschulrechtlich unwirksam, so dass die betreffenden Lehrveranstaltungsstunden im Rahmen der Kapazitätsberechnung unberücksichtigt bleiben müssten. In der Verpflichtung zur Akkreditierung eines neuen Studiengangs könnte eine Zulassungs- oder Wirksamkeitsvoraussetzung ohnehin nur dann gesehen werden, wenn dies nicht bloß in einer ministeriellen Verwaltungsvereinbarung, sondern in einer Rechtsnorm hinreichend deutlich vorgesehen wäre. Davon kann jedoch zumindest für den Bereich der bayerischen Hochschulen keine Rede sein. Aus der von den Antragstellern zitierten bundesrechtlichen Rahmenbestimmung des § 9 Abs. 2 HRG ergibt sich lediglich eine allgemeine Verpflichtung der Länder, für die Gleichwertigkeit der einander entsprechenden Studien- und Prüfungsleistungen sowie der Studienabschlüsse gemeinsam Sorge zu tragen und die Möglichkeit des Hochschulwechsels zu gewährleisten; auf welchem Wege diese Ziele erreicht werden, bleibt den einzelnen Ländern überlassen. Auch aus der - zum 1. Juni 2006 in Kraft getretenen (Art. 107 Abs. 1 Satz 1 BayHSchG) - Vorschrift des Art. 10 Abs. 4 BayHSchG, wonach im Bereich "insbesondere der Bachelor- und Masterstudiengänge... als eine der Maßnahmen der Qualitätssicherung eine Akkreditierung durch eine anerkannte Einrichtung erfolgen" soll, ergibt sich nur eine eigenständige Handlungspflicht der Hochschulen und nicht etwa eine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Einrichtung neuer Studiengänge oder für deren Weiterführung. Wie sich aus der Gesetzesbegründung ergibt, muss die Qualitätssicherung nach der genannten Vorschrift nicht einmal zwingend im Wege der Einzelakkreditierung von Studiengängen erfolgen; zulässig sind daneben auch andere Formen wie z. B. eine sog. Systemakkreditierung (BayLT Drs. 15/4396 S. 51). Im Unterschied zur Rechtslage in anderen Bundesländern, in denen eine Akkreditierung neu geschaffener Studiengänge ausdrücklich gefordert (§ 28 Abs. 5 Satz 2 LHG MV; § 6 Abs. 2 Satz 2 NdsHG; § 50 Abs. 3 Satz 1 SaarlUG; § 9 Abs. 3 Satz 4 HSG SA; § 43 Satz 1 ThHG; krit. dazu Lege, JZ 2005, 698/703 ff.) und z. T. sogar die Aufnahme des Studienbetriebs vom erfolgreichen Abschluss des Akkreditierungsverfahrens abhängig gemacht wird (§ 7 Abs. 1 Satz 2 HG NW; § 49 Abs. 6 Satz 2 HSG SH; vgl. Hendler, VVDStRL 65 [2007], 238/263), hat der bayerische Gesetzgeber erkennbar darauf verzichtet, für die Einrichtung oder Änderung von Studiengängen ein solches Verfahrenserfordernis aufzustellen (vgl. Art. 26 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7, Art. 57 Abs. 3 BayHSchG bzw. Art. 71 Abs. 8, Art. 86a Abs. 1 BayHSchG a.F.).

An den bayerischen Hochschulen kommt es demzufolge aus kapazitätsrechtlicher Sicht generell nicht auf die Frage an, ob für die neu geschaffenen Bachelor- oder Masterstudiengänge jeweils Akkreditierungen erteilt worden sind und ob diese weiterhin Gültigkeit haben. Ist ein Studiengang nicht oder noch nicht akkreditiert, so steht dies - anders als etwa das Fehlen einer Studien- oder Prüfungsordnung mit den darin verzeichneten Pflichtveranstaltungen - der Ermittlung des notwendigen Lehraufwands bzw. Dienstleistungsbedarfs auch faktisch nicht entgegen. Ob für den fehlenden Abschluss eines Akkreditierungsverfahrens hinreichende Gründe bestehen, wie dies der Antragsgegner in den vorliegenden Verfahren unter Bezugnahme auf den entsprechenden Schriftverkehr zwischen der Hochschule und dem zuständigen Wissenschaftsministerium geltend gemacht hat, bedarf demnach ebenfalls keiner weiteren Prüfung. 2. Die Kostentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung zum Streitwert aus § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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