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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 02.08.2004
Aktenzeichen: 7 N 04.595
Rechtsgebiete: VwGO, BayEUG


Vorschriften:

VwGO § 47
BayEUG Art. 26
BayEUG Art. 32 Abs. 5
BayEUG Art. 32 Abs. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

7 N 04.595

In der Normenkontrollsache

wegen Gültigkeit der 25. Rechtsverordnung über die Gliederung der Volksschulen im Landkreis **********;

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 7. Senat,

durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Dr. Pongratz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Kersten, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Bergmüller

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 28. Juli 2004

am 2. August 2004

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Auflösung der in ihrem Gemeindegebiet bestehenden Teilhauptschule I (Jahrgangsstufen 5 und 6), die durch die 25. Rechtsverordnung zur Änderung der Rechtsverordnung über die Gliederung der Volksschulen im Landkreis Traunstein vom 10. Oktober 2003 (OBABl 2003 S. 181, berichtigt in OBABl 2003 S. 187) verfügt wurde.

Bis zum Jahr 2000 besuchten die Schüler der Gemeindeteile der Antragstellerin Surberg und Lauter sowohl die Grundschule als auch die Teilhauptschule I in Surberg; für die übrigen Gemeindeteile waren die Schüler der Grundschule und der Teilhauptschule I in Traunstein (mit Ausnahme des Gemeindeteils Selberting) zugewiesen. Ab dem Jahr 2001 wurde auf Antrag der Antragstellerin, die Schulaufwandsträgerin der Volksschule Surberg ist, deren Schulsprengel dahingehend geändert, dass er für die Jahrgangsstufen 1 bis 4 (Grundschule) das gesamte Gebiet der Antragstellerin umfasst; für die Jahrgangsstufen 5 und 6 (Teilhauptschule I) sollte das Gebiet der Antragstellerin ohne die Gemeindeteile Ettendorf, Hallabruck, Hierankl, Hufschlag, Selberting, Thann, Thannreit und Trenkmoos im Einzugsbereich der Schule liegen. Die Schüler aus diesen Gemeindeteilen besuchten die Franz-von-Kohlbrenner-Volksschule in Traunstein, mit Ausnahme der Schüler des Gemeindeteiles Selberting, die einer anderen Schule zugewiesen sind. Die Schüler der Jahrgangsstufen 7 bis 9 aus dem gesamten Gemeindegebiet der Antragstellerin (mit Ausnahme des Gemeindeteils Selberting) besuchten die Franz-von-Kohlbrenner-Volksschule in Traunstein (Teilhauptschule II). Die Regierung von Oberbayern hatte bei dieser Sprengeländerung dem Antrag der Antragstellerin auf Änderung der Volksschulorganisation im Grundschulbereich stattgegeben, während der Antrag der Antragstellerin auf Sprengeländerung im Bereich der Teilhauptschule I abgelehnt worden war.

Im Jahr 2003 leitete das Landratsamt Traunstein - Staatliches Schulamt - ein Anhörungsverfahren zur Änderung der Volksschulorganisation in dem Gebiet der Antragstellerin ein, nachdem die Regierung von Oberbayern das Landratsamt gebeten hatte, die damaligen und künftigen Schülerzahlen nach Einführung der sechsstufigen Realschule im Landkreis Traunstein zu überprüfen. Daraufhin stellte die Antragstellerin am 10. April 2003 einen Antrag auf Änderung des Schulsprengels für die Teilhauptschule I in ihrem Gebiet mit dem Ziel, sämtliche Hauptschüler des gesamten Gemeindegebiets Surberg der Jahrgangsstufen 5 und 6 in die Teilhauptschule I Surberg aufzunehmen. Die Entwicklung der Kinderzahlen in der Gemeinde Surberg zeige, dass die Teilhauptschule I ausreichend Kinder vorweisen könne, wenn aufgrund einer Sprengeländerung sämtliche Surberger Kinder in der Schule in Surberg untergebracht würden. Die Klassenräume für die Teilhauptschule I seien bereits vorhanden. Die in den Jahren 1999/2000 errichtete Sport- und Mehrzweckhalle sei auch für die zusätzlichen Schulkinder ausreichend ausgestattet. Dagegen reichten die Räumlichkeiten bei einer Schulsprengeländerung in der Franz-von-Kohlbrenner-Volksschule in Traunstein nicht aus, es müssten dort erst noch kostspielige Neubaumaßnahmen durchgeführt werden.

Demgegenüber gelangte die Regierung von Oberbayern in ihrer "abschließenden Würdigung" zu dem Ergebnis, dass aufgrund der Einführung der sechsstufigen Realschule in Traunstein ab dem Schuljahr 2002 die Klassenstärke der Teilhauptschule I in der Volksschule Surberg für den Fortbestand nicht mehr ausreichend und die Teilhauptschule I deswegen aufzulösen sei.

Mit Rechtsverordnung vom 10. Oktober 2003 (RABl OB S. 181) verfügte die Regierung von Oberbayern die beabsichtigte Sprengeländerung mit Wirkung vom 1. August 2003. Die Verordnung hat folgenden Wortlaut:

"Auf Grund von Art. 26 und Art. 32 Abs. 5 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Mai 2000 (GVBl S. 414, ber. S. 632, BayRS 2230-1-1UK) erlässt die Regierung von Oberbayern folgende Rechtsverordnung:

§ 1

Die Rechtsverordnung der Regierung von Oberbayern über die Gliederung der Volksschulen im Landkreis Traunstein vom 30. August 1983 (RABl OB S. 130), zuletzt geändert durch die Vierundzwanzigste Rechtsverordnung zur Änderung der Rechtsverordnung über die Gliederung der Volksschulen im Landkreis Traunstein vom 8. Juli 2003 (OBABl S. 130), wird wie folgt geändert:

1. § 1 Nr. 22 erhält folgende Fassung:

Lfd. Nr. Bezeichnung, Sitz und Sprengel der Schule 22. Volksschule Surberg (Grundschule)

Das Gebiet der Gemeinde Surberg

2. § 1 Nr. 27 Buchst. c erhält folgende Fassung:

Lfd. Nr. Bezeichnung, Sitz und Sprengel der Schule 27.c. Ludwigg-Thoma-Volksschule Traunstei (Hauptschule)

Das Gebiet der Stadt Traunstein ohne den Stadtteil Riederting.

Dazu für die Jahrgangsstufen 5 bis 9:

Das Gebiet der Gemeinde Surberg ohne den Gemeindeteil Selberting.

§ 2

Diese Rechtsverordnung tritt am 1. August 2003 in Kraft."

Diese Rechtsverordnung wurde im Amtsblatt der Regierung von Oberbayern 2003 (S. 187) wie folgt berichtigt:

"Berichtigung

§ 1 Nr. 27 Buchst. c erhält folgende Fassung:

Lfd. Nr. Bezeichnung, Sitz und Sprengel der Schule 27.c. Franz-von-Kohlbrenner-Volksschule Traunstein (Hauptschule)

Das Gebiet der Stadt Traunstein ohne den Stadtteil Riederting.

Dazu für die Jahrgangsstufen 5 bis 9:

Das Gebiet der Gemeinde Surberg ohne den Gemeindeteil Selberting.

OBABl 2003 S. 187."

Am 3. März 2004 erhob die Antragstellerin Normenkontrollantrag zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof mit dem am 7. Mai 2004 konkretisierten und in der mündlichen Verhandlung wiederholten Antrag, die 25. Rechtsverordnung zur Änderung der Rechtsverordnung über die Gliederung der Volksschulen im Landkreis Traunstein des Antragsgegners vom 10. Oktober 2003 und die Berichtigung der 25. Rechtsverordnung zur Änderung der Rechtsverordnung über die Gliederung der Volksschulen im Landkreis Traunstein vom 10. Oktober 2003 für nichtig zu erklären.

Zur Begründung lässt die Antragstellerin vortragen, dass die Sprengeländerung auf einem fehlerhaften Abwägungsvorgang beruhe, da gegen die aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Grundsätze der Erforderlichkeit, Geeignetheit und Verhältnismäßigkeit verstoßen werde. In die Abwägung seien nicht alle abwägungserheblichen Belange mit eingestellt worden, vielmehr habe der Antragsgegner ausschließlich die Interessen und Belange der Stadt Traunstein berücksichtigt. Im Schulhaus der Antragstellerin stehe eine ausreichende Anzahl an Klassenzimmern zur Verfügung. 1999/2000 sei eine Sport-/Mehrzweckhalle neu errichtet worden, die von der Ausstattung und Größe her den Anforderungen an eine weiterführende Schule ohne weiteres entspreche. Aufgrund des vorhandenen Baubestandes sei die Durchführung der Teilhauptschule I in Surberg mit allen Kindern aus dem Gemeindegebiet Surberg neben der Grundschule ohne weiteres möglich, da sowohl die Räumlichkeiten aufgrund des Baubestandes als auch die Anzahl der Schüler vom Schuljahr 2004/2005 ab und auch weiterhin ausreichend seien. Zudem würde es in Traunstein zu einer Klassenmehrung kommen, für die der bestehende Baubestand nicht ausreiche. Die Stadt Traunstein müsste erst mit erheblichem finanziellen Aufwand neue Schulräume errichten, da derzeit in der Franz-von-Kohlbrenner-Volksschule noch nicht einmal ausreichend Räumlichkeiten vorhanden seien, um die Teilhauptschule I und damit die Schüler von Surberg im Schulgebäude aufzunehmen. Diese würden auch für das kommende Schuljahr 2004/2005 zum Unterricht in Behelfsräumlichkeiten ausgelagert, sodass der unmittelbare Zugriff zu den schulischen Einrichtungen (z.B. Sporthalle) fehle. Auch in anderen Gemeinden würden die Teilhauptschulen I nicht aufgelöst, obwohl diese Schulen nicht mehr Kinder hätten als in Surberg. Auch der Elternwille stehe der Umsprengelung entgegen. Es liege ein Verstoß gegen die Finanzhoheit des Art. 22 GO vor, da nicht berücksichtigt worden sei, dass die Antragstellerin für den Schulbau allein in den letzten Jahren erhebliche Investitionen in Höhe von ca. 2,5 Mio. getätigt habe. Bei Veränderung des Schulsprengels würden die gemeindlichen Investitionen und auch die Unterhaltungsmaßnahmen ins Leere gehen, da die Schulgebäude nicht ausgelastet wären. Die Räume müssten dann unterhalten werden, ohne dass sie genutzt würden. Der Schulsprengel bestehe seit dem Jahre 2001; aufgrund eines Hinweises der Regierung von Oberbayern in einem Schreiben vom 31. Oktober 2000 habe die Antragstellerin auch vom Fortbestand der Teilhauptschule I ausgehen dürfen und im Hinblick hierauf erhebliche finanzielle Aufwendungen getätigt. Es sprächen keine schulpädagogischen oder organisatorischen Gründe gegen den Fortbestand der Teilhauptschule I in Surberg. Die Verordnung verstoße auch gegen das Selbstverwaltungsrecht der Antragstellerin, da ihre Planungshoheit, Finanzhoheit und Organisationshoheit beeinträchtigt würden. Die vorgenommene Umsprengelung habe für die Antragstellerin zur Folge, dass ihre Schulgebäude geringer bzw. teilweise nicht ausgelastet seien. Es kämen höhere finanzielle Belastungen in Gestalt der Schulverbandsumlage bzw. eines vereinbarten Sachaufwandsanteiles auf sie zu. In den nächsten fünf Jahren würden in der Grundschule jährlich durchschnittlich 35,6 Schüler eingeschult. Unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Abgänge an das Gymnasium (20 %) bzw. an die sechsstufige Realschule (30 %) nach der 4. Klasse verblieben für die Jahrgangsstufe 5 durchschnittlich 17,8 Schüler. Berücksichtige man noch den Abgang an das Gymnasium bzw. an die Realschule nach der 5. Klasse in Höhe von jeweils 5 %, so verblieben für die Jahrgangsstufe 6 noch 16,0 Schüler. Die erforderliche Klassenstärke von 15 Schülern sei damit in jedem Fall erreicht. Bei der geplanten Schulsprengeländerung müsse die Antragstellerin erhebliche Mehraufwendungen für zusätzliche Schulbusse erbringen. Sie habe ferner eine Schulumlage an die Stadt Traunstein für jeden Schüler pro Kind/Jahr in Höhe von etwa 1.400 Euro aufzuwenden. Dies entspreche künftig einer zusätzlichen Belastung des gemeindlichen Haushaltes in Höhe von ca. 40.000 Euro bis 45.000 Euro pro Jahr. Dies stelle einen empfindlichen Eingriff in das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht dar.

Der Antragsgegner beantragt,

den Normenkontrollantrag abzulehnen.

Die angegriffene Schulsprengelverordnung stehe mit den materiell-rechtlichen Normen des Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetzes und den von der Rechtsprechung hierzu entwickelten Grundsätzen für die Einteilung der Schulsprengel in Einklang. Die Regierung habe den ihr eingeräumten schulorganisatorischen Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Sie habe in ihrer "abschließenden Würdigung" ihre Entscheidung und die dafür tragenden Gesichtspunkte transparent gemacht und die Prognose der erwarteten Schülerzahlen zum Gegenstand ihrer Ermessensabwägung gemacht. Angesichts dieser Dokumentation könne der Regierung nicht vorgeworfen werden, sie habe die Belange der Antragstellerin nicht ausreichend berücksichtigt und ausschließlich auf die Belange der Stadt Traunstein abgestellt.

Das Staatliche Schulamt im Landkreis Traunstein wies darauf hin, dass bereits seit dem Jahre 1993 an der Volksschule der Antragstellerin die Bildung der 5. und 6. Jahrgangsstufen immer wieder wegen Unterschreitung der Schülermindestzahl von 15 in Frage gestanden sei. Auch die Sprengeländerung zum 1. August 2001, nach der alle Grundschüler des Gemeindegebietes die Volksschule Surberg besuchen, habe keine nachhaltige Sicherung der Schülerzahlen gebracht. Dies sei zum einen durch rückläufige Geburtenzahlen, zum erheblichen Teil aber durch ein geändertes Übertrittsverhalten nach der 4. Jahrgangsstufe in Realschule und Gymnasium begründet. Aus der Grundschule der Antragstellerin seien im Jahr 2003 58,62 % der Schüler der 4. Jahrgangsstufe in eine Realschule oder ein Gymnasium übergetreten. Die prognostizierten Schülerzahlen zeigten eindeutig, dass die Schüler der 5. und infolge auch der 6. Jahrgangsstufe aus dem Gemeindegebiet der Antragstellerin nicht als je eigene Klasse geführt werden könnten. Im Schulgebäude der Volksschule Surberg seien nicht mehr als sechs Klassenräume vorhanden. Sie seien im laufenden Schuljahr mit 5 Grundschulklassen und einer 6. Hauptschulklasse voll belegt. Daneben befänden sich auf dem Schulareal das Freisportgelände und die 1999 errichtete Mehrzweckhalle, die zwar auch für den Schulsport genutzt werde, im Wesentlichen aber außerschulischen Zwecken diene. Für diese Mehrzweckhalle sei auch kein förderfähiger schulischer Bedarf anerkannt worden. Das ältere Schulgebäude sei sanierungs- und für die voraussehbar zweizügige Grundschule auch erweiterungsbedürftig. Die künftige Führung der Volksschule Surberg als Grund- und Teilhauptschule I sei aufgrund des vorhandenen Baubestandes in keinem Fall gewährleistet, da neben vier Klassenräumen auch dazu nötige Fach- und Nebenräume fehlten. Dagegen sei der Stadt Traunstein zur Generalsanierung der Gebäude der Franz-von-Kohlbrenner-Hauptschule und als Ersatz für marode Pavillonbauten das Raumprogramm für eine 21-klassige Hauptschule (5. bis 10. Jahrgangsstufe) genehmigt worden. Die Stadt sei dabei, dieses Raumprogramm umzusetzen. Die Räumlichkeiten zur Eingliederung der Schüler der 5. und 6. Jahrgangsstufe der Antragstellerin seien schon jetzt gegeben. Dies habe in aller Regel nicht einmal Klassenteilungen und keinen zusätzlichen Raumbedarf zur Folge. Der Bestand von 5. und 6. Jahrgangsstufen, die mit Grundschulen zu Grund- und Teilhauptschulen I verbunden sind, habe sich in den vergangen Jahren verringert und werde sich auch in Zukunft nicht nur im Landkreis Traunstein verringern. Dieser Trend folge der demographischen Entwicklung und dem an der Grundschule weiter stark zunehmenden Trend zum Übertritt an Gymnasien und Realschulen. Auch andere Schulen im Landkreis würden in reine Grundschulen umgewandelt, so z.B. in Kienberg; für die Teilhauptschule I Heiligkreuz laufe das Anhörungsverfahren, für die Volksschulen Grabenstätt, Reit im Winkl, Petting und Otting-Wonneberg sei die Umwandlung bereits abzusehen. Das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus habe in einem ausführlichen Dokument dargelegt, dass die Trennung der Hauptschule in Teilhauptschulen I und II für ihren Bildungsgang schädlich sei. Eine Zersplitterung der Hauptschule gefährde ihre notwendige pädagogische Einheit, erschwere die Unterrichtsarbeit vor Ort, vergeude Ressourcen und schade dem Bemühen, die Hauptschule als weiterführenden Bildungsweg und ernstzunehmende Alternative zu Realschule und Gymnasium ins Bewusstsein der Eltern und der Öffentlichkeit zu heben. Hauptschulklassen seien deshalb einer Hauptschule, nicht aber einer Grundschule anzugliedern.

Die Stadt Traunstein erhob keine Einwendungen gegen die Änderung des Schulsprengels.

Die einschlägigen Normaufstellungsakten der Regierung von Oberbayern lagen dem Verwaltungsgerichtshof vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Hierauf wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Der Antrag ist zulässig (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, Art. 5 Abs. 1 AGVwGO). Gegenstand des Verfahrens ist eine Schulsprengelverordnung nach Art. 26 Abs. 1 i.V.m. Art. 32 Abs. 5 und Abs. 6 BayEUG und damit eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift des Landesrechts.

Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Den Antrag auf Normenkontrolle kann gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO jede Person stellen, die geltend macht, durch die angegriffene Rechtsvorschrift oder ihre Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO fordert nicht, dass eine Rechtsverletzung tatsächlich gegeben ist. Vielmehr reicht es aus, dass die Möglichkeit der Rechtsverletzung konkret und plausibel dargelegt wird (Gerhardt in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, RdNr. 44 zu § 47). In diesem Sinne genügt es, dass sich die Antragstellerin darauf beruft, die angegriffene Rechtsverordnung greife ohne rechtfertigenden Grund in ihr Selbstverwaltungsrecht nach Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 11 Abs. 2 BV ein. Die Auflösung der in ihrem Gemeindegebiet bestehenden Teilhauptschule I und die Einbeziehung der Schüler in den Sprengel der Hauptschule Traunstein würden für die Antragstellerin jedenfalls belastende Rechtsfolgen in Form der Umlagepflicht gegenüber dem Schulaufwandsträger bzw. entsprechender vertraglicher Leistungen nach sich ziehen, so dass die Finanzhoheit der Antragstellerin gemäß Art. 22 Abs. 1 GO betroffen ist.

II.

Der Antrag ist nicht begründet, da die angegriffene Schulsprengelverordnung nicht gegen höherrangiges Recht verstößt.

1. Die angegriffene Verordnung ist formell ordnungsgemäß zustande gekommen.

Gegenstand der Verordnung ist die Auflösung der Teilhauptschule I der Volksschule Surberg und die Zuweisung der Schüler der Jahrgangsstufen 5 und 6 an die Franz-von-Kohlbrenner-Hauptschule Traunstein. Folglich war gemäß Art. 26 Abs. 2 Satz 2 BayEUG durch die für den Erlass der Verordnung zuständige Regierung (Art. 26 Abs. 1 BayEUG) das Benehmen mit den beteiligten kommunalen Gebietskörperschaften, Elternbeiräten und kirchlichen Oberbehörden herzustellen. Dies ist geschehen. Das "Benehmen" dient der erläuternden und möglichst einvernehmlichen Kontaktaufnahme und ist zwischen Anhörung und Beratung einzustufen. Eine Zustimmung der so in qualifizierter Form Anzuhörenden war nicht erforderlich (vgl. BayVGH vom 3.8.1981 VGH n.F. 34, 82/85; vom 27.7.1994 BayVBl 1994, 690), so dass die teils ablehnenden Stellungnahmen zu der Sprengeländerung für die Regierung nicht bindend waren.

2. Auch inhaltlich begegnet die angegriffene Rechtsverordnung keinen Bedenken.

a) Die gesetzliche Ermächtigung in Art. 26 Abs. 1 i.V.m. Art. 32 Abs. 5, Abs. 6 BayEUG ist im Sinne der Anforderungen der Art. 55 Nr. 2 Satz 3, Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV, Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG hinreichend bestimmt. Innerhalb des Rahmens dieser gesetzlichen Ermächtigung besteht für den Verordnungsgeber ein organisatorischer und planerischer Gestaltungsspielraum, dessen Einhaltung gerichtlich nur begrenzt überprüfbar ist. Das Gericht kann einen Verstoß gegen die ermächtigende Norm nur feststellen, wenn die Entscheidung des Verordnungsgebers mit den in Art. 32 Abs. 2 bis Abs. 4 BayEUG niedergelegten Grundsätzen über die Gliederung der Volksschulen nicht vereinbar ist oder auf unzutreffenden tatsächlichen Feststellungen, sachwidrigen Erwägungen oder einem fehlerhaften Abwägungsvorgang beruht, insbesondere gegen die aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 3 Satz 1 BV, Art. 20 Abs. 3 GG) abzuleitenden Grundsätze der Erforderlichkeit, Geeignetheit und Verhältnismäßigkeit verstößt (ständige Rechtsprechung, z.B. BayVGH vom 27.7.1994 BayVBl 1994, 690). Die angegriffene Verordnung hält sich in diesem Rahmen.

Die Regierung von Oberbayern hat die Gründe, die sie zum Erlass der angegriffenen Rechtsverordnung veranlassten, in ihrer "abschließenden Würdigung" vom 30. September 2003 dargelegt. Eine Begründung ist für Rechtsverordnungen der hier gegenständlichen Art gesetzlich nicht vorgesehen und auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht erforderlich (vgl. BVerfG vom 26.1.1987 NVwZ 1987, 879; vom 22.10.1991 NVwZ 1992, 361; BVerwG vom 3.11.1992 NVwZ-RR 1993, 286). Allerdings müssen bei Normen, die - insbesondere wie hier in Gestalt einer planerischen Entscheidung - zu einer Auswahl aus mehreren Alternativen und zu einer Entscheidung für bzw. gegen Interessen Betroffener führen, die die Norm tragenden Gründe nachvollziehbar sein. Die "abschließende Würdigung" der Regierung von Oberbayern gibt über die Gründe, die diese Behörde veranlassten, gerade die streitige Regelung zu treffen, ausführlich Auskunft. Diese Überlegungen sind sachgerecht; sie überschreiten in der daraus getroffenen Entscheidung nicht die durch die einschlägigen gesetzlichen Vorschriften gezogenen Grenzen des Gestaltungsspielraums des Verordnungsgebers. Insbesondere wurden die zu berücksichtigenden Belange mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung einbezogen.

b) Die Antragstellerin kann sich insoweit nicht auf eine Zusicherung bzw. Zusage der Regierung von Oberbayern berufen, sie werde die Teilhauptschule I der Antragstellerin beibehalten bzw. sogar den Einzugsbereich der genannten Schule auf alle sonstigen Gemeindeteile (außer Selberting) erweitern. Dabei kann die Frage, ob in einem Verfahren zum Erlass einer Rechtsverordnung überhaupt bindende Zusicherungen abgegeben werden können, offen bleiben ebenso wie die Frage, ob und inwieweit eine Behörde an eine einmal gegebene Zusicherung weiterhin gebunden ist, wenn sich die Sachlage, wie noch auszuführen sein wird, wesentlich geändert hat (vgl. hierzu Art. 38 Abs. 3 BayVwVfG). Denn der Antragstellerin wurden keine derartigen Zusicherungen bzw. Zusagen erteilt. Insbesondere kann sie sich nicht auf das Schreiben der Regierung von Oberbayern an das Staatliche Schulamt im Landkreis Traunstein vom 31. Oktober 2000 berufen, das im Rahmen der Schulsprengeländerung zum Jahre 2001 übersandt wurde. Zum einen handelt es sich bereits formal nicht um ein an die Antragstellerin gerichtetes Schreiben, zum anderen wurde dort auch nicht der Bestand der Teilhauptschule I in Surberg und schon gar nicht deren Erweiterung zugesichert. Vielmehr bittet die Regierung in diesem Schreiben das Schulamt, unter Beteiligung der Antragstellerin und der betroffenen Schulen zu prüfen, ob es Möglichkeiten gebe, eine teilweise Sprengeländerung vorzunehmen, welche den Bestand der Teilhauptschule I in Surberg sichert und letztendlich das berechtigte Interesse der Gemeinde berücksichtigt, die Kinder aus dem Gemeindebereich in der Gemeinde beschulen zu lassen. Eine rechtlich verbindliche Zusicherung gegenüber der Antragstellerin auf entsprechende Maßnahmen kann darin nicht gesehen werden; vielmehr handelt es sich - angesichts der Tatsache, dass zum damaligen Zeitpunkt die Auswirkungen der Einführung der sechsstufigen Realschule noch nicht konkret absehbar waren - lediglich um einen Auftrag an das Staatliche Schulamt, zu prüfen, ob es möglich ist, vorläufig den eingeschränkten Fortbestand der Teilhauptschule I in Surberg zu sichern. Etwas anderes folgt auch nicht aus der schulaufsichtlichen Genehmigung der Regierung von Oberbayern vom 28. Januar 1998 zur Errichtung einer Sporthalle für die Grund- und Teilhauptschule I Surberg. Vielmehr wird dort sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die genannte Schule langfristig über lediglich sechs Klassen verfüge und kein eigentlicher schulischer Bedarf für eine Sporthalle bestehe, da ein solcher Bedarf erst ab acht Sportklassen gegeben wäre. Es würden aber gegen die Errichtung der Sporthalle keine Einwände erhoben, zumal damit eine wesentliche Verbesserung der schulsportlichen Situation an der Grund- und Teilhauptschule I Surberg verbunden sei. Daraus eine Zusicherung auf den unbegrenzten Fortbestand oder gar die Erweiterung der genannten Schule schließen zu wollen, ist nicht veranlasst. Dasselbe gilt für das von der Antragstellerin in Bezug genommene Schreiben der Regierung von Oberbayern vom 10. April 2001 an die Antragstellerin. Denn dort ist lediglich nebenbei davon die Rede, dass auch ohne die - damalige - geplante Umsprengelung die Grund- und Teilhauptschule I in der Gemeinde Surberg gesichert wäre.

c) Die Regierung von Oberbayern hat die Gründe, die sie zum Erlass der angegriffenen Rechtsverordnung veranlassten, in ihrer "abschließenden Würdigung" vom 30. September 2003 dargelegt. Dort führt die Regierung aus:

"Maßgeblich für die Entscheidung waren:

- bereits seit einigen Jahren kann keine 5. Klasse mehr gebildet werden (auch im Schuljahr 2003/2004 keine 5. Klasse möglich - nur elf Schüler, 6. Klasse ist bereits in Traunstein),

- weitere Erhöhung der Übertritte in die Realschule, somit ist damit zu rechnen, dass weiterhin die Voraussetzungen für eine TH I nicht mehr gegeben sind,

- wenn die Voraussetzungen für eine TH I nicht mehr gegeben sind, ist sie aufzu- lösen (Art. 32 Abs. 6 BayEuG),

- Neuantrag der Gemeinde Surberg (mit Aufnahme zusätzlicher Gemeindeteile) erfordert einen Neubedarf von drei Klassenzimmern und drei Lehrerplanstellen,

- keine entsprechende Reduzierung der Klassen in der Franz-von-Kohlbrenner- Volksschule,

- zusätzliche Aufnahme von Schülern aus Surberg erfordert keine wesentlichen Änderungen an der Franz-von-Kohlbrenner-Volksschule (bleibt wie bisher dreizügig, vereinzelte Jahrgänge können vierzügig sein),

- ab der 7. Klasse sind alle Schüler aus Surberg an der Franz-von-Kohlbrenner-Volksschule,

- bei der Schulwegsituation durch bereits bestehende Buslinien keine wesentlichen Änderungen notwendig sind bzw. der Schulweg - wie bereits gleichaltrigen Schülern in der Realschule bzw. im Gymnasium auch - den Schülern zugemutet werden kann,

- der Franz-von-Kohlbrenner-Volksschule ein Raumprogramm für 21 Klassen genehmigt wurde, das derzeit im Rahmen einer Generalsanierung umgesetzt wird; die räumlichen Voraussetzungen für die Eingliederung dieser zusätzlichen Schüler sind gegeben,

- durch die Eingliederung der TH I in die VS Traunstein werden wenigstens eine, i.d. R. jedoch zwei Vollzeit-Klassenlehrer-Planstellen eingespart."

Diese Ausführungen der Regierung von Oberbayern geben über die Gründe, die diese Behörde veranlassten, gerade die streitige Regelung zu treffen, ausführlich Auskunft. Bei eingehender Überprüfung erweisen sich diese Überlegungen nicht als sachwidrig; sie überschreiten in der daraus getroffenen Entscheidung nicht die durch die einschlägigen Vorschriften des Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetzes gezogenen Grenzen des Gestaltungsspielraums des Verordnungsgebers. Insbesondere wurden auch die zu berücksichtigenden Interessen mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt:

Es bestand hinreichender Anlass, eine Änderung der Schulorganisation im Gebiet der Antragstellerin vorzunehmen. Das Staatliche Schulamt im Landkreis Traunstein hat mit Schreiben vom 24. Mai 2004, das es in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof näher erläutert hat, im einzelnen dargelegt, dass selbst bei Anlegung der mittleren Übertrittsquote von 48% an das Gymnasium und an die Realschule in den nächsten Jahren keine Klasse der fünften Jahrgangsstufe mehr gebildet werden kann (s. hierzu die Übersicht über "Schülerstand und Schülerbewegung" der Volksschule Surberg, Anlage 2 zum Schriftsatz vom 24.5.2004). Diese Zahlen wurden von der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung auch nicht mehr bestritten und konnten auch durch die von ihr selbst vorgelegten Schülerzahlen nicht widerlegt werden. Dies gilt erst recht bei Zugrundelegung der tatsächlichen Übertrittsquote aus der Grundschule Surberg in Höhe von 58,62% der Schüler der 4. Jahrgangsstufe.

Gemäß Art. 32 Abs. 6 BayEUG ist eine Volksschule, die nicht mehr so gegliedert ist, wie es Art. 32 BayEUG in den Absätzen 2 und 3 vorschreibt, zwingend aufzulösen. Dies ist somit dann der Fall, wenn die Schülerzahl so stark zurückgegangen ist, dass die Bildung der gesetzlich vorgeschriebenen Jahrgangsklassen nicht mehr möglich ist. Nach Art. 32 Abs. 3 Satz 2 BayEUG kann ausnahmsweise für die Jahrgangsstufen 5 und 6 oder 7 bis 9 eine eigene Hauptschule errichtet werden (Teilhauptschule), wenn es die örtlichen Gegebenheiten dringend geboten erscheinen lassen. Dabei sollen die Hauptschulen gemäß Art. 32 Abs. 2 Satz 3 BayEUG so weit als möglich in den Jahrgangsstufen 5 bis 9 mehrzügig geführt werden. Mit der Fassung dieser Vorschrift will der Gesetzgeber - in Verschärfung der Rechtslage gegenüber der Geltung des Volksschulgesetzes - die Ziele der Gliederung der Volksschule vorgeben und ermächtigt andererseits im Interesse einer möglichst sachnahen und zweckmäßigen Anpassung der Volksschulgliederung an die jeweiligen örtlichen Verhältnisse den Verordnungsgeber zu Abweichungen von seinen Leitregeln. Er bestimmt zwar die möglichen Abweichungen in ihrem Ausmaß, deutet aber deren Voraussetzungen nur in allgemeiner Weise an ("...wenn es die örtlichen Gegebenheiten dringend geboten erscheinen lassen, kann ausnahmsweise..."). In dem hier in Rede stehenden Bereich der staatlichen Organisationsgewalt räumt diese Ermächtigung dem Verordnungsgeber bezüglich der Einhaltung der Regel des Art. 32 Abs. 3 Satz 1 BayEUG und der Abweichung nach Art. 32 Abs. 3 Satz 2 BayEUG innerhalb der vom Gesetzgeber selbst gesetzten Ziele einen organisatorischen und planerischen Spielraum ein. Die verwaltungsgerichtliche Prüfung der von der Regierung erlassenen Organisationsverordnung hat sich demgemäß insoweit darauf zu beschränken, ob der Verordnungsgeber den Begriff der "örtlichen Gegebenheiten" dahingehend richtig ausgelegt hat, dass darunter jedenfalls nur schulpädagogisch-organisatorisch und gegebenenfalls auch landesplanerisch relevante Sachverhalte zu verstehen sind, die von einigem Gewicht sein müssen. In diesem Zusammenhang ist auch zu prüfen, ob der Verordnungsgeber die einschlägigen Sachverhalte zutreffend ermittelt hat. Dagegen hat das Gericht, weil sich seine Kontrolle auf die Feststellung von Rechtsverstößen beschränkt, nicht darüber zu befinden, ob ihm die eine oder die andere Lösung zweckmäßiger erscheint (vgl. BayVGH vom 15.7.1977 VGH n.F. 30, 88/92).

Die Regierung von Oberbayern war bei der Suche nach einer optimalen Organisation der Hauptschule im Bereich der Antragstellerin nicht nur auf deren Gemeindegebiet beschränkt. Art. 32 Abs. 4 BayEUG stellt die Errichtung einer Volksschule für eine Gemeinde allein (Gemeindeschule) oder für mehre Gemeinden (Verbandschule) gleichberechtigt nebeneinander und räumt der Gemeindeschule keinen Vor- rang ein. Zwar ist bei schulorganisatorischen Planungen der Grundsatz der Einräumigkeit der Verwaltung zu beachten. Stehen der Beachtung dieses Grundsatzes aber schulorganisatorische und pädagogische Gründe entgegen, so tritt der Grundsatz der Einräumigkeit der Verwaltung hinter diesen speziellen volksschulrechtlichen Grundsätzen zurück (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BayVGH vom 26.7.1982 BayVBl 1983, 272/274; vom 27.7.1994 BayVBl 1994, 690). Der Verordnungsgeber hat deshalb bei einer Neuorganisation des Hauptschulwesens in einer Gemeinde nicht an den Gemeindegrenzen haltzumachen, sondern muss den Blick auch auf die Situation in benachbarten Gemeinden werfen, um gegebenenfalls die dortigen Schulen in eine Neuorganisation einzubeziehen.

Vorliegend konnte die Regierung der Zielsetzung in Art. 32 Abs. 2 Satz 3 BayEUG, wonach die Hauptschulen so weit wie möglich in den Jahrgangstufen 5 bis 9 mehrzügig geführt werden sollen, durch eine Umsprengelung der Schüler der Teilhauptschule I im Gebiet der Antragstellerin zur Franz-von-Kohlbrenner-Hauptschule in Traunstein Rechnung tragen, zumal dort die Mehrzügigkeit bereits derzeit und erst recht künftig gewährleistet ist. Demgemäß ermöglicht die von der Regierung von Oberbayern getroffene Lösung eine Organisation der Hauptschule, die sowohl für die Schüler aus Surberg als auch diejenigen aus Traunstein das Gebot nach mehrzügiger Führung verwirklicht und auch dem Grundsatz der Einheit der Hauptschule entspricht.

d) Stimmt somit die gewählte Lösung schulorganisatorisch und pädagogisch mit den Zielsetzungen des Art. 32 Abs. 2, 3 BayEUG überein, so hat der Verordnungsgeber auch die hier darüber hinaus für oder gegen diese Lösung sprechenden Gesichtspunkte zutreffend ermittelt und in nicht zu beanstandender Weise gewürdigt:

aa) Das Selbstverwaltungsrecht der Antragstellerin steht der Umsprengelung der betroffenen Hauptschüler nicht entgegen. Das Volksschulwesen gehört nach Art. 83 Abs. 1 BV zum eigenen Wirkungskreis der Gemeinden und genießt insoweit den Schutz des Selbstverwaltungsrechts nach Art. 11 Abs. 2 BV. Andererseits steht gemäß Art. 7 Abs. 1 GG, Art. 130 Abs. 1 BV das gesamte Schul- und Bildungswesen unter der Aufsicht des Staates. Dieses Spannungsverhältnis sucht Art. 133 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BV dadurch zu lösen, dass er Staat und Gemeinden zum Zusammenwirken verpflichtet, um für die Bildung der Jugend durch öffentliche Anstalten zu sorgen. Aufsicht im Sinne von Art. 130 Abs. 1 BV geht auch weiter als die Staatsaufsicht über den eigenen Wirkungskreis der Gemeinden i.S.v. Art. 108 ff. GO. Zur Schulaufsicht gehören die Befugnis des Staates zur zentralen Ordnung und Organisation des Schulwesens und demgemäß die Schulplanung und die Möglichkeit der Einwirkung auf Einrichtung, Änderung und Aufhebung der einzelnen Schulen. Die Auflösung einer Volksschule ist demnach nicht zu vergleichen mit dem Entzug einer Aufgabe, die ihrem Wesen nach allein Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft ist (vgl. hierzu BVerfG vom 23.11.1988 NVwZ 1989, 347). Die Schulorganisation ist schon von Verfassungs wegen sowohl Angelegenheit der Gemeinde als auch Sache des Staates. Art. 11 Abs. 2 BV gewährt somit einer Gemeinde keinen Anspruch auf eine eigene Schule. Jedoch erfordert das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde deren Beteiligung im schulorganisatorischen Verfahren. Soweit dies mit den vom Staat im Recht der Volksschulen allgemein festgelegten Zielen für die Ausgestaltung des Schulwesens vereinbar ist, haben die Gemeinden hinsichtlich der Schulträgerschaft den Vorrang. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet demnach, bei schulorganisatorischen Maßnahmen in das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden nicht stärker einzugreifen, als dies zur Gewährleistung der vom Staat im Rahmen der Schulaufsicht festgelegten Ziele der Volksschulbildung erforderlich ist (vgl. BVerfG vom 24.6.1969 BVerfGE 26, 228/238; BayVerfGH vom 22.7.1983 BayVBl 1984, 109).

Die angegriffene Schulsprengeländerung greift nicht unverhältnismäßig in das Selbstverwaltungsrecht der Antragstellerin ein. Das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde besteht nicht "als solches", sondern stellt ein Bündel von Rechten dar, die in ihrer Zusammenschau das Selbstverwaltungsrecht bilden. Hierzu gehören insbesondere die Planungshoheit, die Finanzhoheit und die Organisationshoheit. Auf ihre Planungshoheit kann sich die Antragstellerin vorliegend nicht berufen, da sie keinerlei ortsplanerische Zielsetzungen vorgetragen hat, deren Realisierung durch die vorgesehene Umsprengelung vereitelt oder wesentlich erschwert würden.

Die vorgenommene Umsprengelung hat für die Antragstellerin zur Folge, dass ihre Schulgebäude geringer ausgelastet sind, sie andererseits gemäß Art. 9 Abs. 1 BaySchFG Mitglied eines Schulverbandes wird oder gehalten ist, mit der Stadt Traunstein gemäß Art. 8 Abs. 2 BaySchFG eine Vereinbarung zu treffen. Auf sie kommen daher höhere finanzielle Belastungen in Gestalt der Schulverbandsumlage nach Art. 9 Abs. 7 BaySchFG bzw. eines vereinbarten Sachaufwandsteiles zu. Dies trifft die Antragstellerin aber nicht unverhältnismäßig. Eine Verletzung ihrer Finanzhoheit gemäß Art. 22 Abs. 1 GO käme allenfalls dann in Betracht, wenn sie infolge der zusätzlichen Belastungen ihre sonstigen Angelegenheiten nicht mehr angemessen oder in erforderlichem Mindestmaß erfüllen könnte (BayVGH v. 22.6.1994 BayVBl 1994, 693). Mit dem Vortrag der Antragstellerin, sie müsse bei einer Verlegung der Teilhauptschule I nach Traunstein zusätzliche Schulbusse einsetzen, was einen erheblichen Kostenaufwand bedeute, da für jeden Schüler eine Schulumlage von etwa 1.400 Euro pro Jahr zu leisten sei, was bei den künftigen Schülerständen eine zusätzliche Belastung der Antragstellerin in Höhe von ca. 40.000 bis 45.000 Euro jährlich bedeuten würde, legt sie nicht dar, dass sie infolge dieser zusätzlichen Belastung ihre sonstigen Angelegenheiten nicht mehr angemessen oder in dem erforderlichen Mindestmaß erfüllen könnte. Nicht durchdringen kann schließlich auch der Einwand der Antragstellerin, sie habe für den Schulbau allein in den letzten Jahren erhebliche Investitionen "in Höhe von ca. 2,5 Mio." getätigt. Abgesehen davon, dass die Antragstellerin den Nachweis schuldig geblieben ist, sie habe gerade im Vertrauen auf die - angebliche - Zusage im Schreiben der Regierung von Oberbayern vom 31. Oktober 2000 diese Investitionen getätigt, sind in der Schule der Antragstellerin nach Aussage des Staatlichen Schulamtes nicht mehr als sechs Klassenräume vorhanden, die im laufenden Schuljahr mit fünf Grundschulklassen und einer 6. Hauptschulklasse voll belegt sind. Das Staatliche Schulamt hat in seiner Stellungnahme vom 24. Mai 2004 darüber hinaus unbestritten darauf hingewiesen, dass die vorhandenen Räumlichkeiten nur noch im kommenden Schuljahr für die sechs Grundschulklassen ausreichen und bereits im Schuljahr 2005/ 2006 ein Klassenraum für die 7. Grundschulklasse fehle. Von einer Fehlinvestiton der Gemeinde kann deshalb keine Rede sein. Dasselbe gilt für die im Jahre 1999 errichtete Mehrzweckhalle, die zwar auch für den Schulsport genutzt wird, nach Angabe des Staatlichen Schulamtes aber im wesentlichen außerschulischen Zwecken dient; im übrigen wurde für diese Mehrzweckhalle auch kein förderfähiger schulischer Bedarf anerkannt. Nach alledem erscheint es dem Verwaltungsgerichtshof deshalb auch als realistisch, dass die zukünftige Führung der Volksschule Surberg als Grund- und Teilhauptschule I nicht "aufgrund des vorhandenen Baubestandes", wie es die Antragstellerin darstellt, möglich ist, sondern dass vielmehr vier Klassenräume nebst dazu nötigen Fach- und Nebenräumen fehlen würden.

Die Organisationshoheit der Antragstellerin ist - wie dargelegt - im Bereich des Schulwesens ohnehin überlagert durch den dem Verordnungsgeber eingeräumten Organisationsspielraum. Die Rechte der Antragstellerin werden vorliegend dadurch ausreichend gewahrt, dass ihr entweder durch Vereinbarung gemäß Art. 8 Abs. 2 BaySchFG oder Mitgliedschaft im Schulverband nach Art. 9 BaySchFG ein Mitentscheidungsrecht bei der Aufbringung des Schulaufwandes erhalten bleibt. Ihr Wunsch, dass die Schüler aus ihrem Gemeindegebiet auch dort beschult werden, muss angesichts der konkreten örtlichen Gegebenheiten hinter die gesetzliche Forderung nach der Einheit der Hauptschule zurücktreten.

bb) Auch der Elternwille musste vorliegend nicht zu einer anderen Lösung führen. Der Elternbeirat der Grund- und Teilhauptschule Surberg hat sich zwar gegen die Umsprengelung der Schüler zur Franz-von-Kohlbrenner-Hauptschule Traunstein mit Schreiben vom 10. April 2003 ausgesprochen. Der Wille der Eltern ist bei der Sprengelbildung ein zu berücksichtigender Belang, weshalb gemäß Art. 26 Abs. 2 Satz 1 BayEUG das Benehmen mit den beteiligten Elternbeiräten herzustellen ist. Die Schulbehörde darf aber bei sonst sachgerechter Ermessensausübung gegen die Willensäußerung von Eltern entscheiden. Insoweit legt das Staatliche Schulamt unter Bezugnahme auf ein Dokument des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus zur "Einheit der Hauptschule" dar, dass die Trennung der Hauptschule in Teilhauptschule I und II für den Bildungsgang schädlich sei. Eine Zersplitterung der Hauptschule gefährde ihre notwendige pädagogische Einheit, erschwere die Unterrichtsarbeit vor Ort, vergeude Ressourcen und schade dem Bemühen, die Hauptschule als weiterführenden Bildungsweg und ernstzunehmende Alternative zu Realschule und Gymnasium ins Bewusstsein der Eltern und der Öffentlichkeit zu heben. Deshalb seien Hauptschulklassen einer Hauptschule und nicht einer Grundschule anzugliedern. Der Wunsch der Eltern, ihren Kindern solange wie möglich den "Schonraum" einer Grund- und Teilhauptschule I zu erhalten, muss gegenüber diesem hauptschulpädagogischen Prinzip zurücktreten.

cc) Auch die örtlichen Gegebenheiten sind nicht dergestalt, dass sie die Zusammenfassung der Schüler in der Schule Surberg erforderten und die Umsprengelung zur Franz-von-Kohlbrenner-Hauptschule Traunstein als unverhältnismäßig erscheinen ließen. Diesbezüglich weist die Regierung von Oberbayern in ihrer "abschließenden Würdigung" unwidersprochen darauf hin, dass sich bei der Schulwegsituation durch bereits bestehende Buslinien keine wesentlichen Änderungen ergeben bzw. der Schulweg - wie bereits gleichaltrigen Schülern in der Realschule bzw. im Gymnasium auch - den Schülern zugemutet werden könne. In diesem Zusammenhang ist im übrigen auch zu berücksichtigen, dass bei Realisierung der von der Antragstellerin gewünschten Lösung, nämlich der Zusprengelung auch der stadtnahen Gemeindeteile zur Schule in Surberg, die dortigen Schüler einen ähnlich langen Schulweg zurücklegen müssten wie bei der nunmehr gewählten Lösung.

Nach alledem war der Antrag abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 10.000 Euro festgesetzt (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG, ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. zuletzt Beschluss vom 9.12.2003 Az. 7 N 02.1381).

Ende der Entscheidung

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