Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 02.08.2007
Aktenzeichen: 7 ZB 07.987
Rechtsgebiete: VwGO, BayEUG, GG, IPwskR


Vorschriften:

VwGO § 60
VwGO § 124 Abs. 2
BayEUG Art. 1
BayEUG Art. 2
BayEUG Art. 76
GG Art. 4 Abs. 1
GG Art. 6 Abs. 2 Satz 1
GG Art. 7 Abs. 1
IPwskR Art. 13 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

7 ZB 07.987

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Schulpflicht;

hier: Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 18. Dezember 2006,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 7. Senat,

durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Dr. Pongratz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Bergmüller, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Zöllner

ohne mündliche Verhandlung am 2. August 2007

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Kläger tragen die Kosten des Antragsverfahrens als Gesamtschuldner.

III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Kläger wollen mit ihrem Rechtsschutzbegehren erreichen, dass ihre seit dem Schuljahr 2003/2004 schulpflichtige Tochter nicht die örtliche Volksschule besuchen muss, sondern von ihnen zu Hause unterrichtet werden kann. Sie berufen sich auf ihr elterliches Erziehungsrecht und auf die grundrechtlich geschützte Glaubens- und Gewissensfreiheit. Die Erziehungsziele, Lerninhalte und Unterrichtsformen der staatlichen Schulen stünden in Widerspruch zu der von ihnen erstrebten christlichen Glaubenserziehung; eine geeignete Ersatzschule gebe es in der Nähe nicht.

Mit Bescheid vom 17. März 2004 gab das Landratsamt N. den Klägern unter Zwangsgeldandrohung auf, für eine regelmäßige Teilnahme ihrer Tochter am Volksschulunterricht und an den sonstigen verbindlichen Schulveranstaltungen zu sorgen. Hiergegen erhoben die Kläger nach erfolglosem Widerspruchsverfahren Anfechtungsklage zum Verwaltungsgericht Ansbach, die mit Urteil vom 18. Dezember 2006 abgewiesen wurde.

Gegen dieses Urteil wenden sich die Kläger mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 18. Dezember 2006 ist zulässig. Die Versäumung der Begründungsfrist steht dem nicht entgegen, da den Klägern insoweit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist (§ 60 Abs. 1, Abs. 4 VwGO).

Die Kläger haben den Zulassungsantrag zwar nicht innerhalb der am 16. Mai 2007 endenden Frist von zwei Monaten ab Urteilszustellung (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) begründet, sondern erst mit Schriftsatz vom 6. Juni 2007, der beim Verwaltungsgerichtshof am selben Tag per Telefax und zwei Tage später im Original eingegangen ist. Die Bevollmächtigte der Kläger hat aber durch die vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen vom 12. und 14. Mai 2007 glaubhaft gemacht, dass sie aufgrund einer kurz vor Fristablauf plötzlich eintretenden Erkrankung ohne Verschulden verhindert war, die Begründungsfrist einzuhalten. Da nach ihrem nachvollziehbaren und durch anwaltliche Versicherung glaubhaft gemachten Vorbringen in der damaligen Situation keine realistische Möglichkeit bestand, dass sich ein anderer anwaltlicher Vertreter kurzfristig in die recht ungewöhnliche Prozessmaterie hätte einarbeiten können, muss die damalige Fristversäumung insgesamt als unverschuldet ansehen werden. Der vollständige und mit Unterschrift versehene Wiedereinsetzungsantrag wurde am 8. Juni 2007 und damit noch innerhalb der hier ausnahmsweise geltenden Monatsfrist des § 60 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO gestellt. Da auch die versäumte Rechtshandlung innerhalb dieser Frist nachgeholt wurde, ist den Klägern Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

2. Der Antrag auf Zulassung der Begründung ist aber unbegründet, da keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe vorliegt.

a) Der die verwaltungsgerichtliche Entscheidung tragende Rechtssatz, das elterliche Erziehungsrecht und die Glaubens- und Gewissensfreiheit gäben den Eltern nicht das Recht, den Schulbesuch ihres Kindes zu verweigern, wird durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht in Frage gestellt oder widerlegt. Das diesbezügliche Vorbringen der Kläger führt daher weder zu ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch wird damit eine zur Berufungszulassung führende Divergenz dargetan (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO).

Aus der im sog. Kruzifix-Beschluss getroffenen Aussage, das in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistete Recht der Eltern zur Kindererziehung in religiöser und weltanschaulicher Hinsicht umfasse das Recht, "die Kinder von Glaubensüberzeugungen fernzuhalten, die den Eltern falsch oder schädlich erscheinen" (BVerfG vom 16.5.1995 BVerfGE 93,1/17), lässt sich keine generelle elterliche Befugnis ableiten, Kindern aus religiösen Gründen die Teilnahme an staatlichen Pflichtveranstaltungen zu verwehren. Mit der genannten Aussage wird vielmehr, wie der systematische Aufbau der Entscheidung erkennen lässt, zunächst nur der sachliche Schutzbereich des elterlichen Erziehungsrechts näher umschrieben. Die prinzipielle Anerkennung eines elterlichen Abwehrrechts gegenüber unerwünschten weltanschaulichen oder religiösen Einflussnahmen auf die eigenen Kinder bedeutet nicht, dass in diese Grundrechtsposition unter keinen Umständen eingegriffen werden dürfte. Wie das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat, erfahren das Erziehungsrecht und die Religionsfreiheit der Eltern durch die - zur Konkretisierung des staatlichen Erziehungsauftrags aus Art. 7 Abs. 1 GG begründete - allgemeine Schulpflicht eine grundsätzlich zulässige Beschränkung (BVerfG vom 21.4. 1989 Az. 1 BvR 235/89; vom 15.3.2007 DVBl 2007, 693/696). Dies gilt nicht nur für die Teilnahmepflicht als solche, sondern auch für die zu vermittelnden Lehrinhalte. Der Staat muss zwar bei der Gestaltung des Unterrichts in der öffentlichen Pflichtschule Neutralität und Toleranz gegenüber den erzieherischen Vorstellungen der Eltern aufbringen; er darf aber auch unabhängig von den Eltern eigene Erziehungsziele verfolgen (BVerfG a.a.O., m.w.N.).

Die Kläger können daher ihrer Tochter den Pflichtschulbesuch nicht mit der im Zulassungsantrag angeführten Begründung untersagen, die von ihnen angestrebte christliche Erziehung werde "durch die staatliche fächerübergreifende Erziehung zur Emanzipation, zum Darwinismus und zur Esoterik im Kern zersetzt", da die zugrunde liegende "Ideologie" des Postmodernismus und Relativismus keine absoluten Normen und Wahrheiten anerkenne. Solche religiös motivierten Einwände gegen die allgemeine Schulpflicht hat das Bundesverfassungsgericht in seiner jüngeren Rechtsprechung mehrfach ausdrücklich zurückgewiesen. In der zuletzt veröffentlichten Entscheidung vom 15. März 2007 (DVBl 2007, 693/696) wird dazu Folgendes ausgeführt: "Sucht der Landesgesetzgeber im Wege der praktischen Konkordanz einen schonenden Ausgleich zwischen den Rechten der Schüler und Eltern aus Art. 4 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 2 GG sowie dem Erziehungsauftrag des Staates aus Art. 7 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 93, 1 <21>), so darf er dabei auch der Entstehung von religiös oder weltanschaulich motivierten "Parallelgesellschaften" entgegenwirken und sich um die Integration von Minderheiten bemühen. Integration setzt nicht nur voraus, dass die religiös oder weltanschaulich geprägte Mehrheit jeweils anders geprägte Minderheiten nicht ausgrenzt; sie verlangt auch, dass diese sich selbst nicht abgrenzt und sich einem Dialog mit Andersdenkenden und Andersgläubigen nicht verschließt. Dies im Sinne gelebter Toleranz einzuüben und zu praktizieren, kann für den Landesgesetzgeber eine wichtige Aufgabe der öffentlichen Schule sein. Die Fähigkeit aller Schüler zu Toleranz und Dialog ist eine Grundvoraussetzung für die spätere Teilnahme nicht nur am demokratischen Willensbildungsprozess, sondern auch für ein gedeihliches Zusammenleben in wechselseitigem Respekt auch vor den Glaubensüberzeugungen und Weltanschauungen (vgl. BVerfGK 1, 141 <143 f.>). ... Schüler und deren Eltern können danach keine Unterrichtsgestaltung beanspruchen, nach der die Kinder vollständig von der Befassung mit Glaubensrichtungen oder Ansichten verschont bleiben, die ihnen fremd sind. In einer Gesellschaft, die unterschiedlichen Glaubensüberzeugungen Raum gibt, gewährt Art. 4 Abs. 1 GG ein solches Recht nicht (vgl. BVerfGE 93, 1 <15 f.>). So ist etwa nichts dagegen zu erinnern, wenn die Schule im Rahmen des Biologieunterrichts die Evolutionstheorie vermittelt und die Behandlung der Schöpfungsgeschichte auf den Religionsunterricht beschränkt oder im Rahmen des Sexualkundeunterrichts Kenntnisse über geschlechtlich übertragbare Krankheiten und über Methoden der Empfängnisverhütung vermittelt, obgleich Letzteres nach den Grundsätzen einzelner Religionsgemeinschaften eher als nicht oder wenig erwünscht erscheinen mag (vgl. Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 31. Mai 2006 - 2 BvR 1693/04 -, JURIS)." Entgegen dem Vorbringen der Kläger durfte das Verwaltungsgericht ohne weitergehende tatsächliche Feststellungen davon ausgehen, dass in den Pflichtschulen im Freistaat Bayern weder ein - nach höchstrichterlicher Rechtsprechung unzulässiger (BVerfG vom 21.12.1977, BVerfGE 47, 46 ff.) - ideologisch-indoktrinierender Sexualkundeunterricht stattfindet noch esoterisch-okkulte Praktiken eingeübt werden. Die in Art. 48 BayEUG niedergelegten Grundsätze der Familien- und Sexualerziehung nehmen auf das natürliche Erziehungsrecht der Eltern sowie auf deren religiöse und weltanschauliche Überzeugungen in ausreichendem Maße Rücksicht (BayVerfGH vom 13.12.2002 VerfGH 55, 189/198 f.). Es ist auch nicht ersichtlich, dass an den bayerischen Schulen unter Missachtung der gesetzlich festgelegten Bildungsziele (Art. 1, 2 BayEUG) esoterisch-übersinnliche Vorstellungen vermittelt würden. Die gegenteilige Behauptung der Kläger beruht auf einer rein subjektiven Bewertung einzelner Lehrinhalte und -methoden, die ihrer erkennbaren Intention nach keine weltanschaulich geprägten Inhalte vermitteln, sondern nur die Vorstellungskraft der Kinder schulen bzw. ihr Körpergefühl verbessern sollen (vgl. BayVerfGH a.a.O., S. 198 m.w.N.). Dem Einsatz solcher wertneutraler Unterrichtsformen können auch Eltern, die darin bestimmte weltanschauliche Aussagen erkennen, nicht mit Erfolg widersprechen (BVerwG vom 7.10.2003 Buchholz 11 Art. 4 GG Nr. 73).

Im Übrigen wäre es, wie das Bundesverfassungsgericht in vergleichbaren Fällen dargelegt hat, für die verfassungsrechtliche Beurteilung der gesetzlichen Schulpflicht auch nicht entscheidend, wenn Teilaspekte der gegenwärtigen Unterrichtspraxis oder die Verhältnisse an einzelnen Schulen den grundrechtsgeschützten Belangen der Eltern nicht hinreichend Rechnung tragen sollten (BVerfG vom 15.9.1987 Az. 1 BvR 967/87, 1 BvR 1102/87; vom 15.3.2007 DVBl 2007, 693/698). Selbst wenn dies der Fall wäre, könnten die Kläger ihre Tochter nicht einfach vom Besuch der Pflichtschule abhalten oder für sie eine generelle Unterrichtsbefreiung beanspruchen; sie wären vielmehr darauf verwiesen, mit geeigneten Mitteln auf rechtmäßige Zustände hinzuwirken (BayVGH vom 15.7.2003 Az. 7 ZB 03.1368). Gleiches gilt für den im Zulassungsantrag enthaltenen Hinweis auf die an den öffentlichen Schulen auftretenden Fälle von Gewalt und auf das den Bildungserfolg beeinträchtigende Verhalten von lernunwilligen oder verhaltensgestörten Mitschülern. Auch durch solche Gefahren und Mängel des bestehenden Schulsystems würde die gesetzliche Schulpflicht allenfalls dann in Frage gestellt, wenn der Staat insoweit ungeachtet der in Art. 7 Abs. 1 GG festgelegten Aufsichtspflicht tatenlos bliebe, was aber weder ersichtlich noch von den Klägern vorgetragen worden ist.

b) Nachdem die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der allgemeinen Schulpflicht durch die oben genannten und weitere höchstrichterliche Entscheidungen (BVerfG vom 31.5.2006 BayVBl 2006, 633; vom 29.4.2003 BVerfGK 1, 141) bereits umfassend geklärt ist, weist die vorliegende Rechtssache auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf, die zu einer Zulassung der Berufung führen könnten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Die von den Klägern als klärungsbedürftig bezeichneten Einzelfragen sind entweder - soweit sie allgemeine Einwände gegen die Schulpflicht betreffen - durch die höchstrichterlich bestätigte Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers bereits beantwortet oder können - soweit sie die von der Tochter der Kläger zu besuchende Grundschule in S. betreffen - an der prinzipiellen Verpflichtung zum Schulbesuch nichts ändern.

Es bedarf auch in tatsächlicher Hinsicht keiner weiteren Aufklärung zu der Frage, ob Kinder bei häuslicher Unterrichtung einen mindestens gleichen Bildungsstand wie in der Schule erreichen können. Die gesetzgeberische Entscheidung für die Schulpflicht und gegen ein Recht auf "Homeschooling" beruht nicht auf der (einem Gegenbeweis zugänglichen) Annahme, außerhalb der Schule sei keine gleichwertige Wissensvermittlung möglich. Der staatliche Erziehungsauftrag beschränkt sich nicht auf rein kognitive Fähigkeiten, sondern zielt auch auf die Heranbildung verantwortlicher Staatsbürger, die gleichberechtigt und verantwortungsbewusst an den demokratischen Prozessen in einer pluralistischen Gesellschaft teilhaben (BVerfG vom 31.5.2006 BayVBl 2006, 633/634). "Soziale Kompetenz im Umgang mit Andersdenkenden, gelebte Toleranz, Durchsetzungsvermögen und Selbstbehauptung einer von der Mehrheit abweichenden Überzeugung können effektiver eingeübt werden, wenn Kontakte mit der Gesellschaft und den in ihr vertretenen unterschiedlichen Auffassungen nicht nur gelegentlich stattfinden, sondern Teil einer mit dem regelmäßigen Schulbesuch verbundenen Alltagserfahrung sind" (BVerfG a.a.O., unter Hinweis auf BVerfG vom 29.4.2003, BVerfGK 1, 141/143; ebenso BayVerfGH vom 13.12.2002 VerfGH 55, 189/201; Tangermann, ZevKR 51 [2006], 393/416 f.). Diese Erwägung rechtfertigt den gesetzlichen Ausschluss häuslichen Einzelunterrichts unabhängig davon, welcher sonstige Lernerfolg dort im Einzelfall erreicht werden kann.

Weiterer Klärungs- oder Erörterungsbedarf besteht auch nicht zu der von den Klägern zitierten Vorschrift des Art. 13 Abs. 3 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (IPwskR) vom 19.12.1966 (BGBl 1976 II S. 428), wonach die Signatarstaaten sich verpflichten, "die Freiheit der Eltern... zu achten, für ihre Kinder andere als öffentliche Schulen zu wählen, ... sowie die religiöse und sittliche Erziehung ihrer Kinder in Übereinstimmung mit ihren eigenen Überzeugungen sicherzustellen". Selbst wenn davon ausgegangen wird, dass diese Vorschrift aufgrund der innerstaatlichen Umsetzung des Paktes einen verbindlichen Normbefehl im Range eines Bundesgesetzes enthält (vgl. im Einzelnen VG Freiburg vom 20.6.2007 Az. 1 K 2324/06 m.w.N.), können sich die Kläger darauf im vorliegenden Zusammenhang nicht berufen. Bereits der Wortlaut des Art. 13 Abs. 3 IPwskR spricht gegen ein darin angelegtes Elternrecht auf "Homeschooling". Die ausdrücklich gewährte Wahlfreiheit zugunsten einer "anderen" als der öffentlichen Schule soll erkennbar nur den Zugang zu (bestehenden) Privatschulen garantieren, nicht dagegen die Möglichkeit eröffnen, auf den Besuch einer Schule gänzlich zu verzichten. Auch die in Art. 13 Abs. 3 IPwskR verlangte Achtung vor der Freiheit der Eltern, ihre Kinder in Übereinstimmung mit ihren eigenen Überzeugungen sittlich und religiös zu erziehen, steht der Aufrechterhaltung der allgemeinen Schulpflicht in Deutschland nicht entgegen, wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seiner Entscheidung vom 11. September 2006 (Az. 35504/03, Volltext unter http://www.coe. int/t/d/menschenrechtsgerichtshof/dokumente_auf_deutsch/volltext/entscheidungen/ 20060911-Konrad.asp#TopOfPage) zur inhaltsgleichen Bestimmung des Art. 2 des Protokolls Nr. 1 zur Europäischen Menschenrechtskonvention näher dargelegt hat. Es bedarf hiernach keiner näheren Prüfung der verfassungsrechtlichen Frage, ob die in Art. 7 Abs. 1 GG geforderte Aufsicht des Staates über das Schulwesen die allgemeine Schulpflicht als unabdingbare Voraussetzung mit einschließt (bejahend Tangermann, ZevKR 51 [2006], 393/408 ff.), so dass sie selbst einer möglichen völkerrechtlichen Verpflichtung zur Gestattung von "Homeschooling" rechtlich vorginge.

c) Es liegt schließlich auch kein Verfahrensfehler vor, auf dem die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Nachdem es aus den dargelegten Gründen keiner weiteren Ermittlung derjenigen Umstände bedurfte, die aus der subjektiven Sicht der Kläger gegen eine gesetzliche Verpflichtung zum Schulbesuch und für einen selbstbestimmten häuslichen Unterricht sprechen, lag in der Nichtbefassung des Verwaltungsgerichts mit dem diesbezüglichen Sachvortrag und in der Ablehnung der darauf abzielenden Beweisanträge weder ein Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) und gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) noch etwa eine Versagung des rechtlichen Gehörs (§ 103 Abs. 1 GG).

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung zur Streitwerthöhe aus § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG.

Ende der Entscheidung

Zurück