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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 03.03.2009
Aktenzeichen: 8 BV 07.496
Rechtsgebiete: GG, LuftVG, LuftSiG, LuftVZO i.d.F. der Bek. v. 27.3.1999


Vorschriften:

GG Art. 2 Abs. 1
GG Art. 12 Abs. 1
LuftVG § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3
LuftVG § 4 Abs. 3
LuftSiG § 7
LuftVZO i.d.F. der Bek. v. 27.3.1999 § 24 Abs. 2
LuftVZO i.d.F. der Bek. v. 27.3.1999 § 24c Abs. 2
LuftVZO i.d.F. der Bek. v. 27.3.1999 § 29 Abs. 1
LuftVZO i.d.F. der Bek. v. 27.3.1999 § 29 Abs. 3
Die Eingriffsmaßnahme des Widerrufs oder vorliegend der Ruhensanordnung einer vor dem Inkrafttreten des Luftsicherheitsgesetzes befristet erteilten oder verlängerten Luftfahrererlaubnis kann nicht auf § 4 Abs. 3 LuftVG gestützt werden, wenn sie allein mit dem Fehlen einer Zuverlässigkeitsüberprüfung nach § 7 LuftSiG begründet wird (wie VGH Baden-Württemberg vom 29. Juli 2008 Az. 8 S 904/08 - juris -).
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

8 BV 07.496

Verkündet am 3. März 2009

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Ruhens einer Privatpilotenlizenz;

hier: Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 28. September 2006,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 8. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Allesch, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Graf zu Pappenheim, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Senftl

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26. Februar 2009

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen den Bescheid der Regierung von Oberbayern, Luftamt Südbayern (im Folgenden: Luftamt), vom 12. Juni 2006, mit dem das Ruhen seiner Privatpilotenlizenz angeordnet und sein Luftfahrerschein eingezogen wurde.

Der Kläger, ein österreichischer Staatsangehöriger, ist Inhaber einer Lizenz für Privatpiloten (Flugzeug), die erstmals am 18. November 1986 ausgestellt und deren Gültigkeit vom Luftamt zuletzt am 7. Oktober 2004 bis zum 7. Oktober 2009 verlängert wurde. Wegen der Weigerung, den Nachweis seiner luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit zu führen, ordnete das Luftamt mit Bescheid vom 18. Mai oder 19. Mai 2006 (Datum nach den Entwürfen unklar) sofort vollziehbar an, dass der Kläger einen Antrag auf Überprüfung seiner Zuverlässigkeit zu stellen habe. Diesen Bescheid hat der Beklagte im Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht wieder aufgehoben.

Mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 12. Juni 2006 ordnete das Luftamt das Ruhen der Lizenz des Klägers für Privatpiloten bis zum Nachweis seiner luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit, längstens bis zum Ablauf seiner Gültigkeit am 7. Oktober 2009 an (Nr. 1 des Bescheids). Ferner wurde der Luftfahrerschein des Klägers für Privatpiloten eingezogen und der Kläger aufgefordert, diesen spätestens zehn Tage nach Bescheidszustellung zu hinterlegen (Nr. 2 des Bescheids).

Auf die vom Kläger gegen den Bescheid des Luftamts vom 12. Juni 2006 erhobene Anfechtungsklage hat das Verwaltungsgericht München diesen Bescheid mit Urteil vom 28. September 2006 aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, eine Rechtsgrundlage für die vom Luftamt getroffene Ruhensanordnung sei nicht ersichtlich. Sie ergebe sich weder aus § 29 Abs. 3 Satz 1 LuftVZO noch aus § 3 LuftSiG. Das geltende Luftrecht enthalte keine Verpflichtung des Klägers, einen Antrag auf Überprüfung seiner luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit zu stellen. Demgemäß sei es auch nicht gerechtfertigt, allein aus der unterlassenen Antragstellung des Klägers eine seine Unzuverlässigkeit oder jedenfalls Zweifel an seiner Zuverlässigkeit als Privatpilot begründende Tatsache herleiten zu wollen. Die formelle Verfassungsmäßigkeit des Luftsicherheitsgesetzes hat das Verwaltungsgericht im Übrigen bejaht.

Zur Begründung seiner vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung hat der Beklagte ausgeführt: Das Erstgericht habe verkannt, dass Rechtsgrundlage der angefochtenen Ruhensanordnung unmittelbar § 4 Abs. 3 LuftVG sei. Danach sei eine Erlaubnis für Luftfahrer zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 LuftVG nicht mehr vorlägen. Die gegen den Kläger verfügte Ruhensanordnung sei als diejenige aufsichtliche Eingriffsmaßnahme zulässig, die gegenüber dem in der gesetzlichen Bestimmung vorgesehenen Widerruf weniger einschneidend sei; denn es habe beim Kläger an der hier allein streitigen Voraussetzung des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Halbsatz 2 LuftVG gefehlt. Bei seiner Annahme, vor der Einleitung aufsichtlicher Maßnahmen nach § 4 Abs. 3 LuftVG bedürfe es der positiven Feststellung der Unzuverlässigkeit im Sinne des § 7 LuftSiG, habe das Verwaltungsgericht verkannt, dass der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Neuregelung von Luftsicherheitsaufgaben vom 11. Januar 2005 für Luftfahrer ausdrücklich ein weiteres und zum bisherigen luftverkehrlichen Regime des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Halbsatz 1 LuftVG (Teilaspekt der "safety") paralleles Sicherheitsinstitut geschaffen habe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Halbsatz 2 LuftVG i.V.m. § 7 LuftSiG - Teilaspekt der "security"). Mit der Neuregelung habe der Gesetzgeber an das antragsabhängige Verfahren nach dem bis 14. Januar 2005 gültigen § 29d LuftVG a.F. angeknüpft. Nachdem die Neuregelung am 15. Januar 2005 in Kraft getreten sei (Art. 9 des Gesetzes) und der Gesetzgeber ausdrücklich keine Übergangsregelung für den Personenkreis nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 LuftVG getroffen habe, erfasse diese Vorschrift im Wege der tatbestandlichen Rückanknüpfung auch solche Luftfahrer, denen eine Lizenz im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 4 LuftSiG bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuregelung von Luftsicherheitsaufgaben vom 11. Januar 2005 erteilt worden sei (sog. Altfälle bzw. "laufende" Lizenzen). Entgegen der Rechtsauffassung des Erstgerichts könne aus § 7 Abs. 6 LuftSiG nicht geschlossen werden, dass eine unterbliebene Antragstellung des Privatpiloten nach § 7 Abs. 2 Satz 1 LuftSiG aufsichtlich nicht sanktioniert werde. Vielmehr mache es der Luftfahrer, der sich dem Überprüfungsverfahren nach § 7 LuftSiG verweigere, unmöglich, dass bei ihm das im Luftsicherheitsgesetz neu statuierte parallele security-Sicherheitsinstrumentarium zur Anwendung gebracht werde. Nach der Normsystematik sowie dem Sinn und Zweck der Vorschriften sei es allein Sache des Luftfahrers, durch eine Antragstellung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 LuftSiG eine Non-liquet-Situation im Vollzug des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Halbsatz 2 LuftSiG auszuräumen. Tue er dies nicht, sei die Anwendung von § 4 Abs. 3 LuftVG zwingende rechtliche Konsequenz. Die sodann nicht ausräumbaren Zweifel an der luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit gingen zu seinen Lasten; der Luftfahrer trage dafür die materielle Beweislast. Der Wortlaut des § 4 Abs. 3 LuftVG - "nicht mehr" - stehe seiner Anwendung auf "Altfälle" nicht entgegen. Eine ausschließlich am Wortlaut orientierte Auslegung greife zu kurz; sie würde insbesondere bei den zahlenmäßig nicht unerheblichen Fällen von Inhabern unbefristeter Lizenzen (für Segelflugzeugführer mit Klassenberechtigung für Reisemotorsegler) zu einer dauerhaften Sanktionslosigkeit in den Fällen verweigerter Antragstellung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 LuftSiG führen. Das Ziel des Luftsicherheitsgesetzes - Schutzverbesserung - spreche eindeutig dafür, dass der Gesetzgeber die Einbeziehung sämtlicher Luftfahrer im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 4 LuftSiG in die Zuverlässigkeitsprüfungen beabsichtigt habe, weil nur so ein lückenloser Schutz erreicht werden könne. Die weiter angeordnete Einziehung und Hinterlegung des dem Kläger erteilten Luftfahrerscheins fänden ihre Rechtsgrundlage entweder schon in § 4 Abs. 3 LuftVG selbst oder daneben und parallel mit Blick auf die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der Ruhensanordnung jedenfalls in Art. 52 Satz 1 Alt. 3 und Satz 2 BayVwVfG.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 28. September 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es sei rechtlich unzulässig, die fehlende Antragstellung des Klägers zur Durchführung einer Zuverlässigkeitsüberprüfung nach § 7 LuftSiG als Verweigerung seiner Mitwirkung auszulegen und deshalb zu unterstellen, der Kläger sei unzuverlässig. Konkrete Anhaltspunkte oder Nachweise für eine Unzuverlässigkeit des Klägers in diesem Sinne fehlten. Im Übrigen sei die Vorschrift des § 7 LuftSiG sowohl formell als auch materiell verfassungswidrig. Das Luftsicherheitsgesetz sei ohne die erforderliche Zustimmung des Bundesrats erlassen worden und - auch nach Auffassung verschiedener Verwaltungsgerichte - schon deshalb insgesamt verfassungswidrig. Ebenso wenig genüge § 7 LuftSiG dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenbestimmtheit und Normenklarheit. Überdies greife die Vorschrift unverhältnismäßig in die Grundrechte des Klägers aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG (Recht auf informationelle Selbstbestimmung) und Art. 3 Abs. 1 GG (Gleichbehandlungsgrundsatz) ein. Mittlerweile habe der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in einem Berufungsverfahren am 29. Juli 2008 rechtskräftig entschieden (Az. 8 S 904/08), dass bei sogenannten Altlizenzen wie der des Klägers keine Rechtsgrundlage für das Verlangen einer Zuverlässigkeitsüberprüfung nach § 7 LuftSiG bestehe. In gleicher Weise habe auch schon das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg in einem Eilverfahren entschieden (Beschluss vom 1.10.2007 Az. 12 S 58.07). Die Ruhensanordnung beim Kläger sei daher jedenfalls ohne erforderliche die Rechtsgrundlage erfolgt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 26. Februar 2009 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Der vom Kläger angefochtene Bescheid des Luftamts vom 12. Juni 2006 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat der dagegen gerichteten Anfechtungsklage zu Recht stattgegeben.

1. Das Erstgericht hat zu Recht entschieden, dass die in Nr. 1. des Bescheids vom 12. Juni 2006 verfügte Anordnung des Ruhens der Privatpilotenlizenz des Klägers bis zum Nachweis seiner luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit materiell rechtswidrig ist, weil es an der dafür erforderlichen, tragfähigen Rechtsgrundlage fehlt.

1.1 Der Beklagte hat im Berufungsverfahren klargestellt, dass die angefochtene Ruhensanordnung nicht mehr (zusätzlich) auf die besondere Widerrufs- und Ruhensreglung des § 29 Abs. 1 und 3 der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung (LuftVZO) in der hier noch maßgeblichen, bis zum 30. Juni 2007 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 27. März 1999 (BGBl I S. 610), zuletzt geändert durch Art. 1 Nr. 2. der Verordnung zur Änderung luftrechtlicher Vorschriften über Anforderungen an Flugbesatzungen vom 10. Februar 2003 (BGBl I S. 182) - LuftVZO a.F. -, sondern unmittelbar und ausschließlich auf § 4 Abs. 3 LuftVG gestützt wird. Damit hat der Beklagte dem Umstand Rechnung getragen, dass sich § 29 Abs. 1 LuftVZO in seiner zum Zeitpunkt der angefochtenen Behördenentscheidung geltenden (früheren) Fassung nicht auf Zuverlässigkeitszweifel im Sinne von § 7 LuftSiG, sondern vielmehr ausschließlich auf die sonstige Eignung, d.h. Tauglichkeit und betriebsbedingte Zuverlässigkeit des Luftfahrers bezog. Wie im Fall des Widerrufs einer Berufs- oder Betriebserlaubnis (vgl. dazu BVerwG vom 30.9.2005 GewArch 2006, 77) oder einer waffenrechtlichen Erlaubnis (vgl. BVerwG vom 16.5.2007 NVwZ 2007, 1201) kommt es auch im Fall der Anfechtungsklage gegen den Widerruf einer luftverkehrsrechtlichen Erlaubnis nach § 4 Abs. 3 LuftVG als rechtsgestaltendem Verwaltungsakt mangels abweichender materiell-rechtlicher Regelung grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der (letzten) Behördenentscheidung an. Letzteres muss konsequenterweise auch für die vorliegende Ruhensanordnung als nach Auffassung des Beklagten wesensgleichem Minus zum Widerruf gelten (vgl. dazu im Folgenden), nachdem Grundlage dieser Entscheidung gerade die von der Behörde wegen der verweigerten Überprüfung angenommene luftsicherheitsrechtliche Unzuverlässigkeit des Klägers ist.

1.2 Entgegen der Auffassung des Beklagten lässt sich die streitbefangene Ruhensanordnung aber auch nicht unmittelbar auf § 4 Abs. 3 LuftVG stützen.

Zweifelhaft ist bereits, ob es diese Vorschrift überhaupt zulässt, bei unterstelltem Vorliegen der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen anstelle des zwingend vorgesehenen Widerrufs der Erlaubnis das Ruhen der Erlaubnis auf Zeit als im Sinne des Verhältnismäßigkeitgrundsatzes mildere Maßnahme anzuordnen (im Folgenden 1.2.1). Unabhängig davon liegen im Fall des Klägers jedenfalls die Widerrufsvoraussetzungen des § 4 Abs. 3 LuftVG nicht vor. Denn die Widerrufsermächtigung des § 4 Abs. 3 LuftVG erfasst von vornherein nicht Fälle einer verweigerten, anlasslosen Zuverlässigkeitsüberprüfung nach § 7 LuftSiG bei "Alterlaubnisinhabern", d.h. solchen Privatpiloten, die ihre Erlaubnis (Lizenz) noch vor Inkrafttreten des Luftsicherheitsgesetzes erworben oder verlängert erhalten haben (im Folgenden 1.2.2). Vor allem aber ergibt sich für Privatpiloten mit einer derartigen "Alterlaubnis" aus § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Alt. 2 LuftVG in Verbindung mit § 7 LuftSiG ohne entsprechende gesetzliche Übergangsregelung keine Pflicht, sich noch während der Geltungsdauer ihrer Erlaubnis einer anlasslosen Zuverlässigkeitsüberprüfung nach § 7 LuftSiG zu unterziehen (im Folgenden 1.2.3).

1.2.1 Der Beklagte hat sich im Hinblick auf den durch § 4 Abs. 3 LuftVG bewirkten Grundrechtseingriff - im Fall des Klägers in das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG (allgemeine Handlungsfreiheit) - und den dabei zu beachtenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit für eine verfassungskonforme Reduktion dieser Vorschrift entschieden. Anstelle des gesetzlich bestimmten Widerrufs der Erlaubnis hat er im Sinne einer einengenden Auslegung dieser Ermächtigungsgrundlage als milderes Mittel das Ruhen der Erlaubnis auf Zeit - bis zur "erfolgreich" abgeschlossenen Zuverlässigkeitsüberprüfung nach § 7 LuftSiG - angeordnet (zur Zulässigkeit einer derartigen Normauslegung vgl. auch Hofmann/Grabherr, Luftverkehrsgesetz, Kommentar, Stand: Mai 2006, RdNr. 67 zu § 4; Schwenk/Giemulla, Handbuch des Luftverkehrsrechts, 3. Aufl. 2005, S. 460). Angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 4 Abs. 3 LuftVG ist dies keinesfalls selbstverständlich. Denn die verfassungskonforme Auslegung der Gesetze durch Behörden und Gerichte findet ihre Grenzen dort, wo sie zum Wortlaut der Norm und zum klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch treten würde (st. Rspr.; vgl. BVerfG vom 30.3.2004 BVerfGE 110, 226/267 m.w.N.).

Für eine nach diesen Maßstäben mögliche verfassungskonform einengende Auslegung des § 4 Abs. 3 LuftVG könnte sprechen, dass durch die Anordnung des Ruhens die Erlaubnis nicht wie im Fall des Widerrufs erlischt, sondern weiter fortbesteht und bei Erfüllung der erforderlichen Voraussetzungen auch wieder ausgeübt oder verlängert werden kann. In diesem Sinne wäre die Ruhensanordnung als Maßnahme zur Unterbindung lediglich der Ausübung der Erlaubnis als wesensgleiches Minus gegenüber dem Widerruf zu verstehen. Auch in der § 4 Abs. 3 LuftVG konkretisierenden Verordnungsvorschrift des § 29 Abs. 3 LuftVZO (alter sowie neuer Fassung), wonach anstelle des Widerrufs das Ruhen der Lizenz auf Zeit angeordnet werden kann, wenn dies ausreicht, um die Sicherheit des Luftverkehrs aufrecht zu erhalten, kommt ein dahingehendes Normverständnis des Verordnungsgebers zum Ausdruck. Zwar sprechen somit durchaus sachliche Gründe für die vom Beklagten vorgenommene verfassungskonforme Reduktion des § 4 Abs. 3 LuftVG. Dennoch bedarf die Frage, ob dies noch mit dem Willen des Gesetzgebers vereinbar ist, keiner abschließenden Entscheidung, weil sich diese Ermächtigungsgrundlage aus den nachfolgend dargelegten Gründen für die angefochtene Verfügung des Luftamts nicht als tragfähig erweist.

1.2.2 Im Anschluss an die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 29. Juli 2008 (Az. 8 S 904/08 - juris - ) vertritt auch der Senat die Auffassung, dass die Eingriffsmaßnahme des Widerrufs oder vorliegend der Ruhensanordnung einer vor dem Inkrafttreten des Luftsicherheitsgesetzes erteilten oder verlängerten Luftfahrererlaubnis nicht auf § 4 Abs. 3 LuftVG gestützt werden kann, wenn sie allein mit dem Fehlen einer Zuverlässigkeitsüberprüfung nach § 7 LuftSiG begründet wird.

Die Frage, ob die Widerrufsermächtigung in § 4 Abs. 3 LuftVG auch derartige "Altfälle" erfasst, ist in der Rechtsprechung umstritten. Für eine uneingeschränkte Anwendbarkeit der Widerrufsermächtigung auch auf diese "Altfälle" werden insbesondere systematische Gründe und der Sinn und Zweck des Luftsicherheitsgesetzes mit der darin geregelten Zuverlässigkeitsüberprüfung der Luftfahrer im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 4 LuftSiG angeführt (vgl. z.B. OVG Nordrhein-Westfalen vom 27.3.2006 20 B 1985/05 - juris -; OVG Rheinland-Pfalz vom 5.2.2008 Az. 8 B 10001/8 - juris - RdNr. 15; VG Darmstadt Vorlagebeschluss an das Bundesverfassungsgericht vom 27.6.2007 5 E 1495/06 - juris - RdNrn. 17 ff. mit umfangreichen Rechtsprechungsnachweisen). Die gegenteilige Ansicht (vgl. z.B. OVG Berlin-Brandenburg vom 1.2.2007 12 S 58.07 - juris -; VGH Baden-Württemberg vom 29.7.2008 a.a.O.) verneint die Anwendbarkeit des § 4 Abs. 3 i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Alt. 2 LuftVG in "Altfällen" wie dem des Klägers insbesondere aufgrund eines auf dem Gesetzeswortlaut beruhenden Verständnisses des § 4 Abs. 3 LuftVG, aufgrund des Fehlens einer erforderlichen Übergangsvorschrift sowie ebenfalls aufgrund systematischer Erwägungen. Für die zuletzt genannte Auffassung sprechen nach Ansicht des Senats die überzeugenderen Argumente.

1.2.2.1 Schon der Wortlaut des § 4 Abs. 3 LuftVG - "wenn die Voraussetzungen nach Abs. 1 nicht mehr vorliegen" - legt nahe, dass für den in § 4 Abs. 3 LuftVG zwingend vorgesehenen Widerruf einer rechtmäßig erteilten, gültigen Erlaubnis für Luftfahrer mindestens eine der materiellen Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 4 Abs. 1 Nrn. 2 bis 4 LuftVG nachträglich entfallen sein muss. Die Erlaubnisbehörde muss danach tätig werden, wenn sich nachträglich erhebliche Tatsachen dafür ergeben, dass beim Erlaubnisinhaber eine bei Erlaubniserteilung oder -verlängerung noch festgestellte Voraussetzung (nach § 4 Abs. 1 Nrn. 2 bis 4 LuftVG) nicht mehr vorliegt (so auch VGH Baden-Württemberg vom 29.7.2008 a.a.O. RdNr. 17). Auch der Konkretisierung des § 4 Abs. 3 LuftVG durch den Verordnungsgeber in den §§ 29, 24 Abs. 2 LuftVZO a.F. liegt dieses Normverständnis zugrunde. Danach ist die Lizenz von der zuständigen Stelle zu widerrufen (oder anstelle des Widerrufs das Ruhen der Lizenz auf Zeit anzuordnen), wenn sich Tatsachen nach § 24 Abs. 2 dafür ergeben, dass der Inhaber für die erlaubte Tätigkeit als Luftfahrtpersonal ungeeignet (geworden) ist (§ 29 Abs. 1 und 3 LuftVZO a.F.). Die Einführung eines zusätzlichen luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeitsmaßstabs durch Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Neuregelung von Luftsicherheitsaufgaben vom 11. Januar 2005 (BGBl I S. 78) stellt keine derartige nachträglich eingetretene "Tatsache" dar, sondern hat - allenfalls - auch für Alterlaubnisinhaber zu einer Änderung der Rechtslage geführt (vgl. dazu jedoch im Folgenden).

Nachdem die luftsicherheitsrechtliche Zuverlässigkeit im Sinne des § 7 LuftSiG unstreitig weder bei der erstmaligen Erlaubniserteilung noch bei den nachfolgenden Verlängerungen der Privatpilotenlizenz des Klägers, zuletzt am 7. Oktober 2004, Erteilungsvoraussetzung und damit Gegenstand der Prüfung und Feststellung der Erlaubnisbehörde war, konnte diese Voraussetzung beim Kläger auch nicht nachträglich wegfallen. § 4 Abs. 3 LuftVG greift daher schon aus diesem Grund hier nicht.

1.2.2.2 Die in der Rechtsprechung sowie - daran anknüpfend - vom Beklagten an einer derartigen, am Wortlaut des § 4 Abs. 3 LuftVG orientierten Auslegung geäußerte Kritik überzeugt nicht.

Gegen eine (nur) am Wortlaut orientierte Auslegung wird im Wesentlichen eingewandt, dass diese "zu kurz greife" und verkenne, dass § 4 Abs. 3 LuftVG zur Vermeidung einer luftverkehrsrechtlichen Regelungslücke und zur effektiven Erreichung des vom Gesetzgeber des Luftsicherheitsgesetzes beabsichtigten Sicherheitsniveaus zwingend auch auf Fälle wie den des Klägers anzuwenden sei (vgl. Stellungnahme des Beklagten vom 2.2.2009, Bl. 119 ff. der Gerichtsakte, unter Bezugnahme auf VG Darmstadt vom 27.6.2007 a.a.O. RdNrn. 18 ff. m.w.N.).

1.2.2.2.1 So liefert der Hinweis, auch nach der allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Widerrufsbestimmung des Art. 49 BayVwVfG könne durch eine erfolgte Rechtsänderung grundsätzlich ein Widerrufstatbestand erfüllt sein (vgl. Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BayVwVfG) noch kein überzeugendes Argument dafür, dass die spezielle luftverkehrsrechtliche Widerrufsregelung des § 4 Abs. 3 LuftVG (vgl. Hofmann/Grabherr a.a.O. RdNr. 58 zu § 4) entgegen ihrem Wortlaut auch diese Tatbestandsalternative erfasst (vgl. VGH Baden-Württemberg vom 29.7.2008 a.a.O. RdNr. 20; a.A. VG Darmstadt vom 27.6.2007 a.a.O. RdNr. 18). Ob - ergänzend zu § 4 Abs. 3 LuftVG - hier auf die allgemeine Regelung des Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BayVwVfG zurückgegriffen werden könnte, kann offen bleiben, nachdem der Beklagte dies im Fall des Klägers weder erwogen noch etwa eine danach erforderliche Ermessensentscheidung nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit getroffen hat.

1.2.2.2.2 Der vom Beklagten geltend gemachte systematische Zusammenhang zwischen der durch den Gesetzgeber in Ergänzung des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 LuftVG neu eingeführten Zuverlässigkeitsüberprüfung auch für Privatpiloten (vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 4 LuftSiG) und der gleichzeitig unverändert gebliebenen Widerrufsvorschrift des § 4 Abs. 3 LuftVG ist ebenfalls kein entscheidendes Argument für die Anwendbarkeit des § 4 Abs. 3 LuftVG in Altfällen wie dem des Klägers (a.A. VG Darmstadt vom 27.6.2007 a.a.O. RdNr. 18 m.w.N.). Für eine solche systematische Folgerung müsste der Gesetzgeber im Gesetz zur Neuregelung von Luftsicherheitsaufgaben vom 11. Januar 2005 hinreichend klar zum Ausdruck gebracht haben, dass die Zuverlässigkeitsüberprüfung nach § 7 LuftSiG für alle Luftfahrer - auch alle Alterlaubnisinhaber - sogleich und ohne jegliche Abstriche Geltung beanspruche und es darüber hinaus für die Gruppe der Privatpiloten bei noch nicht oder nicht erfolgreich durchgeführter Zuverlässigkeitsüberprüfung bei der Sanktionsregelung des § 4 Abs. 3 LuftVG verbleibe. Beides ist jedoch nicht der Fall.

Zum einen ergibt sich aus dem Gesetz zur Neuregelung von Luftsicherheitsaufgaben vom 11. Januar 2005 schon nicht mit der erforderlichen, hinreichenden Bestimmtheit, dass sich Alterlaubnisinhaber wie der Kläger ohne konkreten Anlass und vor dem Zeitpunkt einer notwendigen Verlängerung ihrer Privatpilotenlizenz einer Zuverlässigkeitsüberprüfung nach § 7 LuftSiG unterziehen müssen. Zum anderen hat der Gesetzgeber bei diesem Personenkreis jedenfalls die Rechtsfolgen einer unterbliebenen oder verweigerten Antragstellung auf Durchführung dieser Zuverlässigkeitsüberprüfung nicht geregelt. Insoweit ist den Behörden aber auch verwehrt, sich in solchen Altfällen mit einem Rückgriff auf § 4 Abs. 3 LuftVG zu "behelfen".

1.2.2.2.2.1 § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Alt. 2 LuftVG i.V.m. § 7 LuftSiG bestimmt, dass eine Erlaubnis für Luftfahrer - darunter Privatpiloten wie den Kläger (vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 4 LuftSiG) - nur erteilt wird, wenn auch keine Zweifel an der Zuverlässigkeit des Bewerbers nach § 7 des Luftsicherheitsgesetzes bestehen. Demgemäß erfolgt die Überprüfung der luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit - wie auch bisher schon der betrieblichen Zuverlässigkeit nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1 LuftVG - mit Aufnahme der Ausbildung, vor Erteilung der Erlaubnis für Luftfahrer nach § 4 Abs. 1 LuftVG oder vor der Anerkennung ausländischer Erlaubnisse für Luftfahrer (vgl. § 24 Abs. 1 und § 26 Abs. 1 LuftVZO alter sowie neuer Fassung und nunmehr auch § 1 Abs. 2 Nr. 4 der Luftsicherheits-Zuverlässigkeitsüberprüfungsverordnung - LuftSiZÜV - vom 23. Mai 2007 [BGBl I S. 947]). Bei bestehenden Erlaubnissen erfolgte eine Überprüfung der (betrieblichen) Zuverlässigkeit vor der Neuregelung durch das Gesetz vom 11. Januar 2005 nur anlassbezogen, d.h. nur dann, wenn der Erlaubnisbehörde nachträglich Tatsachen bekannt wurden, die Bedenken an der Zuverlässigkeit des Luftfahrzeugführers begründeten (vgl. § 24c Abs. 2, § 26a Abs. 1, § 29 Abs. 1 i.V.m. § 24 Abs. 2 LuftVZO a.F.). Die Forderung der Vorlage einer Bescheinigung der zuständigen Luftsicherheitsbehörde, dass Zweifel an der Zuverlässigkeit des Luftfahrers nach § 7 LuftSiG nicht bestehen, wurde erst durch die Zweite Verordnung zur Änderung luftrechtlicher Vorschriften über Anforderungen an Flugzeugbesatzungen vom 13. Juni 2007 (BGBl I S. 1048, 2203) als zusätzliche Voraussetzung für die Verlängerung oder Erneuerung einer Lizenz neu in § 26a LuftVZO aufgenommen (vgl. Schmid/van Schyndel in Giemulla/Schmid, Frankfurter Kommentar zum Luftverkehrsrecht, Bd. 2 Luftverkehrsverordnungen, Stand: Dezember 2008, RdNr. 4 zu § 26a LuftVZO).

Hinreichende Anhaltspunkte für die Absicht des Gesetzgebers, die durch das Gesetz zur Neuregelung von Luftsicherheitsaufgaben vom 11. Januar 2005 erstmals in die luftsicherheitsrechtliche Prüfung mit einbezogene Gruppe der Privatpiloten abweichend vom dargelegten bisherigen Zuverlässigkeitsprüfungssystem auch einer umfassenden anlassunabhängigen Überprüfung zu unterziehen, sind nach der Auffassung des Senats nicht ersichtlich. Nicht gerechtfertigt ist es in diesem Zusammenhang insbesondere, aus dem Fehlen einer Übergangsregelung für "Alterlaubnisinhaber" die "deutlich gemachte Absicht des Gesetzgebers" herzuleiten, diese uneingeschränkt und unabhängig von der Gültigkeitsdauer ihrer am 15. Januar 2005 vorhandenen Lizenzen einer sofortigen luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeitsüberprüfung - mit der Sanktionsmöglichkeit nach § 4 Abs. 3 LuftVG - zu unterziehen (in diesem Sinn aber VG Darmstadt vom 27.6.2007 a.a.O. RdNr. 18). Vielmehr drängt sich bei dem dargelegten Wechsel des Prüfungssystems zu einer gruppenspezifischen (Privatpiloten betreffenden) anlassunabhängigen Überprüfung sämtlicher Alterlaubnisinhaber aus dem Fehlen einer Übergangsregelung der gegenteilige Schluss geradezu auf (so im Ergebnis auch VGH Baden-Württemberg vom 29.7.2008 a.a.O. RdNr. 20).

1.2.2.2.2.2 Der Gesetzgeber kann zwar grundsätzlich durch eine Neuregelung mit Wirkung für die Zukunft verschärfte (materielle) Anforderungen und Anpassungspflichten auch für Inhaber bestehender Erlaubnisse oder Genehmigungen begründen (für immissionschutzrechtliche Genehmigung vgl. zuletzt BVerwG vom 23.10.2008 NuR 2009, 46/47). Vorliegend ist jedoch gerade nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber die durch Art. 2 Abs. 1 GG oder Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit den rechtsstaatlichen Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes geschützten Interessen der Alterlaubnisinhaber zurückstellen und die Rechte der betroffenen Privatpiloten mit noch gültiger Lizenz im Sinne einer unechten Rückwirkung (vgl. z.B. BVerfG vom 23.11.1999 BVerfGE 101, 239/263) und ohne Übergangsregelung unmittelbar einschränken wollte.

Eine derartige Absicht des Gesetzgebers lässt sich insbesondere nicht aus den Gesetzesmaterialien herleiten. Nach der amtlichen Begründung zu § 7 LuftSiG ersetzt diese Vorschrift die bisherige Regelung des § 29d LuftVG zur Zuverlässigkeitsüberprüfung. Um bestehende Sicherheitslücken zu schließen, sehe diese Vorschrift Änderungen vor, die eine umfassendere und effektivere Durchführung der Überprüfungen ermöglichen sollen. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LuftSiG dehne die Zuverlässigkeitsüberprüfung auf Luftfahrer im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 LuftVG sowie auf Flugschüler aus. Damit solle ein besserer Schutz auch auf Kleinflughäfen und der allgemeinen Luftfahrt gewährleistet werden (vgl. BT-Drs. 15/2361 S. 16 r.S. und S. 17 l.S. zu § 7). Weiter ist in der amtlichen Begründung ausgeführt: § 7 Abs. 6 LuftSiG regle die Konsequenzen einer unterbliebenen oder mit Beanstandungen durchgeführten Überprüfung (vgl. BT-Drs. 15/2361 S. 17 r.S. zu § 7). Der Fall einer bei der Gruppe der Privatpiloten unterbliebenen Überprüfung ist in § 7 Abs. 6 LuftSiG dabei offensichtlich nicht mit geregelt.

In seiner Stellungnahme zu den geplanten Neuregelungen in § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LuftVG und § 7 Abs. 1 Nr. 4 LuftSiG hat der Bundesrat unter anderem Folgendes eingewandt: Eine Ausdehnung des Zuverlässigkeitsmaßstabs gemäß § 7 (LuftSiG) auf sämtliche Luftfahrer würde sowohl inhaltlich als auch von den Auswirkungen her die an Luftfahrer zu stellenden Anforderungen überspannen. Nach den mit der Zuverlässigkeitsüberprüfung nach § 29d Luft VG gewonnenen Erfahrungen müsste voraussichtlich allein im südbayerischen Raum rund 1.000 Piloten die Zuverlässigkeit aberkannt werden, ohne dass die Folgen hieraus für die erteilten Lizenzen und Berechtigungen im Luftsicherheitsgesetz festgelegt seien (vgl. BT-Drs. 15/2361 Anlage 2 S. 27 l.S.). In der Gegenäußerung der Bundesregierung zu den Einwendungen des Bundesrates ist schließlich ausgeführt: Die Erweiterung der Zuverlässigkeitsüberprüfung auf die sogenannten Privatpiloten (und Flugschüler) entspreche einer Forderung der IMK (Inneministerkonferenz) vom 14./15. Mai 2003. ... Mit der Erweiterung der oben angeführten Überprüfung durch die Einholung von Auskünften der Sicherheitsbehörden und anderer Stellen werde ein erheblicher Sicherheitsgewinn erzielt (vgl. BT-Drs. 15/2361 Anlage 3 S. 35 r.S.).

Auch aus der Stellungnahme des Bundesrats und der Erwiderung der Bundesregierung lässt sich nichts dafür herleiten, dass der Gesetzgeber tatsächlich für Alterlaubnisinhaber eine umfassende anlassunabhängige Überprüfung vor dem Ablauf ihrer Erlaubnis beabsichtigt hat. Vielmehr kommt darin allein zum Ausdruck, dass mit dieser Neuregelung zwar der Umfang der Sicherheitsüberprüfung erweitert, nicht aber etwa das bestehende System der Zuverlässigkeitsüberprüfung bei Alterlaubnisinhabern aufgegeben werden sollte. Die teilweise in der Rechtsprechung insoweit gezogene Folgerung, es könne nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber für die Luftfahrer mit schon vorhandenen Lizenzen eine unvollkommene Regelung insbesondere ohne Sanktionsregelung habe treffen wollen, überzeugt nach alledem nicht (so aber z.B. VG Darmstadt vom 27.6.2007 a.a.O. RdNr. 18; in die gleiche Richtung wohl auch OVG Rheinland-Pfalz vom 5.2.2008 a.a.O. RdNr. 15).

1.2.2.2.3 Nicht überzeugend ist letztlich auch das Argument des Beklagten, Sinn und Zweck der Regelung des § 7 LuftSiG sei es, eine umfassende, lückenlose und effektive Durchführung der Zuverlässigkeitsüberprüfungen zu ermöglichen; dies lege es nahe, die verschärften Zulässigkeitsanforderungen sogleich und ohne Abstriche auch bei Alterlaubnisinhabern wie dem Kläger zur Geltung zu bringen. Denn dieser Argumentation ist entgegenzuhalten, dass es sich bei der Fallkonstellation der durch die Zuverlässigkeitsüberprüfung nach § 7 LuftSiG neu betroffenen Gruppe der Privatpiloten (vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 4 LuftSiG) mit noch gültiger "Altlizenz" im Wesentlichen um ein Übergangsphänomen bis zum Zeitpunkt der nächsten notwendigen Verlängerung ihrer Privatpilotenlizenz handelt (vgl. auch VGH Baden-Württemberg vom 29.7.2008 a.a.O. RdNr. 18). Denn die Erlaubnisse für Luftfahrer sind grundsätzlich befristet. Die Gültigkeitsdauer einer Lizenz für Privatflugzeugführer beträgt gemäß § 4 Abs. 1 der Verordnung über Luftfahrtpersonal (LuftPersV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Februar 1984 (BGBl I S. 265, mit nachfolgenden Änderungen) 60 Monate. Lediglich die kleine Gruppe der Segelflugzeugführer mit der Klassenberechtigung für Reisemotorsegler erhält eine unbefristete Pilotenlizenz (vgl. § 39, § 40a, § 41 Abs. 1 LuftPersV). Damit ist jedoch für die große Masse der Pilotenlizenzinhaber und insbesondere auch für die Gruppe der Privatpiloten wie den Kläger grundsätzlich sichergestellt, dass jedenfalls bei der nach Ablauf der Gültigkeitsdauer erforderlichen Verlängerung der Pilotenlizenz eine Zuverlässigkeitsüberprüfung auch nach § 7 LuftSiG durchgeführt wird (vgl. dazu § 26a Abs. 1 i.V.m. § 24 Abs. 2 LuftVZO in der [neuen] Fassung vom 10.7.2008 BGBl I S. 1229). Dafür, dass der Gesetzgeber des Luftsicherheitsgesetzes dies im Sinne der von ihm zweifellos beabsichtigten Schutzverbesserung als nicht ausreichend und demzufolge eine sofortige und anlassunabhängige Zuverlässigkeitsüberprüfung aller Privatpiloten für zwingend erforderlich angesehen hat, fehlen jedoch - wie bereits oben dargelegt - hinreichende Anhaltspunkte. Bei der geschilderten Ausgangslage hätte daher der Gesetzgeber insbesondere aus Vertrauensschutz- und Rechtssicherheitsgesichtspunkten einen etwa dahingehenden Regelungswillen durch eine entsprechende klarstellende Übergangsvorschrift zum Ausdruck bringen müssen; dies hat er jedoch gerade nicht getan (vgl. auch VGH Baden-Württemberg vom 29.7.2008 a.a.O. RdNr. 18; OVG Berlin-Brandenburg vom 1.10.2007 a.a.O. RdNr. 7). Der Verzicht auf die Übergangsregelung wäre demgegenüber nur rechtmäßig gewesen, wenn der Gesetzgeber zumindest in den Gesetzesmaterialien erkennbar gemacht hätte, dass dieser wegen erheblicher Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter erfolgt wäre (vgl. BVerfG vom 28.11.1984 BVerfGE 68, 272/284 ff.) Eine solche Begründung ist indes nicht ersichtlich (vgl. oben). Im Hinblick auf die dargestellte zeitliche Komponente als Übergangsphänomen wegen der Befristung der Privatpilotenlizenzen handelt es sich im Übrigen auch um kein Sicherheitsproblem von Gewicht.

Dass der Gesetzgeber in der Konsequenz dieser Normauslegung das Ziel der Schutzverbesserung bei Segelflugzeugführern mit der Klassenberechtigung für Reisemotorsegler - jedenfalls bei Alterlaubnisinhabern - im Hinblick auf deren unbefristet erteilte Lizenzen nicht in vollem Umfang erreicht, ist allein kein hinreichender Grund dafür, diese vermeintliche "Sicherheitslücke" im Luftverkehr durch die vom Beklagten vorgenommene Auslegung der hier maßgeblichen Bestimmungen zu schließen. Im Hinblick auf die Zielsetzungen des § 1 LuftSiG erscheint dieser Aspekt allenfalls marginal. Ein Widerruf der Erlaubnis nach § 4 Abs. 3 LuftVG allein aufgrund einer verweigerten oder noch nicht erfolgreich durchgeführten luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeitsüberprüfung lässt sich insoweit nicht rechtfertigen.

1.2.2.2.4 Die vom Beklagten für seine gegenteilige Auffassung noch herangezogene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Widerruf einer Waffenbesitzkarte eines "Altbesitzers" nach den verschärften Maßstäben des nachträglich geänderten § 45 Abs. 2 des Waffengesetzes 2002 (vgl. Urteil vom 16.5.2007 NVwZ 2007, 1201) kann auf die vorliegende Fallkonstellation nicht übertragen werden. In dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall hatte eine Verschärfung der Anforderungen an die Zuverlässigkeit des Erlaubnisinhabers durch das neu gefasste Waffengesetz "Alterlaubnisinhaber" insofern erfasst, als eine die Unzuverlässigkeit des Waffenbesitzers nach dem neuen Recht begründende Tatsache - eine rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung - nach dem Zeitpunkt der Erteilung der Waffenbesitzkarte, aber noch vor Inkrafttreten der Neuregelung des Waffengesetzes 2002 eingetreten war (vgl. BVerwG vom 16.5.2007 a.a.O. - Leitsatz -). Eine derartige generelle Neubewertung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit durch den Gesetzgeber gilt nach dieser Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts auch für in der Vergangenheit bereits begründete bzw. eingetretene Tatsachen, die zur Unzuverlässigkeit des Inhabers der waffenrechtlichen Erlaubnis führen (vgl. BVerwG vom 16.5.2007 a.a.O. S. 1203). Eine vergleichbare tatbestandliche Anknüpfung der gesetzlichen Neuregelung an eine in der Vergangenheit, aber nach dem Zeitpunkt der Erteilung der betroffenen Erlaubnis eingetretene Tatsache ist indes im vorliegenden Fall gerade nicht gegeben. Denn der Kläger hat unstreitig zu keinem Zeitpunkt seiner langjährigen Pilotenpraxis einen konkreten Anlass gegeben oder eine solche "Tatsache" gesetzt, woraus sich nachträglich seine (luftsicherheitsrechtliche) Unzuverlässigkeit ergeben könnte.

2. Ist die angefochtene Ruhensanordnung des Luftamts nach alledem bereits rechtswidrig, weil es für diese belastende Verfügung an der erforderlichen Rechtsgrundlage fehlt, kommt es auf die vom Kläger ausführlich geltend gemachte formelle und materielle Verfassungswidrigkeit der Regelung des § 7 LuftSiG nicht mehr entscheidungserheblich an. Insbesondere muss hier deshalb der in der Rechtsprechung und Kommentarliteratur sehr umstrittenen Frage, ob das Luftsicherheitsgesetz aufgrund der fehlenden Zustimmung des Bundesrats verfassungsgemäß zustande gekommen ist (vgl. dazu VG Darmstadt vom 27.6.2007 a.a.O. RdNr. 61 ff. m.w.N.), nicht weiter nachgegangen werden.

3. Das Verwaltungsgericht hat ebenfalls zutreffend entschieden, dass die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Ruhensanordnung zwangsläufig auch die im Bescheid vom 12. Juni 2006 weiter verfügte Einziehung und Hinterlegung der Privatpilotenlizenz des Klägers erfasst. Es hat den streitbefangenen Bescheid des Beklagten somit zu Recht insgesamt aufgehoben.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO). Nachdem die Gültigkeit der Privatpilotenlizenz des Klägers am 7. Oktober 2009 abläuft und er seine Lizenz daher spätestens zu diesem Zeitpunkt entsprechend den Anforderungen des § 26a Abs. 1 i.V.m. § 24 Abs. 2 LuftVZO verlängern lassen muss, kommt auch nicht die Klärungsbedürftigkeit der Rechtssache wegen grundsätzlicher Bedeutung in Betracht.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1 und 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffer II.26.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 7./8. Juli 2004, Streitwertkatalog 2004 - NVwZ 2004, 1327).

Ende der Entscheidung

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