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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 17.02.2009
Aktenzeichen: 9 B 08.30225
Rechtsgebiete: VwGO, AufenthG


Vorschriften:

VwGO § 130a
AufenthG § 60 Abs. 7
AufenthG § 60a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

9 B 08.30225

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Verfahrens nach dem AsylVfG (Angola);

hier: Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 30. August 2007,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 9. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schechinger, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Bergmüller, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Ebersperger

ohne mündliche Verhandlung am 17. Februar 2009

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 30. August 2007 wird geändert. Die Klagen werden insgesamt abgewiesen.

II. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III. Die Entscheidung ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die am 24. April 2004 in Nürnberg geborene Klägerin zu 1 und ihre am 8. Januar 2007 in Nürnberg geborene Schwester, die Klägerin zu 2, sind angolanische Staatsangehörige. Ihre Eltern, eine am 24. März 1999 in Cabinda geborene Schwester und ein am 15. Februar 2002 in Cabinda geborener Bruder kamen im Jahre 2002 in die Bundesrepublik Deutschland. Im Jahre 2005 wurde ein weiterer Bruder der Klägerinnen geboren. Die Asylverfahren der Familienangehörigen endeten ohne Erfolg, nur der 2002 geborene Bruder erhielt wegen einer notwendigen Rachenmandeloperation aufgrund eines Urteils des Verwaltungsgerichts vom 21. Mai 2004 (AN 2 K 03.30674) Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 AuslG a.F. zuerkannt. Insofern wurde vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) zunächst ein Widerrufsverfahren eingeleitet, der Widerrufsbescheid wurde aber mit Bescheid des Bundesamts vom 23. Oktober 2008 wieder aufgehoben. Für die übrigen Familienangehörigen bestehen Duldungen.

Die Asylanträge der Klägerinnen lehnte das Bundesamt mit Bescheiden vom 16. März 2006 bzw. 8. Mai 2007 ab, stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG und Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen, und drohte die Abschiebung nach Angola an.

Auf die hiergegen erhobenen Klagen verpflichtete das Verwaltungsgericht die Beklagte unter teilweiser Aufhebung ihrer Bescheide zu der Feststellung, dass im Fall der Klägerinnen die Voraussetzungen des § 60 Abs.7 AufenthG vorliegen. In Bezug auf die Abschiebungsandrohung wies es die Klagen ab. Die Klägerinnen hatten zuvor ihre Klagen auf Anerkennung als Asylberechtigte und auf Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 bis 6 AufenthG zurückgenommen.

Das Bundesamt legte die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Berufung mit dem Ziel der vollständigen Klageabweisung ein.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen sowie des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen, insbesondere auf das angefochtene Urteil und die Bescheide des Bundesamtes.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof kann über die Berufung des Bundesamtes gemäß § 130a VwGO durch Beschluss entscheiden, weil er sie nach Anhörung der Beteiligten einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Die zulässige Berufung (§ 78 Abs. 2 AsylVfG, § 124a VwGO) ist begründet. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass den Klägerinnen aufgrund der in Angola herrschenden Verhältnisse wegen ihres Alters (zum Zeitpunkt seiner Entscheidung 8 Monate bzw. 3 1/2 Jahre) Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 AufenthG zusteht, ist unzutreffend.

Das Verwaltungsgericht hat eine extreme Gefahrenlage für die Klägerinnen bejaht, deshalb die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG als unbeachtlich angesehen und die Frage offen gelassen, ob die Klägerinnen allgemeine Gefahren im Sinne dieser Vorschrift geltend machen. Diese Frage ist allerdings bereits geklärt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. z.B. BayVGH vom 24.11.2005 Az. 25 B 04.30528; vom 8.11.2000 Az. 25 B 99.32018; vom 18.3.1999 Az. 25 B 96.34366; vom 30.3.1999 Az. 25 B 96.35630; vom 27.10.2003 Az. 25 B 02.31192) begründen die unzureichenden allgemeinen Existenzbedingungen - einschließlich der Säuglings- und Kindersterblichkeitsraten - in Angola allgemeine Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG, denen die Bevölkerung insgesamt oder bestimmte Bevölkerungsgruppen ausgesetzt sind, und die grundsätzlich nur aufgrund einer Entscheidung der obersten Landesbehörde nach § 60 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zur Aussetzung der Abschiebung führen können. Das gilt insbesondere für die Kindersterblichkeitsrate. In ihr drücken sich statistische Erkenntnisse über die Gefährdungen für eine bestimmte Bevölkerungsgruppe (der Kleinkinder unter 5 Jahren) aus, welche diese allgemein treffen (BVerwG vom 12.7.2001 BVerwGE 115, 1/6).

Allerdings können auch bei allgemeinen Gefahren die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG wegen einer extremen Gefahrenlage die Gewährung von Abschiebungsschutz unabhängig von einer Ermessensentscheidung nach § 60 Abs. 7 Satz 3, § 60 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG gebieten, weshalb § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG verfassungskonform dahingehend auszulegen ist, dass dann eine Entscheidung nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht ausgeschlossen ist. Das ist der Fall, wenn die obersten Landesbehörden trotz einer extremen allgemeinen Gefahrenlage, die jeden einzelnen Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausliefern würde, keinen generellen Abschiebungsstopp nach § 60 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG verfügen (vgl. BVerwG vom 19.10.1995 BVerwGE 99,324; vom 12.7.2001 BVerwGE 115,1; ständige Rechtsprechung). Diese zu der früheren Rechtslage (§ 53 Abs. 6, § 54 AuslG a.F.) ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist auf den im wesentlichen inhaltsgleichen, nunmehr geltenden § 60 Abs. 7 AufenthG ohne weiteres übertragbar (vgl. BVerwG vom 17.10.2006 BVerwGE 127, 33/35).

Einer derart extremen, die Sperrwirkung von § 60 Abs. 7 Satz 3, § 60 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG überwindenden allgemeinen Gefahrenlage sind die Klägerinnen bei einer Rückkehr der Familie nach Angola nicht ausgesetzt.

Abzustellen ist für den vorliegenden Fall auf die derzeitigen und für die nähere Zukunft prognostizierbaren Lebensverhältnisse in Luanda, der Hauptstadt Angolas, wohin allein eine Abschiebung in Betracht kommt (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 26.6.2007). Von dort aus sind die Eltern der Klägerinnen nach ihren Angaben (vgl. Bl. 74 ff. der VG-Akte Az. AN 2 K 03.30674) nach Europa ausgereist. Die örtlichen Gegebenheiten in Luanda sind den Eltern der Klägerinnen also vertraut. Es kann davon ausgegangen werden, dass sie sich dort wieder zurecht finden werden. Übrigens sind auch die Lebensverhältnisse in der Enklave Cabinda, die von Luanda aus mit dem Flugzeug oder per Schiff erreichbar ist und wo die Eltern nach ihren Angaben herstammen, besser als in fast allen anderen Landesteilen (Auswärtiges Amt vom 15.1.2002 an VG Gelsenkirchen). Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts kann auch angenommen werden, dass die Eltern zusammen mit den minderjährigen Klägerinnen nach Angola zurückkehren. Ihre Asylverfahren und das einer Schwester der Klägerinnen sind negativ abgeschlossen. In Bezug auf den 2002 geborenen Bruder der Klägerinnen, der aufgrund einer notwendigen Rachenmandeloperation im Jahre 2004 vom Verwaltungsgericht Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 AuslG a.F. zuerkannt erhalten hatte, wurde zwar der Widerrufsbescheid wieder aufgehoben. Das Bundesamt konnte aber bei seiner Entscheidung über den Status der Klägerinnen dennoch vom Regelfall einer gemeinsamen Rückkehr aller Familienangehörigen ausgehen; denn für die konkrete Durchführung der Abschiebung und ein aus der eventuellen Trennung der Familie erwachsendes (inländisches) Vollstreckungshindernis, das der Durchführung der Abschiebung entgegenstünde, ist ausschließlich die Ausländerbehörde zuständig (vgl. § 60a Abs. 2 AufenthG, § 43 Abs. 3 AsylVfG; BVerwG vom 11.11.1997 BVerwGE 105, 322/327; vom 21.9.1999 BVerwGE 109, 305/309 ff.).

Die Lebensverhältnisse in Luanda (und Cabinda) begründen keine extreme Gefahrenlage. Nach dem letzten Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 26. Juni 2007 hat sich die allgemeine Lage in Angola seit den Ereignissen des Jahres 2002 (Tod des Anführers der UNITA Savimbi am 22.2.2002, Einstellung der militärischen Handlungen am 13.3.2002, förmliche Verkündung des Waffenstillstands am 4.4. 2002 und förmlicher Abschluss des "Lusaka-Prozesses" am 21.11.2002) entscheidend geändert. Der bewaffnete Konflikt, der Angola über Jahrzehnte geprägt hat, ist beendet. Die UNITA ist als Hauptoppositionspartei im Parlament vertreten. Seit 2002 sind in fast allen Bereichen sichtbare Fortschritte zu verzeichnen, insbesondere eine deutliche Verbesserung der Menschenrechtslage und die wieder gewonnene Freizügigkeit für Menschen und Güter. Auch die Versorgungslage im Großraum Luanda hat sich seit 2002 spürbar verbessert. Eine kontinuierliche weitere Verbesserung wird allgemein erwartet. Nach und nach verbessert sich auch die Versorgungslage in anderen Landesteilen, da seit 2002 die Überlandstraßen wieder für den Güterverkehr genutzt werden können. Dies und die Aussicht auf dauerhaften Frieden fördern einerseits den Ausbau der nationalen Produktion von Versorgungsgütern und machen Angola andererseits als Absatzmarkt für Produkte aus anderen Ländern (besonders aus Südafrika) leichter und auch deutlich kostengünstiger zugänglich. Mittlerweile besteht reger Güterverkehr per Lkw zwischen dem südlichen Nachbarland Namibia und der Hauptstadt Luanda. Vom zunehmenden Warenverkehr mit Namibia und - über Namibia - mit Südafrika profitiert neben Luanda vor allem der Süden und Südwesten Angolas. In vielen Teilen im Landesinnern ist die Versorgungslage zwar weiterhin kritisch. Dort lebt die Mehrheit der Bevölkerung nach wie vor am Rande des Existenzminimums und überlebt mit Subsistenzwirtschaft, Kleinsthandel oder Gelegenheitsarbeiten. Im Großraum Luanda, dem erweiterten Küstenstreifen, den meisten Provinzhauptstädten und im ganzen Südwesten des Landes ist die Versorgung mit Nahrungsmitteln und den Gebrauchsgütern des Alltags aber weitgehend gewährleistet. Aus dem Ausland zurückkehrende Angolaner finden in der Regel rasch Anschluss zu Menschen aus ihrer Heimatprovinz in Luanda. Es ist unwahrscheinlich, dass Rückkehrer bei Ankunft in Luanda weder auf Familie noch Freunde noch Leute aus dem eigenen Dorf zurückgreifen können (vgl. Auswärtiges Amt a.a.O.).

Unter dem Gesichtspunkt der allgemeinen Versorgungslage fehlt es daher für ehemalige Asylbewerber, die in den Großraum Luanda abgeschoben werden, bereits an einer erheblichen Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, auch wenn man die Situation speziell aus der Sicht eines kleinen Kindes betrachtet. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich oder substantiiert vorgetragen, dass die Eltern der Klägerinnen bei einer gemeinsamen Rückkehr nicht eine ausreichende materielle Existenz der Familie in Luanda oder Cabinda sichern könnten.

Erhebliche Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG treffen zurückkehrende angolanische Asylbewerber unter 5 Jahren allerdings wegen der im Vergleich zu Deutschland erhöhten Erkrankungsrisiken und der schlechteren Krankenversorgung. Ein Indiz dafür ist die hohe Säuglings- und Kindersterblichkeitsrate in Angola. Nach den Erkenntnissen des Jahres 1996 betrug sie damals für Kinder bis zum fünften Lebensjahr zwischen 320 pro 1.000 (Auswärtiges Amt vom 27.2.1997 an VGH BW) und 292 pro 1.000 (UNICEF vom 31.7.1996 an VGH BW). Im Jahr 1997 betrug die Säuglingssterblichkeit in Angola 126 pro 1.000 und die (weitere) Sterblichkeit von Kindern unter fünf Jahren 191 pro 1.000 (Medico International e.V. vom 13.12.1999 an OVG NRW). In den Jahren seit 2002 haben der UNHCR (vom 28.11.2002 an OVG LSA) und UNICEF Angola (UNICEF Angola 2007 www.unicef.org/angola/ overview) eine Todesrate bei Kindern mit 250 zu 1000 Lebendgeburten angegeben. Amnesty International nannte zuletzt eine Kindersterblichkeit (männlich/weiblich) von 245/215 pro 1000 Lebendgeburten (Amnesty Report 2008, Angola www.amnesty.de/ jahresbericht/2008/angola). Zu den wichtigsten Gesundheitsrisiken zählen dabei Unterernährung, Malaria, Aids, Tuberkulose, Lungenentzündung, schwerer Durchfall, Masern, Kinderlähmung und Meningitis (Institut für Afrika-Kunde vom 10.7.2001 an VG Oldenburg). Dazu kommen schlechte hygienische Verhältnisse und eine mangelhafte medizinische Versorgung (vgl. Institut für Afrika-Kunde a.a.O.; Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 7.2.2003). Die dargestellten Umstände führen aber für die Gruppe der zurückkehrenden angolanischen Kinder nicht zu einer extremen Gefahrenlage, die das Unterbleiben eines Abschiebungsstopps durch eine politische Leitentscheidung der obersten Landesbehörden nach § 60 a AufenthG als Verstoß gegen die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 Satz 1 GG erscheinen lässt und deshalb die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG beseitigen könnte. Der Verwaltungsgerichtshof hält insoweit an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, die sich in Einklang mit der anderer Oberverwaltungsgerichte befindet (vgl. OVG RhPf vom 17.1.1999 Az. 8 A 11815/99; Nds OVG vom 12.12.2002 Az. 1 LB 1209/01; OVG Bremen vom 6.2.2003 Az. 1 A 264/02. A; anderer Ansicht VGH BW vom 18.5.2000 Az. A 13 S 446/98 - aufgehoben durch BVerwG vom 12.7.2001 a.a.O. -, dagegen bereits BayVGH vom 8.11.2000 a.a.O.). Die Sterblichkeitsrate von ca. 25% - aus der noch die Quote der Säuglingssterblichkeit herauszurechnen wäre - erfüllt schon nicht den hohen Wahrscheinlichkeitsmaßstab, der vom Bundesverwaltungsgericht mit der Formulierung umschrieben wird, dass die Abschiebung den Ausländer "gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausliefert" (vgl. BVerwG vom 12.7.2001 BVerwGE 115, 1/9). Sie wird zudem durch Lebensumstände mitbedingt, die für die in Deutschland geborenen Klägerinnen entfallen. Dazu gehören die genannten Risikofaktoren Unterernährung und bei Geburt erworbene HIV-Infektion. Ferner können die Klägerinnen noch in Deutschland durch Impfungen gegen einen Teil der Infektionskrankheiten (vgl. Auswärtiges Amt, Sicherheitshinweise vom 15.12.2008) geschützt werden oder sind bereits entsprechend geimpft. Ferner können sie durch einfache Schutzvorkehrungen gegen Malaria und Durchfallerkrankungen das Erkrankungsrisiko vermindern (vgl. Auswärtiges Amt, Sicherheitshinweise, vom 15.12.2008). Sie sind durch die Fürsorge der sie begleitenden Eltern in einer weit günstigeren Ausgangsposition als etwa die ca. 750.000 angolanischen Kinder bis zum 14. Lebensjahr, die entweder einen oder beide Elternteile verloren haben (UNHCR vom 28.11.2002 an OVG LSA), und ebenfalls in die Statistiken eingehen. Für die Annahme, dass den Klägerinnen in Luanda alsbald nach ihrer Ankunft mit hoher Wahrscheinlichkeit der Tod oder schwerste Verletzungen bevorstünden, gibt es daher keine Grundlage.

Dies gilt schließlich auch unter Berücksichtigung der für die Klägerin zu 1 in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts geltend gemachten geschwächten körperlichen Konstitution ("Benedicte ist krank, sie ist abgemagert. Sie muss sich erbrechen, wenn sie Nahrung zu sich nimmt. Das ist nicht immer so, aber wenn es geschieht, gehen wir damit zum Arzt und sie bekommt dafür Medikamente. Eines nimmt sie ständig ein." Vgl. Niederschrift vom 30.8.2007). Auch dadurch verstärkt sich die allgemeine Gefahr für diese Klägerin nicht in der vom Verwaltungsgericht angenommenen extremen Weise. Entsprechende Behandlungsmöglichkeiten für etwaige Erkrankungen der Klägerin zu 1 sind nämlich in Luanda in ausreichendem Maß vorhanden. Nach dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 26. Juni 2007 (so auch schon Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 18.4.2005) gibt es in der Hauptstadt Luanda und einigen Provinzhauptstädten funktionierende staatliche Krankenhäuser und auch qualifizierte Ärzte. Notwendige Medikamente sind jedenfalls in Luanda in der Regel vorhanden oder beschaffbar. Sämtliche Krankheiten, die in Angola häufiger vorkommen, können dort ohne weiteres behandelt werden. Behandelt werden können beispielsweise Malaria, Epilepsie, Sichelzellenanämie, Diabetes, Tuberkulose, Hepatitis B oder Asthma. Die medizinische Behandlung ist in den staatlichen Krankenhäusern unter Berücksichtigung ihrer wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen des Patienten kostenlos. Von den Patienten wird seit Anfang 2003 lediglich eine geringe, eher symbolische Kostenbeteiligung verlangt (in zahlreichen Krankenhäusern Luandas beträgt diese 200 angolanische Kwanza für die gesamte Behandlung; beim derzeitigen Wechselkurs sind dies etwa zwei Euro). In staatlichen Krankenhäusern kann es zwar vorkommen, dass bestimmte Medikamente zeitweise fehlen. Dann kann der Patient oder seine Familie aber die Medikamente in einer Apotheke kaufen. Überdies ist bei Mittellosigkeit der Patienten eine kostenfreie Behandlung in einigen Fällen in caritativen oder kirchlichen Einrichtungen möglich (Auswärtiges Amt vom 29.11.2001 an VGH BW). Im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit oder auf privater, freiwilliger Basis arbeiten an einigen staatlichen Krankenhäusern auch ausländische Ärzte, darunter Ärzte aus Staaten der Europäischen Union (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 26.6.2007). Bei dieser Sachlage ist eine beachtliche Wahrscheinlichkeit, dass eine eventuell notwendige (auch unverzügliche) Behandlung der Klägerin zu 1 in Luanda scheitern könnte, nicht feststellbar. Eine extreme Gefahrenlage, dass die Klägerinnen bei einer Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert werden würden, ist somit nicht gegeben. Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 AufenthG liegen daher nicht vor. Unter Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils ist die Klage abzuweisen.

Kostenentscheidung: § 154 Abs. 1 VwGO; vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 VwGO, §§ 708 f. ZPO; Nichtzulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO.

Ende der Entscheidung

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