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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 26.05.2004
Aktenzeichen: 1 Ss (OWi) 88 B/04
Rechtsgebiete: OWiG, StPO


Vorschriften:

OWiG § 79 Abs. 3 Satz 1
StPO § 341 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

1 Ss (OWi) 88 B/04 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Bußgeldsache

wegen vorsätzlicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften

hat der 1. Strafsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts als Senat für Bußgeldsachen durch

am 26. Mai 2004

beschlossen:

Tenor:

Der Betroffenen wird auf ihre Kosten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Nauen vom 16. Dezember 2003 gewährt.

Gründe:

Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.

1. Zwar ist die Rechtsmitteleinlegungsschrift nicht innerhalb der Wochenfrist der §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 341 Abs. 1 StPO bei dem Instanzgericht als demjenigen Gericht, dessen Urteil angefochten worden ist, eingegangen. Diese Frist wurde vorliegend mit der am 16. Dezember 2003 in Anwesenheit der Betroffenen erfolgten Verkündung des Urteils in Lauf gesetzt; sie endete mit Ablauf des 23. Dezember 2003, so dass die Rechtsbeschwerde bis zu diesem Tag in den Geschäftsbereich des Amtsgerichts hätte gelangen müssen. Gerade hieran fehlt es aber.

Aus dem Inhalt der von der Betroffenen insoweit vorgelegten Unterlagen ergibt sich zudem gerade nicht mit hinreichender Sicherheit, dass die Rechtsbeschwerde tatsächlich am 23. Dezember 2003 bei dem Amtsgericht Nauen eingelegt worden ist. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist allerdings allgemein anerkannt, dass ein Rechtsmittel fristwahrend auch durch Telefax eingelegt und begründet werden kann (BVerfG NJW 1996, 2857; NJW RR 1995, 441 f; BGH NJW 1988, 2788; NJW 1992, 244; NJW 1994, 2079; Senatsbeschluss vom 31. Juli 1998 - 1 Ss (OWi) 60 B/98 -). Eingegangen ist eine solche per Telefax übermittelte Rechtsmittelschrift allerdings erst dann, wenn sie im Telefax-Empfangsgerät des für den Empfang zuständigen Gerichts - in der Regel vollständig - ausgedruckt wird, d. h. in die Verfügungsgewalt des Gerichts gelangt ist, so dass die Möglichkeit der Kenntnisnahme seines Inhalts besteht (BGH NJW 1987, 2586; NJW 1994, 2097; Senat a. a. O. m. w. N.). Hiervon kann fallbezogen noch nicht deshalb ausgegangen werden, weil der von dem Verteidiger der Betroffenen vorgelegte und bei den Verfahrensakten befindliche Telefax-Sendebericht lediglich belegt, dass die Rechtsmittelschrift am 23. Dezember 2003 um 17:14 Uhr auf den Weg zum Amtsgericht gebracht worden ist. Soweit der Sendebericht vom 23. Dezember 2003 die Telefaxnummer des Amtsgerichts Nauen (+49 3321 455347), die Anzahl der Seiten (1) und den Vermerk "Ergebnis ok" ausweist, wird hierdurch nur die Herstellung der Verbindung zwischen dem Sende- und dem Empfangsgerät, nicht jedoch auch eine gelungene Übermittlung der Daten und das Ausbleiben von Störungen nachgewiesen (vgl. OLG München NJW 1993, 2447; Kammergericht NJW 1994, 3172; OLG Köln NJW 1989, 594; OLG Düsseldorf JMBl NW 1995, 152 f). An dieser Rechtslage hat sich auch seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens bei Zustellungen im gerichtlichen Verfahren (ZustRG) vom 25. Juni 2001 (BGBl. I, 1206 f) - ab 1. Juli 2002 - nichts geändert; im Falle von technischen Fehlern des Übertragungsvorganges einer Telekopie und dadurch bedingter Fristversäumung kommt allenfalls Wiedereinsetzung wegen Fristversäumung in Betracht (vgl. hierzu etwa Meyer-Goßner, StPO, 47. Aufl., § 44 Rz. 17; Zöller, ZPO, 24. Aufl., § 233 Rz. 23 "Telefax"). Damit steht aufgrund des Inhalts der Verfahrensakte allein fest, dass die Betroffene erst am 29. Dezember 2003 Rechtsbeschwerde gegen die angegriffene Entscheidung eingelegt hat; der entsprechende, vom 23. Dezember 2003 datierende, Originalschriftsatz ihres Verteidigers enthält nämlich einen entsprechenden Eingangsstempel des Amtsgerichts.

Der Betroffenen ist aber antragsgemäß auf ihre Kosten (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 7 StPO) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Fristen der §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 341 Abs. 1 StPO zu gewähren, weil sie, wie sie mit fristgerecht (vgl. §§ 46 Abs. 1 OWiG, 45 Abs. 1 Satz 1 StPO) eingegangenem Gesuch vom 17. März 2004 dargelegt und glaubhaft gemacht (vgl. §§ 46 Abs. 1 OWiG, 45 Abs. 2 Satz 1 StPO) hat, unverschuldet gehindert war, die Frist einzuhalten. Die Rechtsmittelführerin durfte vorliegend jedenfalls darauf vertrauen, dass ihr Verteidiger rechtzeitig Rechtsbeschwerde gegen das instanzgerichtliche Urteil vom 16. Dezember 2003 einlegen würde. Die Fristeinhaltung zu überwachen war sie ihrerseits nicht verpflichtet.

Ende der Entscheidung

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