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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 01.02.2001
Aktenzeichen: 10 UF 11/01
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 652 Abs. 1
ZPO § 652 Abs. 2
ZPO § 577 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 516
ZPO § 552
ZPO § 648 Abs. 1
ZPO § 648 Abs. 2
ZPO § 648 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 648 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 648 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 648 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 648
ZPO § 648 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
ZPO § 646 Abs. 1 Nr. 6 bis 11
ZPO § 646 Nr. 8
ZPO § 97 Abs. 1
BGB § 1612 b
BGB § 1612 c
BGB § 1591 bis 1593
BGB § 1612 b Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

10 UF 11/01 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners vom 27. November 2000 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 18. Januar 1999 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Schael, den Richter am Landgericht Gutjahr und den Richter am Amtsgericht Werth

am 1. Februar 2001

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen.

Der Beschwerdewert wird auf 3.585 DM (= 15 Monate x (349 DM - 110 DM)) festgesetzt.

Gründe:

Das als Einspruch bezeichnete Rechtsmittel des Antragsgegners ist als sofortige Beschwerde gegen den vom Amtsgericht erlassenen Festsetzungsbeschluss im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger gem. § 652 Abs. 1 ZPO anzusehen. Das so verstandene Rechtsmittel ist zwar zulässig, jedoch unbegründet.

Der Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde steht nicht entgegen, dass der Antragsgegner gegen den bereits am 18.1.1999 erlassenen Beschluss des Amtsgerichts erst am 27.11.2000 Rechtsmittel eingelegt hat. Die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gem. §§ 652 Abs. 1, 577 Abs. 2 Satz 1 ZPO von zwei Wochen, beginnend mit der Zustellung der Entscheidung, ist gewahrt. Denn der Beschluss des Amtsgerichts ist dem Antragsgegner nach einem vorherigen vergeblichen Zustellungsversuch erst am 17.11.2000 zugestellt worden. Mit dem bereits zehn Tage später, am 27.11.2000, eingegangenen Rechtsmittel hat der Antragsgegner die Zwei-Wochen-Frist gewahrt. Ob auch bezüglich der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde die Vorschriften der §§ 516, 552 ZPO, wonach die Rechtsmittelfrist unabhängig von der Zustellung spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung beginnt (so BayObLG, NJW-RR 1992, 597; MDR 1994, 915; OLG Koblenz, FamRZ 1991, 101, 102; Zöller/Gummer, ZPO, 22. Aufl., § 577, Rz. 10), gelten, kann dahinstehen. Denn auch in diesem Fall ist Voraussetzung für den Lauf der Beschwerdefrist, dass die Entscheidung des Amtsgerichts verkündet oder den Parteien anderweitig bekannt gegeben worden ist. Dies ist vorliegend erst mit der Zustellung am 17.11.2000 geschehen, so dass die Beschwerdefrist für den Antragsgegner zuvor nicht in Lauf gesetzt werden konnte.

Die Einwendungen des Antragsgegners gegen den Festsetzungsbeschluss des Amtsgerichts greifen jedoch nicht durch. Sie sind z. T. bereits Unzulässig, im Übrigen aber unbegründet.

Mit der sofortigen Beschwerde können nur die in § 648 Abs. 1 ZPO bezeichneten Einwendungen, die Zulässigkeit von Einwendungen nach § 648 Abs. 2 ZPO sowie die Unrichtigkeit der Kostenfestsetzung geltend gemacht werden, § 652 Abs. 2 ZPO. Nach § 648 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann der Antragsgegner Einwendungen geltend machen, gegen

1. die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens,

2. den Zeitpunkt, von dem an Unterhalt gezahlt werden soll,

3. die Höhe des Unterhalts, soweit er geltend macht, dass

a) die nach dem Alter des Kindes zu bestimmenden Zeiträume, für die der Unterhalt nach den Regelbeträgen der ersten, zweiten und dritten Altersstufe festgesetzt werden soll, nicht richtig berechnet sind oder die angegebenen Regelbeträge von denen der Regelbetrag-Verordnung abweichen;

b) der Unterhalt nicht höher als beantragt festgesetzt werden darf;

c) Leistungen der in den §§ 1612 b, 1612 c BGB bezeichneten Art nicht oder nicht richtig angerechnet sind.

Ferner kann der Antragsgegner, wenn er sich sofort zur Erfüllung des Unterhaltsanspruchs verpflichtet, hinsichtlich der Verfahrenskosten geltend machen, dass er keinen Anlass zur Stellung des Antrags gegeben hat (§ 93 ZPO), § 648 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Gem. § 648 Abs. 2 Satz 1 ZPO kann der Antragsgegner andere Einwendungen nur erheben, wenn er zugleich erklärt, inwieweit er zur Unterhaltsleistung bereit ist und dass er sich insoweit zur Erfüllung des Unterhaltsanspruchs verpflichtet. Den Einwand der Erfüllung kann der Antragsgegner nur erheben, wenn er zugleich erklärt, inwieweit er geleistet hat und dass er sich verpflichtet, einen darüber hinausgehenden Unterhaltsrückstand zu begleichen, § 648 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Den Einwand eingeschränkter oder fehlender Leistungsfähigkeit kann der Antragsgegner nur erheben, wenn er zugleich unter Verwendung des eingeführten Vordrucks Auskunft über

1. seine Einkünfte,

2. sein Vermögen und

3. seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Übrigen erteilt und über seine Einkünfte Belege vorlegt. Unter Berücksichtigung dieser eingeschränkten Einwendungsmöglichkeiten bleibt das Rechtsmittel des Antragsgegners ohne Erfolg.

Soweit der Antragsgegner vorträgt, seine richtige Adresse sei der Antragstellerin "zu diesem Zeitpunkt" bekannt gewesen, handelt es sich um eine nicht zulässige Einwendung, da sie von der Vorschrift des § 648 ZPO nicht erfasst wird. Ob der Antragsgegner im Festsetzungsbeschluss mit seiner zutreffenden Anschrift aufgeführt ist, hat auf die Richtigkeit der getroffenen Entscheidung keinen Einfluss. Schwierigkeiten können insoweit allein für die Antragstellerin auftreten. Dies betrifft zum einen die Zustellung des Festsetzungsbeschlusses selbst, die infolge der wohl schon bei Antragstellung unzutreffenden Anschrift erst erheblich verspätet erfolgen konnte. Zum anderen können sich bei unzutreffender Anschrift Probleme im Zwangsvollstreckungsverfahren ergeben. Denn das Vollstreckungsorgan hat zu prüfen, ob der Schuldner, gegen den sich die Vollstreckung richten soll, mit derjenigen Person identisch ist, gegen die der durch den Titel vollstreckbar festgelegte Anspruch durchzusetzen ist. Dabei gehen Unklarheiten zulasten des Gläubigers (vgl. Zöller/Stöber, a. a. O., § 750, Rz. 3).

Ebenfalls unzulässig ist die Einwendung, dass nach Kenntnis des Antragsgegners die Antragstellerin bereits woanders wohne und ansonsten ein Verstoß gegen das Meldegesetz vorliege. Insoweit ist gesetzlich ebenfalls keine Einwendung im vereinfachten Verfahren vorgesehen. Auch hier können allein Probleme für die Antragstellerin auftreten, wenn das Vollstreckungsorgan im Rahmen der Zwangsvollstreckung die Identität zwischen Titelgläubiger und der Person, welche die Zwangsvollstreckung aus dem Titel betreiben möchte, zu prüfen hat (vgl. Zöller/Stöber, a. a. O.).

Soweit der Antragsgegner vorträgt, er habe "kein Kind mit diesem Geburtsdatum", handelt es sich um eine, weil die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens rügend, zulässige Einwendung gem. § 648 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO. Unzulässig ist das vereinfachte Verfahren insbesondere, wenn die Angaben, die der Antragsteller gem. § 646 Abs. 1 Nr. 6 bis 11 ZPO gemacht hat, nicht der Wahrheit entsprechen (Zöller/Philippi, a. a. O., § 648? Rz. 2; Thomas/Putzo, ZPO, 22. Aufl., § 648, Rz. 2). Der Antrag auf Erlass eines Festsetzungsbeschlusses muss nach § 646 Nr. 8 ZPO insbesondere die Erklärung enthalten, dass zwischen dem Kind und dem Antragsgegner ein Eltern-Kind-Verhältnis nach den §§ 1591 bis 1593 BGB besteht. Diese Angabe hat die Antragstellerin im Antrag gemacht, indem sie dort angegeben hat, zwischen dem am 9.11.1994 geborenen Kind P und dem Antragsgegner bestehe ein Eltern-Kind-Verhältnis. Allerdings bestreitet der Antragsgegner offensichtlich nicht, dass das Kind P von ihm abstamme. Er rügt nur das im Antrag und schließlich auch im Festsetzungsbeschluss angegebene Geburtsdatum. Damit hat er die Grenzen der §§ 652 Abs. 2, 648 ZPO verkannt (vgl. auch Zöller/Philippi, a. a. O., § 652, Rz. 2). Im Übrigen ist sein Einwand auch in der Sache nicht nachvollziehbar, zumal er nicht angibt, an welchem Tag P tatsächlich geboren sein soll. Im Senatsbeschluss vom 22.2.2000 (10 WF 3/00), betreffend die vorläufige Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts, ist P in der Beschlussformel ebenfalls mit dem Geburtsdatum 9.11.1994 aufgeführt. Eine Berichtigung jenes Beschlusses insoweit hat der Antragsgegner nicht beantragt.

Unbegründet ist auch der Einwand, es gebe im Festsetzungsbeschluss in der Spalte "kindbezogene Leistungen" weder ein Minus- noch ein Pluszeichen. Diese, die Anrechnung der kindbezogenen Leistungen betreffende Einwendung gem. § 648 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c ZPO ist sachlich unzutreffend. In dem vom Rechtspfleger beim Amtsgericht erlassenen Original des Festsetzungsbeschlusses vom 18.1.1999 ist in dem Feld "der für das Kind festgesetzte Unterhalt vermindert sich (Betrag mit Minuszeichen)/ erhöht sich (Betrag mit Pluszeichen) um anteilige kindbezogene Leistungen" eingetragen "ab 1.7.98 um DM mtl. - 220". Somit ist in dem Beschluss ein Minuszeichen gesetzt worden. Ob dem Antragsgegner eine Beschlussausfertigung zugestellt worden ist, die dieses Minuszeichen nicht enthält, kann nicht beurteilt werden, da der Antragsgegner bei Einlegung des Rechtsmittels den angefochtenen Beschluss nicht in Ablichtung eingereicht hat. Das Amtsgericht wird aber von Amts wegen prüfen, ob die dem Antragsgegner zugestellte Beschlussausfertigung in vollem Umfang mit dem Originalbeschluss übereinstimmt und ggf. eine neue Ausfertigung erteilen.

Die Frage, ob der Rechtspfleger beim Amtsgericht, nachdem die Antragstellerin im Antrag die kindbezogenen Leistungen (z. B. Kindergeld) mit 220 DM monatlich angegeben hat, zutreffend eben diesen Betrag von 220 DM im Festsetzungsbeschluss aufgeführt hat, obwohl das Kindergeld gem. § 1612 b Abs. 1 BGB grundsätzlich nur hälftig auf den Unterhalt anzurechnen ist, kann offen bleiben. Denn eine etwa überhöhte Anrechnung des Kindergeldes wirkt sich zugunsten und nicht zulasten des Antragsgegners aus. Insoweit ist er nicht beschwert.

Schließlich ist die Einwendung des Antragsgegners, die Antragstellerin habe vom Konkurs der Firma und von seiner Zahlungsunfähigkeit gewusst, unbegründet. Insoweit erhebt der Antragsgegner offensichtlich den Einwand eingeschränkter oder fehlender Leistungsfähigkeit.

Mit diesem Einwand kann er im vereinfachten Festsetzungsverfahren, wie bereits ausgeführt, nur Erfolg haben, wenn er zugleich unter Verwendung des eingeführten Vordrucks, der ihm mit der Zustellung des Antrags zugegangen is1 Auskunft über seine Einkünfte, sein Vermögen und seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Übrigen erteilt und über seine Einkünfte Belege vorlegt. Da dies weder im Verfahren erster Instanz noch jetzt im Beschwerdeverfahren geschehen ist, kann dahinstehen, ob der Einwand fehlender oder eingeschränkter Leistungsfähigkeit mit Rücksicht auf die Formulierung in § 652 Abs. 2 ZPO, wonach die Zulässigkeit von Einwendungen nach § 648 Abs. 2 geltend gemacht werden kann, nur dann mit der sofortigen Beschwerde vorgebracht werden kann, wenn diese Einwendung bereits im Festsetzungsverfahren vor dem Amtsgericht erhoben worden ist (so OLG Naumburg, FamRZ 2000, 901; OLG Hamm, FamRZ 2000, 901 f; a. A. Zöller/Philippi, a. a. O., § 652, Rz. 3, 9; Thomas/Putzo, ZPO a. a. O., § 652, Rz. 2). Infolge der unterlassenen Angaben und der unterbliebenen Vorlage von Belegen kann der Antragsgegner mit dem Einwand in keinem Fall durchdringen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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